Bundessozialgericht, Urteil vom 06.12.2018, Az. B 8 SO 4/17 R

8. Senat | REWIS RS 2018, 800

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 7. November 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten für die Inanspruchnahme eines [X.] während der Teilnahme an Angeboten der offenen [X.]anztagsschule ([X.]) der [X.] im Monat April 2013.

2

Der Kläger ist 2006 mit dem sog Down-Syndrom geboren, aus dem Folgeerkrankungen (geistige Behinderung mit allgemeiner Entwicklungsstörung und nicht altersentsprechendem Instruktionsverständnis) resultieren. Außerdem besteht eine Muskelhypotonie und eine deutliche Retardierung der expressiven Sprache. Bei ihm sind ein [X.]rad der Behinderung ([X.]dB) von 100 sowie die Merkzeichen "[X.]" und "[X.]" festgestellt. Er ist im streitigen [X.]raum der [X.] nach dem [X.] - (S[X.]B XI) zugeordnet gewesen.

3

Ab August 2008 besuchte der Kläger eine integrative Kindertagesstätte und erhielt Leistungen der heilpädagogischen Frühförderung. Vor der Einschulung wurden in einem pädagogischen [X.]utachten vom [X.] ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorrangig im Bereich geistige Entwicklung sowie in den Bereichen Sprache und Kommunikation und [X.]/emotionale Entwicklung festgestellt sowie verschiedene Förderziele beschrieben. Die Förderung sei im gemeinsamen Unterricht einer Regelgrundschule möglich. Der Kläger wurde zum Schuljahr 2012/2013 eingeschult und sowohl während der [X.] des gemeinsamen Unterrichts am Vormittag als auch während der [X.]-[X.] am Nachmittag, die er regelmäßig bis 15 Uhr (Ende der Schulaufgabenbetreuung) besuchte, durchgehend von [X.] betreut, die bei dem Beigeladenen beschäftigt waren. [X.]en für die Begleitung in der [X.] wurden vom Beigeladenen gesondert berechnet (694,69 Euro für April 2013).

4

Auf den vor der Einschulung gestellten Antrag des [X.] auf Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer für die gesamte Anwesenheitszeit in der Schule, auch für die Teilnahme an der nachmittags stattfindenden [X.], bewilligte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Integrationskraft während des vormittäglichen Schulbesuchs im Umfang von maximal 21 Wochenstunden (bestandskräftiger Bescheid vom 30.5.2012). Mit gesondertem Bescheid bewilligte sie für die Teilnahme an der [X.] (nur) einkommens- und vermögensabhängige Leistungen des familienunterstützenden Dienstes (FuD) im Umfang von maximal 24 Wochenstunden und setzte hierfür einen monatlichen Kostenbeitrag aus Einkommen von 1339,19 Euro ab Oktober 2012 fest, der unmittelbar an den FuD zu zahlen sei (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom [X.]). Die [X.] sei keine Maßnahme zur angemessenen Schulbildung. Da sie erst im [X.] an den regulären Unterricht stattfinde, diene sie nicht der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht. Es handle sich um ein außerschulisches Angebot.

5

Während das Sozialgericht (S[X.]) Detmold die Beklagte verurteilt hat, die Kosten des [X.] auch für die [X.] zu übernehmen (Urteil vom 28.10.2014), hat das [X.] (LS[X.]) [X.] das Urteil des S[X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.11.2016). Die Maßnahmen seien nicht erforderlich für das Erreichen der Eingliederungsziele gewesen, da der Besuch der [X.] weder rechtlich noch tatsächlich erforderlich gewesen sei, um am vormittäglichen gemeinsamen Schulunterricht teilzunehmen. Die [X.] sei keine Schulpflichtveranstaltung, sondern lediglich ein außerunterrichtliches Angebot. Es sei deshalb davon auszugehen, dass das für den Schulbesuch maßgebliche Bildungsziel auch ohne Besuch der [X.] hätte erreicht werden können. Die mit der [X.] geförderte Integration in die Klassengemeinschaft könne eine Erforderlichkeit nicht begründen. Dass der Schulbesuch erleichtert worden sein dürfte, sei lediglich mittelbare Folge des Besuchs der [X.]. Insbesondere sei die in der [X.] erfolgte [X.]ausaufgabenbetreuung nicht erforderlich gewesen. Zwar möge insoweit ein objektiv finaler Bezug zur erfolgreichen Beschulung im gemeinsamen Unterricht bestehen; die Betreuung der [X.]ausaufgaben hätte jedoch auch im häuslichen Bereich erfolgen können. Die Auffassungen der Lehrkräfte, dass ohne die Teilnahme an der [X.] der Lernerfolg des [X.] an der [X.] fraglich gewesen wäre, würden nicht geteilt, da es am finalen Bezug zum vormittäglichen gemeinsamen Unterricht fehle.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (S[X.]B XII). Das LS[X.] habe seine besondere Situation und seine individuellen Bildungsziele nicht berücksichtigt. Die [X.]ilfen zu einer angemessenen Schulbildung seien auf die Bedürfnisse des behinderten Schülers ausgerichtet. Der Besuch der [X.] sei für den Schulbesuch erforderlich und geeignet gewesen. [X.]ätte er als einziger Schüler der Klasse nicht an der [X.] teilgenommen, wären seine Bildungsziele nicht erreichbar gewesen.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.]s [X.] vom 7. November 2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Oktober 2014 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger 694,69 Euro zu erstatten.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Entscheidung des LS[X.] für zutreffend.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ). Der [X.] kann mangels ausreichender Feststellungen des [X.] nicht beurteilen, ob der geltend gemachte Anspruch besteht.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom [X.] (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Übernahme von [X.]osten eines [X.] während des Besuchs der [X.] abgelehnt hat. In zeitlicher Hinsicht haben die Beteiligten den Streitgegenstand auf den Monat April 2013 begrenzt. Da die für April 2013 angefallenen [X.]osten vom [X.]läger an den Beigeladenen bereits gezahlt worden sind, macht er gegen die Beklagte mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl [X.], 301 = [X.]-3500 § 54 [X.], RdNr 9) nur noch einen Anspruch auf Erstattung der [X.]osten auf Grundlage von § 15 Abs 1 Satz 4 [X.] behinderter Menschen - <[X.]> (in der Normfassung des [X.] vom 19.6.2001, [X.] 1046) geltend.

Ob die Beklagte in der Sache als örtlicher Träger der Sozialhilfe endgültig sachlich (§ 97 Abs 1 [X.] iVm § 3 Abs 2 [X.] und § 1 Abs 1 Landesausführungsgesetz zum [X.] vom 16.12.2004 ) und örtlich zuständig (§ 98 Abs 1 Satz 1 [X.]) ist, oder ob ggf der [X.] als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 1 Abs 1 AG-SGB [X.] iVm § 2 Abs 1 der Ausführungsverordnung zum [X.] Landes [X.] vom 16.12.2004 ) eigentlich zuständiger Sozialhilfeträger und deshalb beizuladen ist (vgl zur Zuständigkeit des überörtlichen Trägers bei Leistungserbringung in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung [X.]-3500 § 54 [X.] Rd[X.]1 f), kann der [X.] offenlassen und wird das [X.] unter Auslegung des Landesrechts zu beurteilen haben; denn die Zuständigkeit der [X.] als Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 [X.] iVm § 5 [X.] [X.] (in der Normfassung des [X.] der [X.] vom [X.], [X.] 579 bzw des [X.] vom 19.6.2001, [X.] 1046) für die vom [X.]läger begehrten Rehabilitationsleistungen ergibt sich jedenfalls aus § 14 Abs 2 [X.] iVm Abs 1 [X.] (in der Normfassung des [X.] schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004, [X.] 606), da sie den Antrag des [X.] vom [X.] (konkretisiert am 11.5.2012) nicht an einen anderen, von ihr für zuständig gehaltenen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat (vgl zuletzt [X.]-1750 § 524 [X.] mwN).

In der Sache kommt als Rechtsgrundlage für die begehrte Leistung, die nach § 92 Abs 2 Satz 1 [X.], Satz 2 [X.] (in der Normfassung des Gesetzes zur Ermittlung von [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.] 453) unabhängig von Einkommen und Vermögen zu erbringen ist, nur § 15 Abs 1 Satz 4 [X.], § 19 Abs 3 [X.] (in der Normfassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, [X.] 554) iVm § 53 Abs 1 Satz 1, § 54 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] (jeweils in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.], [X.] 3022; § 54 [X.] für die [X.] ab [X.] in der Normfassung des [X.] [X.] im [X.]rankenhaus vom [X.], [X.] 2495) iVm § 12 [X.] Eingliederungshilfe-VO (idF des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das [X.], [X.] 3022) in Betracht.

Der [X.]läger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 [X.] für eine Pflichtleistung; denn bei ihm besteht nach den bindenden Feststellungen des [X.] eine geistige Behinderung (§ 2 Eingliederungshilfe-VO) in Form des sog [X.] mit Folgeerkrankungen. Diese Behinderung ist nach den Feststellungen des [X.], dem das Gutachten über sonderpädagogischen Förderbedarf vom [X.] zu Grunde liegt, auch "wesentlich" iS des § 2 Eingliederungshilfe-VO, denn in diesem Gutachten wird erforderlicher sonderpädagogischer Förderbedarf in mehreren Lern- und Leistungsbereichen beschrieben, um die Ziele einer Schulbildung zu erreichen (vgl im Einzelnen dazu [X.], 301 = [X.]-3500 § 54 [X.], Rd[X.]9 und [X.], 196 = [X.]-3500 § 54 [X.], Rd[X.]).

Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht) umfasst nach §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] iVm § 12 [X.] Eingliederungshilfe-VO heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter [X.]inder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Auch ein außerunterrichtliches schulisches Nachmittagsangebot in Form der [X.] kann je nach seiner konkreten Ausgestaltung im Hinblick auf den konkreten Förderbedarf des behinderten Schülers eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung darstellen, wenn es geeignet und erforderlich ist, den jeweiligen individuellen [X.] entsprechend der jeweils von der Schulverwaltung festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfe zu erreichen und damit dem behinderten Schüler den Schulbesuch zu erleichtern. Es gilt ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung entgegensteht (BSG Urteil vom [X.] [X.] 24/11 R - FEVS 65, 418). Die Entscheidung darüber, was für das einzelne [X.]ind die "angemessene Schulbildung" darstellt, obliegt der Schulverwaltung ([X.], 154 = [X.]-3500 § 53 [X.], Rd[X.]3; [X.]-1500 § 130 [X.] Rd[X.]1). Die von der Schulverwaltung beschriebenen Förderbedarfe und Lernziele geben den Rahmen der "angemessenen Schulbildung" für das jeweilige behinderte [X.]ind vor, nicht die für nicht behinderte [X.]inder im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung; zu Grunde zu legen sind im Wege eines individualisierten Förderverständnisses die individuellen körperlichen und geistigen Verhältnisse des behinderten Menschen ([X.]-3500 § 54 [X.] Rd[X.]1; Voelzke in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 54 Rd[X.]1, Stand 11/18; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 19. Aufl 2015, § 54 Rd[X.]5.1; zu eng wohl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 54 Rd[X.]2).

Ob die Schulverwaltung der [X.] in Folge des Gutachtens vom [X.] und der dort auf Seite 5 f beschriebenen individuellen Förder- und Lernziele, auf die es in der konkreten Beurteilung ankommt, bescheidmäßig einen sonderpädagogischen Förderbedarf und die vom [X.]läger zu erreichenden individuellen Ziele festgestellt und Vorgaben dazu gemacht hat, wo die ggf notwendige sonderpädagogische Förderung erfolgen kann (Regelschule oder Förderschule), wird das [X.] noch festzustellen haben. Diese Feststellung ist notwendig, da sie der Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage ist, ob und inwieweit der [X.]läger im Hinblick auf seinen sonderpädagogischen Förderbedarf und die Ziele des § 12 [X.] Eingliederungshilfe-VO in prognostischer Betrachtung von den Angeboten der [X.] profitieren, dh wie sich dies auf seine individuelle Lernfähigkeit und die vom Schulamt beschriebenen sonderpädagogischen Förderbedarfe und -ziele auswirken sollte. Der Sozialhilfeträger wäre ggf an eine Entscheidung der Schulverwaltung gebunden ([X.]-1500 § 130 [X.] Rd[X.]1 mwN).

Ob im vorliegenden Verfahren die begehrte Integrationshilfe für den Besuch der [X.], also während des gemeinsam eingenommenen Mittagessens sowie während der jeweiligen, gesondert zu beurteilenden Nachmittagsveranstaltungen, eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung oder eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der [X.] darstellt, kann der [X.] im vorliegenden Verfahren mangels hinreichender Feststellungen des [X.] zu dem beim [X.]läger bestehenden sonderpädagogischen Förderbedarf sowie den Zielen und der konkreten Ausgestaltung der [X.] nicht abschließend entscheiden.

Maßgebend für die Abgrenzung der Hilfen zur angemessenen Schulbildung und der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der [X.] sind die mit der [X.] verfolgten Ziele. Dient die [X.] insbesondere der Unterstützung, Erleichterung oder Ergänzung der pädagogischen Arbeit, ist auch die hierfür erforderliche Integrationshilfe eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung (vgl [X.]/Wildanger, [X.] 2014, 113 <124>). Verfolgt die [X.] hingegen lediglich das Ziel, durch das Nachmittagsangebot, etwa durch gemeinsames Spielen, die [X.] zu überbrücken bis die berufstätigen Eltern sich wieder ihrer [X.]inder annehmen können, und hat sie allenfalls mittelbar eine positive Auswirkung auf die Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht, kann auch die Integrationshilfe allenfalls eine Hilfe zur Teilhabe am Leben in der [X.] sein. Dies bedeutet nicht, dass eine Leistungserbringung, die an der pädagogischen Arbeit ansetzt, nicht gleichzeitig mit dem Ziel durchgeführt wird, die [X.] Integration zu fördern und umgekehrt. In diesem Fall wird das [X.] zu prüfen haben, ob die vom Sozialhilfeträger für die Maßnahme zu erbringende Hilfe in einen Teil "Hilfe zur angemessenen Schulbildung" sowie in einen weiteren Teil "Hilfe zur Teilhabe am Leben in der [X.]" aufgeteilt werden kann. Entscheidend ist, ob im Hinblick auf den konkret beim [X.]läger bestehenden sonderpädagogischen Förderbedarf spezifische Fördermaßnahmen in der [X.] darauf abzielen, sonderpädagogische Förderschwerpunkte zu fördern und so dem behinderten [X.]läger den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 12 [X.] Eingliederungshilfe-VO). [X.] ist der Ausgangspunkt des [X.], das darauf abstellt, bei freiwilligen Bildungsangeboten sei davon auszugehen, dass das für den Schulbesuch maßgebliche Bildungsziel auch ohne Teilnahme an diesen Angeboten erreicht werden könne. Denn auch freiwillige Bildungsangebote (zB Nachhilfe) können selbst bei nicht behinderten [X.]indern erforderlich sein, um das für den Schulbesuch maßgebliche Bildungsziel zu erreichen. Im Übrigen geht es vorliegend nicht um das Erreichen des maßgeblichen Bildungsziels, sondern darum, ob durch die Teilnahme an den jeweiligen Angeboten der [X.] - zieldifferent zu dem Besuch der [X.] durch nicht behinderte [X.]inder - die behinderungsbedingten Auswirkungen auf die angemessene Schulbildung reduziert werden können, dem behinderten [X.]läger der Schulbesuch also erleichtert wird. Mit anderen Worten: Für ein behindertes [X.]ind kann die Teilnahme an den einzelnen Angeboten einer [X.] eine andere Bedeutung haben, als für ein nicht behindertes [X.]ind. Es wären deshalb konkrete Feststellungen des [X.] zu dem beim [X.]läger bestehenden sonderpädagogischen Förderbedarf erforderlich gewesen und im [X.] hieran, ob und wie der [X.]läger tatsächlich in der [X.] seiner Schule gefördert werden und wie sich dies im Einzelnen - unter prognostischer Sicht - auf seine individuelle Lernfähigkeit und die bestehenden Förderbedarfe und -ziele auswirken sollte (vgl [X.], 301 = [X.]-3500 § 54 [X.], Rd[X.]3 mwN). Diese Feststellungen wird das [X.] nachzuholen haben.

Insgesamt spricht Vieles für eine an der angemessenen Schulbildung ausgerichtete Hilfe, weil der [X.] ein pädagogisches [X.]onzept zu Grunde liegt, das in der Regel von Schulleitung und Träger gemeinsam erstellt wird (§ 9 Abs 3 Schulgesetz für das Land [X.] vom [X.], GVBl NRW [X.]02; vgl zu Merkmalen und Zielen der [X.] auch den Runderlass des [X.] vom [X.], Amtsblatt NRW 01/11 S 38, insbesondere Ziff 3.1) und das darauf ausgerichtet ist, durch die Teilnahme an außerunterrichtlichen schulischen Bildungsangeboten einen positiven Einfluss auf den Schulerfolg zu erreichen, indem die im Unterricht eingeleiteten Bildungsprozesse verstärkt und im Sinne einer ganzheitlichen Bildungsförderung ergänzt werden ([X.]/Wildanger, [X.] 2014, 113 <124>; vgl auch Landtag [X.], Drucksache 16/12091 vom [X.], [X.] f: "Die Teilnahme an außerunterrichtlichen schulischen Bildungsangeboten hat nachweisbar positiven Einfluss auf den Schulerfolg und die [X.] Integration des jeweiligen [X.]indes. … Die individuelle Förderung im Offenen Ganztag dient der Lern- und Entwicklungsförderung"). Mit dem [X.] ([X.]) vom 23.12.2016 ([X.] 3234) wird - unter den in § 112 Abs 1 Satz 2 [X.] nF genannten Voraussetzungen - die Unterstützung schulischer Ganztagsangebote in der offenen Form auch ausdrücklich als Leistung zur Teilhabe an Bildung genannt. Sie müssen dabei im Einklang mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule stehen und unter deren Aufsicht und Verantwortung ausgeführt werden, an den stundenplanmäßigen Unterricht anknüpfen und in der Regel in den Räumlichkeiten der Schule oder in deren Umfeld durchgeführt werden.

Ist die Frage der Zielrichtung der [X.] zugunsten des [X.] geklärt, stellt sich die vom [X.] damit verstrickte Frage der Eignung und der Erforderlichkeit für den Besuch der [X.] und damit zusammenhängend für die Integrationshilfe. Soweit das [X.] die Erforderlichkeit von Maßnahmen in der [X.] der R. verneint hat, hält die Begründung hierzu einer revisionsrechtlichen Prüfung schon deshalb nicht stand, weil Feststellungen des [X.] zum sonderpädagogischen Förderbedarf des [X.] fehlen und das [X.] die Erforderlichkeitsprüfung unter die fehlerhafte Prämisse, die [X.] gehöre nicht zum "zwingend-pflichtgemäßen Umfang" des Schulbesuchs, gestellt hat. Erforderlich ist eine Rehabilitationsmaßnahme dann, wenn sie, ausgehend von Art und Schwere der Behinderung und den hieraus resultierenden Einschränkungen, unter prognostischer Betrachtung geeignet und notwendig ist, die in Frage stehenden Rehabilitationsziele zu erreichen (vgl [X.], 154 = [X.]-3500 § 53 [X.], Rd[X.]2). Die insofern maßgeblichen Ziele werden von § 12 [X.] Eingliederungshilfe-VO (unterstützende Hilfen zur Schulbildung, um dem behinderten Menschen den Schulbesuch zu ermöglichen und zu erleichtern) vorgegeben. Das [X.] hat weder die gegenüber dem [X.]läger tatsächlich stattgefundenen Maßnahmen, noch den sonderpädagogischen Förderbedarf (Gutachten vom [X.] bzw in der Folge ggf ergangener Bescheid der Schulverwaltung der [X.]) und die bedarfsbezogen prognostisch zu erreichenden Ziele festgestellt. Nicht maßgeblich ist, ob die [X.] allgemein "zum zwingend-verpflichtenden Umfang" eines Schulbesuchs gehört und auch nicht, wie viele Schülerinnen und Schüler in der [X.] am offenen Ganztag teilnehmen (vgl auch die Parallelentscheidung des [X.]s vom heutigen Tage im Verfahren [X.] [X.] 7/17 R Rd[X.]1). Soweit das [X.] in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, die [X.] stelle "lediglich ein außerunterrichtliches Angebot" dar, ist dies sogar gerade die Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine Zuständigkeit der [X.] für Hilfen zur Schulbildung in Betracht kommt, denn für den eigentlichen Unterricht als [X.]ernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule ist der Schulträger zuständig ([X.], 196 = [X.]-3500 § 54 [X.], Rd[X.]7; [X.], 154 = [X.]-3500 § 53 [X.], Rd[X.]9). Maßgeblich ist der sonderpädagogische Förderbedarf und die sich daraus ergebenden Förderziele (vgl Gutachten vom [X.], Seite 5 f und ggf Bescheid des Schulamts der [X.] mit einer Schulempfehlung). Soweit das [X.] einerseits ausführt, eine Ausrichtung der [X.] auf die Verbesserung der Schulfähigkeit sei nicht erkennbar und andererseits einräumt, die Hausaufgabenbetreuung könne einen objektiv finalen Bezug zur erfolgreichen Beschulung haben und das gemeinsame Mittagessen fördere die Integration in die [X.]lassengemeinschaft, ist dies nicht frei von Widersprüchen, die insbesondere darauf beruhen, dass es an Feststellungen zum konkret beim [X.]läger bestehenden sonderpädagogischen Förderbedarf fehlt und damit mangels geklärter Ausgangslage Fragen der Eignung und der Erforderlichkeit nicht beantwortet werden können (zur fehlenden Bindungswirkung unklarer oder widersprüchlicher Tatsachenfeststellungen vgl BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 11 [X.] 83/99 R - juris Rd[X.]0 mwN).

Entscheidend im Sinne einer personenzentrierten Betrachtungsweise ist es, ob aufgrund des konkret beim [X.]läger bestehenden sonderpädagogischen Förderbedarfs die spezifischen in der [X.] stattfindenden Fördermaßnahmen geeignet sind, dem behinderten [X.]läger den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern und hierfür die Unterstützung eines [X.] - wie auch im gemeinsamen Unterricht - benötigt wird. Die Hilfen zur angemessenen Schulbildung nach § 54 Abs 1 Satz 1 [X.] [X.] iVm § 12 [X.] Eingliederungshilfe-VO können sehr unterschiedliche Unterstützungsleistungen umfassen (vgl die [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 54 Rd[X.]4, Stand 06/15; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl 2018, § 54 RdNr 63, jeweils mwN). In Betracht kommen alle konkreten, auf den [X.]läger und seine Förderbedarfe bezogenen Maßnahmen, die an der [X.] der R. durchgeführt werden, solange sie nicht dem [X.]ernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind; dieser beschränkt sich nach der Rechtsprechung des [X.]s eng auf die Unterrichtsgestaltung selbst ([X.], 196 = [X.]-3500 § 54 [X.], Rd[X.]7; [X.], 154 = [X.]-3500 § 53 [X.], Rd[X.]9). Der Leistungspflicht der [X.] im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung können damit sowohl unterrichtsbegleitende als auch sonstige pädagogische Maßnahmen, die nur unterstützenden Charakter haben, und nicht-pädagogische Maßnahmen unterfallen, wenn sie geeignet und erforderlich sind, den jeweiligen individuellen [X.] zu erreichen ([X.]-3500 § 54 [X.]6 Rd[X.]0). Entscheidend ist im Ausgangspunkt, wie sich die vorhandenen Beeinträchtigungen auf den Schulbesuch ausgewirkt haben; dabei ist vorliegend auch in Rechnung zu stellen, dass der klagende behinderte Erstklässler einer möglichst wirksamen Hilfe bedurfte, um - am Beginn seines Bildungsweges stehend - die Teilhabe an der [X.] als essentielle Basis für jegliche weitere [X.] möglichst erfolgreich zu gestalten (vgl zu diesem Aspekt [X.], 301 = [X.]-3500 § 54 [X.], Rd[X.]9).

Soweit es die Hausaufgabenbetreuung betrifft, wird es dabei nicht entscheidend sein, ob der [X.]läger die Hausaufgaben auch zu Hause erledigen kann oder ob in der [X.] Einzelbetreuung oder Nachhilfe angeboten wird, sondern ob ein Schulbegleiter oder eine sonstige Integrationskraft zur Bewältigung der Hausaufgaben des [X.] benötigt wird. Auch die Einnahme eines gemeinsamen Mittagessens kann als sowohl gemeinschaftsfördernde als auch erzieherische Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein ([X.], 79 = [X.]-3500 § 54 [X.], Rd[X.]6; [X.] Baden-Württemberg vom 20.11.2009 - L 12 AS 4180/08 - juris RdNr 30). Das [X.] wird deshalb ebenfalls zu prüfen haben, welchen Stellenwert das gemeinsame Mittagessen in der [X.] der R. für den [X.]läger gehabt hat, soweit er es dort eingenommen hat.

Das [X.] wird ggf auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 8 SO 4/17 R

06.12.2018

Bundessozialgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Detmold, 28. Oktober 2014, Az: S 2 SO 285/12, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 06.12.2018, Az. B 8 SO 4/17 R (REWIS RS 2018, 800)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 800

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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