Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.06.2015, Az. 4 StR 111/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 10347

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 111/15

vom
2. Juni
2015
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer

Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer
am 2.
Juni
2015
gemäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO, §
354 Abs.
1 StPO analog
beschlossen:

Die Revisionen
der
Angeklagten K.

und S.

gegen
das Urteil des [X.] vom 21.
November 2014 werden als unbegründet verworfen, das Rechtsmittel der
Ange-klagten
K.

jedoch mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der
in den Fällen
II.
3 und II.
4 verhängten Einzelstrafen die [X.] auf 1,--
Euro festgesetzt wird.
Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte K.

wegen unerlaubten Han-
deltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, we-gen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und Maßnahmen nach §§
69, 69a StGB angeordnet. Den Angeklagten S.

hat es wegen unerlaubten Besit-
zes von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

1
-
3
-
Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, die auf die Verlet-zung formellen und materiellen Rechts gestützt sind, bleiben erfolglos (§
349 Abs.
2 StPO). Das Rechtsmittel der Angeklagten K.

führt lediglich zur
Nachholung der Festsetzung der [X.] für die in den Fällen
II.
3 und II.
4 der Urteilsgründe verhängten [X.]. Der Erörterung bedarf

in Ergänzung der Ausführungen des [X.] in seinen Antrags-schriften vom 29.
April 2015

lediglich Folgendes:
I.
Zur Revision der Angeklagten
K.

:
1.
Mit der Verfahrensrüge beanstandet die Revision die Zurückweisung des Antrags auf Ladung und Vernehmung des Zeugen M.

zum Beweis der
Tatsache, der Zeuge A.

olgten Kr.

beliefert worden.
Die Rüge greift nicht durch.
a)
Ob dem Antrag des Beschwerdeführers angesichts der pauschal auf einen Zeitraum von mehreren Jahren bezogenen, allgemein gehaltenen Be-weisbehauptung überhaupt die Qualität eines [X.] im Sinne von §
244 Abs.
3 StPO zukommt, kann der Senat offen lassen. Die Ablehnung des Antrags, den die [X.] als Beweisantrag aufgefasst hat, lässt jedenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen.

2
3
4
5
6
-
4
-
b)
Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, dass die Begründung der
Ablehnung des [X.] rechtlich nicht unbedenklich war. Das Land-gericht hat die Beweisbehauptung als wahr unterstellt und in der Beschluss-begründung weiter ausgeführt, dass die behaupteten ([X.] für die Entscheidung ohne Bedeutung seien, weil die [X.] im Falle ihres Er-wiesenseins daraus
nicht den zwingenden Schluss ziehen werde, das bei dem Angeklagten sichergestellte Rauschgift sei vollständig für den Zeugen A.

.

und deshalb nicht für die An-
geklagte K.

bestimmt gewesen. Der Ablehnungsgrund der Wahrunter-
stellung, der nur bei erheblichen Tatsachen in Betracht kommt, und der [X.] der Bedeutungslosigkeit schließen einander aber aus ([X.], [X.] vom 30.
November 2005

2
StR
431/05, [X.], 18, 19; Urteil
vom 28.
Mai 2003

2
StR
486/02, [X.], 268). Die für den revisionsgericht-lichen Prüfungsumfang allein maßgebliche Angriffsrichtung dieser Verfahrens-rüge (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 14.
Juli 1998

4
StR
253/98, [X.], 636 sowie jüngst [X.], Urteil vom 14.
April 2015

5
StR
20/15, Tz.
19) geht indes nicht auf den in der fehlerhaften Ablehnung des [X.] liegenden Verfahrensmangel. Die Revision
sieht diesen vielmehr in der fehlenden [X.] mit den als wahr unterstellten Tatsachen im [X.] auf eine mögliche Erschütterung der Glaubhaftigkeit der die Angeklagte belastenden Angaben des Mitangeklagten S.

, nachdem dieser zunächst

.

pfänger der Rauschgiftlieferung benannt hatte
(RB S.
6,
10 oben). Wegen der Widersprüchlichkeit der Beschlussbegründung ist aber schon fraglich, ob in ihr überhaupt die Zusage einer Wahrunterstellung gesehen werden kann (vgl. [X.], Urteil
vom 28.
Mai 2003 aaO). Jedenfalls übersieht der Beschwerdeführer, dass nicht jede Nichterwähnung einer als wahr unterstellten [X.] im Urteil gleichbedeutend ist mit einem Erörterungsmangel. Vielmehr bedarf es einer Auseinandersetzung mit den als wahr unterstellten 7
-
5
-
Tatsachen in den Urteilsgründen nur, wenn sie sich angesichts der im Übrigen gegebenen Beweislage aufdrängt und die Beweiswürdigung sich sonst als
lückenhaft erwiese (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 28.
Mai 2003 aaO; [X.] vom 6.
Juni 2002

1
StR
33/02, [X.], 641). Die Möglichkeit einer Falschbezichtigung der Angeklagten durch den Mitangeklagten hat die [X.] auch im Hinblick auf einen möglichen alternativen Adressaten der Be-täubungsmittel-.

derlichen Umfang
erörtert. Die Ausführungen stehen ersichtlich nicht im Widerspruch zur Begrün-dung des Ablehnungsbeschlusses. Einer weiter gehenden Erörterung
bedurfte es nicht. Denn die Vernehmung des Zeugen M.

war, worauf der General-
bundesanwalt zutreffend hinweist, auf den Nachweis gerichtet, der Zeuge A.

sei in früheren, nicht näher gekennzeichneten Fällen
Abnehmer des Zeugen
Kr.

gewesen.
Das angefochtene Urteil würde auf einer fehlerhaften Handhabung der Ablehnungsgründe durch die
[X.] auch nicht beruhen. Der Angeklagte war über
die tatrichterliche Bewertung
der [X.] bereits durch die Begründung des Ablehnungsbeschlusses umfassend informiert. Er konnte sein Verteidigungsverhalten danach darauf einstellen, dass das [X.]
den ihm durch den [X.] angesonnenen Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Mitangeklagten allein auf der Grundlage der Beweisbehauptung voraussichtlich nicht ziehen würde, die endgültige Bewertung indes der abschließenden Ge-samtwürdigung der Beweise vorbehalten bleiben würde.
Schon damit waren seine Verteidigungsinteressen umfassend gewahrt; das Fehlen eines

hier nicht erforderlichen

Hinweises
auf eine etwaige abweichende Beurteilung durch das Gericht im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung (vgl. dazu [X.]/[X.], 26.
Aufl., §
244 Rn.
310 mwN) wird von der Revision folglich auch nicht beanstandet.
8
-
6
-
2.
Soweit das [X.] die Angeklagte wegen fahrlässiger Trunken-heit im Verkehr verurteilt hat, weist der Senat auf seine ständige
Rechtspre-chung hin, wonach der Nachweis einer rauschmittelbedingten [X.] nicht allein durch einen bestimmten [X.] geführt werden kann (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3.
November 1998

4
StR
395/98, [X.]St 44, 219, 222 und vom 21.
Dezember 2011

4
StR
477/11, [X.], 324). [X.] Erfahrungswerte, die es erlauben würden, bei Blutwirkstoffkonzen-trationen oberhalb eines bestimmten Grenzwertes ohne weiteres auf eine
rauschmittelbedingte
[X.] zu schließen, bestehen
nach wie vor nicht (Senatsbeschlüsse vom 3.
November 1998 und vom 21.
Dezember 2011, jeweils aaO; vgl. auch [X.]/[X.], 2.
Aufl., §
316 Rn.
30). Es bedarf daher neben dem positiven [X.] noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen,
die im konkreten Einzelfall belegen, dass die [X.] soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger
Verkehrslagen, sicher zu steuern (Senatsurteil vom 15.
April 2008

4
StR
639/07, [X.], 528, 529).
Zwar hat das [X.] konkrete Feststellungen zu einem Fahrfehler nicht getroffen. Über die

nicht unerheblichen

Blutwirkstoffkonzentrationen
hinaus
entnimmt der Senat
den Urteilsgründen aber weitere gewichtige [X.] für die Fahruntüchtigkeit der Angeklagten. Danach litt die Angeklagte bei der polizeilichen Kontrolle insbesondere unter Konzentrationsstörungen, ver-langsamter Koordination und verwaschener Sprache; sie befand sich in einem schläfrigen Zustand. In Zusammenschau mit dem bei der anschließenden [X.] Untersuchung festgestellten auffällig stark gestörten Zeitempfinden ist die rauschmittelbedingte Fahruntüchtigkeit daher noch hinreichend dargelegt.
9
10
-
7
-
3.
Die [X.] hat es in den Fällen
II.
3 und II.
4 der Urteilsgründe unterlassen, die [X.] festzusetzen. Dieser Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn

wie hier

aus einer Einzelgeldstrafe und Einzelfrei-heitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 27.
April 2010

1
StR
122/10 mwN). In entsprechender An-wendung von §
354 Abs.
1 StPO (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
August 2008

2
StR
292/08; Beschluss vom 16.
Dezember 2008

3
StR
503/08) setzt der Senat die [X.] auf den Mindestsatz von einem Euro (§
40 Abs.
2 Satz
3 StGB) fest.
II.
Zur Revision des Angeklagten S.

:
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat auch unter Berücksichti-gung der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten ergeben.
Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das [X.] den Straf-rahmen des §
29a Abs.
2 BtMG im Fall
II.
2 der Urteilsgründe
nicht nur ge-
mäß §
31
Satz
1,
Nr.
1 BtMG, §
49 Abs.
1 StGB, sondern zusätzlich auch
wegen Beihilfe gemildert hat. Trifft, wie hier, täterschaftlicher Besitz von [X.] in nicht geringer Menge mit Beihilfe zum Handeltreiben mit [X.] in nicht geringer Menge tateinheitlich zusammen, entfällt
11
12
13
14
-
8
-
die Strafmilderung wegen Beihilfe (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Mai 2000

1
StR
146/00, [X.], 312).
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke

Mutzbauer
Quentin

Meta

4 StR 111/15

02.06.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.06.2015, Az. 4 StR 111/15 (REWIS RS 2015, 10347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10347

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 111/15 (Bundesgerichtshof)

Trunkenheit im Verkehr: Ablehnung eines Beweisantrags wegen Wahrunterstellung und Bedeutungslosigkeit; Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit


3 StR 135/13 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit


3 StR 135/13 (Bundesgerichtshof)


3 StR 138/14 (Bundesgerichtshof)


4 StR 647/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

4 StR 111/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.