Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2015, Az. IX ZB 38/14

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13353

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 38/14
vom

26. März 2015

in dem Rechtsstreit

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.]
Dr.
Kayser, die Richterin [X.], [X.]
Pape, [X.] und die Richterin Möhring

am 26.
März 2015
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 17.
Juni 2014 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
35.072,78

festgesetzt.

Gründe:

I.

Mehrere Versicherer
erwirkten
gegen drei Gesamtschuldner ein voll-streckbares
Urteil des Handelsgerichts

vom 11.
Oktober 2006 und eines des Berufungsgerichts [X.] (Cou[X.]) vom 19.
November 2009, durch die diese zur Zahlung von 105.218,34

nebst Zinsen und Nebenforderungen
an die Versicherer
verurteilt worden sind. Die Antragstellerin hat als Rechtsnachfolgerin einer der beklagten Gesamt-schuldnerinnen
die
titulierte Forderung beglichen und nimmt nunmehr die An-tragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin einer weiteren verurteilten Gesamt-schuldnerin im Innenverhältnis auf Ausgleich
in Anspruch.
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Auf ihren Antrag hat das [X.] angeordnet, dass die genannten Urteile zugunsten der Antragstellerin insofern mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen sind, als die Antragsgegnerin 1/3 der
titulier-ten Beträge an die Antragstellerin zu zahlen habe. Auf die sofortige Beschwer-de der Antragsgegnerin
hat das Beschwerdegericht diesen Beschluss abgeän-dert und den Antrag
der Antragstellerin abgewiesen. Mit ihrer [X.] möchte die Antragstellerin die Aufhebung der Entscheidung des Beschwer-degerichts und die Wiederherstellung des landgerichtlichen Beschlusses
errei-chen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß Art.
44 der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (fortan: EuGVVO
aF)
in Verbindung mit §
15 Abs.
1 [X.], §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nach §
15 Abs.
1 [X.], §
574 Abs.
2 ZPO unzu-lässig, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert.

1.
Auf das Verfahren findet die Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 22.
Dezember 2000
Anwendung, die in allen (damaligen) Mitgliedstaaten der [X.] mit Ausnahme [X.] am 1.
März 2002 in [X.] getreten ist 2
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(Art.
76 EuGVVO
aF) und auf alle Klagen anzuwenden ist, die -
wie vorliegend
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danach erhoben worden sind (Art.
66 Abs.
1 EuGVVO
aF).
Die Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates über die ge-richtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entschei-dungen in Zivil-
und Handelssachen vom 12.
Dezember 2012 (fortan: EuGVVO nF) kommt nach Art.
66 Abs.
1 EuGVVO nF nicht zur Anwendung, weil das [X.] nicht am 10.
Januar 2015 oder danach eingeleitet worden ist. Für vor dem 10.
Januar 2015 eingeleitete Verfahren findet nach Art.
66 Abs.
2
EuGVVO nF die Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständig-keit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 22.
Dezember 2000 weiterhin Anwendung.

2.
Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensgrundrechten liegen nicht vor.

a)
Zutreffend ist das Beschwerdegericht -
von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen
-
davon ausgegangen, dass gemäß §
7 Abs.
1 Satz
1 [X.] die Zwangsvollstreckung aus einem im Ausland ergangenen Titel zugunsten eines anderen als des in dem Titel bezeichneten Berechtigten für zulässig er-klärt werden kann, wenn der Titel nach dem Recht des Staates, in dem er er-richtet worden ist, für oder gegen einen anderen vollstreckbar ist. Damit kann ein ausländischer Titel auch auf Betreiben eines Rechtsnachfolgers des [X.] für vollstreckbar erklärt werden ([X.], Beschluss vom
12.
Januar 2012 -
IX
ZB 211/10, nv Rn.
4; vgl. auch [X.]/von [X.], [X.] Zivilprozessrecht, 9.
Aufl., Art.
38 EuGVVO Rn.
15). Nach Einholung eines Rechtsgutachtens hat das Beschwerdegericht
sich weiter davon über-zeugt, dass die Urteile nach [X.] Recht keine Vollstreckungstitel im Innenregress gegenüber einem weiteren Gesamtschuldner darstellen.
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b) Mit der Rechtsbeschwerde
macht die Antragstellerin geltend, das Be-schwerdegericht habe [X.] Recht fehlerhaft angewendet. Auf eine Verletzung von ausländischem Recht kann jedoch die Rechtsbeschwerde
ge-mäß §
576 Abs.
1 ZPO nicht gestützt werden. Nur eine unzureichende oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts nach §
293 ZPO kann mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
Juli 2013 -
V
ZB 197/12, [X.]Z
198, 14 Rn.
15, 24; Urteil vom 14.
Januar 2014 -
II
ZR 192/13, WM
2014, 357 Rn.
14). Diesbezüglich liegen Zulässigkeitsgründe nicht vor. Weder hat das Beschwerdegericht das eingeholte Gutachten zum auslän-dischen Recht gehörswidrig oder willkürlich missverstanden noch hat es willkür-lich davon Abstand genommen, weitere Beweiserhebungen zum ausländischen Recht vorzunehmen.

aa)
Das eingeholte Gutachten verhält sich als Folge des ihm durch das Beschwerdegericht aufgegebenen Beweisthemas
wie auch eine von der [X.] angeführte Literaturstelle
im Grundsatz nicht zu
der
Frage, ob die [X.] Titel, die zugunsten der Antragstellerin für voll-streckbar erklärt werden sollen, obwohl sie selbst nicht Titelgläubigerin ist, voll-streckbare Titel darstellen (Gutachten Rn.
2). Es finden sich deswegen auch keine Ausführungen in dem Gutachten
zu der Frage, ob der Rechtsnachfolger eines Titelgläubigers nach [X.] Recht unmittelbar oder mittels einer ihm als Rechtsnachfolger erteilten vollstreckbaren Ausfertigung (wie zum Bei-spiel gemäß §
727 Abs.
1 ZPO nach [X.] Recht
im Klauselerteilungsver-fahren oder nach §
731 ZPO im Klageverfahren auf Erteilung der Vollstre-ckungsklausel: vgl. [X.]/Dirk/Looschelders, BGB,
2012, §
426 Rn.
141 einerseits und [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
727 ZPO
Rn.
22 ande-rerseits) aus dem zugunsten des Titelgläubigers ergangenen Urteil
vollstrecken
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kann.
Die Ansicht der Antragstellerin trifft deswegen nicht zu, aus dem Gutach-ten ergebe sich
zwingend, dass sie nach [X.] Recht
als Rechtsnach-folgerin der Titelgläubigerin infolge der Begleichung der Gesamtschuld gegen die [X.] vollstrecken dürfe, auch wenn die [X.] im Ausgangsverfahren nicht bestimmt worden sind.
Das anders lautende Verständnis des [X.] vom Inhalt des Gutachtens, dass eine Vollstreckung nur in Betracht komme, wenn im [X.] die Haf-tungsanteile festgestellt seien,
ist jedenfalls nicht gehörswidrig, weil die An-tragsgegnerin das Gutachten auch in diesem Sinne verstanden und dies so ver-lautbart hat. Das Verständnis des [X.] ist auch nicht willkürlich. Für das Vorliegen von Willkür reicht eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Rechtsanwendung nicht aus; selbst ein
offensichtlicher Rechtsfehler genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht; die Rechtslage muss mithin in krasser Weise verkannt worden sein (vgl. nur [X.], Beschluss vom 27.
März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.]Z
154, 288, 299
f). Dies ist im Streitfall nicht gegeben
(vgl.
[X.], Beschluss vom 26.
März 2014 -
VI
ZR 254/12, nv
Rn.
4).

bb)
Die Antragstellerin hat in den Vorinstanzen
nicht zu den Voraus-setzungen der Vollstreckung durch den Rechtsnachfolger des Titelgläubigers nach [X.] Recht vorgetragen, auch nicht im [X.] an das [X.] und den Hinweis der Antragsgegnerin, aus dem Gutachten ergebe sich die Berechtigung der Antragstellerin
nicht, aus den vorgelegten Titeln zu voll-strecken, nachdem die Haftungsanteile der jeweiligen Gesamtschuldner nicht im Ausgangsverfahren festgestellt worden seien. Das nach §
293 ZPO beste-hende Ermittlungsermessen des Tatgerichts wird auch vom Vortrag der [X.] mitbestimmt. Angesichts dieser Einzelfallumstände und des grundsätzlich 9
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gegebenen Ermessensspielraums des Tatrichters bei der Weise der Kenntnis-verschaffung über das ausländische Recht ist das Verständnis vom Inhalt des Gutachtens und die [X.] eines weiteren Gutachtens jedenfalls nicht willkürlich gewesen und stellt auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
März 2014, aaO Rn. 5 mwN).

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.09.2012 -
6 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.06.2014 -
I-3 [X.]/12 -

Meta

IX ZB 38/14

26.03.2015

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.03.2015, Az. IX ZB 38/14 (REWIS RS 2015, 13353)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13353

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