Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2012, Az. IX ZB 211/10

9. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 10158

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Gegenstand

Vollstreckbarerklärungsverfahren: Antrag eines Rechtsnachfolgers des ursprünglichen Klägers; Prüfung der internationalen Zuständigkeit des Gerichts des Erststaates


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 26. Zivilsenats des [X.] vom 21. September 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des [X.] wird auf 45.217,30 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner wurde in [X.] durch Urteil des [X.] vom 14. März 2007 zur Zahlung von 31.495,58 € und 1.721,55 € zuzüglich Zinsen sowie einer Prozesskostenentschädigung von 12.000 € an, die [X.] verurteilt. Am 21. März 2007 trat die Klägerin des [X.] Verfahrens nach dem [X.] ihre Ansprüche an die Rechtsanwaltsgesellschaft [X.] ab. Nunmehr beantragt die [X.] , die [X.] Entscheidung für vollstreckbar zu erklären.

2

Mit Beschluss vom 23. April 2010 hat das [X.] die Entscheidung für vollstreckbar erklärt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner den Antrag auf Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung weiter.

II.

3

Das gemäß Art. 44 [X.] in Verbindung mit § 15 Abs. 1 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

4

1. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann die Zwangsvollstreckung aus einem im Ausland ergangenen Titel zugunsten eines anderen als des in dem Titel bezeichneten Berechtigten für zulässig erklärt werden, wenn der Titel nach dem Recht des Staates, in dem er errichtet worden ist, für oder gegen einen anderen vollstreckbar ist. Damit kann ein ausländischer Titel auch auf Betreiben eines Rechtsnachfolgers des ursprünglichen Klägers für vollstreckbar erklärt werden (vgl. Kropholler/v. [X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 38 [X.] Rn. 15; [X.]/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 40 [X.] Rn. 12). Der Nachweis einer entsprechenden Rechtsnachfolge ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.] grundsätzlich durch Urkunden zu führen, es sei denn, die Tatsachen sind bei dem Gericht offenkundig. Jedoch gilt im Anwendungsbereich der hier einschlägigen Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2001 ([X.]), dass gemäß § 55 Abs. 1 [X.], die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht anzuwenden ist und der Nachweis der Rechtsnachfolge mit allen Beweismitteln geführt werden kann ([X.]/Schütze, aaO Art. 40 Rn. 12). Wird der Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht von dem unmittelbaren Rechtsnachfolger gestellt, sondern ist Antragsteller ein Rechtsnachfolger eines früheren Rechtsnachfolgers der ursprünglichen Partei, so muss für jeden dieser Rechtsnachfolger die Berechtigung zur Vollstreckung im Erststaat, in dem der Titel errichtet worden ist, festgestellt werden.

5

Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Urteils des [X.] vom 14. März 2007 auch durch einen Rechtsnachfolger der ursprünglichen Berechtigten [X.] gestellt werden konnte. Die entsprechende Berechtigung der [X.] folgt aus der Abtretung der Rechte aus dem Urteil durch Vereinbarung vom 21. März 2007. Diese Rechtsanwaltsgesellschaft ist jedoch nicht Antragstellerin in dem Vollstreckbarerklärungsverfahren geworden. Woraus sich die Berechtigung der die Vollstreckung betreibenden [X.] ergibt, hat das Beschwerdegericht offen gelassen. Ob es sich bei dieser Gesellschaft um eine Rechtsnachfolgerin der [X.] [X.] handelt, ob diese Gesellschaft mit der [X.] verschmolzen worden ist oder ob lediglich eine Umbenennung vorliegt, ist in der Entscheidung des [X.] offen geblieben.

6

2. Das Beschwerdegericht hat sich des Weiteren nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichtsbarkeit gegeben war. Es führt aus, die internationale Zuständigkeit des Gerichts des Erststaates unterliege grundsätzlich nicht der Nachprüfung in Vollstreckbarerklärungsverfahren, es sei denn, die ausschließliche internationale Zuständigkeit nach Art. 22 [X.] stehe in Frage. Diese Auffassung greift zu kurz, weil sie die weiteren Gründe für die Nichtanerkennung einer Entscheidung nicht ausschöpft. Gemäß Art. 35 Abs. 1 [X.], der nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 [X.] einer Vollstreckbarerklärung entgegenstehen kann, wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn die Vorschriften der Abschnitte 3, 4 und 6 des [X.] verletzt worden sind. Zu diesen Vorschriften gehört neben dem vom Beschwerdegericht genannten Art. 22 [X.] auch die Regelung des Art. 16 Abs. 2 [X.], die in den Vierten Abschnitt des [X.] der Verordnung fällt. Danach kann die Klage eines anderen Vertragspartners gegen den Verbraucher nur vor den Gerichten des Mitgliedsstaates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

7

Vorliegend hat der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, den [X.] mit der ursprünglichen Klägerin als Verbraucher abgeschlossen zu haben. Mit diesem Einwand, der, wäre er berechtigt, zur Versagung der Vollstreckbarerklärung gemäß Art. 16 Abs. 2 [X.] hätte führen müssen, hat sich das Beschwerdegericht nicht befasst. Auch dies muss zur Aufhebung und Zurückverweisung der angefochtenen Entscheidung führen.

8

3. Nach der Zurückverweisung wird das Beschwerdegericht zu ermitteln haben, ob die Antragstellerin [X.] nach [X.]m Recht Einzel- oder Rechtsnachfolgerin der ersten [X.] geworden ist oder mit dieser Gesellschaft identisch ist. Ist von der Antragsberechtigung der Antragstellerin auszugehen, wird es weiter festzustellen haben, ob der Einwand des Antragsgegners, als Verbraucher nicht der [X.] Gerichtsbarkeit unterlegen zu haben, durchgreift.

Kayser                                    Raebel                                    Lohmann

                        Pape                                        Möhring

Meta

IX ZB 211/10

12.01.2012

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 21. September 2010, Az: 26 W 24/10, Beschluss

§ 7 Abs 1 S 2 AVAG, § 55 Abs 1 AVAG, Art 16 Abs 2 EGV 44/2001, Art 22 EGV 44/2001, Art 35 Abs 1 EGV 44/2001, Art 45 Abs 1 S 1 EGV 44/2001

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2012, Az. IX ZB 211/10 (REWIS RS 2012, 10158)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10158

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Referenzen
Wird zitiert von

IX ZB 16/18

IX ZB 9/16

IX ZB 9/16

IX ZB 38/14

IX ZB 211/10

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