Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.01.2022, Az. B 9 BL 1/21 B

9. Senat | REWIS RS 2022, 2068

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - unterlassene Verfahrensverbindung - grundsätzlich kein revisibler Verfahrensfehler - Ausnahme bei Willkür oder Beeinträchtigung von Verfahrensrechten - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 16. April 2021 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin wendet sich in der Hauptsache gegen die Entziehung des Nachteilsausgleichs für Gehörlose nach dem [X.] ([X.]).

2

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] - anders als zuvor das [X.] (Urteil vom [X.]) - die Entziehung des Nachteilsausgleichs für Gehörlose nach dem [X.] gegenüber der Klägerin als rechtmäßig bewertet, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs 4 [X.] wegen einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse iS von § 48 [X.][X.] X nicht mehr vorlägen. Es bestehe kein Grad der [X.]ehinderung (Gd[X.]) von 100 allein wegen der Taubheit und der mit der Taubheit einhergehenden schweren Störung des Spracherwerbs mehr (Hinweis auf das Urteil des [X.] vom selben Tag zum [X.] S[X.] 18/19).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser am [X.] zugestellten Entscheidung hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit einem am [X.] eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag [X.]eschwerde zum [X.][X.] eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26.7.2021 (eingegangen am [X.]) begründet. Die Entscheidung des [X.] leide unter [X.]. Denn es habe das [X.]-Urteil im hiesigen Verfahren mit der [X.]egründung aufgehoben, dass aufgrund der Aufhebung des Urteils des [X.] im [X.]erufungsverfahren über die Herabsetzung des Gd[X.] von 100 auf 80 (L 9 S[X.] 18/19) die Voraussetzungen für die Gewährung des Nachteilsausgleichs für Gehörlose nicht mehr vorlägen. Diese Entscheidung des [X.] sei aber nur im Kontext mit der Entscheidung über den Gd[X.] der Klägerin im Parallelverfahren möglich gewesen. Gemäß § 113 Abs 1 [X.]G hätte insofern eine Verbindung der beiden Verfahren erfolgen müssen.

4

II. 1. Die [X.]eschwerde der Klägerin ist bereits unzulässig, weil diese nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach der am [X.] erfolgten Zustellung des Urteils begründet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 1 [X.]G). Die [X.]eschwerde ist beim [X.][X.] innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils des [X.] einzulegen (§ 160a Abs 1 Satz 2 [X.]G), vorliegend somit bis zum 26.5.2021. Dies ist mit dem am [X.] beim [X.][X.] eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag auch erfolgt. Die [X.] lief deshalb am [X.] (Montag) ab (§ 64 Abs 3 [X.]G), sodass die am [X.] mit Schriftsatz vom 26.7.2021 beim [X.][X.] eingegangene [X.]egründung verfristet war. Ein Antrag nach § 160a Abs 2 Satz 2 [X.]G auf Verlängerung der [X.]egründungsfrist hat die Klägerin im hiesigen Verfahren nicht gestellt.

5

2. Ungeachtet des Ablaufs der Frist für die [X.]egründung der Nichtzulassungsbeschwerde genügt die von der Klägerin vorgelegte [X.]egründung aber auch nicht den gesetzlichen Anforderungen. Denn sie hat einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G). Insofern kann es auch dahingestellt bleiben, ob der Klägerin wegen der Versäumung eines fristgerechten Antrags auf Verlängerung der [X.] nach § 160a Abs 2 Satz 2 [X.]G Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs 1 [X.]G) und damit eine Verlängerung der [X.] zu gewähren ist.

6

Die Klägerin beanstandet, das [X.] hätte dieses Verfahren nach § 113 Abs 1 [X.]G mit dem (Parallel-)Verfahren gegen die Herabsetzung des Gd[X.] von 100 auf 80 (L 9 S[X.] 18/19) verbinden müssen, um ihr wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewähren. Indes ist die Entscheidung über eine Verfahrensverbindung nach § 113 Abs 1 [X.]G einer Überprüfung durch das [X.][X.] grundsätzlich entzogen (vgl § 172 Abs 2 [X.]G). Das Unterlassen einer Verbindung begründet zudem regelmäßig auch keinen Verfahrensmangel, auf dem die Sachentscheidung beruhen kann (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] [X.] 36/08 [X.] - juris RdNr 13; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 113 Rd[X.]). Sie kann allenfalls dann mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn diese Mängel rügt, die als Folge der unterlassenden Verbindung dem angefochtenen Urteil selbst anhaften (vgl [X.]VerwG [X.]eschluss vom 31.1.2011 - 8 [X.] 32.10 - juris RdNr 19; [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 2. Aufl 2021, § 113 Rd[X.]7, jeweils mwN). Dies mag dann der Fall sein, wenn sie willkürlich nicht erfolgt ist, ohne sachlich vernünftigen Grund nicht beschlossen wurde oder wenn ein [X.]eteiligter hierdurch in der Wahrung seiner Rechte beeinträchtigt worden ist (vgl [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] 7a [X.] 162/05 [X.] - juris RdNr 6). Solche Mängel zeigt die Klägerin aber nicht auf. Vielmehr räumt sie selbst ein, dass das hier angefochtene Urteil des [X.] "in sich schlüssig" sei. Dass die Verbindung der beiden Rechtsstreitigkeiten vom [X.] willkürlich nicht erfolgt oder die Klägerin ohne ihre Verbindung in der Wahrung ihrer Rechte beeinträchtigt worden sei, trägt sie ebenfalls nicht substantiiert vor. Die Klägerin behauptet nicht, dass sie durch die nicht erfolgte Verbindung der beiden Rechtsstreitigkeiten ihre prozessualen Rechte nicht habe wahrnehmen können. Vielmehr hat sie gegen beide [X.]-Entscheidungen Nichtzulassungsbeschwerde beim [X.][X.] einlegen können und auch eingelegt.

7

Soweit die Klägerin darüber hinaus rügt, dass das angefochtene Urteil trotz seiner Schlüssigkeit "i.E. fehlerhaft" sei, weil es "auf der falschen Entscheidung im Parallelverfahren" beruhe, wendet sie sich gegen die Rechtsanwendung des [X.] in ihrem Einzelfall und greift damit die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung an. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (vgl stRspr; z[X.] [X.][X.] [X.]eschluss vom [X.] - [X.] 9 S[X.] 2/21 [X.]H - juris RdNr 10; [X.][X.] [X.]eschluss vom 26.1.2017 - [X.] 9 V 72/16 [X.] - juris RdNr 14, jeweils mwN).

8

Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

9

3. Die [X.]eschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 [X.]G).

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Kaltenstein                                            [X.]

Meta

B 9 BL 1/21 B

13.01.2022

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BL

vorgehend SG Leipzig, 18. Januar 2019, Az: S 25 BL 9/16, Urteil

§ 113 Abs 1 SGG, § 172 Abs 2 SGG, § 160a Abs 2 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.01.2022, Az. B 9 BL 1/21 B (REWIS RS 2022, 2068)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2068

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