Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.08.2020, Az. VII R 39/19

In der Sache ist streitig, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) 2.201,08 € (1.487,08 € und 714 €) erstatten muss.

Der Kläger heiratete am 29.09.2000. Am 19.02.2001 reichten er und seine Ehefrau jeweils eine Einkommensteuererklärung für das [X.] ein. Dabei beantragten sie die besondere Veranlagung für das Jahr der Eheschließung gemäß § 26c des Einkommensteuergesetzes in der damaligen Fassung (EStG a.F.) und machten unter ihrer jeweiligen vorehelichen Steuernummer jeweils nur Angaben zu ihren eigenen Einkünften. Die Frau des [X.] gab auf dem Mantelbogen im Feld "Ehefrau" den Namen des [X.] an.

Die für die Ehefrau des [X.] zuständige Arbeitnehmerstelle des [X.] führte entgegen dem Antrag keine besondere Veranlagung durch, sondern --unter Berücksichtigung lediglich der Einkünfte der [X.] eine Zusammenveranlagung, wandte den Splittingtarif an und setzte die Einkommensteuer unter einer neu vergebenen Steuernummer [[X.]Nr. neu Ehegatten] mit einem an beide Ehegatten gerichteten Einkommensteuerbescheid vom 18.04.2001 auf 0 € fest. Nach Anrechnung der vom Lohn der Ehefrau einbehaltenen [X.] ergab sich eine Erstattung in Höhe von 2.908,48 DM bzw. 1.487,08 €, die das [X.] auf das in der Steuererklärung der Ehefrau angegebene Konto überwies. Den [X.] gab es den Eheleuten unter deren gemeinsamer Adresse in nur einer Ausfertigung bekannt. Der [X.] wurde bestandskräftig.

Am 08.05.2001 veranlagte eine andere Stelle des [X.] den Kläger seinem Antrag entsprechend unter Verwendung seiner bisherigen Steuernummer. Das aus dem [X.] resultierende Guthaben wurde dem Kläger auf dessen Konto erstattet. Der [X.] wurde gleichfalls bestandskräftig.

Nachdem das [X.] den Fehler bei der Veranlagung der Ehefrau des [X.] bemerkt hatte, hob es mit [X.] vom 08.11.2001 den offenbar unrichtigen [X.] (so Urteil des [X.] --[X.]-- vom [X.] - III R 22/08, [X.], 1410) vom 18.04.2001 über die Zusammenveranlagung gemäß § 129 Satz 1 der Abgabenordnung ([X.]) auf. Dem Aufhebungsbescheid war eine Abrechnung beigefügt, in der die zuvor auf das Konto der Ehefrau des [X.] erstatteten Beträge in Höhe von insgesamt 1.487,08 € zurückgefordert und zum 11.12.2001 fällig gestellt wurden. [X.] und Abrechnung waren an beide Ehegatten adressiert und wurden diesen jeweils nur in einer Ausfertigung unter der gemeinsamen Adresse bekanntgegeben.

Danach führte das [X.] auch gegenüber der Ehefrau die beantragte besondere Veranlagung durch, setzte mit [X.] vom 08.03.2002 Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer fest und erstattete ihr 85,63 €.

Gegen die Aufhebung des [X.] vom 18.04.2001 mit [X.] vom 08.11.2001 legte nur die Ehefrau des [X.] Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des [X.]. Das [X.] gewährte mit dem an beide Ehegatten gerichteten [X.] vom 19.11.2001 AdV in voller Höhe bis zum Abschluss des [X.]. Den Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid wies das [X.] mit der ausschließlich an die Ehefrau des [X.] gerichteten Einspruchsentscheidung vom 15.02.2002 zurück, woraufhin diese Klage erhob.

Auf einen erneuten Antrag der Ehefrau des [X.] gewährte ihr das [X.] am 11.04.2002 ab dem Tag der Fälligkeit und bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung über die Klage erneut AdV.

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit Urteil vom 09.02.2006 statt. Auf die Beschwerde des [X.] ließ der [X.] die Revision zu, hob das finanzgerichtliche Urteil auf und wies die Klage gegen den [X.] vom 08.11.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2002 ab ([X.]-Urteil in [X.], 1410).

Daraufhin hob das [X.] mit einem an beide Eheleute gerichteten Schreiben vom [X.] die der Ehefrau des [X.] gewährte AdV auf und stellte die ausgesetzten Beträge in Höhe von insgesamt 1.487,08 € zum 16.07.2010 fällig. Am 29.06.2010 überwies der Kläger diesen Betrag von seinem Konto unter Angabe des Verwendungszwecks "ESt 2000 [[X.]Nr. neu Ehegatten]". Außerdem nannte er seinen Vornamen und den Vornamen seiner Frau sowie die ersten drei Buchstaben des gemeinsamen Nachnamens. Das [X.] verbuchte den Zahlungseingang auf die aus dem [X.] über die Aufhebung der Zusammenveranlagung noch offenen Rückforderungsbeträge für Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für das [X.] in Höhe von insgesamt 1.487,08 €.

Mit einem an beide Ehegatten adressierten und nur in einer Ausfertigung bekanntgegebenen [X.] vom 15.07.2010 setzte das [X.] außerdem Aussetzungszinsen in Höhe von 714 € fest, die zum [X.] fällig wurden. Dieser [X.] blieb unangefochten. Am 27.07.2010 überwies der Kläger 714 € von seinem Konto unter Angabe des Verwendungszwecks "[[X.]Nr. neu Ehegatten] ESt 2000 [X.]". Das [X.] verbuchte den Betrag auf die festgesetzten Aussetzungszinsen.

Am 23.12.2015 forderte der Kläger vom [X.] die Erstattung der am 29.06.2010 und am 27.07.2010 gezahlten Beträge in Höhe von insgesamt 2.201,08 € (1.487,08 € und 714 €). Er sei aufgrund der an beide Ehegatten gerichteten [X.]e davon ausgegangen, als Gesamtschuldner zur Zahlung der Beträge verpflichtet gewesen zu sein. Nun habe er festgestellt, dass die an beide Ehegatten gerichteten [X.]e rechtswidrig gewesen seien. Das [X.] habe zu Unrecht beide Ehegatten zur Zahlung aufgefordert, obwohl allein seine Ehefrau die Leistung erhalten habe.

Das [X.] entschied mit [X.] vom 16.02.2016, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung habe. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Hierauf erhob der Kläger Klage.

Das [X.] hob den [X.] vom 16.02.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2016 auf und verpflichtete das [X.], zu Gunsten des [X.] bestehende Erstattungsansprüche in Höhe von 2.201,08 € (1.487,08 € und 714 €) festzustellen.

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1 veröffentlicht.

Hiergegen richtet sich die Revision des [X.].

Es beantragt, das Urteil des [X.] Baden-Württemberg vom 04.12.2018 - 11 K 1210/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung verstößt gegen Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Sie ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Das [X.] hat den Bescheid vom 16.02.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2016 zu Unrecht aufgehoben und das [X.] verpflichtet, einen Erstattungsanspruch des [X.] in Höhe von 2.201,08 € (1.487,08 € und 714 €) festzustellen.

1. Der Senat kann entscheiden, obwohl der Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn er ist ausweislich der Akten ordnungsgemäß geladen und dabei auch darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2, § 121 Satz 1 [X.]O). Die Ladung ist ihm am 26.06.2020 mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Einen Antrag auf Terminsverlegung hat der Kläger nicht gestellt.

2. Das [X.] hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klage zulässig ist.

Zwar hat der Kläger dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 04.12.2018 zufolge eine Verpflichtungsklage nach § 40 Abs. 1 Alternative 2 [X.]O erhoben. Richtigerweise hätte er jedoch eine Anfechtungsklage i.S. des § 40 Abs. 1 Alternative 1 [X.]O erheben müssen. Denn bei dem Bescheid vom 16.02.2016 handelt es sich, da das [X.] über eine Streitigkeit entschieden hat, die einen Erstattungsanspruch i.S. von § 37 Abs. 2 [X.] betrifft, um einen Abrechnungsbescheid (vgl. § 218 Abs. 2 Satz 2 [X.]), wobei es unerheblich ist, ob der Bescheid auch ausdrücklich als Abrechnungsbescheid bezeichnet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 07.08.1990 - VII R 120/89, [X.] 1991, 569, unter [X.]; s.a. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 218 [X.] Rz 121). Der Hinweis des [X.] in der Einspruchsentscheidung, es bedürfe vorliegend keines "formellen" Abrechnungsbescheids, ändert daran nichts.

Die Klage ist somit auf die Änderung eines Abrechnungsbescheids gerichtet mit der Folge, dass richtige Klageart die Anfechtungsklage ist (vgl. [X.] in [X.], § 218 [X.] Rz 125, m.w.[X.]). Der erkennende Senat deutet den Klageantrag des [X.] dementsprechend in eine Anfechtungsklage um. Die Umdeutung ist auch noch in der Revisionsinstanz möglich (vgl. [X.]-Urteile vom 27.01.2011 - III R 65/09, [X.] 2011, 991).

Im Streitfall sind im Übrigen die Sachurteilsvoraussetzungen für eine Anfechtungsklage erfüllt.

3. Das [X.] ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klage begründet ist. Der Bescheid vom 16.02.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2016 ist rechtmäßig und wurde somit in der Vorentscheidung zu Unrecht aufgehoben. Dem Kläger steht kein Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu.

a) Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 [X.] hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags, wenn eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden ist. Ob eine Steuer oder eine Steuervergütung i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 [X.] ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist, richtet sich regelmäßig nach den zugrunde liegenden Steuerbescheiden (sog. formelle Bescheidlage, ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 23.10.2018 - VII R 13/17, [X.], 326, [X.], 126, Rz 17, m.w.[X.]; s.a. [X.]-Urteile vom 19.02.2020 - III R 66/18, [X.] 2020, 1139, [X.] Steuerrecht 2020, 1717, und vom 14.03.2012 - XI R 6/10, [X.], 296, [X.], 607, Rz 19, m.w.[X.]).

b) Soweit der Kläger dem [X.] am 29.06.2010 einen Betrag von 1.487,08 € überwiesen hat, bestand für diese Zahlung ein Rechtsgrund.

aa) Die Ehefrau des [X.] schuldete dem [X.] diesen Betrag gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 [X.], nachdem der offenbar unrichtige Zusammenveranlagungsbescheid vom 18.04.2001, der die Rechtsgrundlage für die Auszahlung von 1.487,08 € auf das Konto der Ehefrau gewesen war, durch den Bescheid vom 08.11.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2002 aufgehoben worden war. Der Aufhebungsbescheid ist infolge des [X.] in [X.] 2010, 1410 gegenüber der Ehefrau des [X.] bestandskräftig geworden und damit für den Abrechnungsbescheid maßgeblich. Die Erwägungen des [X.] zur angeblich fehlenden wirksamen Bekanntgabe des [X.] gehen somit ins Leere.

bb) Die Ehefrau des [X.] war dem [X.] die genannten 1.487,08 € auch noch im [X.], als der Kläger die Überweisung getätigt hat, schuldig. Dies folgt aus den Feststellungen des [X.] und kann auch aus dem [X.]-Urteil in [X.] 2010, 1410 abgeleitet werden, das andernfalls so nicht hätte ergehen dürfen. Denn wäre der Anspruch erloschen gewesen, hätte sich die Hauptsache erledigt und es hätte kein Sachurteil mehr ergehen dürfen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 06.08.1996 - VII B 24/96, [X.] 1997, 95; [X.]-Urteil vom 26.04.1990 - V R 90/87, [X.], 348, [X.] 1990, 802; [X.] vom 25.03.1993 - V B 73/92, [X.] 1994, 437, unter [X.]a).

cc) Als der Kläger nach Aufhebung der seiner Ehefrau gewährten AdV von seinem Konto einen Betrag in Höhe von 1.487,08 € unter Angabe des Verwendungszwecks "ESt 2000 [St.Nr. neu Ehegatten]", seines Vornamens und des Vornamens seiner Frau sowie der ersten drei Buchstaben des gemeinsamen Nachnamens überwies, hat er zumindest auch auf ihre Schuld gezahlt.

Entscheidend ist nicht der innere Wille des Zahlenden, sondern der im Zeitpunkt der Zahlung erkennbar hervorgetretene Wille (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 20.02.2017 - VII R 22/15, [X.] 2017, 906, Rz 8, m.w.[X.]). Maßgeblich sind somit nicht die subjektiven Vorstellungen des Leistenden, maßgeblich ist vielmehr, wie die Tilgungsbestimmung nach dem objektiven [X.] (hier: aus der objektivierten Sicht des [X.]) im Zeitpunkt der Leistung zu verstehen war.

Nach dem [X.] kann ein Zahlungseingang unter Angabe des Namens einer bestimmten Person, eines (auch) diese Person betreffenden Geschäftszeichens und in der von dieser Person geschuldeten Höhe nur so zu verstehen sein, dass zumindest auch deren Schuld getilgt werden soll. Von wem und mit wessen Mitteln die Zahlung vorgenommen worden ist, ist nicht von Belang (Senatsbeschluss in [X.] 2017, 906, Rz 8, m.w.[X.]). Nur dann, wenn sich aus den dem [X.] bei Zahlung erkennbaren Umständen objektiv nicht entnehmen lässt, wessen ([X.] beglichen werden sollte, ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Zahlende nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte (vgl. etwa Senatsurteil vom 22.03.2011 - VII R 42/10, [X.], 10, [X.] 2011, 607, Rz 22, m.w.[X.]).

Ausnahmen davon gelten zwar für Zahlungen zusammenveranlagter Ehegatten (vgl. Senatsurteile in [X.], 10, [X.] 2011, 607, Rz 23; vom 30.09.2008 - VII R 18/08, [X.], 235, [X.] 2009, 38, unter [X.], und vom 15.11.2005 - VII R 16/05, [X.], 396, [X.] 2006, 453, jeweils m.w.[X.]). Der Umkehrschluss, dass die Tilgung der Steuerschuld des jeweils anderen Ehegatten eine Zusammenveranlagung oder eine Gesamtschuld voraussetzt, ist jedoch unzulässig. Vielmehr kann grundsätzlich jeder --z.B. nach den Grundsätzen eines abgekürzten [X.] oder aus familiärer oder freundschaftlicher [X.] die Steuerschuld eines [X.] begleichen. Hat er den Umstand, dass die Schuld eines anderen getilgt werden soll, durch eine entsprechende Tilgungsbestimmung klargestellt, können die Rechtsgrundsätze, die der Senat für die Fälle aufgestellt hat, in denen im Zeitpunkt der Zahlung nach dem [X.] keine hinreichende Tilgungsbestimmung getroffen wurde (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss in [X.] 2017, 906, Rz 12), keine Anwendung finden.

Im Streitfall hat der Kläger bei der Überweisung des von seiner Ehefrau geschuldeten Betrags in Höhe von 1.487,08 € ausdrücklich auch ihren Vornamen und das (auch) sie betreffende Geschäftszeichen angegeben. Nach den dargestellten Grundsätzen war die Zahlung nach dem objektiven [X.] so zu verstehen, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zahlung jedenfalls auch ihre Schuld tilgen wollte. Wenn der Kläger demgegenüber meint, er sei ursprünglich davon ausgegangen, als Gesamtschuldner zur Zahlung des Betrags verpflichtet gewesen zu sein und habe aber im Nachhinein festgestellt, dass der an beide Ehegatten gerichtete Bescheid rechtswidrig gewesen sei, ist dies auch schon deshalb unbeachtlich, weil nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats spätere Ereignisse nicht zur Auslegung der früher wirksam gewordenen Erklärung über den [X.] oder zur Ermittlung einer mutmaßlich --früheren-- Absicht des Zahlenden herangezogen werden können (Senatsurteil vom 18.02.1997 - VII R 117/95, [X.] 1997, 482, m.w.[X.]).

Entgegenstehende Umstände sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Wahl der besonderen Veranlagung für das Jahr der Eheschließung (hier das [X.]) gemäß § 26c EStG a.F. kein Umstand, der nach dem objektiven [X.] Zweifel entstehen lassen konnte, ob der Kläger am 29.06.2010 auch die Steuerschuld seiner Ehefrau tilgen wollte. Denn die Wahl der besonderen Veranlagung für das Jahr der Eheschließung ist kein Indiz für eine Ehekrise, sondern kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Beteiligten entschlossen haben, die Ehe miteinander einzugehen. Die Frage, ob etwa die Wahl einer getrennten Veranlagung nach dem objektiven [X.] geeignet sein kann, Zweifel an einer an sich eindeutigen Tilgungsbestimmung zu wecken, kann im Streitfall offenbleiben, da das [X.] nicht festgestellt hat, dass der Kläger und seine Frau vor der Überweisung in Höhe von 1.487,08 € am 29.06.2010 eine getrennte Veranlagung beantragt hatten. Dies behauptet auch der Kläger nicht.

c) Soweit der Kläger am 27.07.2010 die mit einem an beide Ehegatten adressierten und nur in einer Ausfertigung bekanntgegebenen Bescheid vom 15.07.2010 festgesetzten und am [X.] fälligen Aussetzungszinsen in Höhe von 714 € entrichtet hat, hat er gegenüber dem [X.] ebenfalls keinen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags, weil er diese steuerliche Nebenleistung nicht ohne rechtlichen Grund gezahlt hat. Insoweit war der Kläger selbst zur Zahlung verpflichtet. Nach dem objektiven [X.] hat er (auch) auf seine eigene Rechnung gezahlt.

aa) Formell liegt gegenüber beiden Ehegatten die --mangels Einspruchs bestandskräftige-- Festsetzung von Aussetzungszinsen und damit ein Rechtsgrund für die Zahlung vor, denn in dem an beide Ehegatten adressierten und nur in einer Ausfertigung bekanntgegebenen Bescheid vom 15.07.2010 wurden beiden gegenüber am [X.] fällige Aussetzungszinsen in Höhe von 714 € festgesetzt. Darauf, dass materiell-rechtlich der Zinsanspruch gemäß § 237 [X.] nur gegenüber der Ehefrau des [X.] bestand, da nur diese AdV beantragt und auch bewilligt bekommen hat, kommt es nicht an. Für [X.] ist, wie ausgeführt, die formelle Bescheidlage maßgeblich.

Der Bescheid vom 15.07.2010 wurde dem Kläger auch i.S. des § 122 Abs. 1 Satz 1 [X.] bekanntgegeben, denn dieser hat den Bescheid unstreitig tatsächlich erhalten. Der Kläger trägt selbst vor, er habe diesem Bescheid entnommen, dass er zur Zahlung verpflichtet sei, und habe in der Folge (nur) auf seine eigene, aus diesem Bescheid resultierende Schuld gezahlt. Hieraus folgt, dass ihm der Bescheid bei der Überweisung am 27.07.2010 vorgelegen haben muss.

Die Annahme, dass ein Bescheid i.S. des § 122 Abs. 1 Satz 1 [X.] (spätestens) dann bekanntgegeben wurde, wenn der Adressat das Schriftstück "in den Händen hält" (vgl. Beschluss des [X.] des [X.] vom 06.05.2014 - GrS 2/13, [X.]E 244, 536, [X.], 645, Rz 65), deckt sich mit dem in § 8 des [X.] ([X.]) zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken. Wenn § 8 [X.] eine Heilung von [X.] bei der förmlichen Zustellung zulässt und bestimmt, dass auch ein Bescheid, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt oder der unter Verletzung zwingender [X.] zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt als zugestellt gilt, in dem er dem [X.] tatsächlich zugegangen ist, kann für die schlichte Bekanntgabe nichts anderes gelten (vgl. etwa [X.]-Urteil vom 09.08.1991 - III R 169/90, [X.] 1992, 433; [X.] vom 27.07.2001 - II B 9/01, [X.] 2002, 8; [X.] in [X.], § 122 [X.] Rz 59 und Rz 121 ff.; [X.] in Tipke/[X.], § 122 [X.] Rz 10). Maßgeblich ist auch hier (spätestens) der Zeitpunkt, in dem der Adressat das Schriftstück "in den Händen hält" (vgl. Beschluss des [X.] des [X.] in [X.]E 244, 536, [X.], 645). Die bis zum Inkrafttreten des [X.] im gerichtlichen Verfahren --Zustellungsreformgesetz-- vom 25.06.2001 ([X.], 1206) geltende Vorschrift des § 9 Abs. 2 [X.] a.F., wonach dies dann nicht gilt, wenn mit einer Zustellung eine Frist für die Erhebung der Klage, eine Berufungs-, Revisions- oder Rechtsmittelbegründungsfrist beginnt, wurde damals aufgehoben (vgl. dazu bereits Beschluss des [X.] des [X.] in [X.]E 244, 536, [X.], 645, Rz 67).

Auf § 122 Abs. 7 Satz 1 [X.], wonach es für eine Bekanntgabe gegenüber allen Betroffenen ausreichen kann, dass ihnen eine Ausfertigung des Bescheids unter ihrer gemeinsamen Adresse übermittelt wird, und auf die diesbezügliche Rechtsprechung zur vereinfachten Bekanntgabe von Verwaltungsakten gegenüber Ehegatten, Lebenspartnern oder Eltern und Kindern, kommt es im Streitfall im Hinblick darauf, dass der Kläger den Bescheid tatsächlich erhalten hat, somit nicht an.

Die vom Kläger angesprochenen [X.]-Urteile vom 15.05.1986 - III R 192/81 ([X.] 1988, 477) und vom 14.01.1997 - VII R 66/96 ([X.]E 182, 262) stehen dem nicht entgegen. Sie können insbesondere nicht dahin verstanden werden, dass ein Bescheid, bei dem eine schlichte Bekanntgabe genügt, demjenigen, an den er adressiert war und der ihn tatsächlich "in den Händen gehalten" hat, stets dann als nicht bekanntgegeben gilt, wenn im Adressfeld neben seinem Namen noch ein weiterer Name genannt wird. Das [X.]-Urteil in [X.] 1988, 477 betrifft Besonderheiten der Zusammenveranlagung nach altem Recht. Dem Senatsurteil in [X.]E 182, 262 lässt sich lediglich entnehmen, dass die Verfügung über eine AdV in Bezug auf die dortige Klägerin als Steuerschuldnerin mangels tatsächlicher oder durch das Gesetz fingierter gegenseitiger Bevollmächtigung der Ehegatten nicht wirksam bekanntgegeben worden war. Keine Entscheidung hat der Senat darüber getroffen, ob die Nennung von weiteren Namen im Adressfeld des Schreibens dazu führt, dass von einer wirksamen Bekanntgabe des Bescheids nicht ausgegangen werden kann. Die Nennung eines zweiten Namens in einem Bescheid hat der [X.] in mehreren Entscheidungen sogar ausdrücklich als unschädlich angesehen (vgl. etwa [X.]-Beschlüsse vom 04.03.2015 - X B 39/14, [X.] 2015, 805, und vom [X.], [X.] 1998, 1455).

Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung der Aussetzungszinsen gegenüber dem Kläger an einem offenkundigen, besonders schwerwiegenden Fehler litt, und der Bescheid deshalb gemäß § 125 Abs. 1 oder Abs. 2 [X.] nichtig war, bestehen nicht. Der Kläger hätte den Bescheid zwar mit Aussicht auf Erfolg anfechten können. Da er dies jedoch unterlassen hat, wurde der Bescheid ihm gegenüber bestandskräftig, so dass er somit für den Abrechnungsbescheid, der allein auf die objektive Bescheidlage abzustellen hat, maßgeblich ist.

bb) Nach dem objektiven [X.] war die Überweisung von 714 € unter Angabe der gemeinsamen, also auch den Kläger selbst betreffenden Steuernummer, sowie des Betreffs mit der Angabe "[St.Nr. neu Ehegatten] ESt 2000 [X.]" und unter Berücksichtigung des zeitlichen Zusammenhangs mit dem Bescheid vom 15.07.2010, der beiden Eheleuten gegenüber ergangen war, als Zahlung auf die in diesem Bescheid festgesetzten Zinsen zu verstehen. Dass der Kläger nach dem objektiven [X.] dabei zumindest auch seine eigene Schuld tilgen wollte, ist vor diesem Hintergrund nicht zweifelhaft.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.