Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.01.2014, Az. B 13 R 31/13 R

13. Senat | REWIS RS 2014, 8353

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Revisionsverfahren - Revisionsbegründung bei einer behaupteten Unvereinbarkeit einer Vorschrift mit dem GG - richterlicher Hinweis bei Mängel der Revisionsbegründung


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 4. November 2013 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Das [X.] hat im Urteil vom 4.11.2013 einen Anspruch der im Jahr 1951 geborenen Klägerin auf Vormerkung weiterer [X.] für ihre 1971 und 1974 geborenen Kinder verneint. Es hat darin in Auseinandersetzung mit einschlägiger Rechtsprechung des [X.] ausführlich begründet, weshalb für Mütter vor dem 1.1.1992 geborener Kinder aus Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 [X.] über die Regelung in § 249 Abs 1 [X.] hinaus kein aktuell durchsetzbarer Anspruch auf Berücksichtigung von mehr als zwölf Monaten an [X.] herleitbar sei.

2

Zur Begründung der vom [X.] wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor:

"Die Begründung erfolgt daraus, dass die derzeitige Verwaltungs- und Rechtslage der Verfassung widerspricht, den Grundgesetzartikeln 2 und 6 [X.].

Es findet eine unberechtigte Differenzierung/Ungleichbehandlung zwischen Müttern statt, die Kinder vor 1992 und danach geboren haben.

Dies ist von grundsätzlicher Bedeutung, wobei mitgeteilt wird, dass sich die Auslegung von Verfassungsrecht (Grundgesetzartikeln) im Laufe der [X.] durch Veränderungen der Gesellschaft und anderen Einstellungen ändern kann - wie hier aus Sicht der Revisionsführerin gegeben.

Zwar sind in den 1990iger Jahren Entscheidungen des [X.] und des [X.] dahingehend ergangen, dass keine Ungleichbehandlung vorliegt, dieses Denken bzw. diese Rechtsansicht ist aber im Wanken begriffen was sich daraus ergibt, dass das [X.] [X.] in dem Urteil vom 04.11.2013 die Revision zugelassen hat.

Anzumerken sei auch, dass der Gesetzgeber ja im Begriff ist, wohl, Änderungen vorzunehmen, wenn denn eine Koalition zustande kommen sollte. Insoweit hat noch der Gesetzgeber die Ungleichbehandlung aufgegriffen, aber unzureichend in der Planung wohl aufgenommen, da immer noch keine völlige Gleichstellung der Rechtslage zwischen den "Alt-Müttern" und "Neu-Müttern" (also vor 1992 bzw. nach 1992) vorgesehen ist.

Deswegen wird gebeten, antragsgemäß zu erkennen.

Soweit weiterer Vortrag erforderlich sein sollte, wird um einen Hinweis gebeten."

3

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der ergangenen Bescheide der Behörde und der Vordergerichte die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, der [X.]in Rentenanwartschaften für die vor 1992 geborenen leiblichen Kinder O. und S. [X.] zuzuerkennen, wie für Kinder, die nach 1992 geboren sind.

4

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision als unzulässig zu verwerfen,

da die Ausführungen in der Revisionsbegründung nicht einmal ansatzweise geeignet seien, den Erfordernissen des § 164 Abs 2 S 3 S[X.] Genüge zu tun.

5

II. Die Revision ist unzulässig (§ 169 S[X.]). Die Klägerin hat das Rechtsmittel nicht ausreichend begründet (§ 164 S[X.]).

6

Gemäß § 164 Abs 2 S 1 S[X.] ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach Satz 3 dieser Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl nur [X.]-1500 § 164 [X.]; [X.]-1500 § 164 [X.] RdNr 9 f - jeweils mwN; zustimmend bereits [X.] [X.] 1500 § 164 [X.] 29).

7

Wendet sich die Revision - wie hier - dagegen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine mit der Verfassung nicht vereinbare Vorschrift angewandt worden sei, ist in der Begründung näher darzulegen, weshalb ein Verstoß gegen das [X.] vorliegen soll. Der [X.] muss sich dabei - zumindest kurz - mit den Gründen der Vorinstanz rechtlich auseinandersetzen; er muss erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Vorschriften anderer Auffassung ist ([X.] § 164 [X.] und [X.] f mwN; BSG vom 11.6.2003 - [X.] RJ 52/02 R - Juris RdNr 14; BSG vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 10). Dafür bedarf es der Darlegung, in welchen Punkten und aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung angegriffen wird (BSG vom 11.11.1993 - 7 [X.] - Juris RdNr 15 mwN; [X.], 186, 187 f = [X.] 3-1200 § 53 [X.]; [X.] § 164 [X.] und Nr 28 S 44).

8

Dieses Formerfordernis soll im Interesse der Entlastung des [X.] sicherstellen, dass der [X.] bzw sein Prozessbevollmächtigter das angefochtene Urteil im Hinblick auf einen Erfolg des Rechtsmittels überprüft und hierzu die Rechtslage genau durchdacht hat (vgl BSG vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 10; BSG vom 3.7.2002 - [X.] RJ 30/01 R - Juris RdNr 10 mwN), bevor er durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für die Revision übernimmt und so ggf von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (BSG vom [X.] - B 3 KR 22/03 R - Juris RdNr 16 mwN).

9

Die vorliegende Revisionsbegründung genügt den genannten Anforderungen nicht. Ihr kann lediglich entnommen werden, dass die Klägerin eine Verletzung (wohl) von Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 [X.] geltend macht, wenn sie meint, dass eine unberechtigte Ungleichbehandlung zwischen Müttern stattfinde, die ihre Kinder vor 1992 bzw danach geboren hätten. Sie versäumt es aber, im Einzelnen darzulegen, weshalb diese Verfassungsnormen durch die angefochtene Entscheidung verletzt werden. Weder gibt sie den Sachverhalt, über den das Berufungsgericht entschieden hat, noch dessen (verfassungs-)rechtliche Argumentation wieder; auch mit den von ihr erwähnten einschlägigen Entscheidungen des BSG und des [X.], "dass keine Ungleichbehandlung vorliegt", setzt sie sich nicht auseinander. Die pauschale Behauptung, dass die diesen Entscheidungen zugrunde liegende Rechtsansicht "im Wanken begriffen" sei, genügt für eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung bei Weitem nicht.

Nichts anderes folgt aus der Bitte der Klägerin um einen Hinweis des Gerichts, falls weiterer Vortrag erforderlich sein sollte. Der Senat war nicht verpflichtet, die anwaltlich vertretene Klägerin vorab auf Mängel in ihrer Revisionsbegründung hinzuweisen; die Bestimmung des § 106 Abs 1 S[X.] wird insoweit von der spezielleren Regelung in § 164 Abs 2 S[X.] verdrängt. Diese Vorschrift beruht auf dem Gedanken, dass ein Rechtsanwalt auch ohne Hilfe des Gerichts in der Lage sein muss, eine Revision formgerecht zu begründen. Gerade dies ist ein rechtfertigender Grund für den [X.] vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 S[X.]; diese Bestimmung darf nicht unter Berufung auf die Hinweispflicht des Gerichts umgangen werden (vgl BSG vom [X.] - B 7 [X.] 60/10 B - Juris RdNr 7; Senatsbeschluss vom 16.11.2011 - [X.] R 317/11 B - BeckRS 2012, 70222 RdNr 6; BSG vom [X.] - [X.] R 214/13 B - BeckRS 2013, 71677 RdNr 8).

Die mithin nicht formgerecht begründete Revision ist nach § 169 S[X.] ohne Zuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 S[X.].

Meta

B 13 R 31/13 R

28.01.2014

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Hannover, 1. August 2013, Az: S 1 R 147/13

§ 106 Abs 1 SGG, § 164 Abs 2 S 1 SGG, § 164 Abs 2 S 3 SGG, § 169 SGG, GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.01.2014, Az. B 13 R 31/13 R (REWIS RS 2014, 8353)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8353

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 13 R 350/16 B (Bundessozialgericht)

(Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - gerügter Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 …


B 5 R 71/22 B (Bundessozialgericht)

(Sozialgerichtsverfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - gerügte Verletzung des § 136 Abs 1 Nr 6 …


B 9 V 3/21 R (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Revision - Verfahrensmangel - Anforderungen an die Revisionsbegründung - rechtskräftiges Urteil - …


B 5 R 28/21 R (Bundessozialgericht)

Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einem gemeinsamen Auslandsaufenthalt unverheirateter Eltern …


B 13 R 34/17 R (Bundessozialgericht)

(Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 249 Abs 1 SGB 6 idF des RVLVG)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.