Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 30 W (pat) 42/20

30. Senat | REWIS RS 2021, 825

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Gegenstand

Markenbeschwerdesache – "NATUR Lieblinge kleine SCHÄTZE (Wort-/Bildzeichen)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 25. November 2021 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzendem sowie der Richterin [X.] und des Richters Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 des [X.] vom 29. September 2020 aufgehoben.

Gründe

[X.].

1

Das [X.]

Abbildung

2

ist am 22. Januar 2020 für die Waren

3

„Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten [Gelees], Konfitüren; Kompotte; Eier; Milch, Käse, Butter, Joghurt und andere Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Trockenfrüchte; Trockenfrüchte-Snacks; Verarbeitete Nüsse,

4

[X.]: Rohe und nicht verarbeitete Erzeugnisse aus Landwirtschaft, Gartenbau, Aquakultur und Forstwirtschaft; Rohe und nicht verarbeitete Samenkörner und Sämereien; frisches Obst und Gemüse, frische Kräuter; natürliche Pflanzen und Blumen; Zwiebeln, Setzlinge und Samenkörner als Saatgut; lebende Tiere; Futtermittel und Getränke für Tiere; Malz; frische Nüsse; Nüsse; Unverarbeitete Nüsse“

5

zur Eintragung in das beim [X.] geführte Register angemeldet worden.

6

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 29 des [X.]s hat die Anmeldung mit Beschluss vom 29. September 2020 zurückgewiesen, weil es der angemeldeten Bezeichnung an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

7

Die [X.] der angegriffenen Marke würden aufgrund ihrer grafischen Ausgestaltung als Begriffspaare „Natur Lieblinge“ und „kleine Schätze“ wahrgenommen.

8

Bei dem Substantiv „Natur“ des Begriffspaars „Natur Lieblinge“ handele es sich um einen elementaren Begriff der Werbesprache, mit dem auf Grundlage der wortsinngemäßen Bedeutung von „Natur“ als Bezeichnung der natürlichen Lebensumgebung branchenübergreifend in werbemäßiger Herausstellung auf eine natürliche, ursprüngliche Herkunft und Beschaffenheit einer Sache [X.] durch Verwendung von Naturmaterialien oder natürlichen Rohstoffen hingewiesen werde. Das Anmeldezeichen werden daher vom Verkehr als besonderes Eigenschafts- und Wertversprechen verstanden. Dabei werde der Begriff „Natur“ auch häufig synonym für „Bio“ verwendet, um die „Frische, Reinheit, Gesundheit und Umweltverträglichkeit“ der Ware zu kennzeichnen.

9

Als „Liebling“ bezeichne man etwas, das besonders gemocht bzw. geliebt werde, wobei sich dieser Begriff nicht nur auf Personen, sondern auch auf Sachen beziehen könne.

Die angesprochenen Verkehrskreise würden das Begriffspaar „Natur Lieblinge“ in seiner Gesamtheit in Zusammenhang mit den beanspruchten Lebensmitteln daher als einen werblichen Hinweis auf besonders beliebte Produkte auffassen, welche einen Bezug zur Natur hätten, aus in der Natur wachsenden Rohstoffen bestünden oder reine Naturprodukte seien. [X.]n diesem oder ähnlichem Bedeutungszusammenhang werde diese Wortkombination auch bereits seit langem verwendet.

Bei dem zweiten Begriffspaar „kleine Schätze“ handele es sich um ein den besonderen Wert dieser Lebensmittel hervorhebendes Qualitätsversprechen, mit dem auf besonders hochwertige Speisen und Getränke oder [X.]nhaltsstoffe hingewiesen werde

Das angesprochene Publikum werde daher in dem angemeldeten Zeichen lediglich einen werbeüblichen beschreibenden Sachhinweis auf die Art, Beschaffenheit und die Qualität der Waren sehen, wobei einem Verständnis als werbende [X.] weder die begriffliche Unschärfe der Wortfolge noch der Umstand, dass diese jedenfalls in ihrer Gesamtheit bisher nicht nachweisbar sei, entgegenstehe.

Die erforderliche Unterscheidungskraft ergebe sich auch nicht aus der grafischen Darstellung des angemeldeten Zeichens. Die zweizeilig angeordneten Wortfolgen, die rechteckige Hinterlegung, die Kombination unterschiedlicher Schriftarten und die Schwarz-/Weiß-Kontraste seien Ausgestaltungen, an die der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt sei. Es handele sich um rein dekorative Hervorhebungsmittel, durch die beschreibende oder anpreisende [X.]n hervorgehoben würden, in welchen der Verkehr aber keinen betriebsindividualisierenden Herkunftsnachweis erkennen werde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass bereits die Wortkombination „Natur Lieblinge“ in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren ungewöhnlich und daher unterscheidungskräftig sei, weil der Begriff „Lieblinge“ grundsätzlich einen anderen Menschen, allenfalls noch Tiere, nicht jedoch Sachen wie insbesondere Lebensmittel bezeichne. So würde man [X.] auch ein „Lieblingsessen“ nicht als seinen „Liebling“ beschreiben.

Bei der Zusammensetzung „[X.]“ handle es sich außerdem nicht um einen feststehenden und geläufigen Begriff mit bestimmtem [X.]nhalt. Es bedürfe daher eines [X.]nterpretationsaufwandes, um dem Begriff eine [X.] zu entnehmen. Dies umso mehr, als „Liebling“ eine sehr subjektive und unbestimmte Bezeichnung sei. So bleibe auch bei einem von der Markenstelle angenommenen Verständnis dieser Wortfolge als Hinweis auf beliebte Produkte aus der Natur offen, bei wem und warum diese Produkte beliebt sind und was der Bezug zur Natur wäre.

Weiterhin sei die Bezeichnung „kleine Schätze“ allenfalls für Edelsteine oder Goldstücke, nicht jedoch für Lebensmittel gebräuchlich.

Die Marke verbinde daher Bezeichnungen, welche nicht werbeüblich für die Beschreibung von Lebensmittel seien. Es bedürfe somit eines nicht unerheblichen [X.]nterpretationsaufwandes, der Marke einen Bedeutungsgehalt zu entnehmen. Das Zeichen könne daher nicht als werbliche Aussage verstanden werden, sondern besäße Unterscheidungskraft.

Jedenfalls wirke die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke schutzbegründend. Die Zweiteilung der Marke durch die schwarze Hinterlegung der Wörter „[X.]“, die Kombination verschiedener Schrifttypen und die Anordnung als Quadrat verleihe der Marke eine nicht zu unterschätzende Prägnanz, welche für das erforderliche Mindestmaß der Unterscheidungskraft ausreichend sei.

Aus den vorgenannten Gründen stehe der angemeldeten Marke daher auch kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 des [X.]s vom 29. September 2020 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.][X.].

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg. Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, da der Eintragung des [X.] in Bezug auf die beanspruchten Waren kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 [X.] entgegensteht. [X.]nsbesondere fehlt dem [X.] für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], noch stellt es eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar.

A. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. [X.] [X.] 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/[X.] [[X.] DAS [X.]]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas? [X.]; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 608 Rn. [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 229 Rn. 27 – [X.]/[X.] [Bio[X.]D]; BGH [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).

Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis be- gründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.], 301 Rn. 15 – [X.]; [X.], 934 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH [X.],1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – [X.] [#darferdas?]; [X.], 608 Rn. 67 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 411 Rn. 24 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird ([X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.], 932 Rn. 8 – #darferdas? [X.]). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht ([X.], 301 Rn. 15 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard).

B. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen kommt der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] bereits im Hinblick den [X.] Abbildung


Die aus den vier untereinander angeordneten Begriffen „Natur“, „Lieblinge“, „kleine“ und „Schätze“ bestehenden [X.] der angegriffenen Marke werden aufgrund der schwarz unterlegten Begriffe „NATUR“ und „Lieblinge“ als auch deren deutlicher Trennung gegenüber den beiden „unteren“ Begriffen in die [X.]e „[X.]“ und „kleine Schätze“ unterteilt.

a. Bei dem [X.] „[X.]“ bezeichnet der Bestandteil „Natur“ wortsinngemäß die „[Gesamtheit der] Pflanzen, Tiere, Gewässer und Gesteine als Teil der Erdoberfläche oder eines bestimmten Gebietes“ (vgl. DUDEN-online zu „Natur“). Über diese wortsinngemäße Bedeutung hinaus wird dieser Begriff zudem im Werbesprachgebrauch vor allem in der Lebensmittelindustrie in Wortbildungen wie [X.] „Naturreis“, „Naturjoghurt“ verwendet, um – vergleichbar und weitgehend bedeutungsgleich dem Wortbildungselement „Bio“ - schlagwortartig darauf hinzuweisen, dass es sich bei den so beworbenen Produkten um Naturprodukte bzw. um solche Produkte handelt, die auf natürlicher/ökologischer Basis hergestellt worden sind oder natürliche Zusatzstoffe enthalten.

b. Der Begriff „Liebling“ bezeichnet „jemand, der von jemandem besonders geliebt wird“ bzw. „jemand, der in besonderem Maße jemandes Gunst, Sympathie genießt, der von jemandem bevorzugt wird“ (vgl. DUDEN-online zu „Liebling“). [X.]n [X.] bringt das Substantiv „Liebling“ als Präfix dabei zum Ausdruck, dass jemand oder etwas in höchster Gunst steht, den Vorzug vor allen anderen Personen oder Sachen erhält (vgl. DUDEN-online zu „Lieblings-“),

2. Wenngleich danach die beiden Begriffe der angemeldeten Wortkombination für sich gesehen einen eindeutigen Sinn- und Bedeutungsgehalt aufweisen, reicht dies gleichwohl nicht aus, um die Schutzfähigkeit zu verneinen. Das Vorliegen des Schutzhindernisses bemisst sich nämlich nicht nur danach, ob etwaige [X.] für sich betrachtet unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist vielmehr, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. [X.] GRUR 2004,674,678Rn.99- Postkantoor; GRUR 2004,680,681(Nr.40) - B[X.]OM[X.]LD).

[X.]n seiner Gesamtheit wird das Begriffspaar Abbildungtrotz der unterschiedlichen Schreibweise in Groß- bzw. Kleinbuchstaben jedoch nicht als bloße Aneinanderreihung der beiden Substantive „Natur“ und Lieblinge“ verstanden (vgl. dazu [X.] BPatG 30 W (pat) 531/18 v. 25. Juni 2020 - [X.], veröffentlicht in [X.] 2020, 18994); vielmehr werden diese beiden Begriffe durch den schwarzen Hintergrund und die farbliche Absetzung des Hintergrundes gegenüber dem weiteren Begriffspaar „kleine Schätze“ zu einer einheitlichen Begriffskombination „verklammert“ und von den vorliegend relevanten allgemeinen Verkehrskreisen iS von „Natur Lieblinge/[X.]“ (nachfolgend nur noch „[X.]“) aufgefasst und verstanden. Zu einer Wahrnehmung als gesamtbegriffliche Einheit trägt dabei ferner bei, dass der Bestandteil „Liebling“ dem Verkehr in aller Regel in Kombination mit einem die „bevorzugte, in höchster Gunst stehende“ Person oder Sache näher definierenden Zusatz entgegentritt, und zwar sowohl als Präfix („Lieblingsessen“, „Lieblingsbuch“) wie auch in Nachstellung mit einem weiteren (vorangestellten) Substantiv („[X.]“, „[X.]“, „Presseliebling“).

Ausgehend davon können der Wortkombination Abbildungaus der Natur“ als auch „Lieblinge der Natur“.

3. Mit der danach bei einem (werbesprachlichen) Verständnis von „Natur“ iS von „ökologisch einwandfrei/naturbelassen/natürlich“ möglichen Bedeutung des [X.] „[X.]“ iS von „ökologisch einwandfreie/ natürliche/naturbelassene Lieblinge“ vermittelt diese Begriffskombination jedoch in Bezug auf die beanspruchten Waren keine sich auf Anhieb erschließende beschreibende bzw. sachbezogene Aussage.

a. Zwar sind dem Verkehr vor allem in Zusammenhang mit Lebensmitteln zahlreiche vergleichbar gebildeten [X.] unter Voranstellung des Begriffs „Natur“ bekannt wie [X.] „Naturreis“, „Naturjoghurt“, in welchen dieser Begriff unmittelbar die Beschaffenheit der damit bezeichneten Produkte dahingehend beschreibt, dass es sich um einen natürlichen/naturbelassenen (Bio- )Reis bzw. (Bio)Joghurt handelt. Dies gilt ferner auch für weitere [X.] wie [X.] „Natur Küche“ oder „Naturgenuss“, mit denen schlagwortartig auf eine natürliche (biologische) Zutaten verwendende und damit „natürliche(r)/naturbelassene(r) Küche“ bzw. einen mit natürlichen Produkte/Zutaten verbundenen (besonderen) „natürlichen/naturbelassenen Genuss“ hingewiesen wird (vgl. zu „Natur Küche“ oder „Naturgenuss“ [X.] (pat) 138/97 v. 14. Oktober 1998 – Natur Küche bzw. 25 W pat) 113/09 v. 20. Mai 2010 – Naturgenuss, BeckRS 2010, 16277).

b. Anders als bei diesen Wortbildungen wird jedoch bei „[X.]“ der Bestandteil „Liebling(e)“ durch seinen vorangestellten Bestandteil „Natur“ nicht näher in seiner Art und Beschaffenheit bestimmt und definiert; es gibt keine „ökologisch einwandfreie/naturbelassene/natürliche Lieblinge“, sondern allenfalls Produkte, die aufgrund ihrer „ökologisch einwandfreien/naturbelassenen/natürlichen“ Art und Beschaffenheit vom Verbraucher gleichsam als „Lieblingsprodukte“ besonders geschätzt werden.

[X.]nsoweit bedarf es dann aber der gedanklichen Ergänzung und einiger interpretatorischer Überlegungen, um die bei einem „ökologischen“ Verständnis des Bestandteils „Natur“ die aus sich keinen sinnvollen Begriffsinhalt vermittelnde Begriffskombination „[X.]“ in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als Kombination einer (beschreibenden) Beschaffenheitsangabe („Natur“) mit einem werblich-anpreisenden Hinweis („Lieblinge“) dahingehend zu verstehen, dass es sich um „ökologisch einwandfreie/naturbelassene/natürliche“ Produkte handelt, die aufgrund dieser Beschaffenheit beim Verbraucher/Abnehmer eine bevorzugte Stellung einnehmen können bzw. von diesem als „naturbelassene/natürliche Lieblingsprodukte“ besonders geschätzt werden.

4. Weiterhin wird der Verkehr die Wortkombination „[X.]“ auch mit der Bedeutung „Lieblinge aus der Natur“ in Bezug auf die beanspruchten Waren nicht auf Anhieb als werblich-anpreisende [X.] verstehen, dass es sich bei den betreffenden Waren/Produkten um vom Verbraucher als „Lieblinge“ besonders geschätzte Produkte „aus der Natur“ handelt.

a. Einem solchen Verständnis steht in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren der Klasse 29 sowie einen Teil der zu [X.] beanspruchten Waren wie [X.] „Futtermittel und Getränke für Tiere; Malz“ bereits entgegen, dass es sich bei diesen Waren grundsätzlich um verarbeitete Erzeugnisse und ([X.] und nicht um reine Naturprodukte handelt, die auch nicht als solche bezeichnet werden, so dass es sich bei diesen Produkten bereits definitionsgemäß nicht um „Lieblinge aus der Natur“ handeln kann.

b. Dies gilt aber auch hinsichtlich der übrigen und insbesondere zu [X.] beanspruchten Waren, bei denen es sich auf natürlicher Basis wie [X.] aus in der Natur (nach)wachsenden Rohstoffen hergestellte oder auch reine, d.h. nicht weiterverarbeitete und/oder behandelte Naturprodukte handeln kann und die daher direkt „aus der Natur“ stammen.

aa. Zwar sind dem Verkehr [X.] bekannt und geläufig, in denen das Substantiv „Liebling(e)“ nicht als Präfix („Lieblingsessen“, „Lieblingsbuch“), sondern in Nachstellung mit einem weiteren (vorangestellten) Substantiv kombiniert wird, wie es [X.] bei den auch im vorliegend relevanten Warenbereich nachweisbaren [X.] „Gemüseliebling(e)“, „[X.](e)“ der Fall ist, mit denen schlagwortartig und prägnant eine (vom Verbraucher) bevorzugte Sorte, Art von Gemüse und Fleisch bezeichnet wird.

Von diesen [X.] unterscheidet sich die grammatikalisch vergleichbar gebildeten Wortkombination „Naturliebling“ jedoch bereits dadurch, dass die [X.] „[X.](e)“, „[X.](e)“ als Gattungsbegriffe aus dem Bereich der Lebensmittel eine bestimmte und (vom Verbraucher) geschätzte und in höchster Gunst stehende Sorte von Gemüse bzw. Fleisch und damit das jeweilige „Lieblingsprodukt“ als solche bezeichnen, während der Begriff „Natur“ sich in der Begriffskombination „[X.]“ auf einen Hinweis auf die Herkunft des Produkts (als aus der Natur stammend) beschränkt, ohne das mit dem Wortbestandteil „Liebling(e)“ als bevorzugt umschriebene Produkt als solches näher zu benennen und zu spezifizieren.

Um daher die Kombination „[X.]“ auch in Zusammenhang mit den vorgenannten „Naturprodukten“ dahingehend zu interpretieren und zu verstehen, dass es sich um „aus der Natur“ stammende Produkte handelt, die sich aufgrund dieser Herkunft und Beschaffenheit dazu eignen, vom Verbraucher als „Lieblinge aus der Natur“ besonders geschätzt zu werden, bedarf es einiger gedanklichen Ergänzungen und interpretatorischer Zwischenschritte, da der Begriffsbildung allein ohne einen den Bezug zum Verbraucher/Kunden/Abnehmer herstellenden erläuternden Zusatz wie [X.] einem hinzugefügten Possessivpronomen („meine [X.]“) ein solcher Zusammenhang jedenfalls nicht ohne weiteres entnommen werden kann. Es ist daher ein nicht unerheblicher Erkenntnis- und [X.]nterpretationsaufwand erforderlich, um zu einem Verständnis von „[X.]“ als werblich-anpreisendem Qualitätsversprechen zur Hervorhebung der natürlichen Herkunft und Beschaffenheit der betreffenden Produkte dahingehend, dass es sich um vom Verbraucher/Abnehmer als „Lieblinge“ besonders geschätzte Produkte „aus der Natur“ handelt, vorzudringen.

bb. Ein entsprechender Sprachgebrauch von „[X.]“ ergibt sich auch nicht aus den von der Markenstelle ermittelten Fundstellen, soweit sie eine Verwendung der Begriffskombination „[X.]“ ausweisen, was auf die von der Markenstelle als „[X.]“ aus 2016, „[X.]“ aus 2017 und „[X.]‘s Dream of [X.]“ aus 2011 bezeichneten Fundstellen zutrifft. Die Fundstelle „[X.]‘s Dream of [X.]“ aus 2011 ist dabei von vornherein unbeachtlich, da es bereits an einer produktbezogenen Verwendung der Wortfolge „[X.]“ fehlt. Hinsichtlich der weiteren Fundstellen findet zwar eine Verwendung in Zusammenhang mit Produkten statt, jedoch stets in einem ein entsprechendes Verständnis fördernden Kontext, so dass sich daraus keine Rückschlüsse ergeben, ob der Verkehr diese Wortkombination auch bei einer Verwendung in Alleinstellung sofort und ohne weiteres zumindest in einer der vorgenannten Bedeutungen versteht.

5. Was ein Verständnis von „[X.]“ als Determinativkompositum iS von „Lieblinge der Natur“ betrifft, wird der Verkehr dieser Begriffskombination in Bezug auf die zu Klasse 29 beanspruchten Waren sowie einen Teil der zu [X.] beanspruchten Waren wie [X.] „Futtermittel und Getränke für Tiere“ ebenso wie bei einer [X.]nterpretation iS von „Lieblinge aus der Natur“ schon deshalb keinen sachbezogenen bzw. werblich-anpreisenden Aussagegehalt beimessen, weil es sich bei diesen Waren nicht um reine Naturprodukte handelt.

a. Was die übrigen beanspruchten „Naturprodukte“ betrifft, ist der begriffliche [X.]nterpretationsaufwand für ein Verständnis als werblich-anpreisende [X.] dahingehend, dass es sich bei den betreffenden Waren/Produkten um „Lieblinge der Natur“ iS von „von der Natur besonders geschätzte Produkte“ handelt, gegenüber der [X.] „Lieblinge aus der Natur“ insoweit etwas geringer, als die Wortkombination sich mit dieser Bedeutung in eine Vielzahl vergleichbar mit „[X.]“ in Nachstellung gebildete [X.] wie [X.] „[X.]“, „[X.]“, „Presseliebling“ einreiht, bei denen das jeweils erste (Zeichen)Glied das zweite näher bestimmt ([X.] nach Personengruppen) und die daher iS von „Liebling der Fans“, Liebling der Medien“, Liebling der Presse“ verstanden werden.

Aber auch von diesen [X.] unterscheidet sich das Wortelement „[X.]“ der angemeldeten Marke insoweit, als es sich bei der „Natur“ weder um eine Person („Fan“) oder zumindest eine abgrenzbare Personengruppe wie den Angestellten/Mitarbeitern von Presse und Medien handelt, bei denen „jemand oder etwas in höchster Gunst stehen“ und daher deren „Liebling“ sein kann. Es bedarf daher zunächst im Wege der [X.]nterpretation einer Personifizierung des Begriffs „Natur“, um „[X.]“ vergleichbar den vorgenannten [X.] begrifflich iS von „Lieblinge der Natur“ zu verstehen.

Zudem bleibt vor dem Hintergrund, dass die „Natur“ anders als Personen als solche nicht zu einem subjektiven Werturteil fähig ist und daher auch keinen „Liebling“ haben kann, unklar, was einen „Liebling der Natur“ ausmacht bzw. warum und aus welchem Grund die betreffenden Produkte als Lieblinge der Natur in dieser eine bevorzugte Stellung innehaben und wie sich diese [X.] in Bezug auf deren Beschaffenheit und Verwendungsmöglichkeiten auswirkt. Die Wortkombination „[X.]“ erscheint daher auch mit dieser Bedeutung nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass sich – wie bereits dargelegt - ein werbesprachlicher Gebrauch in diesem Sinne nicht belegen lässt, noch hinreichend ungewöhnlich, um nach Art eines „sprechenden Zeichens“ insbesondere auch hinsichtlich der zu [X.] beanspruchten „Naturprodukten“ in ihrer Gesamtheit noch das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufzuweisen.

b. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass für den Verkehr hinsichtlich der Bedeutung von „[X.]“ iS von „Lieblinge der Natur“ angesichts des sprachlich gegenüber einem Verständnis von „Lieblinge aus der Natur“ doch etwas geringeren [X.]nterpretationsaufwands zumindest in Zusammenhang mit den insbesondere zu [X.] beanspruchten Naturprodukten auf Anhieb ein (ausschließlich) werblich-anpreisendes Qualitätsversprechen zur Hervorhebung der natürlichen Herkunft und Beschaffenheit der betreffenden Produkte i.S. von „von der Natur besonders geschätzte Produkte“ zumindest nicht völlig fernliegt, würde dieser sachbezogene Aussagehalt von der graphischen Ausgestaltung des [X.] „[X.]“ innerhalb des [X.] jedenfalls soweit überlagert, dass diesem Bestandteil dann auch in seiner Gesamtheit durch die grafische Ausgestaltung die Funktion eines Unterscheidungsmittels nicht aberkannt werden kann.

aa. Es ist allgemein anerkannt, dass ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.] erreicht werden. Einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die der Verkehr gewöhnt ist, vermögen in der Regel den beschreibenden Charakter einer Angabe jedoch nicht zu beseitigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form umso weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen erkennbar ist (vgl. [X.] 2001, 1153, 1154 – antiKALK; früher schon [X.], 410, 411 – Color COLLECT[X.]ON; s. auch [X.], 324, 326 – Kinder (schwarz-rot)). Dies bedeutet aber im Umkehrschluss, dass sich die Anforderungen an eine schutzbegründende graphische Ausgestaltung eines Zeichens zwar nicht merklich, so doch etwas reduzieren, wenn der unmittelbare Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar erkennbar bleibt, aber etwas geringer ausgeprägt ist wie es [X.] bei einer sachbezogenen und einen engen beschreibenden Bezug begründenden Aussage gegenüber einer Merkmale und Eigenschaften der beanspruchten Waren unmittelbar beschreibenden Angabe der Fall ist.


bb. So verhält es sich auch vorliegend. Denn bei dem Wortbestandteil „[X.]“ in seiner Bedeutung „Lieblinge der Natur“ handelt es sich nicht um eine die Art und Beschaffenheit der beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe, sondern allenfalls um eine Werbebotschaft in Form eines anpreisendes Qualitätsversprechen. Angesichts des damit verbundenen vagen, unbestimmten und sich nicht zu einer konkreten sachbezogenen Aussage verdichtenden [X.] von „[X.]“ reicht dann aber die graphische Ausgestaltung des [X.]s Abbildung

6. Der angemeldeten Marke kann daher in ihrer Gesamtheit ungeachtet eines beschreibenden und damit schutzunfähigen [X.] der weiteren Wortfolge „kleine Schätze“ bereits aufgrund des aus sich heraus als betrieblicher Herkunftshinweis geeigneten und damit schutzbegründenden [X.]s AbbildungAbbildung

C. Einer Eintragung steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen, da die um Schutz nachsuchende Marke aus den genannten Gründen keine sich sofort und ohne weiteres erschließende unmittelbar beschreibende Bedeutung hat.

D. Daher war der angegriffene Beschluss aufzuheben.

Meta

30 W (pat) 42/20

25.11.2021

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 37 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 30 W (pat) 42/20 (REWIS RS 2021, 825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 825

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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