Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2010, Az. 28 W (pat) 56/09

28. Senat | REWIS RS 2010, 7807

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "JET SET (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke 914 544

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die [X.]inhaberin hat für die als Kennzeichnung für die Waren der [X.] „Watches“ international registrierte Marke

2

[X.]

3

Schutz in der [X.] beantragt.

4

Die [X.]stelle für [X.] IR hat der [X.] den Schutz mit der Begründung verweigert, ihr fehle für die beanspruchten Waren die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Bei „[X.]“ handele es sich um eine im [X.] gebräuchliche Bezeichnung für eine wohlhabende, internationale Gesellschaftsschicht, die im Zusammenhang mit Uhren vom Verkehr als Hinweis auf einen exklusiven [X.] der Waren oder als Werbeaussage und somit rein sachbezogen aufgefasst werde. Ein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen werde in dieser Bezeichnung dagegen nicht gesehen.

5

Gegen die Schutzverweigerung hat die [X.]inhaberin Beschwerde eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, es handele sich nicht um eine in der [X.] gebräuchliche Bezeichnung. Die Schutzversagung sei lediglich mit zwei lexikalischen Fundstellen belegt, die an gleicher Stelle jeweils weitere Begriffe enthielten, bei denen ernste Zweifel bestünden, ob die beteiligten Verkehrskreise diese Begriffe kennen würden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern dem Begriff die notwendige Unterscheidungskraft fehle.

II.

6

Die zulässige Beschwerde der [X.]inhaberin ist nicht begründet.

7

Die [X.]stelle hat der [X.] zu Recht den Schutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. §§ 107, 113 [X.] verweigert.

8

Unterscheidungskraft [X.] v § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie dadurch für die angesprochenen Verbraucher von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidbar macht (vgl. [X.], 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; [X.] GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – [X.]; [X.], 850, 854 – [X.]). Diese Herkunftsfunktion von [X.] ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen. Ergeben die in der Schutzfähigkeitsprüfung zu treffenden Feststellungen nicht den Nachweis, dass ein angemeldetes Zeichen die konkrete Eignung zur Herkunftsfunktion aufweist, widerspricht ihre Eintragung der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] normierten Zielsetzung, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigen Monopolen zu schützen. So verhält es sich im vorliegenden Fall.

9

Wie die [X.]stelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Begriff „[X.]“ um eine im [X.] gängige Bezeichnung für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe, die finanziell gut abgesichert es sich leisten kann, in der Welt „herumzujetten“, um immer dort zu sein, wo sich die Reichen und Schönen der Welt treffen. Das „[X.]“ füllt bekanntermaßen je nach Jahreszeit nicht nur die einschlägigen Urlaubsstrände in aller Welt oder die gerade angesagten Skipisten, sondern speist in erster Linie die zahlreichen bunten Blätter und Lifestyle- Magazine, die mit aufregenden Berichten über das ständig zwischen den schönsten Plätzen der Welt wechselnde Leben der Stars aus Film, [X.] und [X.] ihre Seiten füllen. Vor diesem Hintergrund weist „[X.]“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Uhren daher lediglich darauf hin, dass diese besonders für Mitglieder des [X.]s geeignet und bestimmt sind, etwa weil sie mehrere Zeitzonen gleichzeitig anzeigen können. Zurecht hat die [X.]stelle auch ausgeführt, dass der Begriff „[X.]“ als werbeübliche Aussage dient, um das exklusive Flair, das mit dieser gesellschaftlichen Gruppe verbunden wird, auf die so gekennzeichnete Ware zu übertragen und so die Kaufentscheidung der Verbraucher positiv zu beeinflussen. In jedem Fall erschöpft sich die schutzsuchende Marke aber in einer rein sachbezogenen Aussage, so dass es ausgeschlossen ist, dass der Verkehr hierin einen im Vordergrund stehenden betriebskennzeichnenden Hinweis erkennt.

Soweit die [X.]inhaberin meint, den beteiligten Verkehrskreisen sei die Bedeutung des Begriffs „[X.]“ nicht bekannt, kann dies nicht überzeugen. Sie stellt damit nicht in Abrede, dass der beanspruchte Begriff in den genannten Lexika enthalten ist, ebenso wenig wie im Fall des „[X.]“ dessen Eignung als allgemein zugängliches Wörterbuch. Dass es in Nachschlagewerken Begriffe und Wörter gibt, deren Bedeutung sich nicht sofort und für jedermann erschließt, liegt in der Natur der Sache und spricht daher nicht gegen die Eignung eines Sprachlexikons als Nachweis von Sprachüblichkeit und [X.] eines bestimmten Ausdrucks im jeweiligen Sprachraum. Die Feststellungen der [X.]stelle in den angefochtenen Beschlüssen sind aus Rechtsgründen daher nicht zu beanstanden. Was die Geläufigkeit der Bezeichnung im deutschen Sprachraum angeht, werden sie im Übrigen durch die Entscheidung des [X.] gestützt, das der Marke ebenfalls mangels Unterscheidungskraft den Schutz verweigert hat, da „[X.]“ vom Verkehr als bloßer Hinweis auf den [X.] der Waren aufgefasst werde (vgl. http://www. wipo.int/romarin/detail).

Ebenso begründet der Hinweis der [X.]inhaberin auf die Voreintragung der als Bildmarke (!) registrierten [X.] oder der identischen [X.] kein anderes Prüfungsergebnis. Sowohl der [X.] als auch der [X.] haben immer wieder bestätigt, dass Voreintragungen generell keine Bindungswirkung zukommen kann, sondern stattdessen ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Eintragungshindernisse zu entscheiden ist (vgl. [X.] [X.]R 2009, 201, 202, Rdn. 13-19 – [X.]; [X.] [X.]R 2004, 116, 122 f., Rdn. 63 – [X.]; [X.] GRUR 2004, 506, 507 – Stabtaschenlampen II; [X.] GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – [X.]). Dies gilt sogar selbst für den Fall, dass ein identisches Zeichen für denselben Anmelder schon einmal eingetragen wurde, wie dies der [X.] hervorgehoben hat (vgl. [X.] GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – [X.]). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, ist lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls mit einzubeziehen (vgl. [X.] [X.]R 2009, 201 – [X.]; [X.] GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – [X.]). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen mit einbezogen, ohne dass sich hieraus schutzbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten.

Der schutzsuchenden [X.] fehlt daher die Eignung, die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten, zu erfüllen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Ob der Eintragung der Marke auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse [X.] v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann bei dieser Sachlage unerörtert bleiben.

[X.] war somit zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von der Anmelderin nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des [X.] nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 [X.]).

Meta

28 W (pat) 56/09

07.04.2010

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2010, Az. 28 W (pat) 56/09 (REWIS RS 2010, 7807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7807

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