Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2010, Az. IX ZR 243/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3067

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 243/09 Verkündet am: 23. September 2010 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2010 durch [X.] Ganter, die [X.], Prof. Dr. [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 2 des [X.] vom 17. Dezember 2009 wird auf Kosten des [X.] zu-rückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Beklagte war Verwalter in dem [X.] über das Vermögen der [X.]

. Mit Beschluss des Gesamtvollstre-ckungsgerichts vom 19. September 2006 wurde er aus seinem Amt entlassen und der Kläger zum neuen Verwalter bestellt. Der Beklagte übergab dem Kläger verschiedene Unterlagen. Der Aufforderung des [X.], eine Schlussrechnung über seine Verwaltertätigkeit zu legen, kam er jedoch nicht nach. 1 Die auf Vorlage einer Schlussrechnung über seine Verwaltertätigkeit, bestehend aus einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, einer Schlussbilanz und einem Schlussbericht, gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg ge-blieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Klä-ger sein Begehren weiter. 2 - 3 - Entscheidungsgründe: 3 Die Revision hat keinen Erfolg. 4 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die [X.] sehe keine Pflicht des a[X.]erufenen Verwalters zur Erteilung einer Teil-schlussrechnung gegenüber Dritten vor. Eine solche Pflicht ergebe sich auch nicht aus einem Rückgriff auf die Regelungen der Konkurs- oder Insolvenzord-nung. Es sei zwar anerkannt, dass der entlassene Verwalter nach § 86 KO und § 66 Abs. 1 [X.] verpflichtet sei, eine Schlussrechnung zu legen. Diese Ver-pflichtung bestehe aber nur gegenüber der Gläubigerversammlung und dem Gericht, nicht gegenüber dem neuen Verwalter. Jener könne nur Aufsichtsmaß-nahmen des Gerichts anregen. Deshalb könne auch für das [X.] weder im Wege der Gesetzesanwendung noch im Wege der Analogie ein Klagerecht des neuen Verwalters gefolgert werden. Es sei weder eine planwidrige Regelungslücke ersichtlich, noch bestehe ein Bedürfnis für ein Klagerecht des neuen Verwalters. Ein solches könne auch nicht aus § 259 BGB, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus § 666 BGB hergeleitet werden. 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. 5 a) Die Gesamtvollstreckungsordnung enthält keine Regelung, die einen a[X.]erufenen Verwalter verpflichten würde, über seine Tätigkeit dem [X.] Verwalter Rechnung zu legen. Sie beschränkt sich darauf, am Ende des [X.]s nach der Verteilung die Anfertigung eines Abschlussberichts zu verlangen (§ 18 Abs. 4 [X.]) und der [X.] - 4 - sammlung und dem Gläubigerausschuss das Recht einzuräumen, in weiterem Umfang Berichterstattungen und Rechnungslegung zu fordern (§ 15 Abs. 5 Satz 2 und § 15 Abs. 6 Satz 2 [X.]). Daraus lässt sich der geltend gemachte Anspruch, wie auch die Revision einräumt, nicht ableiten. 7 b) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich ein Anspruch des neuen Verwalters auf Rechnungslegung durch den a[X.]erufenen Verwalter auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung von Normen der Konkurs- oder der In-solvenzordnung, denn es liegen weder die Voraussetzungen einer [X.] noch diejenigen einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung vor (vgl. dazu [X.], Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. [X.] ff und [X.] ff). Fraglich ist bereits, ob die [X.], soweit sie einen Anspruch des neuen Verwalters auf Rechnungslegung nicht regelt, überhaupt lückenhaft ist, sei es im Blick auf ihren eigenen Rege-lungsplan oder auf die Gesamtrechtsordnung, oder ob sie einen solchen An-spruch ausschließen wollte. Jedenfalls enthält weder die Konkurs- noch die In-solvenzordnung eine Regelung, die den Schluss rechtfertigte, der Gesetzgeber hätte im Falle einer gesetzlichen Regelung der Streitfrage in der [X.] einen Anspruch des neuen Verwalters auf Rechnungsle-gung festgeschrieben, oder die es als unvereinbar mit allgemeinen Gerechtig-keitsvorstellungen und übergeordneten Rechtsprinzipien erscheinen ließe, ei-nen solchen Anspruch des neuen Verwalters zu verneinen (vgl. zu den Kriterien [X.], Urteil vom 20. Januar 2000 - [X.] ZR 58/99, [X.]Z 143, 332, 334 ff; vom 14. Dezember 2006 - [X.] ZR 92/05, [X.]Z 170, 187 Rn. 14 f und 19 f). [X.]) Nach § 66 Abs. 1 [X.] hat der Verwalter bei der Beendigung seines Amtes einer Gläubigerversammlung Rechnung zu legen. Eine entsprechende Verpflichtung normierte § 86 Satz 1 KO. Die Pflicht gilt und galt [X.] - 5 - maßen auch für den vorzeitig a[X.]erufenen Verwalter (zu § 66 [X.]: [X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.] ZB 76/04, [X.], 865, 866; vom 10. November 2005 - [X.] ZB 168/04, [X.], 93; [X.]/[X.], [X.], § 66 Rn. 9; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 66 Rn. 3; FK-[X.]/Kind, 5. Aufl. § 66 Rn. 2; [X.], [X.], 13. Aufl. § 66 Rn. 24 f; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 66 Rn. 16; zu § 86 KO: [X.]/[X.], [X.], 17. Aufl. § 86 KO Anm. 1a; [X.]/[X.], KO, 11. Aufl. § 86 Rn. 2; [X.]/[X.], KO, 8. Aufl. § 86 Rn. 1). Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann das Insol-venz- bzw. Konkursgericht gegen den Verwalter ein Zwangsgeld festsetzen (§ 58 Abs. 2 Satz 1 [X.], § 84 Abs. 1 Satz 1 KO; [X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.] ZB 76/04, [X.]O; [X.]/[X.], [X.]O Rn. 21; [X.], [X.]O Rn. 25; [X.], [X.]O; [X.], [X.]O). Die übrigen Beteiligten des Verfahrens, auch der neue Verwalter, können solche Aufsichtsmaßnahmen anregen. Einen eigenen einklagbaren Anspruch auf Rechnungslegung hat der neue Verwalter hingegen nicht. [X.]) Für den Regelungsbereich der Konkursordnung ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision aus § 86 Satz 3 KO nichts anderes. Nach dieser Norm hatte auch der nachfolgende Verwalter das Recht, Einwendungen gegen die Rechnungslegung des a[X.]erufenen Verwalters zu erheben. Dies stand aber im Zusammenhang mit der Regelung in § 86 Satz 4 KO, wonach die Rechnung als anerkannt galt, soweit im Termin der Gläubigerversammlung keine Einwendun-gen erhoben wurden. Durch die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben, konnte der neue Verwalter somit eine Entlastung des bisherigen Verwalters verhindern und mögliche Schadensersatzansprüche erhalten. Ein einklagbarer Anspruch auf Rechnungslegung folgte daraus nicht. Hierfür bestand kein zwingendes Be-dürfnis. Legte der alte Verwalter keine Rechnung, konnte er sich auch nicht ent-lasten. 9 - 6 - 10 cc) Steht dem neuen Verwalter nach der Konkurs- und der Insolvenzord-nung kein einklagbarer Anspruch auf Rechnungslegung gegen den a[X.]erufe-nen Verwalter zu, kann ein solcher auch nicht in den Geltungsbereich der Ge-samtvollstreckungsordnung übernommen werden. Allenfalls ist der a[X.]erufene Gesamtvollstreckungsverwalter wie ein a[X.]erufener Konkurs- oder Insolvenz-verwalter den Gläubigern gegenüber zur Rechungslegung verpflichtet. Ob eine solche Pflicht des a[X.]erufenen Verwalters mit Aufsichtsmaßnahmen des Ge-samtvollstreckungsgerichts durchsetzbar wäre, kann dahinstehen (die [X.] sieht Zwangsmittel nicht vor; der Senat hat offen gelas-sen, ob die Regelungen der Insolvenz- und Konkursordnung insoweit entspre-chend anwendbar sind, vgl. [X.], Urteil vom 27. April 1995 - [X.] ZR 102/04, [X.], 932, 934). Eine mangelhafte Pflichterfüllung des a[X.]erufenen Verwalters kann jedenfalls bei der Festsetzung seiner Vergütung berücksichtigt werden und zu einem Schadensersatzanspruch führen. Das Informationsinteresse der Gläubiger kann vom neuen Verwalter befriedigt werden. c) Ein Anspruch des [X.] auf Rechnungslegung durch den Beklagten ergibt sich auch nicht aus Normen oder Grundsätzen des bürgerlichen Rechts. Gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revision nicht. Sie sind auch aus der Sicht des [X.] nicht zu beanstanden. 11 d) Nach der Rechtsprechung des Senats kann im Geltungsbereich der Insolvenzordnung dem neuen Verwalter ein Anspruch gegen den vormaligen Verwalter auf Auskunft zustehen, wenn er auf bestimmte, das bisherige Verfah-ren betreffende Informationen angewiesen ist ([X.], Urteil vom 4. Dezember 2003 - [X.] ZR 222/02, [X.], 326, 328). Ein solcher Anspruch ist jedoch nicht 12 - 7 - Gegenstand der vorliegenden, auf Rechnungslegung gerichteten Klage. Der Kläger begehrt nicht die Erteilung einer konkreten, nur dem Beklagten als [X.] Verwalter möglichen Auskunft, sondern eine umfassende und förmliche Zusammenstellung der Masse und der vom bisherigen Verwalter getätigten Einnahmen und Ausgaben und seiner sonstigen Maßnahmen. Dass eine solche Rechnungslegung besondere, aus den übergebenen Unterlagen nicht ersichtli-che und nur dem Beklagten verfügbare Kenntnisse voraussetzte, wird vom Klä-ger nicht behauptet. [X.] [X.]

Gehrlein [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.06.2009 - 3 C 1043/08 - [X.], Entscheidung vom 17.12.2009 - 22 S 77/09 -

Meta

IX ZR 243/09

23.09.2010

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.09.2010, Az. IX ZR 243/09 (REWIS RS 2010, 3067)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3067

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