Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.06.2017, Az. VI ZR 505/16

6. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 9387

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Gegenstand

Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung: Sekundäre Darlegungslast des Verwarnenden


Leitsatz

1. Den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei trifft eine sogenannte sekundäre Darlegungslast, deren Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet (Anschluss an BGH, Urteile vom 24. März 2010, XII ZR 175/08, BGHZ 185, 1 Rn. 20 mwN und vom 29. November 2016, X ZR 122/14, NZBau 2017, 176 Rn. 33).

2. Das gilt auch im Falle einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung. Der dem Kläger obliegende Beweis der fehlenden Berechtigung kann nur geführt werden, wenn der Verwarnende die Grundlagen für die Ausschließlichkeitsrechte darlegt, auf die er sich mit seiner Verwarnung gestützt hat.

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des [X.] vom 4. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte (§ 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 75.000 €

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

2

Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde gibt der hier vorliegende Einzelfall keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen, oder Gesetzeslücken auszufüllen ([X.], Beschluss vom 4. Juli 2002 - [X.], NJW 2002, 3029, 3030; Musielak/Ball, ZPO, 13. Auflage, § 543 Rn. 7).

3

Zwar ist das Berufungsgericht - was die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend erkannt hat - zu Unrecht davon ausgegangen, dass es den Beklagten wie bei einer negativen Feststellungsklage oblegen habe, die von ihnen in Anspruch genommenen ausschließlichen Nutzungsrechte im Einzelnen darzulegen und zu beweisen. Hier liegt keine negative Feststellungsklage vor, bei der der Beklagte die Beweislast für das Bestehen des von ihm behaupteten Anspruchs trägt (Senat, Urteil vom 2. März 1993 - [X.], NJW 1993, 1716 Rn. 14 ff.).

4

Das Berufungsgericht hat aber im Ergebnis zu Recht und im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des [X.], die einer Fortentwicklung am hier vorliegenden Einzelfall nicht bedarf, angenommen, dass die Beklagten hinsichtlich des von ihnen in Anspruch genommenen Ausschließlichkeitsrechts ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen sind. Den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei trifft eine sogenannte sekundäre Darlegungslast, deren Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet ([X.], Urteile vom 24. März 2010 - [X.], [X.]Z 185, 1 Rn. 20 mwN; vom 29. November 2016 - [X.], [X.], 176 Rn. 33). Dadurch soll eine unbillige Belastung der [X.] vermieden werden. Der von dem Betroffenen in diesen Fällen zu führende Beweis lässt sich nämlich regelmäßig nur führen, wenn ihm die konkreten Fakten bekannt sind, auf die der Prozessgegner seine Vorwürfe stützt (vgl. auch zu einem Richtigstellungsanspruch Senat, Urteil vom 22. April 2008 - [X.], [X.]Z 176, 175 Rn. 21 f. mwN).

5

So liegt es auch hier. Die Klägerin kann den ihr obliegenden Beweis einer unberechtigten Verwarnung nur führen, wenn die Beklagten die Grundlagen für die Ausschließlichkeitsrechte darlegen, auf die sie sich mit ihrer Verwarnung gestützt haben. Ohne eine solche Darlegung ist es ihr weder möglich noch zumutbar, darzulegen und zu beweisen, dass solche - lediglich pauschal behaupteten - Rechte nicht bestehen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist den umfangreichen - teilweise unter Bezugnahme auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils erfolgten - Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, aus welchen Gründen es an einer solchen ausreichenden Darlegung hier fehlt, nicht entgegengetreten.

6

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 S. 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.

[X.]     

      

Offenloch     

      

[X.]

      

[X.]     

      

Müller     

      

Meta

VI ZR 505/16

20.06.2017

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 4. Oktober 2016, Az: 24 U 114/15

§ 823 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.06.2017, Az. VI ZR 505/16 (REWIS RS 2017, 9387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9387

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