Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2011, Az. II ZR 16/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 9003

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 1. März 2011 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.]G[X.] § 133 [X.]; HG[X.] § 161 Wird die [X.]eitrittserklärung eines Kommanditisten zu einer Publikumskommanditge-sellschaft von der persönlich haftenden [X.]erin zwar im Namen der Gesell-schaft angenommen, ist die persönlich haftende [X.]erin in dem im Prospekt abgedruckten [X.]svertrag aber nur bevollmächtigt worden, [X.] im Namen der Mitgesellschafter abzuschließen, spricht das für eine Auslegung der Annahmeerklärung dahin, dass sie im Namen der Mitgesellschafter abgegeben wird. [X.], Urteil vom 1. März 2011 - [X.] - OLG [X.]elle LG Lüneburg - 2 - Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 1. März 2011 durch [X.] Strohn, die Richterin [X.], [X.] für Recht erkannt: Auf die Revisionen der Kläger zu 1, 3, 4, 13, 25, 27, 30, 37, 39, 46, 51, 53, 55, 61, 68, 70, 73, 79, 82, 83, 88, 92, 94, 95, 96, 104, 108, 111, 115, 118, 122, 123, 130, 137, 138 und 155 wird das Ur-teil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.]elle vom 16. Dezember 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das [X.]erufungsgericht hinsichtlich der gegen den [X.]eklagten zu 2 gerichteten Anträge Ziffer 1, 2, 3 und 5 zum Nachteil dieser Kläger erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.]erufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die [X.]eklagte zu 1 war Initiatorin, der [X.]eklagte zu 2 Gründungskomman-ditist der Windpark T.

GmbH und [X.]o. KG [X.]. und Geschäftsführer ihrer Komplementärin. Die [X.]eklagten zu 3 und 4 waren mit der Werbung von Anlegern beauftragt. Die Kläger sind der [X.] als Kommanditisten beigetreten. Sie verlangen die Rückabwicklung ihrer Kapitalanlagen mit der [X.]egründung, der Prospekt weise verschiedene Fehler auf. Im September 2007 wurde der Windpark veräußert. Der [X.] in Höhe von 44 % der [X.] wurde den Klägern nach Anhän-gigkeit der Klage ausbezahlt. Daraufhin haben sie den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.]erufungsgericht hat die [X.]erufungen der Kläger zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Nach der zunächst uneingeschränkt eingelegten Revision greifen die Kläger das Urteil zuletzt nur noch insoweit an, als ihren Ansprüchen gegen den [X.]eklagten zu 2 auf Zahlung in unterschiedlicher Höhe gegen Rückübertragung der [X.]eteiligung (Anträge Ziffer 1 und 2), Feststellung künftigen Schadensersatzes (Antrag Zif-fer 3) und Feststellung der teilweisen Hauptsacheerledigung (Antrag Ziffer 5) der Erfolg versagt geblieben ist. Im Übrigen haben sie die Revisionen zurück-genommen. 2 Entscheidungsgründe: Die Revisionen haben Erfolg und führen unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsge-richt. 3 - 4 - [X.] Das [X.]erufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: 4 5 Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne seien verjährt. Solche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne schieden aus, weil kein [X.] dem [X.]eklagten zu 2 als Gründungsgesellschafter und den Klägern als neu eintretenden Kommanditisten zustande gekommen sei. Der [X.] bestimme in § 5 Abs. 3, dass die persönlich haftende [X.]erin der Kommanditgesellschaft die [X.]eitrittserklärung annehme. Im [X.] habe die Komplementärin die [X.]eitrittserklärung ausdrücklich als Vertre-terin der Kommanditgesellschaft angenommen. Der [X.]eklagte zu 2 sei demnach nicht Vertragspartner der Kläger geworden. I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts kommt ein Anspruch der Kläger gegen den [X.]eklagten zu 2 als Gründungsgesellschafter aus [X.] im weiteren Sinne in [X.]etracht. 6 1. Die Prospekthaftung im weiteren Sinne knüpft als Anspruch aus [X.] bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 [X.]G[X.] an die (vor-)vertraglichen [X.]eziehungen zu dem Anleger an. In einer Kommanditgesell-schaft - auch in der [X.] - wird die [X.] grundsätzlich durch den Abschluss eines Aufnahmevertrages mit den übrigen der [X.] bereits angehörenden [X.]ern erlangt (vgl. [X.], Urteil vom 1. Oktober 1984 - II ZR 158/84, [X.], 1473, 1474; Urteil vom 3. Februar 2003 - [X.], [X.], 1494, 1495; Urteil vom 14. Juli 2003 - [X.], [X.], 1651, 1652). Im Rahmen der [X.]eitritts-verhandlungen haftet der Gründungsgesellschafter für die schuldhafte Verlet-zung von Aufklärungspflichten. Dabei kommt auch die Haftung für [X.] - 5 - ler in [X.]etracht, [X.]n der Prospekt bei den [X.]eitrittsverhandlungen ver[X.]det wurde ([X.], Urteil vom 14. Januar 1985 - [X.], [X.], 533, 534; Urteil vom 3. Februar 2003 - [X.], [X.], 1494, 1495; Urteil vom 7. Juli 2003 - [X.], [X.], 1536, 1537; Urteil vom 14. Juli 2003 - [X.], [X.], 1651, 1652 f.; Urteil vom 20. März 2006 - [X.], [X.], 849, 850). Der Gründungsgesellschafter haftet über § 278 [X.]G[X.] auch für das Fehlverhalten von Personen, die er zum Abschluss des [X.]eitrittsvertrages bevollmächtigt hat ([X.], Urteil vom 1. Oktober 1984 - II ZR 158/84, [X.], 1473, 1474; Urteil vom 14. Januar 1985 - [X.], [X.], 533, 534; Urteil vom 3. Februar 2003 - [X.], [X.], 1494, 1495; Urteil vom 14. Juli 2003 - [X.], [X.], 1651, 1652). 2. Es kann dahinstehen, ob entgegen der Auffassung des [X.]erufungsge-richts die Prospekthaftung im weiteren Sinne den Gründungskommanditisten auch dann trifft, [X.]n der Vertreter den Aufnahmevertrag nicht im Namen aller bisherigen [X.]er abschließt, sondern im Namen der Kommanditgesell-schaft. Denn die Auslegung der Willenserklärungen ergibt hier, dass die [X.] die Vertragserklärungen der [X.]eitrittswilligen im Namen aller Gesell-schafter und somit auch im Namen des [X.]eklagten zu 2 als Gründungskomman-ditisten angenommen hat. Das kann der Senat selbst feststellen, da es sich bei dem Fonds um eine Publikumsgesellschaft handelt (vgl. [X.], Urteil vom 11. Januar 2011 - [X.], [X.], 322 Rn. 12). 8 a) Der Eintritt in eine Personengesellschaft bedarf grundsätzlich eines Vertragsschlusses mit allen bisherigen [X.]ern. Der [X.]sver-trag kann jedoch die Aufnahme neuer [X.]er erleichtern. [X.]ei Publi-kumsgesellschaften wird regelmäßig die persönlich haftende [X.]erin bevollmächtigt, nach ihrer Wahl mit weiteren Kommanditisten deren [X.]eitritt zur [X.] zu vereinbaren. Das erforderliche Einverständnis der übrigen [X.] - 6 - sellschafter mit dem Eintritt neuer [X.]er kann in einem solchen Fall im Voraus in dem [X.]svertrag erteilt werden. Der Abschluss des [X.] mit den übrigen [X.]ern kommt dann im Regelfall dadurch zustande, dass sich die persönlich haftende [X.]erin im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen [X.]estimmungen mit dem neu eintretenden Gesell-schafter auch im Namen der übrigen [X.]er über die Aufnahme einigt ([X.], Urteil vom 17. November 1975 - [X.], [X.], 15, 16; Urteil vom 14. November 1977 - [X.], [X.], 136, 137). b) So war es auch hier. Die Annahme der [X.]eitrittserklärungen der Kläger durch die Komplementärin erfolgte im [X.] zwar durch Leistung der Unterschrift räumlich über der Firma der [X.] nebst dem Zu-satz "vertreten durch die E.

GmbH". Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass der unterzeichnende Vertreter die [X.]eitrittserklärung im [X.] der Kommanditgesellschaft angenommen hat. Das [X.]erufungsgericht haftet mit seiner gegenteiligen Auffassung an dem buchstäblichen Sinn der Erklärung und verletzt damit die §§ 133, 164 Abs. 1 Satz 2 [X.]G[X.]. Die zuletzt genannte Norm ist nicht nur bei der [X.]eurteilung der Frage heranzuziehen, ob im Namen eines anderen gehandelt wurde, sondern auch bei der [X.]eantwortung der Frage, für [X.] gehandelt worden ist. 10 Schließt der Komplementär den Aufnahmevertrag —namens der [X.] ab, kann das nach dem objektiven Erklärungswert als ein Handeln sowohl im Namen der Kommanditgesellschaft als auch im [X.] der Altgesellschafter verstanden werden ([X.] in [X.]/[X.]oujong/ [X.]/Strohn, HG[X.], 2. Aufl., § 177 a Anh. [X.] Rn. 11 f.). [X.]ei der [X.]eurteilung der Frage, in welchem Namen der Vertreter einen Vertrag abschließt, kommt es - wie stets im Rechtsverkehr bei der Auslegung von Willenserklärungen - auf den objektiven Inhalt der Erklärung des Vertreters an, also darauf, wie sich die 11 - 7 - Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven [X.]etrachter in der Lage des [X.] darstellt (§§ 133, 157 [X.]G[X.]). Hierbei sind die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichti-gen, insbesondere auch die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden [X.], die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der [X.] zugehört, und die typischen Verhaltensweisen. Der Inhalt des vorlie-genden [X.]eitrittsvertrages ([X.]s), vor allem die ausdrückliche [X.]e-zugnahme auf den [X.]svertrag und der zum Ausdruck kommende übereinstimmende Wille der Vertragschließenden, auf dieser Grundlage die Kommanditistenstellung begründen zu wollen, lassen erkennen, dass der jewei-lige [X.]eitrittsantrag der Kläger nach seinem objektiven Erklärungsinhalt gegen-über den [X.]ern der [X.] als den richtigen Adressaten abgegeben werden sollte und der Vertreter den Antrag im Namen der Gesell-schafter für diese angenommen hat (vgl. [X.], Urteil vom 17. November 1975 - [X.], [X.], 15, 16). Hierfür spricht vor allem, dass nur diese [X.] durch die der persönlich haftenden [X.]erin im Gesell-schaftsvertrag erteilte Vollmacht gedeckt ist. Der in dem Prospekt abgedruckte [X.]svertrag bestimmt in dem vom [X.]erufungsgericht nur unvollständig wiedergegebenen § 5 Abs. 3 Satz 2: "Die persönlich haftende [X.]erin ist zur Annahme der [X.]eitrittserklärungen namens aller [X.]er unter [X.]e-freiung von den [X.]eschränkungen des § 181 [X.]G[X.] bevollmächtigt." Zu einer An-nahme der [X.]eitrittserklärungen im Namen der [X.] war die [X.] gerade nicht befugt. 3. Die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts stellt sich auch nicht aus an-deren Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). 12 Ob die gerügten Prospektfehler vorliegen, hat das [X.]erufungsgericht nicht festgestellt, so dass sie für das Revisionsverfahren zu unterstellen sind. Auf 13 - 8 - dieser Grundlage lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss - wie das [X.] angenommen hat - ver-jährt ist. Die Ausführungen des [X.]s zur Kenntnis der Prospektfehler und damit zum [X.]eginn der Verjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 [X.]G[X.] beruhen auf einer Verkennung der Rechtsprechung des [X.]. Wenn mehrere voneinander abgrenzbare Prospektfehler vorliegen, führt dies zu einer Differenzierung hinsichtlich des Verjährungsbeginns. Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist berechnet sich für jeden Fehler und für jeden Anleger geson-dert ([X.], Urteil vom 9. November 2007 - [X.], [X.], 89; Urteil vom 23. Juni 2009 - [X.], [X.]KR 2009, 372, 373). II[X.] Die Sache ist an das [X.]erufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können. 14 Strohn Reichart Drescher [X.] Nedden-[X.]oeger

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.02.2009 - 5 O 425/07 - OLG [X.]elle, Entscheidung vom 16.12.2009 - 9 U 29/09 -

Meta

II ZR 16/10

01.03.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.03.2011, Az. II ZR 16/10 (REWIS RS 2011, 9003)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9003

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