Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2012, Az. 3 StR 453/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 9663

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 453/11
vom
31. Januar 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
versuchten Mordes
u.a.

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2
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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am
31. Januar 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8.
September 2011 mit den [X.] aufgehoben

a) im Einzelstrafausspruch zur Tat 1 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
c) im Ausspruch über die Dauer des [X.] der Strafe vor Vollziehung der Maßregel.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwen-digen Auslagen, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen
versuchten Mordes in [X.] (Tat 1), wegen gefährlicher Körperver-letzung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und wegen vorsätzlichen Fahrens 1
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ohne Fahrerlaubnis zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Mona-ten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass ein Jahr und drei Monate der Freiheitsstrafe vor Vollziehung der Maßregel vollstreckt werden. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antrags-schrift des [X.] unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Der Strafausspruch zur Tat 1 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
1. Nach den Feststellungen zu dieser Tat wollte der Angeklagte den [X.] abstrafen, weil dieser ihn einige Zeit zuvor angespuckt und ihm eine Ohrfeige gegeben hatte. Er schlug ihm von hinten mit der Faust gegen den Kopf, wobei er dessen Arglosigkeit bewusst ausnutzte. Anschließend trat er mit Turnschuhen an den Füßen [X.] wuchtig auf den Kopf des [X.] ein und nahm dabei dessen möglichen Tod billigend in Kauf. Die -
sachverständig beratene -
Strafkammer ist davon ausgegangen, dass der An-geklagte durch das Zusammenwirken seiner Alkoholisierung (Blutalkoholkon-zentration zur
Tatzeit von 1,89 ) und einer massiven affektiven Erregung nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war (§
21 StGB). In der Strafzumessung hat es zu Lasten des Angeklagten gewer-tet, dass er mit einem erschreckenden Ausmaß von roher und brutaler Gewalt gegen sein Opfer vorging.

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2. Diese Strafzumessungserwägung begegnet unter den hier gegebenen Umständen durchgreifenden rechtlichen Bedenken; denn die Art der Tatausfüh-rung darf einem Angeklagten nur dann ohne Abstriche strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie in vollem Umfang vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht oder nur eingeschränkt zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt ([X.], Beschluss vom 29.
Juni 2000 -
1 StR 223/00,
StV
2001, 615; Urteil vom 17. Juli 2003 -
4 [X.], [X.], 294; Beschluss vom 8. Oktober 2002 -
5 [X.], [X.], 104;
Be-schluss vom 16. Juli 2003 -
1 [X.], NStZ-RR
2003, 362; Beschluss vom 29. November 2011 -
3 [X.]; [X.], StGB, 59. Aufl., § 46 Rn. 32). [X.], ob dem Angeklagten die ihm vorgeworfene "rohe und brutale Gewalt" sei-nes Vorgehens trotz der Umstände, die seine nicht ausschließbar erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit begründen, uneingeschränkt vorwerfbar ist, setzt sich das Urteil indes nicht auseinander.
Sie kann auch Ausdruck der [X.] Schuldfähigkeit gewesen sein.
Die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs zur Tat 1 der Urteilsgründe hat die Aufhebung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der Entscheidung über die Dauer des [X.] der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zur Folge.
3. Der Senat weist darauf hin, dass bei der Strafzumessung sorgfältig auf das Verbot der Doppelverwertung von Tatbestandsmerkmalen (§ 46 Abs. 3 StGB) zu achten ist. Ein versuchter Mord durch wuchtige Tritte
mit den Füßen gegen den Kopf ist regelmäßig mit roher und brutaler Gewalt verbunden. Die strafschärfende Erwägung, der Angeklagte habe sich zunächst nicht durch ei-nen Dritten von der Fortsetzung seiner Tritte abhalten lassen, ist rechtsfehler-5
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haft, wenn ihm dadurch vorgeworfen wird, vom Versuch nicht freiwillig zurück-getreten zu sein (vgl. [X.], StGB, 59. Aufl.,
§ 46 Rn. 76 f.).

Becker Pfister von Lienen

Hubert Schäfer

Meta

3 StR 453/11

31.01.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2012, Az. 3 StR 453/11 (REWIS RS 2012, 9663)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9663

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3 StR 453/11

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