Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.06.2013, Az. B 13 R 437/12 B

13. Senat | REWIS RS 2013, 5034

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Berufungsverfahren - Wert des Beschwerdegegenstandes - Beschränkung des Berufungsantrags


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 10. Oktober 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Im Streit steht die Höhe von Übergangsgeld im Zeitraum vom 17.9.2007 bis zum 14.3.2008.

2

Die im Jahre 1961 geborene Klägerin absolvierte eine Maßnahme zur Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hierfür wurde ihr Übergangsgeld ab dem 17.9.2007 von kalendertäglich 30,97 Euro bewilligt (Bescheid vom 26.9.2007). Der mit einem höheren Stundenlohn begründete Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.1.2008).

3

Das Klageverfahren war teilweise erfolgreich. Das [X.] hat die Beklagte mit Urteil vom 28.7.2011 verurteilt, der Klägerin Übergangsgeld iHv 31,57 Euro kalendertäglich im Zeitraum vom 19.9.2007 bis zum 14.3.2008 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das [X.] hat in den Entscheidungsgründen dazu Folgendes ausgeführt:

        

"Die Berufung war für die Beklagte zuzulassen, da die zugrunde liegende Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. … Für die Klägerin ist die Berufung bei Erreichen des Werts des [X.] von mehr als 750,00 € (nämlich 817,42 € bei 4,59 € Differenzbetrag/Tag der Maßnahme) von Gesetzes wegen statthaft."

4

Mit Schriftsatz vom 29.9.2011 hat die Klägerin zunächst fristwahrend Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 hat sie den Antrag angekündigt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,67 Euro kalendertäglich zu zahlen. Wie mit Schriftsatz vom 2.10.2012 angekündigt, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] beantragt, ihr im streitigen Zeitraum ein Übergangsgeld von 35,95 Euro kalendertäglich zu zahlen.

5

Mit Urteil vom 10.10.2012 hat das L[X.] die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung sei mit Schriftsatz vom 15.11.2011 auf die Summe von 729,80 Euro begrenzt worden. Dies entspreche einem Übergangsgeld iHv 35,67 Euro kalendertäglich. Die spätere Erhöhung des [X.] auf 35,95 Euro kalendertäglich, mithin einer [X.] von mehr als 750 Euro, sei unbeachtlich. Maßgeblich sei hingegen die Beschwer bei Einlegung der Berufung gewesen. Daher komme es auch nicht auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Berufungsantrag an.

6

Mit der hiergegen eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin Verfahrensmängel nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G. Sie rügt, dass das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen, sondern anstelle des Prozessurteils ein Sachurteil hätte erlassen müssen. Die Berufung sei nach § 144 Abs 1 S 1 [X.] 1 [X.]G statthaft, weil der [X.] über 750 Euro liege.

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

8

Die Klägerin hat den Zulassungsgrund des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) formgerecht (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G) gerügt.

9

Der Verfahrensmangel liegt auch vor. Die auf eine Geldleistung gerichtete Klage hat den Wert des [X.] von 750 Euro überstiegen (§ 144 Abs 1 S 1 [X.] 1 [X.]G), sodass das L[X.] die Berufung mangels Erreichens der [X.] nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen.

Der [X.] kann offenlassen, ob das [X.] die Berufung für die Klägerin wirksam zugelassen hat. Selbst wenn es eine solche Entscheidung nicht getroffen hätte, ist die Berufung bereits von Gesetzes wegen für die Klägerin statthaft.

Der Wert des [X.] iS von § 144 Abs 1 S 1 [X.] 1 [X.]G richtet sich danach, was das [X.] dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinen Berufungsanträgen weiter verfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des [X.] für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 144 [X.] Rd[X.] 5). Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Werts des [X.] ist auf die Einlegung der Berufung abzustellen (stRspr, vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 96 [X.] Rd[X.] 14; B[X.]E 58, 291, 294 = [X.] 1500 § 144 [X.]0).

Die Klägerin hat ihre Berufung am 29.9.2011 unbeschränkt eingelegt und zu diesem Zeitpunkt noch keinen Berufungsantrag beziffert. Verstöße gegen die Soll-Vorschrift des § 151 Abs 3 [X.]G, wonach die Berufungsschrift einen bestimmten Antrag enthalten soll, sind unschädlich (B[X.] [X.] [X.] zu § 151 [X.]G). Daher hätte das L[X.] die Beschwer bezogen auf den Zeitpunkt der unbeschränkten Berufungseinlegung ermitteln müssen. Hierfür wäre eine überschlägige Berechnung ausreichend gewesen (vgl B[X.] [X.] 4-2600 § 210 [X.] Rd[X.] 11 mwN).

Die Beschwer ist an dem vollen Umfang des Unterliegens vor dem [X.] zu messen. Wenn die [X.] in diesem Zeitpunkt - wie hier - den Wert des [X.] nach § 144 Abs 1 S 1 [X.] 1 [X.]G überschritten hat, so wird das Rechtsmittel aber nicht dadurch unzulässig, dass die Klägerin in der Berufungsbegründung einen eingeschränkten Berufungsantrag angekündigt hat (vgl [X.] vom 8.10.1982 - [X.] - Juris Rd[X.]). Dies entspricht der Rechtsprechung des B[X.], nach der eine Beschränkung des [X.], durch die die [X.] nicht mehr erreicht wird, die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig macht (vgl B[X.] [X.] 4-2500 § 37 [X.] Rd[X.] 10; B[X.] [X.] 4-3250 § 51 [X.] Rd[X.] 13). Anhaltspunkte für ein willkürliches Handeln (vgl B[X.] [X.] 1500 § 144 [X.]4 S 40 f) der Klägerin sind nicht zu erkennen.

Im Zeitpunkt der fristwahrend eingelegten Berufung war die Klägerin aber nach der zutreffenden Berechnung des [X.] mit einem Differenzbetrag von 4,59 Euro kalendertäglich unterlegen (vgl [X.] Entscheidungsgründe des [X.]-Urteils). Multipliziert mit 178 streitigen Tagen ergibt dies einen Betrag, der deutlich über dem Wert des [X.] von 750 Euro liegt (§ 144 Abs 1 S 1 [X.] 1 [X.]G).

Entgegen der Ansicht des L[X.] kommt es daher nicht auf den in der Berufungsbegründung vom 15.11.2011 reduzierten Berufungsantrag an. Der [X.] kann auch offenlassen, ob der mit Schriftsatz vom 2.10.2012 korrigierte Berufungsantrag, der schließlich in der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] gestellt worden ist, eine unzulässige Erweiterung der Berufung gewesen ist.

Auf der Grundlage von § 160a Abs 5 [X.]G macht der [X.] von der Möglichkeit Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das L[X.] zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der abschließenden Entscheidung des L[X.] vorbehalten.

Meta

B 13 R 437/12 B

13.06.2013

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Magdeburg, 28. Juli 2011, Az: S 5 R 125/08

§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 151 Abs 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.06.2013, Az. B 13 R 437/12 B (REWIS RS 2013, 5034)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5034

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