Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.07.2010, Az. 1 AZR 874/08

1. Senat | REWIS RS 2010, 4430

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Gegenstand

Betriebsvereinbarung - Auslegung - Gleichbehandlung


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. August 2008 - 17 [X.] 1554/06 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Gehaltserhöhung und ein höheres Weihnachtsgeld.

2

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der beiden Betriebskrankenkassen Aktiv ([X.]) und [X.] ([X.] [X.]), die sich zum 1. Januar 2004 zur [X.] zusammenschlossen.

3

Der Kläger wurde im Jahr 1982 von der Adam [X.] AG in deren Werk [X.] eingestellt. Mit Wirkung zum 1. Januar 1996 übernahm die [X.] [X.] die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer der Adam [X.] AG, zu denen auch der Kläger gehörte. Am 29. Mai 1995 schlossen die Adam [X.] AG, der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat und die [X.] [X.] eine Betriebsvereinbarung zum „Übergang der [X.] [X.]“ ([X.]), die auszugsweise lautet:

       

I       

Geltungsbereich            

                 

Diese Vereinbarung gilt sachlich für die [X.] Adam [X.] AG, räumlich für deren Geschäftsstellen in ... [X.] ... und persönlich für alle Beschäftigten der [X.] Adam [X.] AG, die am 01.01.1995 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Adam [X.] AG standen.

        

II       

Regelungsgegenstand            

                 

Mit Wirkung zum 01.01.1996 wird die [X.] bezüglich sämtlicher Beschäftigter der [X.], die am 01.01.1995 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Adam [X.] AG standen, von dieser auf die [X.] übertragen.

        

III      

Auswirkungen für die Beschäftigten            

        

1)    

Die Beschäftigten werden von der [X.] unbefristet weiterhin wie [X.]-Mitarbeiter behandelt, wobei die jeweils geltenden Konditionen am jeweiligen Standort der Adam [X.] AG maßgeblich sind.

                 

…“    

4

Bei der Adam [X.] AG galt seit dem 1. Juli 2002 eine Betriebsvereinbarung „Weihnachtsgratifikation“ vom 5. Juli 2002 ([X.] 2002/0082/A). Nach deren Nr. 1 Abs. 4 sollten Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 2003 bzw. 2004 eingetreten waren, im [X.] eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 130 % eines regelmäßigen [X.] erhalten. Am 17. März 2005 vereinbarte die Adam [X.] AG mit ihrem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung Zukunftsvertrag 2010“ ([X.] 2005/0130/A). Diese sah ua. vor, dass abweichend von der [X.] 2002/0082/A für den Standort [X.] im [X.] eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 85 % des regelmäßigen [X.] gewährt wird.

5

Die [X.] [X.] schloss mit dem bei ihr gebildeten Gesamtpersonalrat am 19. Juli 2002 zur Umsetzung der Tarifrunde für das [X.] eine Dienstvereinbarung Nr. 8 ([X.] 8), die auszugsweise lautet:

       

„1.     

Umsetzung der Tarifrunde 2002 für Mitarbeiter, die unter die Betriebsvereinbarung 225 ([X.] 225) der Adam [X.] AG fallen:

                 

Über die Verweisung in der [X.] 225 gelten die Arbeitsbedingungen der Adam [X.] AG für tarifliche und außertarifliche Mitarbeiter entsprechend. Dies gilt auch für die Umsetzung der Tarifrunde 2002.

        

1.1     

Die einzelnen Ergebnisse der Tarifvertragsparteien aus der Tarifrunde 2002 an den einzelnen Standorten werden entsprechend der zwischen den betrieblichen Partnern der Adam [X.] AG abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zur Umsetzung der Tarifrunde 2002 umgesetzt.

                 

Dies schließt ein, dass die tariflich vereinbarten [X.] in den Jahren 2002 und 2003 nicht ausgezahlt werden.

                 

In den Jahren 2004 und 2005 wird eine Sonderzahlung nach Maßgabe der betrieblichen Regelung bei der Adam [X.] gezahlt.

        

…       

        
        

3.    

Die Adam [X.] AG hat eine Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung (2002/0084/A) vom [X.] mit Folgevereinbarungen zur Behandlung von Dienstjubiläen und der [X.] für die Jahre 2002 bis 2005 abgeschlossen. Diese Dienstvereinbarung gilt für die Mitarbeiter, die unter die [X.] 225 fallen entsprechend, soweit die Regelungen anwendbar sind.

                 

Für Mitarbeiter, die nicht unter die [X.] 225 fallen, wird die Regelung über die Zahlung der [X.] entsprechend angewandt. ...“

6

Der Kläger erhielt für das [X.] eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 85 % seines regelmäßigen [X.].

7

Die [X.] erhöhte zum 1. Oktober 2005 die Gehälter der [X.] um 1,5 %. Von dieser Maßnahme nahm sie die acht [X.] aus, die - wie der Kläger - unter den Geltungsbereich der [X.] fielen. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt dieser Mitarbeiter belief sich im September 2005 auf 6.675,00 Euro, während das der anderen [X.] bei 5.640,00 Euro lag.

8

Mit Schreiben vom 12. Januar 2006 machte der seit Juni 2004 wegen seiner Aufgaben als Vorsitzender des Gesamtpersonalrats von der Arbeit freigestellte Kläger erfolglos die Gehaltserhöhung ab dem 1. Oktober 2005 sowie eine Weihnachtsgratifikation für das [X.] iHv. 130 % geltend.

9

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die unter die [X.] fallenden [X.] von der im Oktober 2005 erfolgten Entgelterhöhung auszunehmen. Der Anspruch auf die höhere Weihnachtsgratifikation ergebe sich aus der [X.] 8, nach der die Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Bemessungssatzes von 130 % des regelmäßigen [X.] zu zahlen sei.

Der Kläger, der nach einem vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Teilvergleich jedenfalls am 1. Oktober 2005 bei der [X.] als [X.] beschäftigt war und seinen Anspruch auf die Gehaltserhöhung erst ab 1. August 2006 verfolgt, hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.804,72 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. April 2006 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. August 2006 über das gezahlte Gehalt in Höhe von 6.021,00 Euro brutto hinaus monatlich weitere 91,00 Euro brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Gruppenbildung bei der Entgelterhöhung für gerechtfertigt gehalten, weil sie mit dieser beabsichtigt habe, das unterschiedliche Vergütungsniveau zwischen den [X.] auszugleichen. Ein Anspruch auf eine höhere Weihnachtsgratifikation bestehe ebenfalls nicht. Die Höhe der Weihnachtsgratifikation in der [X.] 8 richte sich nach den bei der Adam [X.] AG geltenden Regelungen und betrage für den am Standort [X.] beschäftigten Kläger 85 % seines regelmäßigen [X.].

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat sie abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die [X.] ist weder zur Erhöhung der laufenden Bezüge des [X.] noch zur Zahlung eines weiteren Betrags als Weihnachtsgratifikation verpflichtet.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

1. a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung ([X.] 15. April 2008 - 1 [X.] - Rn. 17, [X.]E 126, 237). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt ([X.] 14. März 2007 - 5 [X.]/06 - Rn. 19 mwN, [X.]E 122, 1).

b) Dem Arbeitgeber ist es danach verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Eine sachfremde Benachteiligung liegt nicht vor, wenn nach dem [X.] Gründe bestehen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die den anderen gewährte Entgelterhöhung vorzuenthalten. Die Gründe müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen höherrangige Wertentscheidungen verstoßen. Die Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die Zweckbestimmung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Entgelterhöhung abhängig gemacht wird. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein ([X.] 17. März 2010 - 5 [X.] - Rn. 15 f. mwN, [X.] § 242 Gleichbehandlung Nr. 211).

Bestehen in einem Betrieb oder Unternehmen unterschiedlich hohe Vergütungen, rechtfertigt dies für sich allein genommen nicht die Angleichung der Vergütungsdifferenzen. Vielmehr kommt es auf die Gründe für die unterschiedlichen Vergütungen an und welche materielle Rechtfertigung den [X.] (noch) zugrunde liegt. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist bei einer Entgelterhöhung eine Differenzierung zwischen der bisherigen Belegschaft und den übernommenen Arbeitnehmern zulässig, sofern diese zur Reduzierung der [X.] zwischen der Stammbelegschaft und den durch § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB begünstigten Arbeitnehmern führt. Die Herstellung einheitlicher Arbeitsbedingungen durch den Ausgleich von Nachteilen und die Angleichung an die Bedingungen der übernommenen Belegschaft rechtfertigt eine differenzierte Behandlung der verschiedenen Gruppen (14. März 2007 - 5 [X.]/06 - Rn. 27, [X.]E 122, 1). Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber einen gänzlichen oder nur teilweisen Ausgleich vornimmt ([X.] 15. Juli 2009 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.] § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20).

c) Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Regel auf alle Arbeitnehmer anzuwenden und diese entsprechend zu begünstigen. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung ([X.] 17. März 2010 - 5 [X.] - Rn. 17 mwN, [X.] § 242 Gleichbehandlung Nr. 211).

2. Danach ist die [X.] nicht verpflichtet, die Vergütung des [X.] ab dem 1. August 2006 um 1,5 % zu erhöhen.

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist anwendbar. Die [X.] hat zwei Gruppen gebildet. Die Vergütung für die [X.], die nicht vom persönlichen Geltungsbereich der [X.] erfasst werden, hat sie ab dem 1. Oktober 2005 um 1,5 % erhöht. Die Vergütung der unter die [X.] fallenden [X.] hat sie hingegen unverändert gelassen.

b) Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass Gründe bestehen, die es nach dem [X.] unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, die Entgelterhöhung auf den Kreis der nicht unter die [X.] fallenden [X.] zu beschränken.

aa) Mit der im Oktober 2005 erfolgten Gehaltserhöhung beabsichtigte die [X.] Aktiv einen teilweisen Ausgleich der innerhalb der Gruppe der [X.] bestehenden Vergütungsdifferenzen. Dies folgt aus Art und Inhalt der von ihr gewährten Leistung sowie aus den Voraussetzungen, von deren Vorliegen sie die Entgelterhöhung abhängig gemacht hat. Begünstigt waren nur AT-Angestellte, die nicht vom persönlichen Geltungsbereich der [X.] erfasst waren.

bb) Diese Gruppenbildung war sachlich gerechtfertigt.

Die von der [X.] Aktiv gewährte Leistung war geeignet, die mit ihr verbundene Zwecksetzung zu erfüllen. Das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen der unter die [X.] fallenden [X.] lag vor der Entgelterhöhung im Oktober 2005 bei 6.675,00 [X.], während das der anderen [X.] 5.640,00 [X.] betrug. Nach den bindenden Feststellungen des [X.]s wurden diese Vergütungsdifferenzen nicht durch andere geldwerte Leistungen ausgeglichen. Die unterschiedlichen Entgelthöhen beruhten auf der Regelung in [X.] 1 [X.], wonach die [X.] Opel die von der [X.] übernommenen Arbeitnehmer auch nach der Übernahme der [X.] ohne zeitliche Begrenzung wie [X.] behandeln musste. Die darauf gestützte Annahme des [X.]s, wonach die in der [X.] enthaltene Verpflichtung zu den unterschiedlichen Vergütungshöhen im [X.] geführt hat, lässt einen revisiblen Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von dem Kläger nicht in Zweifel gezogen. Danach ist es nicht zu beanstanden, dass die [X.] das Ausbleiben einer Entgelterhöhung bei der [X.] im [X.] nicht zum Anlass genommen hat, die [X.] um 1,5 % auf alle [X.] zu erstrecken, um damit zumindest einen Teilausgleich der bestehenden Gehaltsdifferenzen zu bewirken. Die durch die [X.] vermittelte Absicherung der zuvor bei der [X.] beschäftigten Arbeitnehmer übertrifft den in § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmten Inhaltsschutz. Der [X.] muss nicht entscheiden, ob die Vereinbarung in [X.] 1 [X.] gegen die [X.] in § 77 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 75 Abs. 5 Satz 1 BPersVG verstößt oder die Betriebsparteien überhaupt eine Vereinbarung über die Arbeitsbedingungen für die [X.] nach dem Wechsel der Arbeitnehmer zur [X.] Opel treffen konnten (vgl. [X.] 18. September 2002 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b ee der Gründe, [X.]E 102, 356). Die [X.] Opel hat den in Nr. I [X.] bezeichneten Personenkreis jedenfalls tatsächlich wie „[X.]“ behandelt und den bei ihr beschäftigten [X.] eine höhere Vergütung gewährt, als diejenige, die vergleichbare AT-Angestellte bei der [X.] Aktiv erhalten haben. Diese konnte daher das unterschiedliche Leistungsniveau zum Anlass nehmen, durch die Beschränkung der Entgelterhöhung auf die nicht unter die [X.] fallenden [X.] einen Teilausgleich herbeizuführen.

c) Der [X.]n ist es nicht verwehrt, sich auf die von der [X.] Aktiv herangezogenen Gründe für die Gruppenbildung zu berufen.

Zwar hatte der Arbeitgeber nach einer früheren Rechtsprechung des [X.] die Gründe für die Ungleichbehandlung - soweit diese nicht ohnehin aus dem [X.] erkennbar waren - spätestens dann offenzulegen, wenn die Arbeitnehmer, die die geltende Besserstellung für sich in Anspruch nehmen, an ihn herantreten (9. September 1981 - 5 AZR 1182/79 - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 36, 187; 22. Dezember 1970 - 3 [X.] - zu III 3 a, b der Gründe, [X.] § 305 Billigkeitskontrolle Nr. 2 = EzA BGB § 315 Nr. 4). Kam der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, war sein Vorbringen insoweit nicht berücksichtigungsfähig ([X.] 5. März 1980 - 5 [X.] - zu II 4 a der Gründe, [X.]E 33, 57). Diese Rechtssätze hat das [X.] in nachfolgenden Entscheidungen nicht mehr aufrechterhalten. Vielmehr wird dem Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber ein ggf. im Wege der Stufenklage durchsetzbarer Auskunftsanspruch über die für eine Gehaltserhöhung verwendeten Regeln zugebilligt ([X.] 1. Dezember 2004 - 5 [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 113, 55). Dies eröffnet einem Arbeitnehmer eine ausreichende Möglichkeit, sich Kenntnis über die Gründe für die Ungleichbehandlung zu verschaffen und die Chancen für die weitere Rechtsverfolgung einzuschätzen.

II. Der Kläger kann weder aus der [X.] 8 noch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz die Zahlung eines Betrags von 2.804,72 [X.] als weitere Weihnachtsgratifikation für das [X.] verlangen.

1. Der Kläger hat nach der [X.] 8 für das [X.] nur einen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 85 % seines regelmäßigen Monatseinkommens. Diesen Anspruch hat die [X.] Aktiv erfüllt.

a) Entgegen der Auffassung des [X.]s enthält die [X.] 8 nicht lediglich eine deklaratorische Regelung für den unter die [X.] fallenden Personenkreis. Die bis zum 31. Dezember 1995 bei der [X.] Opel beschäftigten Arbeitnehmer der [X.] hatten aufgrund der [X.] keinen normativen Anspruch auf Leistungen, wie sie die bei der [X.] beschäftigten Arbeitnehmer erhalten. Dies folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der [X.]. Nach [X.] 1 [X.] sollte dieser Personenkreis unbefristet wie die an den jeweiligen Opel-Standorten beschäftigten Mitarbeiter behandelt werden. In der [X.] hat sich die [X.] Opel damit lediglich verpflichtet, den von ihrem persönlichen Geltungsbereich erfassten Arbeitnehmern die gleichen Leistungen wie [X.]n zu gewähren. Diese Verpflichtung hat die [X.] Opel für die in der Tarifrunde 2002 vereinbarten Arbeitsbedingungen in der [X.] 8 umgesetzt. Erst durch deren Abschluss haben die [X.] Opel und der bei ihr errichtete Gesamtpersonalrat eine normative Anspruchsgrundlage für die sich aus der Tarifrunde 2002 ergebenden Ansprüche der unter die [X.] fallenden Arbeitnehmer geschaffen.

b) Nr. 3 [X.] 8 enthält eine dynamische Bezugnahme auf die bei der [X.] geltenden Regelungen über die Weihnachtsgratifikation für das [X.]. Diese beträgt für Arbeitnehmer am Standort [X.] 85 % des regelmäßigen Monatseinkommens.

aa) Die Auslegung von Dienst- und Betriebsvereinbarungen richtet sich wegen ihres normativen Charakters nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt ([X.] 11. Dezember 2007 - 1 [X.] - Rn. 20 mwN, [X.] [X.] 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 37 = EzA [X.] 2001 § 77 Nr. 22).

bb) Der Wortlaut der [X.] 8 ist nicht eindeutig.

In Nr. 3 Satz 1 und 2 [X.] 8 werden für die unter die [X.] fallenden Arbeitnehmer die Regelungen aus der [X.] 2002/0082/A der [X.] übernommen. Eine bestimmte Höhe der Weihnachtsgratifikation ist in der [X.] 8 allerdings nicht festgelegt, da in Nr. 3 Satz 2 [X.] 8 nur die entsprechende Geltung der anwendbaren Regelungen der [X.] 2002/0082/A bestimmt ist. Nach deren Nr. 1 Abs. 4 beträgt die Höhe der Weihnachtsgratifikation im [X.] 130 % eines regelmäßigen Monatseinkommens. Dieser [X.] ist jedoch für die am Standort [X.] beschäftigten Arbeitnehmer durch die [X.] 2005/0130/A für das Kalenderjahr 2005 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf 85 % ermäßigt worden ([X.] 23. Jan[X.]r 2008 - 1 [X.] - Rn. 20 ff., [X.] [X.] 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 40 = EzA [X.] 2001 § 77 Nr. 24). Der Wortlaut von Nr. 3 [X.] 8 lässt allerdings offen, ob die Übernahme der für die [X.] geltenden Regelungen über die Weihnachtsgratifikation in der jeweils geltenden oder in der am 5. Juli 2002 vereinbarten Fassung der [X.] 2002/0082/A erfolgen sollte.

cc) Für eine dynamische Bezugnahme auf die bei der [X.] geltende Regelung über die Weihnachtsgratifikation spricht der Regelungszweck der [X.] 8.

Die [X.] Opel und ihr Gesamtpersonalrat haben durch den Abschluss der [X.] 8 der in der [X.] enthaltenen Gleichstellungsverpflichtung entsprochen und die im Jahr 2002 getroffenen Vereinbarungen über die Beschäftigungssicherung bei der [X.] übernommen. Dies folgt aus dem in Nr. 1 Satz 1 [X.] 8 vorangestellten Hinweis auf die Geltung der [X.]. Zu diesen Arbeitsbedingungen gehörten [X.]. die Regelungen in der [X.] 2002/0082/A über die Behandlung der Weihnachtsgratifikation für die Jahre 2002 bis 2005. Für eine Regelungsabsicht, die in der [X.] 2002/0082/A bestimmte Anspruchshöhe unabhängig von nachfolgenden betrieblichen Vereinbarungen bei der [X.] festzuschreiben, sind keine Anhaltspunkte erkennbar. Vielmehr spricht gerade die in [X.] 1 [X.] festgelegte Verpflichtung, den unter ihren Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmern eine standortsbezogene Entwicklung der bei der [X.] vereinbarten Arbeitsbedingungen zukommen zu lassen, für eine dynamische Bezugnahme auf die jeweils geltenden Bestimmungen über die Weihnachtsgratifikation. Da danach Nr. 3 Satz 2 [X.] 8 eine Bezugnahme auf die jeweils bei der [X.] geltende Regelung über die Weihnachtsgratifikation enthält, ist mit dem Abschluss der [X.] 2005/0130/A zugleich der [X.] für die vormals am Standort [X.] beschäftigten Arbeitnehmer der [X.] Opel auf 85 % abgesenkt worden, ohne dass es einer Änderung der [X.] 8 bedurfte hätte.

2. Ein Anspruch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kommt nicht in Betracht. Der Kläger hat ein gestaltendes Verhalten der [X.]n, das über den bloßen Normvollzug hinausgeht und Ausgangspunkt für eine von ihr selbst gesetzte Regel sein könnte ([X.] 23. Jan[X.]r 2008 - 1 [X.] - Rn. 43, [X.] [X.] 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 40 = EzA [X.] 2001 § 77 Nr. 24), nicht dargelegt.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Rath    

        

    Hayen    

                 

Meta

1 AZR 874/08

27.07.2010

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bochum, 2. August 2008, Az: 5 Ca 989/06, Urteil

§ 242 BGB, § 77 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.07.2010, Az. 1 AZR 874/08 (REWIS RS 2010, 4430)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4430

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Referenzen
Wird zitiert von

6 Sa 577/14

3 Ca 1819/13

15 Sa 1267/14

12 Sa 807/10

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