Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.12.2021, Az. 2 B 25/21

2. Senat | REWIS RS 2021, 413

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Gegenstand

Ruhegehaltfähigkeit einer praktischen Ausbildung als "Bürolehrling"; vorgeschriebene Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 17. März 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 1 500 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte [X.]eschwerde der Klägerin ist unbegründet.

2

1. Die 1950 geborene Klägerin trat am 1. April 1971 als [X.]eamtin in den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst des beklagten [X.] ein. [X.] entließ der [X.]eklagte die Klägerin daraus mit Ablauf des 31. März 1973, um sie tags darauf, am 1. April 1973 als [X.]eamtin in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst aufzunehmen. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres trat die Klägerin als Stadtoberinspektorin ([X.]esoldungsgruppe [X.]) in den Ruhestand.

3

Der Versorgungsfestsetzungsbescheid berücksichtigte Dienstzeiten der Klägerin für die [X.] ab dem 1. April 1971. Dem widersprach die Klägerin, soweit darin die [X.] ihrer beim beklagten Land von April 1970 bis März 1971 erfolgreich absolvierten Ausbildung als "[X.]" nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt worden war. Der [X.]eklagte wies den Widerspruch mit der [X.]egründung zurück, dass für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst die allgemeine Hochschul- oder Fachhochschulreife verlangt worden sei. Eine Verwaltungslehre hätte diese Voraussetzung ersetzen können. Die [X.]ürolehre der Klägerin sei zusammen mit ihrem Vorbereitungsdienst und der Probezeit im mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst auf die ansonsten geforderte Verwaltungslehre angerechnet worden. Die [X.]ürolehre habe weder den Vorbereitungsdienst noch die Probezeit im gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst verkürzt.

4

Auf die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht den [X.]eklagten verpflichtet, die Versorgungsbezüge der Klägerin unter [X.]erücksichtigung der [X.] vom 1. April 1970 bis zum 31. März 1971 festzusetzen. Auf die [X.]erufung des [X.]eklagten hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur [X.]egründung hat das [X.]erufungsgericht tragend ausgeführt, bei der Einbeziehung von Vordienstzeiten in der Versorgungsfestsetzung seien allein die Voraussetzungen der Laufbahn des für die Versorgung maßgeblichen letzten Amtes vor dem Eintritt in den Ruhestand nach Maßgabe der zur [X.] der Verbeamtung für diese Laufbahn geltenden Vorschriften zu überprüfen.

5

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde zumisst.

6

Grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr, [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

7

Die von der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage,

ob eine beim [X.] erfolgte Verwaltungslehre als praktische Ausbildung, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem zuletzt bekleideten Amt im [X.] steht, bei der Festsetzung der Ruhegehaltsbezüge in Ansatz zu bringen ist, soweit es der Dienstherr verabsäumt hat, eine aufgrund unterbliebener Nachentrichtung von [X.] entstandene Versorgungslücke zu schließen,

ist - soweit sie entscheidungserheblich ist - durch die Rechtsprechung des Senats geklärt.

8

Die mögliche Anrechnung von laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Ausbildungszeiten als ruhegehaltfähige Vordienstzeit ist in § 12 Abs. 1 Satz 1 L[X.] [X.] (= § 12 Abs. 1 Satz 1 [X.]) gesetzlich besonders geregelt. Maßgeblich ist die Rechtslage, die bei Eintritt des [X.] gilt, soweit nicht [X.] etwas anderes regeln ([X.]VerwG, Urteile vom 25. August 2011 - 2 [X.] 22.10 - [X.] 239.1 § 5 [X.] Nr. 20 Rn. 8 und vom 1. Oktober 2020 - 2 [X.] 9.20 - [X.]VerwGE 169, 293 Rn. 8).

9

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist für die Frage, ob eine Vorausbildungszeit bei der [X.]erechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach § 12 Abs. 1 Satz 1 L[X.] [X.] (= § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]) berücksichtigt werden kann, entscheidend, dass sich diese Ausbildung als ein laufbahnrechtlich vorgeschriebener Teil einer besonderen Ausbildung darstellt, die in bestimmter Weise auf die Erlangung der Fähigkeit für die Ernennung als [X.]eamter der angestrebten Laufbahn ausgerichtet ist (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 24. Februar 1970 - 6 [X.] 72.67 - [X.] 235 § 6 [X.] Nr. 10 S. 15 ff.; vom 25. Oktober 1972 - 6 [X.] 4.70 - [X.]VerwGE 41, 89 <93> und vom 26. September 1996 - 2 [X.] 28.95 - [X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 11 S. 4; ebenso [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], [X.] des [X.] und der Länder, 9. Update, Stand August 2021, § 12 [X.] Rn. 124). Welche Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 L[X.] [X.] vorgeschrieben ist und ob sie eine in erster Linie geforderte allgemeine Schulbildung mit der Folge ersetzt, dass sie nach § 12 Abs. 1 Satz 2 L[X.] [X.] nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden kann, bestimmt sich nach den laufbahnrechtlichen Regelungen zur [X.] der Ableistung der jeweiligen Ausbildung ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 5. Dezember 2011 - 2 [X.] 103.11 - juris Rn. 11, vom 6. Mai 2014 - 2 [X.] 90.13 - [X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 22 Rn. 7 und vom 5. März 2019 - 2 [X.] 34.18 - [X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 24 Rn. 11).

Für die [X.]erücksichtigung einer Ausbildungszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit kommt es danach darauf an, dass diese [X.] für die [X.]erufung in das [X.]eamtenverhältnis, aus dem der [X.]eamte in den Ruhestand getreten ist, erforderlich gewesen ist oder notwendige Voraussetzung für die Wahrnehmung eines von ihm in diesem [X.]eamtenverhältnis übertragenen Amtes war ([X.]VerwG, Urteil vom 25. Oktober 1972 - 6 [X.] 4.70 - [X.]VerwGE 41, 89 <93>). Es muss sich bei dieser [X.] im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 L[X.] [X.] um eine "vorgeschriebene" und nicht nur um eine "förderliche" Ausbildung handeln.

Förderlich ist eine Ausbildung oder Tätigkeit, wenn sie für die Amtsausübung nützlich ist ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 5. Dezember 2011 - 2 [X.] 103.11 - juris Rn. 11). Der spätere [X.]eamte hat in diesem Fall die förderliche praktische Ausbildung nicht deshalb durchlaufen oder ausgeübt, weil diese zum [X.]punkt der Ausübung für die Einstellung in die Laufbahn vorgeschrieben war. Anlass für diese Ausbildung oder hauptberufliche Tätigkeit war nicht das [X.]estreben, eine Laufbahnvoraussetzung zu erfüllen. Dieser Umstand ist vielmehr allein dem [X.] des späteren [X.]eamtenbewerbers zuzuschreiben ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. November 2018 - 2 [X.] 40.18 - [X.] 239.2 [X.][X.]eamtVR Nr. 1 Rn. 12).

Vorgeschrieben ist eine Ausbildung hingegen, wenn sie auf Grund von Rechtsvorschriften zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes erforderlich ist. [X.]ei der vorgeschriebenen Ausbildung muss es sich um eine allgemeine normative Einstellungsvoraussetzung handeln, die der [X.]ewerber erfüllen muss, um in das [X.]eamtenverhältnis übernommen zu werden. Es genügt nicht, dass das Anforderungsprofil einer Stelle im Einzelfall bestimmte Ausbildungsvoraussetzungen verlangt ([X.]VerwG, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 [X.] 18.06 - [X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 16 Rn. 22 und [X.]eschlüsse vom 14. Mai 2013 - 2 [X.] 25.12 - [X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 21 Rn. 10 und vom 5. März 2019 - 2 [X.] 34.18 - [X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 24 Rn. 11 m.w.N.).

Soweit die [X.]eschwerde dem entgegenhält, die besonderen Regelungen über den Ruhegehaltssatz für bereits am 31. Dezember 1991 vorhandene [X.]eamte in § 85 Abs. 9 und Abs. 10 L[X.] [X.] stünden dem entgegen, überzeugt dies nicht. Denn diese [X.]estimmungen betreffen allein Ruhestandsbeamte, bei denen mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind (Abs. 9). Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein [X.]eschäftigungsverhältnis im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 SG[X.] VI gleich (Abs. 10). Das alles ist bei einer [X.]eamtin - wie der Klägerin - nicht der Fall, die eine [X.]erufsausbildung - hier nach der Feststellung des [X.]erufungsgerichts als "[X.]" - absolviert hat. Denn ein Ausbildungsverhältnis ist ebenso wenig Arbeitsverhältnis (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 5. März 2019 - 2 [X.] 36.18 - [X.] 239.1 § 10 [X.] Nr. 19 Rn. 9 zu § 10 Satz 1 Nr. 2 [X.]) wie ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Sinne von § 85 Abs. 9, Abs. 10 L[X.] [X.].

Darüber hinaus und unabhängig vom Vorstehenden, steht die praktische Ausbildung der Klägerin als "[X.]" - anders als die von der [X.]eschwerde als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage dies formuliert - auch nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem von ihr zuletzt bekleideten Amt als Stadtoberinspektorin. Denn - wie gezeigt - war diese praktische Ausbildung keine laufbahnrechtlich vorgeschriebene Ausbildung für die Einstellung der Klägerin in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst.

3. Die von der [X.]eschwerde geltend gemachte Divergenz liegt ebenfalls nicht vor.

Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.]verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den [X.]edeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 25. Mai 2012 - 2 [X.] 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die Divergenzrevision dient dem Anliegen, die Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsprechung in der Auslegung einer bestimmten Gesetzesvorschrift zu sichern und damit Rechtssicherheit auch im Einzelfall zu gewährleisten. [X.]ezugspunkt ist daher nicht allein der Wortlaut einer [X.]estimmung. "Abweichungen" beziehen sich vielmehr nur auf die Rechtsprechung zu demselben Gesetz ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 22. März 2012 - 2 [X.] 148.11 - juris Rn. 4).

Das [X.]erufungsurteil weicht nicht von dem mit der [X.]eschwerde in [X.]ezug genommenen Urteil des Senats vom 11. Dezember 2008 - 2 [X.] 9.08 - ([X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 17) ab. Denn auch in dem zitierten Urteil stellt der Senat für Ausbildungszeiten im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 [X.] darauf ab, dass es sich um vorgeschriebene [X.]en handeln muss, die der [X.]eamte zu durchlaufen hat, um die besondere [X.] Eignung für die Übernahme in das [X.]eamtenverhältnis zu erwerben ([X.]VerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 2 [X.] 9.08 - [X.] 239.1 § 12 [X.] Nr. 17 Rn. 15 f.).

4. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

2 B 25/21

13.12.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 17. März 2021, Az: OVG 4 B 4.19, Urteil

§ 12 Abs 1 S 1 BeamtVG BE, § 12 Abs 1 S 1 Nr 1 BeamtVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 13.12.2021, Az. 2 B 25/21 (REWIS RS 2021, 413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 413

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82 OWi-623 Js 547/21-12/21

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