Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 1 StR 113/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9400

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200617B1STR113.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 113/17

vom
20. Juni
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung der
Beschwerde-führerin und des [X.]
am 20. Juni
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 [X.] beschlossen:

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2016
a)
im Tat 2 der Urteilsgründe betreffenden Einzelstraf-ausspruch, der entfällt,
und
b) im [X.] aufgehoben.
2. Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
3. Die weitergehende
Revision der Angeklagten wird als unbe-gründet verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen [X.] zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat zudem den Verfall von [X.] in Höhe von 6.710

in Höhe von 1.50

mit dem nicht revidierenden Mitangeklagten als Gesamtschuldnerin
haftet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat in dem 1
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3
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aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg und erweist sich im Übri-gen aus den in der Antragsschrift des [X.] dargestellten Er-wägungen als unbegründet.
1. Es liegt kein Verfahrenshindernis vor. Zwar enthält der Eröffnungsbe-schluss vom 8. August 2016 ein unzutreffendes Datum, soweit darin die "An-klage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 3. Juni 2016 (Aktenzeichen: 610 Js

) zur Hauptverhandlung zugelassen"
wird. Dies führt aber nicht zur Unwirksamkeit des [X.] (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 3.
Oktober 1979

3 [X.]/79
und
vom 15. November 1983

5 StR 657/83, [X.], 133).
Die Anklageschrift gegen die Angeklagte und den nicht revidierenden Mitangeklagten datiert auf den 28. Juni 2016 (Aktenzeichen: 610 Js

). Wenige Seiten vor dieser ist die Abschrift einer Anklage gegen einen anderen
Beschuldigten abgeheftet, die das Datum 3. Juni 2016 trägt. Dem [X.] lässt sich aber durch die Angabe allein des die Angeklagte und den Mitangeklagten betreffenden Rubrums und die zweifache Angabe des Akten-zeichens der Anklage vom 28.
Juni 2016 die eindeutige Willenserklärung des Gerichts entnehmen (vgl. [X.], Urteil vom 6. August 1974

1 [X.]; [X.]/[X.], 1. Aufl., § 207 Rn.
79), dass es die die beiden [X.] betreffende Anklage mit dem Aktenzeichen 610 Js

zur Hauptverhandlung zugelassen hat.
2. Die Revision führt aber auf die Sachrüge zur [X.] hin-sichtlich der Einzelstrafe für die Tat 2 der Urteilsgründe.
a) Das [X.] hat vier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmit-teln in nicht
geringer Menge festgestellt und hierfür Einzelstrafen von
einem Jahr
und
neun Monaten und dreimal einem Jahr
und
drei Monaten verhängt. 2
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4
5
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4
-
Einen entsprechenden
Schuldspruch hat es aber weder verkündet noch ist er im Tenor der [X.] enthalten.
b) Der Senat hat erwogen, ob es sich bei dem Auseinanderfallen von Schuldspruch und Urteilsgründen um ein offensichtliches Verkündungs-
bzw. Fassungsversehen handelt, wonach eine

vom [X.] bean-tragte

ausnahmsweise Ergänzung der Urteilsformel
zulässig wäre. Die Vo-raussetzungen für eine solche Abänderung des Urteils liegen hier aber nicht vor. Nach der Rechtsprechung des [X.] sind "offensichtlich" nur solche Fehler, die sich ohne weiteres aus der Urkunde selbst oder aus solchen Tatsachen ergeben, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zu Tage treten und auch nur den entfernten Verdacht einer späteren sachlichen Änderung aus-schließen. Es muss

auch ohne Berichtigung

eindeutig erkennbar sein, was das Gericht tatsächlich gewollt und entschieden hat. Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen, um zu verhindern, dass mit einer Berichtigung eine unzulässige Abänderung des Urteils einhergeht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. April 2017

2 StR 345/16 mwN
und
vom 22. November 2016

1 StR 471/16; Urteil vom 14.
Januar 2015

2
StR 290/14, [X.]R [X.] §
267 Urteils-berichtigung 1 mwN;
Meyer-Goßner in
Meyer-Goßner/[X.], [X.], 60. Aufl., § 268 Rn. 10). Zwar spricht angesichts der späteren Abfassung der Urteils-gründe vieles dafür, dass sich das [X.] bei dem verkündeten Tenor ver-zählt hat, jedoch ist dies nicht offensichtlich
in dem dargestellten Sinne.
Die Staatsanwaltschaft hat der Angeklagten in der Anklageschrift vom 28.
Juni 2016 insgesamt acht Fälle des Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last gelegt. Die zugelassene Nachtragsanklage vom 21. September 2016 erfasste einen weiteren Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge;
mithin waren bei dem [X.] neun vorgeworfene Taten anhängig geworden. Das verkündete Urteil bezog 6
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5
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sich auf vier Taten, für die eine Verurteilung erging (dreimal Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und einmal Beihilfe zu einer solchen Tat). Ausweislich des verkündeten Tenors und des Tenors der [X.] ist "im Übrigen", mithin für alle noch anhängig gewesenen Tatvorwürfe Frei-spruch erfolgt. Vor diesem Hintergrund war für die Verfahrensbeteiligten nicht erkennbar, dass tatsächlich für einen weiteren Tatvorwurf eine Verurteilung gewollt war, der Freispruch

entgegen des verkündeten Wortlauts

diese wei-tere Tat nicht erfassen sollte. Anhaltspunkte hierfür haben sich weder aus der Prozessgestaltung, noch aus dem die Tatvorwürfe teilweise bestreitenden Ein-lassungsverhalten der Angeklagten ergeben.
Jedenfalls bei einer solchen, eindeutig alle anhängigen Taten ergreifen-den Fassung des verkündeten Tenors kann allein der Umstand, dass in den Urteilsgründen mehr Taten festgestellt, bewertet und sanktioniert worden sind, als
es dem verkündeten [X.] entspricht, nicht dazu berechtigen, einen offensichtlichen Zählfehler anzunehmen (diese Frage offen lassend:
[X.], [X.] vom 17.
März 2000

2 [X.], [X.], 386, wobei sich der Freispruch ausweislich der Entscheidungsgründe abweichend auf eine beziffer-te Fallanzahl bezog). Eine Änderung der Urteilsformel
liefe auf eine Durchbre-chung des alle nicht verurteilten und noch anhängig gewesenen Vorwürfe er-fassenden und rechtskräftig gewordenen Freispruchs hinaus.
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c) Da nicht zu bestimmen ist, für welche der Taten, für die das [X.] eine Einzelfreiheitsstrafe verhängt hat, die Angeklagte nicht verurteilt, son-dern freigesprochen worden ist, hebt der Senat die höchste Einzelfreiheitsstrafe auf und lässt sie entfallen. Der Wegfall der [X.] führt zur Aufhebung des [X.]s. Die Anordnung des Verfalls von [X.] ist von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen.
Raum Cirener Radtke

Fischer Bär
9

Meta

1 StR 113/17

20.06.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2017, Az. 1 StR 113/17 (REWIS RS 2017, 9400)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9400

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1 StR 113/17

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