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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Strafurteil: Erfassung aller anhängigen Straftaten im Urteilstenor bei Feststellung von mehr Straftaten in den Urteilsgründen; Behandlung durch das Revisionsgericht
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2016
a) im Tat 2 der Urteilsgründe betreffenden Einzelstrafausspruch, der entfällt, und
b) im [X.] aufgehoben.
2. Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
Das [X.] hat die Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat zudem den Verfall von [X.] in Höhe von 6.710 € angeordnet, für den die Angeklagte in Höhe von 1.500 € mit dem nicht revidierenden Mitangeklagten als Gesamtschuldnerin haftet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg und erweist sich im Übrigen aus den in der Antragsschrift des [X.] dargestellten Erwägungen als unbegründet.
1. Es liegt kein Verfahrenshindernis vor. Zwar enthält der Eröffnungsbeschluss vom 8. August 2016 ein unzutreffendes Datum, soweit darin die "Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 3. Juni 2016 (Aktenzeichen: 610 Js ) zur Hauptverhandlung zugelassen" wird. Dies führt aber nicht zur Unwirksamkeit des [X.] (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 3. Oktober 1979 - 3 [X.] und vom 15. November 1983 - 5 StR 657/83, [X.], 133).
Die Anklageschrift gegen die Angeklagte und den nicht revidierenden Mitangeklagten datiert auf den 28. Juni 2016 (Aktenzeichen: 610 Js ). Wenige Seiten vor dieser ist die Abschrift einer Anklage gegen einen anderen Beschuldigten abgeheftet, die das Datum 3. Juni 2016 trägt. Dem Eröffnungsbeschluss lässt sich aber durch die Angabe allein des die Angeklagte und den Mitangeklagten betreffenden Rubrums und die zweifache Angabe des Aktenzeichens der Anklage vom 28. Juni 2016 die eindeutige Willenserklärung des Gerichts entnehmen (vgl. [X.], Urteil vom 6. August 1974 - 1 [X.]; [X.]/[X.], 1. Aufl., § 207 Rn. 79), dass es die die beiden Angeklagten betreffende Anklage mit dem Aktenzeichen 610 Js zur Hauptverhandlung zugelassen hat.
2. Die Revision führt aber auf die Sachrüge zur [X.] hinsichtlich der Einzelstrafe für die Tat 2 der Urteilsgründe.
a) Das [X.] hat vier Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge festgestellt und hierfür Einzelstrafen von einem Jahr und neun Monaten und dreimal einem Jahr und drei Monaten verhängt. Einen entsprechenden Schuldspruch hat es aber weder verkündet noch ist er im Tenor der [X.] enthalten.
b) Der Senat hat erwogen, ob es sich bei dem Auseinanderfallen von Schuldspruch und Urteilsgründen um ein offensichtliches Verkündungs- bzw. Fassungsversehen handelt, wonach eine - vom [X.] beantragte - ausnahmsweise Ergänzung der Urteilsformel zulässig wäre. Die Voraussetzungen für eine solche Abänderung des Urteils liegen hier aber nicht vor. Nach der Rechtsprechung des [X.] sind "offensichtlich" nur solche Fehler, die sich ohne weiteres aus der Urkunde selbst oder aus solchen Tatsachen ergeben, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zu Tage treten und auch nur den entfernten Verdacht einer späteren sachlichen Änderung ausschließen. Es muss - auch ohne Berichtigung - eindeutig erkennbar sein, was das Gericht tatsächlich gewollt und entschieden hat. Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen, um zu verhindern, dass mit einer Berichtigung eine unzulässige Abänderung des Urteils einhergeht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. April 2017 - 2 StR 345/16 mwN und vom 22. November 2016 - 1 StR 471/16; Urteil vom 14. Januar 2015 - 2 StR 290/14, [X.]R [X.] § 267 Urteilsberichtigung 1 mwN; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., § 268 Rn. 10). Zwar spricht angesichts der späteren Abfassung der Urteilsgründe vieles dafür, dass sich das [X.] bei dem verkündeten Tenor verzählt hat, jedoch ist dies nicht offensichtlich in dem dargestellten Sinne.
Die Staatsanwaltschaft hat der Angeklagten in der Anklageschrift vom 28. Juni 2016 insgesamt acht Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last gelegt. Die zugelassene Nachtragsanklage vom 21. September 2016 erfasste einen weiteren Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; mithin waren bei dem [X.] neun vorgeworfene Taten anhängig geworden. Das verkündete Urteil bezog sich auf vier Taten, für die eine Verurteilung erging (dreimal Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und einmal Beihilfe zu einer solchen Tat). Ausweislich des verkündeten Tenors und des Tenors der [X.] ist "im Übrigen", mithin für alle noch anhängig gewesenen Tatvorwürfe Freispruch erfolgt. Vor diesem Hintergrund war für die Verfahrensbeteiligten nicht erkennbar, dass tatsächlich für einen weiteren Tatvorwurf eine Verurteilung gewollt war, der Freispruch - entgegen des verkündeten Wortlauts - diese weitere Tat nicht erfassen sollte. Anhaltspunkte hierfür haben sich weder aus der Prozessgestaltung, noch aus dem die Tatvorwürfe teilweise bestreitenden Einlassungsverhalten der Angeklagten ergeben.
Jedenfalls bei einer solchen, eindeutig alle anhängigen Taten ergreifenden Fassung des verkündeten Tenors kann allein der Umstand, dass in den Urteilsgründen mehr Taten festgestellt, bewertet und sanktioniert worden sind, als es dem verkündeten [X.] entspricht, nicht dazu berechtigen, einen offensichtlichen Zählfehler anzunehmen (diese Frage offen lassend: [X.], Beschluss vom 17. März 2000 - 2 [X.], [X.], 386, wobei sich der Freispruch ausweislich der Entscheidungsgründe abweichend auf eine bezifferte [X.] bezog). Eine Änderung der Urteilsformel liefe auf eine Durchbrechung des alle nicht verurteilten und noch anhängig gewesenen Vorwürfe erfassenden und rechtskräftig gewordenen Freispruchs hinaus.
c) Da nicht zu bestimmen ist, für welche der Taten, für die das [X.] eine Einzelfreiheitsstrafe verhängt hat, die Angeklagte nicht verurteilt, sondern freigesprochen worden ist, hebt der Senat die höchste Einzelfreiheitsstrafe auf und lässt sie entfallen. Der Wegfall der [X.] führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Die Anordnung des Verfalls von [X.] ist von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen.
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20.06.2017
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Karlsruhe, 24. Oktober 2016, Az: 4 KLs 610 Js 28957/15
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.06.2017, Az. 1 StR 113/17 (REWIS RS 2017, 9416)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 9416
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 StR 113/17 (Bundesgerichtshof)
1 StR 632/18 (Bundesgerichtshof)
Revisionsrechtliche Überprüfung einer Divergenz zwischen Strafausspruch im Tenor der Urteilsurkunde und der verkündeten Urteilsformel
5 StR 82/23 (Bundesgerichtshof)
5 StR 120/23 (Bundesgerichtshof)
5 StR 426/20 (Bundesgerichtshof)
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.: Mindestanforderungen an die Tatkonkretisierung; Strafzumessung im Zweifelsfall