Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2016, Az. 4 StR 248/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 4021

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:131016U4STR248.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
4
StR
248/16

vom
13. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 13.
Oktober
2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in
am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,

[X.] am Bundesgerichtshof
Cierniak,
[X.],
[X.],
Dr. Quentin

als beisitzende [X.],

Staatsanwalt

als Vertreter des
Generalbundesanwalts,

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] bei dem [X.] vom 17.
Dezember 2015, soweit es den Angeklagten
M.

B.

betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte in den Fällen
II.
17 bis 66
der Urteilsgründe bezogen auf
den Zeitraum
von März bis Juli 2013 in 15
Fällen freigesprochen worden ist,
b)
in den
Strafaussprüchen in den Fällen
II.
4, 5, 8, 10 und 12 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichne-te Urteil
a)
in den Fällen
II.
4, 8, 10 und 12 der Urteilsgründe

im Fall
II.
4 auch hinsichtlich der nicht revidierenden An-geklagten Bl.

, im Fall
II.
12 auch hinsicht-
lich des nicht revidierenden Angeklagten D.

B.

in den Schuldsprüchen
dahin geändert, dass
die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubter
Ein-fuhr von Betäubungsmitteln entfällt,
b)
mit den Feststellungen aufgehoben
in den [X.] in den Fällen
II.
1 und 2 der [X.] sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe und soweit
eine Entscheidung über die Unterbringung des -
4
-
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
3.
Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
4.
Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 24
Fällen, davon in 20
Fällen jeweils in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in fünf Fällen, davon in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit uner-laubter Einfuhr von Betäubungsmitteln, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und
ihn
im Übrigen freigesprochen.
Der Angeklagte rügt mit seinem unbeschränkten Rechtsmittel allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erhebt
mit ihrem zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittel ebenfalls die Sachrüge. Sie wendet sich gegen die [X.] und, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, gegen die Strafzumessung, ausweislich ihrer Revisionsrechtferti-gung

in wirksamer Beschränkung ihres Rechtsmittels

jedoch
nicht gegen
1
2
-
5
-
die unterbliebene Unterbringungsanordnung gemäß §
64 StGB. Ferner bean-standet sie das Verfahren. Beide Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
A.
Zur Revision der Staatsanwaltschaft
I.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils beschloss der [X.], im Zusammenwirken mit den Mitangeklagten sowie weiteren, gesondert verfolgten Personen, u.a. der gesondert verfolgten Zeugin [X.]

, in einer Vielzahl von Fällen mit Betäubungsmitteln
Handel zu
treiben. Die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten [X.] wurden entsprechend dem zuvor gefassten gemeinsamen Plan größtenteils aus den [X.] nach [X.] eingeführt, weil es dem Angeklagten und den anderen Beteiligten darauf ankam, Drogen guter Qualität zu günstige-ren Preisen zu erwerben als dies in [X.] möglich war. Seit Anfang 2015 wurden die [X.] der Gruppe um den Angeklagten von der [X.] überwacht, am 3.
März 2015 wurde der Angeklagte festgenommen.
II.
Die von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den
Teilfreisprü-chen
des Angeklagten erhobenen
Rügen
der Verletzung der Aufklärungspflicht (§
244 Abs.
2 [X.]) genügen
in Ermangelung konkreter
Beweisbehauptungen
3
4
5
-
6
-
nicht den Anforderungen des §
344 Abs.
2 Satz
2 [X.]. Im Übrigen werden die Angaben der Zeugen, auf die sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Revisions-rechtfertigung insoweit bezieht,
nicht mitgeteilt. Dies gilt insbesondere für die Aussage der Zeugin [X.]

im Ermittlungsverfahren.
III.
Mit ihren gegen die Freisprüche gerichteten sachlich-rechtlichen Angrif-fen hat die Staatsanwaltschaft nur in den Fällen
II.
3 der Urteilsgründe (Fäl-le
17
-
66 der Anklage)

teilweise

Erfolg.
1.
Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift der Staatsanwaltschaft
Münster vom 15.
Juni 2015 legte
dem Angeklagten in den Fällen
17
-
66
der Anklage
zur Last, im Zeitraum zwischen März 2013 und April 2014 wöchentlich, mithin
in mindestens 50
Fällen, jeweils Kokain in [X.] zwischen 50 und 100
Gramm
in den [X.] zum gewinnbringenden Weiterverkauf
in [X.]
erworben, mit dem Pkw über die [X.] nach Bo.

verbracht und dort mit Gewinn weiterverkauft zu
haben. Diese Fälle sind in der Anklageschrift dahin konkretisiert, dass der An-geklagte und die gesondert verfolgte Zeugin [X.]

das Kokain in den ge-
nannten 50
Fällen jeweils bei ihrem Lieferanten in G.

/N.

zum
Einkaufspreis von 35

m-ler-Benz der Zeugin [X.]

nach [X.] verbrachten, wo sie es an einen
weitgehend unbekannten Kreis von Abnehmern
mit Gewinn weiterverkauften.
Das [X.] hat den insoweit geständigen
Angeklagten
hinsichtlich der Fäl-le
17
-
66 der Anklage (Fälle
II.
3 der Urteilsgründe)
wegen 18
Taten verurteilt und festgestellt, er habe
im Zeitraum zwischen dem 15.
August 2013 und dem 31.
März 2014, teilweise unter Mitwirkung der Zeugin [X.]

in insgesamt
6
7
-
7
-
18
Fällen zu konkret festgestellten Zeitpunkten jeweils näher bezeichnete [X.] Kokain bei seinem Lieferanten in G.

/N.

erworben, nach
[X.] transportiert und dort gewinnbringend weiterverkauft. Wegen wei-terer Taten
aus dem [X.] Fälle
17
-
66 hat das [X.] den Angeklagten nach §
154 Abs.
2 [X.] eingestellt bzw. entsprechend den obigen Ausführun-gen eine Verurteilung erfol

Das [X.] hatte zuvor hinsicht-lich der Fälle
17
-
66 der Anklageschrift, das Verfahren gemäß §
154 Abs.
2 [X.] insofern eingestellt, als für den Zeitraum März 2013 bis Juli 2013 mehr als 15
Fälle und für den Zeitraum 15.
August 2013 bis 31.
März 2014 mehr als 18
Fälle angeklagt sind.
2.
Soweit das [X.] den Angeklagten in den Anklagepunkten
17
-
66 vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat, genügen die Urteilsgründe den Darstellungsanforderungen
nicht, die gemäß §
267 Abs.
5 Satz
1 [X.] an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind. Die Darstellungsmängel erfassen jedoch nicht den gesamten, von der Anklage umfassten Tatzeitraum, sondern lediglich den Freispruch in 15
Fällen
im Zeitraum zwischen März und Juli 2013.
Auch ein freisprechendes Urteil muss aus sich heraus verständlich sein. Dies setzt voraus, dass die einzelnen Anklagevorwürfe, von denen der Ange-klagte freigesprochen worden ist,
hinreichend konkret
wiedergegeben werden (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Dezember 2008

1
StR
552/08, [X.], 116
f. mwN).

8
9
-
8
-
Gemessen daran bleibt in den Anklagepunkten 17
-
66 für den Zeitraum zwischen März und Juli 2013 mangels näherer individueller Kennzeichnung der einzelnen Taten unklar, welche Taten von dem für diesen Teilbereich des an-geklagten [X.] erfolgten Freispruch erfasst sind. Die insoweit in den Urteilsgründen erfolgte Bezugnahme auf den Beschluss der [X.] vom 15.
Dezember 2015 über die teilweise Verfahrenseinstellung nach §
154 Abs.
2 [X.], den der Senat im Rahmen der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen zur Kenntnis zu nehmen hatte, kann die fehlende Darstellung der vom [X.] erfassten Anklagepunkte schon deshalb nicht ersetzen, weil dieser Be-schluss gleichermaßen unbestimmt ist
(vgl. Senatsurteil vom 25.
September 2014

4
StR
69/14, NJW 2015, 181
f.).
Insoweit bedarf es neuer Verhandlung und Entscheidung, weshalb auch der Ausspruch über die
Gesamtstrafe
nicht bestehen bleiben kann.
3.
Die weiter gehenden
Freisprüche
(Fälle
4
-
15 und 117
-
121 der [X.] sowie zwei Fälle aus dem [X.] Fälle
17
-
66)
halten [X.] Nachprüfung stand.
a)
Hinsichtlich dieser Tatvorwürfe genügt das Urteil den Anforderungen, die an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind.
Dies gilt auch für die in die zweiwöchige
Zeitspanne vom 1. bis 14.
Au-gust 2013 fallenden beiden Beschaffungsfahrten aus dem [X.] Fäl-le
17
-
66. Das Urteil ergibt
insoweit mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich der Teilfreispruch
(auch)
auf
diese
beiden
Einzelfälle bezieht, die
von der Ver-fahrenseinstellung nach §
154 Abs.
2 [X.] ausdrücklich nicht erfasst
sind.
10
11
12
13
14
-
9
-
b)
Auch die von
der Staatsanwaltschaft
ferner bezüglich aller freigespro-chenen Vorwürfe gegen die Beweiswürdigung erhobenen
sachlich-rechtlichen Bedenken greifen
eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen [X.] (vgl. KK-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
261 Rn.
77
mN zur Rspr.) nicht durch.
Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei. Dies gilt insbesondere im [X.] auf die Würdigung der Aussage der Zeugin [X.]

, auf die
die Straf-
kammer eine Verurteilung des Angeklagten nicht zu stützen vermocht hat.
4.
Bezüglich im [X.] Fälle
17
-
66 angeklagter
Taten, die in den Tatzeitraum
ab dem 15.
August 2013
fallen,
ist kein Teilfreispruch erfolgt.
Vielmehr werden die insoweit angeklagten Fälle in vollem Umfang und mit hin-reichender Bestimmtheit durch die unter II.
3 der Urteilsgründe erfolgte [X.] wegen 18 im Einzelnen konkretisierter Taten einerseits und der Einstellung gemäß §
154 Abs.
2 [X.] wegen der verbleibenden
Fälle andererseits erfasst. Der Einstellungsbeschluss ist, bezogen auf diesen Tatzeitraum, unter Heran-ziehung von Urteil und Anklage hinreichend bestimmt und damit insoweit wirk-sam (vgl. Senatsurteil vom 25.
September 2014

4
StR 69/14, NJW 2015, 181
f.).
IV.
1.
Soweit das [X.] den Angeklagten verurteilt hat, hat die Nach-prüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge der Staatsanwaltschaft
zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zu seinem Vorteil ergeben.
Einen solchen Rechtsfehler zeigen auch die Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung im Zusammenhang mit den von der [X.] ange-nommenen Wirkstoffgehalten der vom Angeklagten umgesetzten Betäubungs-15
16
17
18
-
10
-
mittel nicht auf. Sie
erschöpfen sich
vielmehr
in einer im Revisionsverfahren unbeachtlichen
eigenen Würdigung.
2.
Der Strafausspruch begegnet lediglich in den Fällen
II.
4, 5,
8, 10 und 12 der Urteilsgründe durchgreifenden Bedenken; im Übrigen hält er
rechtlicher Nachprüfung stand.
a)
Das [X.] hat in diesen Fällen nicht geprüft, ob der Angeklagte jeweils wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungs-mitteln in Anwendung des erhöhten Strafrahmens des §
29 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 BtMG zu bestrafen war. Vor dem Hintergrund der insoweit getroffenen [X.] drängte sich eine solche Prüfung auf.
b)
Im Übrigen hat die Nachprüfung des
Strafausspruchs
keinen durch-greifenden Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergeben.
aa)
Soweit die Staatsanwaltschaft die strafmildernde Berücksichtigung der vom Angeklagten erlittenen Untersuchungshaft beanstandet, übersieht sie, dass eine solche zwar nicht im Regelfall (vgl. dazu nur [X.], Urteil vom 14.
Juni 2006

2
StR
34/06, [X.], 2645), aber doch dann in Betracht kommt, wenn deren Vollzug für den Betroffenen mit besonderen Nachteilen verbunden ist ([X.] aaO; vgl. auch [X.], Urteil vom 21.
Dezember 1993

5
StR
683/93, juris Rn.
8; [X.]/[X.], 3.
Aufl., §
46 Rn.
184). Insoweit ist es auch unter Berücksichtigung der durch §
51 StGB vorgeschriebenen Anrechnung auf die erkannte Strafe nicht von vornherein durchgreifend rechtsfehlerhaft, wenn das [X.] im vorliegenden Fall in tatrichterlicher Bewertung der [X.] des Einzelfalles strafmildernd in Erwägung zieht, ein Täter, der, wie hier der nicht vorbestrafte Angeklagte, zuvor noch nie Untersuchungshaft erlitten hat, 19
20
21
22
-
11
-
habe sich durch deren
erstmaligen Vollzug in besonderer Weise beeindruckt gezeigt.
bb)
Dass das [X.] in den Fällen
II.
6 und 9 (Fälle
124 und 128 der Anklage) bei der [X.] die (mögliche) Sperrwirkung von §
29a BtMG nicht erörtert hat, deckt einen durchgreifenden, den Angeklagten begünstigen-den
Rechtsfehler ebenfalls nicht auf. Denn abgesehen davon, dass die [X.] entgegen §
30 Abs.
2 BtMG von einer Strafrahmenuntergrenze von sechs statt von drei Monaten ausgegangen ist, lassen die konkret verhängten Einzelstrafen von einem Jahr und zwei
Monaten
bzw. einem Jahr und vier [X.] nicht besorgen, dass die Festsetzung dieser Strafen von einer
unzutref-fenden
Strafrahmenuntergrenze beeinflusst worden sein könnte.
B.
Zur Revision des Angeklagten
I.
Die Nachprüfung des Urteils auf die nicht näher ausgeführte Rüge der Verletzung materiellen Rechts hat zum
Schuldspruch jedenfalls keinen
durch-greifenden
Rechtsfehler zum
Nachteil
des Angeklagten
ergeben.
Soweit das [X.]
den Angeklagten
wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäu-bungsmitteln auch in den Fällen
II.
4, 8, 10 und 12 der Urteilsgründe
verurteilt hat, in denen nach den Feststellungen die Grenze zur nicht geringen Menge 23
24
25
26
-
12
-
nicht überschritten worden ist, kann
die tateinheitliche Verurteilung wegen uner-laubter Einfuhr von Betäubungsmitteln nicht bestehen bleiben; die Tathandlung der Einfuhr geht hier als unselbständiger Teilakt im Tatbestandsmerkmal
des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln auf
(vgl. nur Senatsbeschluss vom 16.
April 1996

4
StR
80/95, [X.], 232, 233).
Die insoweit gebotene Korrektur des Schuldspruchs, die
gemäß §
357 Satz
1 [X.] im Fall
II.
4 der
Urteilsgründe auf die nicht revidierende Angeklagte Bl.

und im
Fall
II.
12 auf den ebenfalls nicht revidierenden Mitangeklagten D.

B.

zu erstrecken ist, kann der Senat selbst vornehmen. §
265 [X.] steht nicht entgegen, da der Senat ausschließen kann, dass sich der Angeklagte anders als geschehen hätte
verteidigen können.
II.
Zum Strafausspruch ergibt die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf das Rechtsmittel des Angeklagten Folgendes:
1.
Der Senat schließt einen Einfluss der
geringfügigen Änderungen
der Schuldsprüche in den Fällen
II.
4, 8, 10 und 12 der Urteilsgründe
auf die Be-messung der Rechtsfolgen angesichts der Strafzumessungserwägungen mit der erforderlichen Sicherheit aus.
2.
Auch die für die Bemessung der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe herangezogene Erwägung, das Gewinnstreben des Angeklagten müsse ganz erhebliche Berücksichtigung zu seinen Lasten finden, gefährdet den Bestand des

insgesamt maßvollen

Strafausspruchs letztlich
nicht. Zwar lässt eine solche Erwägung regelmäßig besorgen,
der Tatrichter habe entgegen §
46 Abs.
3 StGB einen zum Tatbestand des Handeltreibens gehörenden Umstand 27
28
29
-
13
-
bei der Strafzumessung erneut straferschwerend berücksichtigt (st.
Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 7.
November 2000

4
StR
456/00, [X.], 461 mwN). Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, ein ganz besonders verwerfliches, den Rahmen des [X.] Gewinnstreben nicht festgestellt worden ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 28.
März 2000

4
StR
69/00).
Im Gesamtzusammenhang der Strafzumes-sungserwägungen dient die für sich genommen rechtlich bedenkliche Erwägung hier aber lediglich der ergänzenden Kennzeichnung des von der [X.] erkennbar in den Vordergrund gerückten planvollen, organisierten und konspi-rativen Vorgehens des Angeklagten in einer Vielzahl von Fällen über einen län-geren Zeitraum hinweg, also der Art der Tatausführung (§
46 Abs.
2 StGB).
3.
Nicht bestehen bleiben können jedoch die im Komplex
II.
1 der
Urteilsgründe (Fälle
1
-
15 der Anklage)

allerdings nur,
soweit der Angeklagte
(im ersten Fall)
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (100
Gramm Marihuana) zu einer Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden ist

und
im Fall
II.
2 der Urteils-gründe
(Fall
16 der Anklage)
jeweils festgesetzten Einzelstrafen, weshalb der neue Tatrichter

auch
auf die Revision des Angeklagten

die Gesamtstrafe neu zuzumessen hat.
a)
Die
[X.] hat
bei der [X.] und der Strafzumes-sung im engeren Sinne zu
der ersten (von insgesamt drei) der unter II.
1 der Urteilsgründe dargestellten drei Taten zu Lasten des Angeklagten berücksich-tigt, dass die Grenze zur nicht geringen Menge (THC) um ein Drittel überschrit-ten worden sei. Dieser Umstand stellt, da sich die
gehandelte Menge noch im Grenzbereich befand, keinen zulässigen Strafschärfungsgrund dar (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2016

2
StR
39/16, [X.], 141; Be-30
31
-
14
-
schluss vom 24.
Juli 2012

2
StR
166/12, [X.]R BtMG §
29 Strafzumes-sung
39).
b)
Das [X.] hat ferner bei der Strafzumessung im Fall
II.
2 der
Urteilsgründe (Fall
16 der Anklage) straferschwerend berücksichtigt, dass die Grenze zur nicht geringen Menge von Amphetaminbase um das mehr als
333-fache überschritten gewesen sei. Diese Wertung beruht auf der fehlerhaf-ten Annahme, der Grenzwert der nicht geringen Menge Amphetaminbase im Sinne von §
29a Abs.
2 BtMG betrage nicht 10
Gramm, sondern 0,15
Gramm Base.
III.
Auf die unbeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten kann das an-gefochtene Urteil auch insoweit keinen Bestand haben, als eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) unterblieben ist.
1.
Die Prüfung, ob diese Maßregel anzuordnen ist, drängte sich ange-sichts
der Urteilsfeststellungen auf.
Danach hat der Angeklagte, der im Alter von 25
Jahren erstmals mit Be-täubungsmitteln (Kokain, Amphetamin, Pilze, LSD und MDMA), über 20
Jahre hinweg zumeist Kokain und gelegentlich Amphetamin konsumiert, wobei die Häufigkeit seines [X.]s je nach seiner wirtschaftlichen Lage schwankte. Ab 2008 steigerte sich sein [X.] auf nahezu täglich 1
Gramm Kokain, an
Wochenenden auf 6
Gramm Kokain pro Tag. Hinzu kam die gelegentliche Ein-32
33
34
35
-
15
-
nahme von Amphetamin. Dass der Angeklagte die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Straftaten auch zur Deckung seines Eigenbedarfs began-gen hat, hat das [X.] hinsichtlich einiger Fälle festgestellt, im Übrigen drängt sich dieser (symptomatische) Zusammenhang auf. Den Urteilsgründen lässt sich ferner nicht entnehmen, dass bei dem Angeklagten keine konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.
2.
Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter wird daher mit Hilfe eines Sachverständigen (§
246a [X.]) prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt gegeben sind.
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

[X.]
Quentin
36

Meta

4 StR 248/16

13.10.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2016, Az. 4 StR 248/16 (REWIS RS 2016, 4021)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4021

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