Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2015, Az. IV ZR 260/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11124

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 260/13
Verkündet am:

13. Mai 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 22.
April 2015 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel
der Beklagtenseite wird das Urteil des Oberlandesgerichts
München
-
14.
Zivilsenat
-
vom 20.
Juni 2013 aufgehoben
und
das Urteil des [X.] vom 21.
November 2012 dahin geändert, dass die Klage abgewiesen wird.
Hinsichtlich der [X.] sowie im Kostenpunkt wird
die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 9.068,10

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der klagende Versicherer (im Folgenden:
Versicherer) nimmt die Beklagtenseite (Versicherungsnehmerin,
im Folgenden:
[X.]) auf [X.] von Versicherungsprämien für eine Rentenversicherung in [X.]
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-

spruch. D. [X.] begehrt im Wege der Widerklage von dem Versicherer Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge.

Die
Rentenversicherung
wurde aufgrund eines Antrags [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
März
2002
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen.
Mit Schreiben vom 31.
Mai
2010 erklärte [X.] den "Widerspruch gem. §
5a [X.] a.F. bzw. nach §
8 [X.], bzw. den Widerruf nach §
355 BGB, höchstvorsorglich die Anfechtung nach §
119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer behandelte das Schreiben als Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt
der Versicherer
Zahlung der [X.] für die Monate Mai und Juni 2010 in Höhe von insgesamt
390

D. [X.] begehrt widerklagend Rückzahlung aller auf den Vertrag geleiste-ten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 8.678,10

.

Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das [X.] hat der
Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, das Oberlandesgericht die
hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt [X.] den Klageabweisungs-antrag und das Widerklagebegehren weiter.

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4
-

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Klageabweisung und im Übrigen
zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Anspruch des Versicherers auf Zahlung weite-rer Prämien bejaht und einen Prämienrückerstattungsanspruch [X.] aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der Vertrag sei nicht schon wegen Ablaufs der Widerspruchsfrist gemäß
§
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. wirksam geworden. Die nach §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. vorgeschrie-bene Belehrung über das Widerspruchsrecht bei Aushändigung des [X.] sei nicht in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt und inhaltlich fehlerhaft, da auf ein Recht zum schriftlichen Widerspruch hingewiesen worden sei, obwohl nach §
5a Abs.
1
Satz
1 [X.] a.F. in der ab dem 1.
August 2001 gültigen Fassung ein Widerspruch in Textform genüge. Der Vertrag sei aber gemäß §
5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam ge-worden.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Der Versicherer hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Prä-mien. Der -
mit der Widerklage allein weiterverfolgte
-
Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.
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-
5
-

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs [X.] nicht wirksam
zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig.

aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der Versicherer [X.] nicht ord-nungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht. Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11,
BGHZ 201, 101 Rn.
17-34) ent-schieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinien-konform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwen-dungsbereich der Zweiten und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenver-sicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grund-sätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn [X.]
wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingun-gen nicht erhalten hat.
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bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

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Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.]

[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.11.2012 -
21 O 868/12 -

OLG München in [X.], Entscheidung vom 20.06.2013 -
14 [X.] -

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Meta

IV ZR 260/13

13.05.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2015, Az. IV ZR 260/13 (REWIS RS 2015, 11124)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11124

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IV ZR 76/11

14 U 103/13

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