Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. IV ZR 348/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1206

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 348/14

Verkündet am:

19. November 2014

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren
nach §
128 Abs.
2 ZPO mit [X.] bis zum
22.
Oktober
2014

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des 20.
Zi-vilsenats des [X.] vom 25.
Novem-ber 2011
wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Schadensersatzanspruchs richtet.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 6.915,01 festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d. [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) 1
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Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversiche-rung und Schadensersatz.

Der Versicherungsvertrag wurde
aufgrund eines Antrags d. [X.] mit Vertragsbeginn zum 1. August 2004
nach dem so genannten Policenmo-dell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im [X.] §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 5.
Juni 2009 erklärte d. [X.] die Kündigung des [X.].
Der [X.] akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2010 erklärte d. [X.] den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. und den Widerruf nach § 355 BGB.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.] (insgesamt 6.915,01

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.
Außerdem sei der Versicherer wegen unzureichender Aufklärung über Rückvergütungsleistungen der Fondsgesellschaften zum Schadensersatz verpflichtet.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d. [X.] das Klagebegehren
weiter.
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Entscheidungsgründe:

Die Revision ist bezüglich des geltend gemachten Schadenser-satzanspruchs als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Auf-hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der [X.] Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden. D. [X.] könne auch keinen Schadensersatz
verlangen.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs unzulässig.

Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach §
5a [X.] a.F. für unwirksam erachtet hat. Es hat die Revision [X.], da der [X.] in vergleichbaren Fällen eine Vorla-ge an den [X.] zu §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
erwogen habe. Diese in den Entscheidungsgründen des Beru-fungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Be-schränkung der Revisionszulassung auf den aus dem Widerspruch abge-leiteten Bereicherungsanspruch ist
wirksam. Der diesem zugrunde lie-gende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unab-hängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Pro-6
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zessstoff beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014

[X.], [X.], 817 Rn.
11; für BGHZ vorgesehen).

I[X.] Die Revision ist, soweit sie zulässig ist,
begründet.

1. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellun-gen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. [X.] nicht ord-nungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht. Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.],
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[X.], 817 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder
die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat
(im Einzelnen dazu Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 22-34).

bb) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem [X.] nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits voll-ständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; 16
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bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.06.2011 -
9 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.11.2011 -
20 [X.]/11 -

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Meta

IV ZR 348/14

19.11.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. IV ZR 348/14 (REWIS RS 2014, 1206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1206

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IV ZR 76/11

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