Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.06.2012, Az. 9 AZR 714/10

9. Senat | REWIS RS 2012, 5496

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Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 30. September 2010 - 11 [X.] 792/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 8. April 2010 - 5 [X.]/10 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass ab Januar 2009 die [X.]en des [X.] auf dessen Arbeitszeitkonto mit 24 Stunden pro [X.] gutzuschreiben sind.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, mit welchem Zeitwert [X.]en im Arbeitszeitkonto des [X.] zu berücksichtigen sind.

2

Der Kläger ist seit Jan[X.]r 1971 im Einsatzbereich der Werkfeuerwehr im Chemiewerk der [X.] in [X.] tätig. Seit dem 1. Mai 2003 besteht zwischen den Parteien aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 30. April 2003 ein Arbeitsverhältnis. Der von der Beklagten vorformulierte Arbeitsvertrag enthält [X.]. die nachfolgenden [X.]egelungen:

        

„1.     

Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses

                 

…       

                 

Die Parteien vereinbaren für alle tariflichen Ansprüche, die von der Betriebszugehörigkeit abhängen, dass das Eintrittsdatum zugrunde gelegt wird, das für den Mitarbeiter in seinem Arbeitsverhältnis bei der [X.] am 30.04.2003 galt.

        

…       

        
        

3.    

Vergütung

                 

Die Parteien vereinbaren folgende Vergütung.

                 

Stundenlohn 8,84 €.

                 

Der Stundenlohn wird einheitlich für jede Schichtstunde gezahlt, also einheitlich für [X.]uhebereitschaft am Dienstort, für reine Arbeitszeit und Arbeitsbereitschaft.

                 

Zusätzlich zum Stundenlohn:

                 

…       

                 

Die vorstehende Vergütung wird zu nachstehenden Monatspauschalen auf der Basis eines Vergütungsanspruches für jahresdurchschnittlich 276 Stunden pro Monat umgerechnet:

                 

a.) Monatspauschale Stundenlohn: 2.440,00 €.

                 

…       

        

4.    

Arbeitszeit, Schichtsystem

                 

Der Mitarbeiter arbeitet in folgendem Schichtsystem:

                 

24-Stunden-Schicht, 24 Stunden arbeitsfreie Zeit. Der Mitarbeiter hat Anspruch auf regelmäßig 39 unbezahlte Freischichten außerhalb der Urlaubszeit pro Jahr.

                 

Die Freischichten sind so auf das Urlaubsjahr zu verteilen, dass der Mitarbeiter mindestens 11 Schichten und maximal 15 Schichten pro Monat arbeitet. Die Zahlung eines Mehrarbeitszuschlages ab der 13. geleisteten Schicht pro Monat bleibt hiervon unberührt.

                 

Eine 24-Stunden-Schicht besteht aus 8 Stunden reiner Arbeitszeit, 8 Stunden Arbeitsbereitschaft und 8 Stunden [X.]uhebereitschaft am Dienstort. Die Monatspauschalen gemäß Ziffer 3 beziehen sich auf durchschnittlich 11,5 Schichten pro Monat im Laufe eines Kalenderjahres. Auf diese durchschnittlichen [X.]egelschichten hat der Mitarbeiter einen [X.]echtsanspruch.

        

5.    

Urlaub, Urlaubsvergütung, Urlaubsgeld

                 

Der Mitarbeiter erhält 42 Kalendertage Urlaub. Dieses entspricht im 24/[X.] 21 Schichten.

                 

Während des Urlaubes werden die Monatspauschalen insofern unverändert weitergezahlt.

                 

Pro Kalendertag des Urlaubes geht ein Zeitäquivalent in das Zeitkonto des Mitarbeiters ein, das der durchschnittlichen vereinbarten Arbeitszeit pro Kalendertag innerhalb eines Kalenderjahres entspricht.

                 

Als Urlaubsgeld wird ein Betrag von 613,50 € pro Jahr gezahlt mit Fälligkeit jeweils im Monat April.

                 

Sollte der tarifliche Anspruch auf Vergütung der Urlaubstage und Urlaubsgeld in der Summe den vorstehenden arbeitsvertraglichen Anspruch übersteigen, gilt statt der vorstehenden [X.]egelung die tarifvertragliche [X.]egelung.

        

…       

        
        

15.     

Tarifverträge

                 

Soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich anders vereinbart, finden die Tarifverträge zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e. V. und der vertragschließenden [X.] im Bundesland [X.] Anwendung. Soweit die Firma einen Haustarifvertrag abschließt, findet dieser vorrangig Anwendung.“

3

Am 14. Febr[X.]r 2003 schlossen die [X.] und alle Gesellschaften, an denen diese über eine Mehrheitsbeteiligung verfügt, mit der [X.] [X.], Landesbezirk [X.], einen Haustarifvertrag. Dieser regelt [X.].:

        

„§ 3   

Urlaub

        

(1)     

Der Urlaub beträgt 35 Kalendertage pro Kalenderjahr.

                 

...     

        

(2)     

Darüber hinaus erhalten Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen folgenden Zusatzurlaub:

                 

…       

                 

nach 9-jähriger Betriebszugehörigkeit 7 Kalendertage

                 

bis zu einer Höchstdauer von max. 42 Kalendertagen pro Kalenderjahr.

        

(3)     

Das Urlaubsentgelt errechnet sich nach dem Bruttoverdienst, den der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin in den letzten 12 Monaten vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Einmalzahlungen, wie z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Fahrtkostenzuschüsse, Spesen, Jubiläumszahlungen usw., werden dem Bruttoverdienst nicht zugerechnet. Das kalendertägliche Urlaubsentgelt errechnet sich aus 1/338zigstel.

                 

…“    

4

Nach der Protokollerklärung vom 28. Juli 2006 zum Haustarifvertrag wurde § 3 des [X.] hinsichtlich Absatz 3 Satz 3 wie folgt geändert:

        

„Das kalendertägliche Urlaubsentgelt errechnet sich aus 1/365zigstel; günstigere einzelvertragliche [X.]egelungen werden hierdurch nicht berührt.“

5

Der Kläger, der Mitglied der [X.] [X.] ist, erhielt zuletzt gemäß Ziffer 3 des Arbeitsvertrags eine monatliche Vergütung iHv. 2.660,03 Euro brutto. Die Beklagte führt für ihn ein Arbeitszeitkonto auf der Basis von 276 Sollstunden (= 11,5 Schichten) monatlich und schreibt diesem Konto für eine [X.] 19,4 Stunden gut.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Einstellung der [X.]en in das Arbeitszeitkonto mit einem Zeitäquivalent von 19,4 Stunden sei fehlerhaft. Die Klausel in Ziffer 5 Abs. 3 des [X.] sei unbestimmt und überraschend. Die Beklagte müsse für eine [X.] 24 Stunden zugrunde legen. Zudem habe der Geschäftsführer der [X.] auf einer Belegschaftsversammlung am 17. April 2003 allen anwesenden Werkfeuerwehrkräften ausdrücklich die Beibehaltung der bisherigen Vergütung sowie der 21 [X.]en zugesagt. Den Beschäftigten hätten auch hinsichtlich der [X.]en keinerlei Nachteile entstehen sollen.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

        

festzustellen, dass ab Jan[X.]r 2009 die [X.]en des Klägers auf dessen Arbeitszeitkonto mit 24 Stunden pro [X.] gutzuschreiben sind.

8

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, dass das Urlaubsentgelt stets korrekt auf der Basis des Arbeitsvertrags und des [X.] abgerechnet worden sei. Unstreitig stehe dem Kläger für das Kalenderjahr ein Urlaubsanspruch von 21 Schichten zu 24 Stunden zu. Dies bedeute jedoch nicht, dass jede [X.] auch mit 24 Stunden dem Arbeitszeitkonto des [X.] gutzuschreiben sei. Mit 19,4 Stunden pro [X.] erhalte der Kläger bereits eine höhere Gutschrift als ihm vertraglich zustehe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung des [X.] blieb ohne Erfolg. Mit der [X.]evision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter. Die darüber hinaus erhobenen [X.] hat er mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist begründet.

I. Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Mit dieser will der Kläger geklärt wissen, ob die [X.] verpflichtet ist, entgegen der bisherigen Handhabung jede Urlaubsschicht mit 24 Stunden seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Das gegenwärtige Feststellungsinteresse folgt aus der vom Begehren des [X.] abweichenden Führung des [X.] durch die [X.]. Soweit der Kläger die Feststellung auch für in der Vergangenheit liegende Zeiträume begehrt, ist der Antrag geeignet, die zwischen den Parteien bestehenden Differenzen endgültig zu klären. Die [X.] gebietet es nicht, den Kläger auf die Möglichkeit der Leistungsklage auf Gutschrift einer bestimmten Stundenanzahl (vgl. [X.] 15. Dezember 2009 -  9 [X.] 795/08  - Rn. 16; 19. März 2008 - 5 [X.] 328/07  - Rn. 10, [X.] § 611 Feiertagsvergütung Nr. 1) zu verweisen.

II. Die Klage ist auch begründet. Die [X.] des [X.] sind jedenfalls ab Januar 2009 mit 24 Stunden pro Urlaubsschicht dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Die entgegenstehende Regelung in Ziffer 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist unwirksam. An ihre Stelle treten die gesetzlichen Vorschriften § 1 [X.] und § 611 BGB iVm. Ziffer 3, 4 des Arbeitsvertrags.

1. Entgegen der Rechtsansicht des [X.] genügt die in Ziffer 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrags getroffene Vereinbarung nicht den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klausel, die unstreitig der [X.] unterliegt, ist nicht ausreichend transparent formuliert.

a) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sinn des [X.] ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird ( [X.] 24. Oktober 2007 - 10 [X.] 825/06  - Rn. 14, [X.]E 124, 259 ). Für die Annahme, eine Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot, reicht es deshalb nicht aus, dass der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen ( [X.] 15. April 2008 - 9 [X.] 159/07  - Rn. 77, [X.] § 1 Altersteilzeit Nr. 38 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 21). Erst in der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht erkennen kann, ob und wie er seine Rechte wahrnehmen kann, liegt die für die Rechtsfolge der Unwirksamkeit erforderliche unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB( [X.] 21. Juni 2011 - 9 [X.] 236/10 - Rn. 43, [X.] § 9 Nr. 7 = EzA TzBfG § 9 Nr. 5; 14. März 2007 - 5 [X.] 630/06  - Rn. 27, [X.]E 122, 12 ). Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen darf hierdurch nicht überfordert werden ([X.] 19. Januar 2011 - 3 [X.] 621/08 - Rn. 24, [X.] § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 15; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 307 BGB Rn. 20).

b) Daran gemessen ist die [X.] ihrer Verpflichtung, die Klausel in Ziffer 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrags hinreichend klar und verständlich zu formulieren, nicht nachgekommen, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Die Regelung, wonach pro Kalendertag des Urlaubs ein Zeitäquivalent in das Zeitkonto des Mitarbeiters eingeht, das der durchschnittlich vereinbarten Arbeitszeit pro Kalendertag innerhalb eines Kalenderjahres entspricht, ist nicht so durchschaubar gestaltet, dass ein Arbeitnehmer typischerweise nach seinen [X.] und Erwartungen ohne besondere Erläuterung erkennen kann, dass [X.] dem Arbeitszeitkonto mit einer geringeren Stundenanzahl gutgeschrieben werden als Arbeitsschichten, zumal die [X.] im Arbeitsvertrag davon abgesehen hat, die durchschnittlich vereinbarte Arbeitszeit pro Kalendertag innerhalb eines Kalenderjahres anzugeben. Eine klare und verständliche Regelung wäre der [X.]n ohne Weiteres möglich gewesen. Anstelle einer Berechnungsformel hätte sie in Ziffer 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrags die konkrete Anzahl der Stunden benennen können, die für jede Urlaubsschicht dem Zeitkonto gutgeschrieben wird.

2. Aber auch dann, wenn die [X.] die Regelung in Ziffer 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrags durchschaubar formuliert und angegeben hätte, dass [X.] nicht wie Arbeitsschichten mit 24 Stunden, sondern nur mit 19,4 Stunden dem Arbeitszeitkonto des [X.] gutgeschrieben werden, wäre die Klausel gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht zulässig, weil sie von den Regelungen in §§ 1, 3 [X.] abweicht.

a) Der Arbeitnehmer hat nach § 1 [X.] in jedem Kalenderjahr gegen den Arbeitgeber Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Insoweit erhält die Vorschrift dem Arbeitnehmer für die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs den Anspruch auf Vergütung der infolge des Urlaubs ausfallenden Arbeitszeit aufrecht (st. Rspr., vgl. [X.] 22. Februar 2000 - 9 [X.] 107/99 - zu I 2 a der Gründe, [X.]E 93, 376; vgl. auch 15. Dezember 2009 - 9 [X.] 887/08 - Rn. 15, AP [X.] § 11 Nr. 66 = EzA [X.] § 13 Nr. 60). In das Arbeitszeitkonto sind deshalb die infolge der Freistellung ausgefallenen Soll-Arbeitsstunden als Ist-Stunden einzustellen. Urlaubstage und -stunden sind Teil der effektiven Jahresarbeitszeit (vgl. [X.] 25. Juli 1989 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.] 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 38 = EzA [X.] 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 38). Werden Ausfallzeiten dem Arbeitnehmer nicht gutgeschrieben, bedeutet das nichts anderes, als dass ihm die hierfür zustehende Urlaubsvergütung vorenthalten wird ([X.] 5. September 2002 - 9 [X.] 244/01 - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 102, 321). Der durch den Urlaub ausfallende Teil der Arbeitszeit (sog. Zeitfaktor) gehört zu dem unabdingbaren Teil der Bezahlung iSd. §§ 1, 3 [X.]. Die in § 1 [X.] begründete Verpflichtung des Arbeitgebers, grundsätzlich alle infolge der Arbeitsbefreiung ausfallenden Arbeitsstunden zu vergüten, hat weder in § 11 Abs. 1 [X.] noch an anderer Stelle im [X.] eine einschränkende Regelung erfahren. Deshalb kann der Zeitfaktor, der zugleich auch den Multiplikator für das Urlaubsentgelt iSd. § 11 [X.] darstellt, selbst von den Tarifvertragsparteien nicht zulasten des Arbeitnehmers verändert werden. Die Berücksichtigung der tatsächlich ausfallenden Arbeitsstunden ist dem Arbeitnehmer nach §§ 1, 3, 13 [X.] garantiert (vgl. [X.] 5. September 2002 - 9 [X.] 244/01 - zu [X.]I 2 b bb (1) der Gründe, aaO; 22. Februar 2000 - 9 [X.] 107/99 - zu [X.] b der Gründe, aaO).

b) Die Zahlung des verstetigten Entgelts auf der Basis eines Vergütungsanspruchs für jahresdurchschnittlich 276 Stunden pro Monat gemäß Ziffer 3 des Arbeitsvertrags hindert nicht die Unwirksamkeit der Klausel. Diese Form der Auszahlung sichert dem Kläger lediglich gleichmäßig hohe Einkünfte trotz zeitweiser Nichtbeschäftigung. Maßgeblich ist das Arbeitszeitkonto, das den Vergütungsanspruch des [X.] - nur in anderer Form - ausdrückt. Andernfalls müsste der Kläger (zusätzliche) Stunden leisten, um ein ausgeglichenes Zeitkonto zu erreichen ([X.] 5. September 2002 - 9 [X.] 244/01 - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 102, 321). Hätte die [X.] 24 Stunden und nicht nur 19,4 Stunden pro Urlaubsschicht dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben, hätte sich für den Kläger die Anzahl der geschuldeten Schichten entsprechend verringert.

c) Zu Unrecht hat das [X.] seine Entscheidung darauf gestützt, eine 24-Stunden-Schicht bestehe nicht ausschließlich aus reiner Arbeitsleistung, sondern umfasse auch acht Stunden Ruhebereitschaft. Nach der Vereinbarung der Parteien in Ziffer 3 des Arbeitsvertrags wird der Stundenlohn einheitlich für jede Schichtstunde gezahlt, also einheitlich für Ruhebereitschaft am Dienstort, für reine Arbeitszeit und auch für Arbeitsbereitschaft.

3. An die Stelle der unwirksamen Regelung in Ziffer 5 Abs. 3 des Arbeitsvertrags tritt die gesetzliche Regelung. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gutschrift seiner [X.] mit 24 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gemäß § 1 [X.] und § 611 BGB iVm. Ziffer 3, 4 des Arbeitsvertrags.

a) § 306 Abs. 1 BGB enthält eine „kodifizierte Abweichung von der [X.] des § 139 BGB“ ( [X.] 12. März 2008 - 10 [X.] 152/07  - Rn. 27, [X.] § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33) und bestimmt, dass bei [X.] grundsätzlich der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Soweit die Klausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle nach § 306 Abs. 2 BGB das Gesetz. Die in § 306 BGB angeordneten Rechtsfolgen kommen dabei nicht nur zur Anwendung, wenn sich die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel aus den §§ 305 ff. BGB selbst ergibt, sondern auch wenn die in einem Formularvertrag verwandten Klauseln gegen sonstige gesetzliche Verbote verstoßen (vgl. schon zu § 6 [X.]: [X.] Mai 1995 - [X.] - zu 4 der Gründe, [X.], 297; [X.]/[X.] BGB 71. Aufl. § 306 Rn. 5).

b) Die unwirksame Regelung in Ziffer 5 des Arbeitsvertrags wird nicht durch eine tarifliche Regelung zum Anspruch auf bezahlten Urlaub ersetzt. Der Anspruch auf bezahlten Urlaub steht zum einen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Zum anderen enthält § 3 Abs. 3 des [X.] keine Regelung zum Zeitfaktor bei der Inanspruchnahme von [X.] in dem von der [X.]n angewandten Schichtsystem. Dasselbe gilt für § 5 Ziffer 8 des Manteltarifvertrags für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in [X.] vom 8. Dezember 2005.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Furche    

        

    Heilmann    

                 

Meta

9 AZR 714/10

19.06.2012

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wesel, 8. April 2010, Az: 5 Ca 77/10, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.06.2012, Az. 9 AZR 714/10 (REWIS RS 2012, 5496)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5496

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