Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.08.2022, Az. B 5 R 94/22 B

5. Senat | REWIS RS 2022, 4595

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Sachaufklärungsrüge - ausdrücklich aufrechterhaltener Beweisantrag


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 18. März 2022 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der im Jahr 1959 geborene Kläger begehrt, nachdem er im sozialgerichtlichen Verfahren ein Teilanerkenntnis der Beklagten hinsichtlich des [X.]raums ab dem [X.] angenommen hat, noch eine Rente wegen Erwerbsminderung für die [X.] bis zum 30.4.2017. Seine Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des [X.] und [X.] vom 18.3.2022). Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, der Kläger sei nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Ermittlungen erst durch das Hinzutreten kognitiver Symptome im April 2017 erwerbsunfähig geworden. In der [X.] davor sei er trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage gewesen, täglich mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein. Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bestünden ebenso wenig wie eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Auch die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] hat der Kläger beim [X.] Beschwerde eingelegt. Er rügt Verfahrensmängel.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Kläger hat Verfahrensmängel nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] erforderlichen Weise bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 [X.] zu verwerfen.

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]), so müssen zur Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.] kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des [X.] nicht gerecht.

5

Der Kläger rügt eine Verletzung des § 103 [X.], weil das [X.] den in seinen Schriftsätzen vom [X.], vom 10.2.2022 und vom [X.] vorgebrachten Beweisanträgen ohne ausreichende Begründung nicht gefolgt sei. Das Berufungsgericht habe es nicht für nötig gehalten, im angefochtenen Urteil seine ablehnende Haltung zu begründen.

6

Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen [X.], dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des [X.], aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl [X.] Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 5 mwN; [X.] Beschluss vom [X.] - B 9 SB 71/19 B - juris Rd[X.] 8; [X.] Beschluss vom 11.3.2022 - B 5 R 310/21 B - juris Rd[X.] 12; [X.], [X.], 3. Aufl 2020, § 160a Rd[X.] 56).

7

Es ist zweifelhaft, ob die aus den genannten Schriftsätzen wiedergegebenen Formulierungen zur Befragung des behandelnden [X.] und des Sachverständigen im unfallversicherungsrechtlichen Streitverfahren [X.] Beweisanträge iS von § 118 Abs 1 Satz 1 [X.] iVm §§ 373, 403 ZPO enthielten (s dazu Meßling in [X.]/[X.]/ [X.]/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, [X.] Rd[X.] 134). Jedenfalls hat der bereits im Berufungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger nicht aufgezeigt, dass er diese Anträge in der mündlichen Verhandlung bis zum Schluss zu Protokoll aufrechterhalten habe oder dass sie im Urteil des [X.] wiedergegeben sind (vgl zu diesem Erfordernis [X.] Beschluss vom [X.] - B 9a [X.]/06 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 13 Rd[X.] 11 mwN). Der Umstand, dass er seine Anträge "zu keinem [X.]punkt zurückgenommen" habe, reicht nicht aus, um der Warnfunktion eines ausdrücklich aufrechterhaltenen [X.] gerecht zu werden (zur Warnfunktion s zB [X.] Beschluss vom [X.] KR 46/21 B - juris Rd[X.] 4 mwN; [X.] Beschluss vom [X.] U 120/21 B - juris Rd[X.] 14 mwN).

8

Soweit der Kläger beanstandet, das [X.] habe mit Beschluss vom [X.] ein weiteres Gutachten nach § 109 [X.] zu Unrecht abgelehnt, berücksichtigt er nicht, dass nach § 177 [X.] unanfechtbare Vorentscheidungen des Berufungsgerichts einer Überprüfung durch das [X.] grundsätzlich entzogen sind (vgl [X.] Beschluss vom 23.7.2015 - B 5 R 196/15 B - juris Rd[X.] 16 mwN; Meßling in [X.]/[X.]/[X.]/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, aaO Rd[X.] 125). Zudem kann im [X.] nach ausdrücklicher Anordnung in § 160 Abs 2 [X.] Teilsatz 2 [X.] ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 109 [X.] gestützt werden.

9

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.].

[X.]

Meta

B 5 R 94/22 B

09.08.2022

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Berlin, 2. April 2019, Az: S 4 R 1172/14, Gerichtsbescheid

§ 103 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 373 ZPO, § 403 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.08.2022, Az. B 5 R 94/22 B (REWIS RS 2022, 4595)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4595

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