Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.08.2020, Az. 28 W (pat) 511/20

28. Senat | REWIS RS 2020, 227

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "MEDICAL FITNESS-SUMMIT BUSINESS-MEETINGS FÜR GESUNDHEITSORIENTIERTE STUDIOS (Wort-Bild-Marke)" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 232 093.8

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 4. August 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das farbige Zeichen

Abbildung

2

ist am 17. Oktober 2017 für nachfolgende Waren und Dienstleistungen als Wort-/ Bildmarke beim [X.] angemeldet worden:

3

Klasse 16: [X.];

4

Klasse 28: Turn- und Sportartikel;

5

Klasse 35: Betriebswirtschaftliche Beratung; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke;

6

Klasse 41: Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Organisation und Veranstaltung von [X.]; Veranstaltung und Durchführung von Workshops.

7

Das [X.], Markenstelle für Klasse 41, hat nach vorangehender Beanstandung vom 27. Oktober 2017 die Anmeldung mit Beschluss vom 12. Dezember 2017 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der englischsprachige Wortbestandteil "[X.]" werde von den angesprochenen [X.]en ohne weiteres im Sinne von "medizinisches Fitness-Gipfeltreffen" verstanden. Der Begriff "Summit" habe sich neben seiner Bedeutung im Sinne eines offiziellen [X.] verschiedener Regierungen zu einer gern verwendeten Bezeichnung für Events mit höherem inhaltlichen Anspruch auf den unterschiedlichsten Gebieten entwickelt. Im Hinblick darauf verstehe das Publikum den Begriff im Kontext der beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich als eine beschreibende Sachangabe. Bei den so gekennzeichneten Konferenzen, [X.], Workshops, Ausstellungen und Messen handele es sich um Zusammenkünfte zum Thema medizinische Fitness, bei denen medizinische Aspekte im Fitnessbereich erörtert und beispielsweise auch neue Trainingsmittel wie Turn- und Sportartikel (Klasse 28) vorgestellt und bewertet werden. Ein solches Treffen könne Gegenstand von [X.]n (Klasse 16) sein, ebenso könnten Beratungsleistungen (Klasse 35) hierfür bestimmt sein. Der Zusatz "[X.] [X.] STUDIOS" beschreibe lediglich, dass es sich bei den beanspruchten Veranstaltungen um Geschäftstreffen für gesundheitsorientierte Studios handele. Die grafische Gestaltung beschränke sich auf eine gängige Ausgestaltung, die nicht über eine werbeübliche Gebrauchsgrafik hinausgehe und daher nicht geeignet sei, dem Zeichen Unterscheidungskraft zu verleihen.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 10. Januar 2018, mit der sie darauf hinweist, der Begriff "[X.]" werde ausschließlich als Bezeichnung für offizielle Treffen bzw. Konferenzen hochrangiger Politiker verstanden. Der Begriff "[X.]" mache mit dem weiteren Wortbestandteil deutlich, dass es um Fitnessstudios gehe, die den gesundheitlichen Aspekt in den Vordergrund stellten und sich über die von der Antragstellerin organisierten Studios zu einem Businessmeeting treffen sollten. Von daher stehe die Trivialität der Veranstaltung zur Bedeutung und Exklusivität des Begriffes "Gipfeltreffen" im Widerspruch, woraus sich die erforderliche Unterscheidungskraft ergebe. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

9

den Beschluss des [X.]es, Markenstelle für Klasse 41, vom 12. Dezember 2017 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, denn der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, daß die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.], 610, Rdnr. 42 – [X.]; [X.], 608, Rdnr. 66 f. – [X.]; [X.], 569, Rdnr. 10 – [X.]; [X.], 731, Rdnr. 11 – [X.]; [X.], 1143, Rdnr. 7 – [X.]; [X.], 1044, Rdnr. 9 – [X.]; [X.], 825, Rdnr. 13 – [X.]; [X.], 935, Rdnr. 8 – [X.]; [X.], 850, Rdnr. 18 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, Rdnr. 45 – Standbeutel; [X.], 229, Rdnr. 27 – BioID; [X.], 608, Rdnr. 66 – [X.]; [X.] [X.], 710, Rdnr. 12 – [X.]; [X.], 949, Rdnr. 10 – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] [X.], 1143, Rdnr. 7 – [X.]; [X.], 1044, Rdnr. 9 – [X.]; [X.], 270, Rdnr. 8 – Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen [X.]e, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411 – Matratzen [X.]/[X.]; [X.], 943 – SAT.2; [X.] [X.], 935 – [X.]; [X.], 825 – [X.]; [X.], 850 – [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen [X.]e im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] [X.], 1143 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674 – Postkantoor; [X.] [X.], 270 – Link economy; [X.], 952 – [X.]; [X.], 850 – [X.]; [X.], 417 – [X.]; [X.], 1151 – marktfrisch; [X.], 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850 – [X.]; GRUR 2003, 1050 – [X.]; [X.], 1143 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.], 1100 – [X.]!; [X.], 850 – [X.]).

Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen kommt dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht zu.

Der Begriff "[X.]" in der Wortfolge "[X.]" kann, wie von der Markenstelle und der Anmelderin aufgezeigt, als ein offizielles Treffen oder eine Serie offizieller Treffen zwischen zwei oder mehreren Regierungen verschiedener Länder, also als Gipfeltreffen führender Politiker verstanden werden.

Der Begriff "[X.]" hat sich jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch neben der exklusiven politischen Bedeutung immer mehr als Bezeichnung für Konferenzen, Meetings und Kongresse etabliert. Auf diesen Summits kommen neben politischen Experten auch wissenschaftliche Fachkräfte und Wirtschaftsentscheider sowie ggf. Verbände und Gewerkschaften zusammen, um hochrelevante Themen auf unterschiedlichste Gebieten zu erörtern. Dies geschieht meist durch Vorträge und Fachreferaten gefolgt von einer anschließenden Diskussion und Fragerunde für die Teilnehmer solcher Konferenzen, geleitet von einem Moderator. Beispielhaft verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf den 5. [X.]" aus dem [X.], den "[X.]" aus dem [X.], den "NEW MARKETING TECH [X.]" aus dem [X.] oder die Workshops des "[X.]" im [X.]. Von daher kann der zunehmende etablierte Gebrauch des Wortes "Summit" über den Begriff "Gipfeltreffen" hinaus als Bezeichnung für Workshops beliebiger Art nicht unberücksichtigt bleiben, wobei hierauf die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 7. Juni 2018, Seite 5, letztlich selbst hinweist. Ob die Wahl des Begriffes "Summit" dem inhaltlichen Anspruch der angebotenen Veranstaltungen möglicherweise unangemessen ist, vermag entgegen der Ansicht der Beschwerde der klaren Aussage der Wortbestandteile nicht entgegenzustehen. Das von den Waren der Klassen 16 und 28 angesprochene Publikum besteht nicht nur aus einem Fachpublikum, sondern es ist auf den durchschnittlich informierten aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen, der der [X.] mächtig ist und dessen [X.] nicht zu gering veranschlagt werden darf. Dieser angesprochene [X.] verbindet mit der optisch und drucktechnisch hervorgehobenen Wortfolge "[X.]" gerade durch die Kombination mit den Wörtern "[X.] FITNESS", welche von der denkbaren exklusiv politischen Assoziation des Begriffs "Summit" wegführen, somit unmittelbar eine Zusammenkunft im Rahmen einer Konferenz, eines Kongresses, einer Ausstellung oder einer Messe, wo über medizinische Aspekte im Fitnessbereich referiert und diskutiert werden soll. Hierbei liegt es nahe, dass das angesprochene Publikum beim Anblick des [X.] davon ausgeht, dass [X.] der Klasse 16 wie Broschüren, Zeitschriften, Programmhefte usw. vorgehalten werden. Entsprechendes trifft auf Waren der Klasse 28 zu, die auf diesen Veranstaltungen vor- bzw. ausgestellt, bewertet und ggf. vertrieben werden. Das angesprochene Publikum nimmt im Zusammenhang mit der Dienstleistung "Betriebswirtschaftliche Beratung" (Klasse 35) an, dass professionelle und umfassende Unterstützung und Hilfestellung bei der Führung von Unternehmen (Fitnessstudios) auf diesen Summits angeboten werden. Entsprechendes gilt für die "Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke" sowie die Dienstleistungen der Klasse 41. Die hiervon angesprochenen [X.]e verstehen die Sachaussage des [X.] unmittelbar dahin, dass entsprechende Ausstellungen, Messen, Konferenzen, Kongresse und Workshops speziell mit Blick auf medizinische Fitness organisiert werden können.

Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, wird dieses Verständnis der Wortbestandteile "[X.]" durch den weiteren Zusatz "[X.] [X.] STUDIOS" untermauert, der damit als Beschaffenheits- und Bestimmungsangabe dient und die fraglichen Workshops näher beschreibt.

Zu Recht hat die Markenstelle auch die vorliegende grafische Gestaltung als nicht geeignet angesehen, dem Zeichen das notwendige Maß an Unterscheidungskraft zu vermitteln. Hat, wie vorliegend, das ausgestaltete Wort selbst wegen beschreibenden Charakters keine Unterscheidungskraft, kann diese für das [X.] aufgrund der grafischen Gestaltung entstehen, wenn das angesprochene Publikum diese als ungewöhnlich empfindet. Die bloße Umrahmung der in zweierlei Grüntönen gehaltenen Wörter und die Verwendung einer Standard Schrift stellt jedoch eine allgemein übliche Ausgestaltung dar, an die der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt ist und die nicht von einer durch die Wortbestandteile vermittelten Sachaussage wegführen kann. Sie stellt daher allein Illustrationen dar und ermöglicht kein Verständnis des [X.]s als betrieblichen Herkunftshinweis.

Auch die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. [X.] [X.], 667 – [X.] u. [X.] [[X.]]). Da die Markenstelle die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. [X.] [X.], 667 – [X.] u. [X.] [[X.]]; [X.] 2011, 230 – [X.]; [X.], 349 – [X.] Rätsel Woche; [X.], 276 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Meta

28 W (pat) 511/20

04.08.2020

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.08.2020, Az. 28 W (pat) 511/20 (REWIS RS 2020, 227)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 227

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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