Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2010, Az. VI ZR 232/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5881

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/09 Verkündet am: 15. Juni 2010 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 249 Abs. 2 Satz 1 Gb a) Der Geschädigte, der sein beschädigtes Fahrzeug nicht reparieren lassen, sondern es veräußern und ein Ersatzfahrzeug anschaffen will, darf seiner Schadensabrechnung im Allgemeinen denjenigen Restwert zugrunde legen, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. b) Anderes gilt aber dann, wenn der Geschädigte für das Unfallfahrzeug ohne besondere Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den vom [X.] geschätzten Betrag übersteigt. [X.], Urteil vom 15. Juni 2010 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2010 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 8. April 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewie-sen, dass der Kläger die Kosten beider Rechtsmittelverfahren zu tragen hat. Von Rechts wegen Tatbestand:Der Kläger nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer (nachfolgend: [X.]) auf Zahlung weiterer Mietwagenkosten und eines weiteren Schmer-zensgeldes aus einem Verkehrsunfall vom 11. Juni 2003 in Anspruch, bei dem der Kläger verletzt und sein Pkw beschädigt wurde. Die volle Haftung der [X.]n steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch um die Frage, ob die vom Amtsgericht für begründet erachtete Klageforderung in Höhe von 4.653,16 • durch die von der [X.] hilfsweise erklärte Aufrech-nung mit einem Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe von 5.500 • erloschen ist. Die Beklagte hatte bei der [X.] August 2003 vom unstreitigen Wiederbeschaffungswert des unfallbe-schädigten Kraftfahrzeugs in Höhe von 25.800 • brutto lediglich den vom Sach-verständigen des [X.] ermittelten Restwert in Höhe von 5.200 • in Abzug 1 - 3 - gebracht. Der Kläger hatte das Unfallfahrzeug aber, nachdem er im Juli 2003 seinen [X.] eingeschaltet und dieser ihm mit Hilfe der Internet-restwertbörse "Car TV" eine günstigere Verwertungsmöglichkeit aufgezeigt [X.], an die Firma [X.] zu einem Kaufpreis von 10.700 • brutto veräu-ßert. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger müsse sich auf den Wiederbe-schaffungswert des [X.] nicht lediglich den von seinem Gutachter geschätzten Restwert seines Fahrzeugs in Höhe von 5.200 •, sondern den tat-sächlich von ihm erzielten Veräußerungserlös in Höhe von 10.700 • anrechnen lassen, weshalb sie 5.500 • zu viel an den Kläger gezahlt habe. Das Amtsgericht hat die Klage, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Hinblick auf die von der [X.] erklärte [X.]. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klagefor-derung in Höhe von 4.653,16 • weiter. 2 Entscheidungsgründe: Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die vom Amtsgericht für be-gründet erachtete Klageforderung durch die von der [X.] erklärte [X.] erloschen sei. Der Kläger müsse sich auf seinen Schadensersatzan-spruch den von ihm tatsächlich erzielten Veräußerungserlös in Höhe von 10.700 • anrechnen lassen. Zwar könne der Geschädigte seiner Schadensbe-rechnung grundsätzlich den durch den Gutachter ermittelten Restwertbetrag zu-grunde legen. Anderes gelte aber dann, wenn der Geschädigte für das Unfall-fahrzeug ohne überobligationsmäßige Anstrengungen einen Erlös erzielt habe, der den vom Sachverständigen geschätzten Betrag übersteige. Die Kammer sei davon überzeugt, dass der Kläger durch lediglich obligationsmäßige [X.] - 4 - gungen an das [X.] in Höhe von 10.700 • gelangt sei. Ihm sei das [X.] der Firma [X.] "in den Schoß gefallen". Er habe den Schaden lediglich seinem [X.] gemeldet und ihm das Gutach-ten zur Schadensregulierung übersandt. Auch der [X.] habe nur geringen Aufwand betrieben, um die dem Kläger unterbreitete günstige Verwertungsmöglichkeit zu ermitteln. Abgesehen davon habe der Versicherer den [X.] nicht für und im Interesse des [X.], sondern aus-schließlich im eigenen Interesse getätigt, um mit Hilfe eines möglichst hohen [X.]s seine eigene Leistungsverpflichtung gering zu halten. Auch habe der Kläger seinen [X.] nicht in Anspruch genommen, um in den Genuss eines besonders günstigen [X.]s zu kommen, son-dern um auf Gutachtenbasis den Schaden reguliert zu erhalten. [X.] Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Klageforderung durch die von der [X.] erklärte Aufrechnung mit einem Rückzahlungsan-spruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB erloschen ist. Die Beklagte hat an den Kläger im Rahmen ihrer Schadensregulierung 5.500 • zuviel geleistet. In dieser Höhe steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die [X.] zu. Das Berufungsgericht hat der Schadensberechnung zu Recht einen Rest-wert des [X.] von 10.700 • und nicht von lediglich 5.200 • zugrunde gelegt. 4 1. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsät-5 - 5 - ze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteile [X.] 92, 85, 86 f.; 102, 322, 330; 161, 151, 154; 181, 242, 245; Urteil vom 9. Dezember 2008 - [X.] ZR 173/07 - [X.], 408, 409 und vom 13. Oktober 2009 - [X.] ZR 318/08 - [X.], 130, 131). 2. Derartige Rechtsfehler sind vorliegend nicht ersichtlich. 6 a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt ange-nommen, dass der zu ersetzende Schaden dann, wenn der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug nicht reparieren lassen, sondern es veräußern und ein Ersatzfahrzeug anschaffen will, in der Differenz zwischen dem [X.] und dem Restwert besteht (vgl. Senatsurteile [X.] 115, 364, 372; 143, 189, 193; 163, 362, 365; vom 21. Januar 1992 - [X.] ZR 142/91 - [X.], 457; vom 6. April 1993 - [X.] ZR 181/92 - [X.], 769; vom 7. Dezember 2004 - [X.] ZR 119/04 - [X.], 381; vom 7. Juni 2005 - [X.] ZR 192/04 - [X.], 1257, 1258 und vom 1. Juni 2010 - [X.] ZR 316/09 - z.[X.].). Hierüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit. 7 b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht den Restwert des [X.] an dem Preis bemessen, den der Kläger bei der Veräußerung seines Fahrzeugs erzielt hat. 8 aa) Zwar darf der Geschädigte seiner Schadensabrechnung im [X.] denjenigen Restwert zugrunde legen, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erken-nen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Se-natsurteile [X.] 143, 189, 193; 163, 362, 366; 171, 287, 290 f.; vom 21. Ja-nuar 1992 - [X.] ZR 142/91 - aaO, S. 458; vom 6. April 1993 - [X.] ZR 181/92 - a-aO, S. 769 f.; vom 7. Dezember 2004 - [X.] ZR 119/04 - aaO, [X.]; vom 9 - 6 - 12. Juli 2005 - [X.] ZR 132/04 - [X.], 1448, 1449; vom 10. Juli 2007 - [X.] ZR 217/06 - [X.], 1243 f.; vom 13. Oktober 2009 - [X.] ZR 318/08 - aaO und vom 1. Juni 2010 - [X.] ZR 316/09 - z.[X.].). [X.]) Anderes gilt aber dann, wenn der Geschädigte, was zur Beweislast des Schädigers steht, für das Unfallfahrzeug ohne besondere Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den vom Sachverständigen geschätzten Betrag übersteigt. In diesem Fall hat er durch die Verwertung seines Fahrzeugs in [X.] des tatsächlich erzielten Erlöses den ihm entstandenen Schaden ausgegli-chen. Da nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen der Geschädigte zwar vollen Ersatz verlangen kann, an dem Schadensfall aber nicht "verdienen" soll, kann ihn der Schädiger an dem tatsächlich erzielten Erlös festhalten (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 1992 - [X.] ZR 142/91 - aaO; vom 7. Dezember 2004 - [X.] ZR 119/04 - aaO). 10 cc) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Veräußerung des [X.] zu einem Preis von 10.700 • sei für den Kläger nicht mit besonderen Anstrengungen verbunden gewesen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstan-den. Die Revision wendet sich nicht gegen die tatrichterliche Würdigung, wo-nach das Veräußerungsgeschäft unter den festgestellten Umständen weder für den Kläger noch für seine Kaskoversicherung, die ihm das Kaufangebot der [X.] übermittelt hat, einen nennenswerten Aufwand verursacht hat. Diese Würdi-gung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. 11 Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kläger besondere - einer vollständigen Anrechnung des erzielten Verkaufserlöses auf den Wiederbe-schaffungswert des [X.] entgegenstehende - Anstrengungen auch nicht dadurch entfaltet, dass er eine Fahrzeugversicherung unterhalten und [X.] Beiträge geleistet hat. Denn diese Aufwendungen sind weder durch die [X.] - 7 - äußerung des [X.] verursacht worden noch überhaupt im [X.] mit ihr entstanden. Die Entscheidung des [X.], eine [X.] abzuschließen und die Versicherungsbeiträge zu zahlen, war in jeder Hinsicht unabhängig von der späteren Verwertung des [X.]. Die Re-vision zeigt keinen übergangenen Sachvortrag auf, der die Annahme [X.] könnte, der Kläger habe die Versicherung zu dem Zweck abgeschlossen, dass ihm im Schadensfall eine günstige Verwertungsmöglichkeit aufgezeigt werde. Dies wäre auch lebensfremd. Gegenstand der Fahrzeugversicherung ist das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung des versicherten Fahrzeugs (vgl. [X.] 30, 40, 42; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 27. Aufl., § 12 [X.] Rn. 2). Ihr Sinn besteht darin, Ersatz des unmittelbar am Fahrzeug entstande-nen Schadens auch dann erlangen zu können, wenn ein Dritter nicht haftbar gemacht werden kann. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt der Versicherer, wenn er dem Versicherungsnehmer eine günstige Verwertungsmöglichkeit aufzeigt, auch ausschließlich im eigenen Interesse, seine Leistungsverpflichtung gering zu halten. Bei dieser Sachlage ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den vom Kläger erzielten Verkaufserlös in Höhe von 10.700 • in vollem Umfang auf den Wiederbeschaffungswert angerechnet hat. 13 3. [X.] beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Revisionserwiderung wendet sich zu Recht gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts, die in der [X.] von Amts wegen geändert werden kann, ohne dass das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers gilt (vgl. [X.] 92, 137, 139; Urteile vom 6. April 2000 - [X.] - zitiert nach Juris und vom 20. Januar 2010 - [X.]II ZR 141/09 - [X.], 498, 499). Entge-gen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte in der Berufungs-instanz nicht teilweise unterlegen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des 14 - 8 - [X.] in vollem Umfang zurückgewiesen. Die Beklagte, die sich gegen die Aberkennung ihrer zum Gegenstand der [X.] durch das Amtsgericht im Hinblick auf die [X.] des § 322 Abs. 2 ZPO mit der Berufung hätte wenden können (vgl. [X.] 26, 295, 296; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., Vor § 511 Rn. 26a), hat die Entscheidung des Amtsgerichts nicht angegriffen. [X.][X.] [X.]von [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 03.04.2008 - 3 C 780/06 - [X.], Entscheidung vom 08.04.2009 - 1 S 164/08 -

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VI ZR 232/09

15.06.2010

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2010, Az. VI ZR 232/09 (REWIS RS 2010, 5881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5881

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