Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2016, Az. IV ZR 130/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17077

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:270116BIVZR130.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 130/15
vom

27. Januar 2016

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller

am 27. Januar 2016

beschlossen:

Der
Senat beabsichtigt, die Revision der
Klägerseite
ge-gen das Urteil des
11. Zivilsenats
des Brandenburgi-schen [X.]s vom 14. Januar 2015
auf de-ren Kosten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

[X.] Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Le-bensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

Diese wurde mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember
1999
nach dem so genannten Policenmodell des § 5a [X.] in der seinerzeit 1
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gültigen Fassung (im Folgenden § 5a [X.] a.F.) abgeschlossen. [X.] Antrags d. [X.] vom 6. März 2000 hinsichtlich einer Höherversiche-rung und Tarifänderung kam es zu einer Neupolicierung rückwirkend zum 1. Dezember 1999. Unstreitig
erhielt d. [X.] mit dem
Versicherungsschein, der
jeweils die Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß §
5a Abs.
2 Satz 1 [X.] a.F. enthielt, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]).

D. [X.] zahlte in der Folge die Versicherungsprämien. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2009
erklärte er
u.a. den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F.,
hilfsweise die Kündigung
und der Versicherer zahlte den Rück-kaufswert aus.
Mit Schreiben vom 6. März 2012 erklärte er erneut u.a. den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F.

Mit
der Klage begehrt d. [X.]

soweit für die Revisionsinstanz noch von Belang

Rückzahlung aller auf den
Vertrag geleisteter
Beiträge nebst Zinsen abzüglich des
bereits gezahlten [X.], [X.] 8.871,71 .

Nach Auffassung d. [X.] ist
der Versicherungsvertrag
nicht wirksam zustande gekommen, weil d. [X.] zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt wurde und zum anderen das Policenmodell mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen; die Berufung des [X.] ist vom [X.] zurückgewiesen worden.
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I[X.] Das Berufungsgericht
hat einen Prämienrückerstattungsan-spruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. [X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der
Versicherungsvertrag
sei wirk-sam zustande gekommen. Die erforderliche Widerspruchsbelehrung sei ordnungsgemäß erteilt worden. Sie sei
drucktechnisch hervorgehoben und inhaltlich ordnungsgemäß. Das Widerspruchsrecht sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. erloschen.
Die Reglung des [X.] verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung. Die Ausübung des Widerspruchs-rechts widerspreche hier jedenfalls [X.] und Glauben, weil d.
[X.] die ihm bekannt gemachte Widerspruchsfrist beim Vertragsschluss im Jahr 2000 ungenutzt habe verstreichen lassen und jahrelang bis Dezember 2008 die Prämien gezahlt habe. Außerdem habe er die Ansprüche aus der Le-bensversicherung
bereits am 17. März 2000 und erneut im September 2008 zur Kreditsicherung abgetreten, wovon der Versicherer Kenntnis erhalten habe.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

II[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von
§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Es meinte, es sei eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob wegen §
5a [X.] a.F. eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Wi-derspruchsbelehrung auch ohne Hinweis auf das Schriftlichkeitserforder-7
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nis gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. möglich sei. Außerdem sei noch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen bei Auskunftserteilung durch den Versicherer an eine geordnete Form zu stellen seien. Diese Fragen stellen sich
hier jedoch nicht oder haben keine grundsätzliche Bedeutung.

1. Das Auskunftsbegehren ist nicht mehr Gegenstand des [X.], so dass es auf die letztgenannte Frage schon deshalb nicht ankommt.

2. Hinsichtlich der ersten Frage besteht keine grundsätzliche Be-deutung. Die Maßstäbe einer
den gesetzlichen Anforderungen [X.] hinsichtlich des [X.] nach § 5a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. sind durch die Senatsrechtsprechung geklärt. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil
vom 28. Januar 2004

[X.], [X.], 497 unter 3b) erfolgte entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht dadurch, dass d. [X.] mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung"
der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 17. Juni 2015

IV ZR 426/13, juris Rn. 12). Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Ver-körperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf (Senatsurteil vom 29. Juli 2015

IV ZR 448/14, [X.], 1104 Rn. 24).

3. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
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a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist d. [X.] nach dem Vorstehenden allerdings inhaltlich
wie die Revision zu Recht rügt -
nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden, weil die Widerspruchsbelehrung keinen Hinweis darauf enthält, dass der [X.] schriftlich zu erheben war. Dass, wie das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung meinen, durch die Belehrung die Schriftform abbedungen werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen.

b) Anders als die Revisionserwiderung meint, war eine ordnungs-gemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht hier auch nicht aus-nahmsweise deshalb entbehrlich, weil d. [X.] bei seinem Antrag auf [X.] des Versicherungsvertrages durch einen Versicherungsmakler beraten worden sei. Eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung ist nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. gesetzlich vorgeschrieben. Darauf, ob d. [X.] im Einzelfall trotz nicht ordnungsgemäßer Belehrung von seinem Widerspruchsrecht gleichwohl zutreffend Kenntnis hatte, kommt es nicht an. Die Frage
der Ordnungsgemäßheit der Belehrung ist abstrakt zu [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 1992

I ZR 73/91, [X.]Z 121, 52, 57; vgl. auch Senatsurteil vom 15. Juli 2015

IV ZR 386/13, [X.] Rn. 12
zur "Monatsfrist").

c) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis aber mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB unabhängig von [X.] nach dem
Policenmodell geschlossener [X.] wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.F. (vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.]Z 202, 102 Rn.
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ff.; BVerfG [X.], 693 Rn.
30
ff.)
wegen widersprüchlichen Verhaltens d.
[X.] ausgeschlossen ist. Es
hat zu Recht besonders gravierende Um-14
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stände festgestellt, die d. [X.] die Geltendmachung seines Anspruchs hier verwehren. Dieser hatte
bereits zwei Monate nach Erhalt des
Versiche-rungsscheins am 17. März 2000 seine Ansprüche aus dem Lebensversi-cherungsvertrag als Sicherheit für ein Darlehen über 135.000 DM an eine Bank abgetreten, wovon die Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2000 Kenntnis erhielt. Nach Prämienzahlung über mehr als acht Jahre trat d.
[X.] die Forderungen aus dem Versicherungsvertrag im September 2008 [X.] an eine Bank zur Sicherung der Ansprüche aus einem Kreditvertrag ab. Auch darüber wurde die Beklagte informiert. Die Abtretung umfasste jeweils ausdrücklich auch die Todesfallleistung; dies setzt, worauf auch die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, zwin-gend das Bestehen eines wirksamen Vertrages voraus. Der
enge zeitli-che Zusammenhang
zwischen dem
Abschluss des [X.] und dessen Einsatz zur Kreditsicherung
sowie die
Abtretung auch

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der Todesfallleistung durfte
bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Ver-trauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründen. Diese ver-trauensbegründende Wirkung
war für d. [X.] auch erkennbar.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.06.2013 -
10 O 458/12 -

OLG Brandenburg, Entscheidung vom 14.01.2015 -
11 [X.] -

Meta

IV ZR 130/15

27.01.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2016, Az. IV ZR 130/15 (REWIS RS 2016, 17077)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17077

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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