Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2016, Az. IV ZR 339/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 266

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[X.]:[X.]:BGH:2016:211216UIVZR339.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 339/15

Verkündet am:

21. Dezember 2016

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die
Richterin [X.], den Richter Lehmann
sowie
die Richterinnen
Dr.
Brockmöller
und Dr. Bußmann auf die mündli-che Verhandlung vom 21. Dezember 2016

für Recht erkannt:

Auf die
Revision der Klägerseite wird das Urteil des
9.
Zi-vilsenats des [X.] vom 24.
Juni
2015
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Le-bensversicherung.

Diese wurde aufgrund Antrags d.
[X.] mit Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 1999 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a VVG 1
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-

in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.]) abge-schlossen.

D. [X.] zahlte fortan die Versicherungsbeiträge. Mit Schreiben vom 31. Mai 2013 erklärte er unter anderem
den Widerspruch und hilfsweise die Kündigung des
Versicherungsvertrages.
Der Versicherer zahlte [X.] den
Rückkaufswert
aus
und erstattete in der Folge auch den [X.].

Mit der Klage verlangt d.
[X.], soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich der
bereits erbrachten Zahlungen.

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil er zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt wurden
und zum anderen das Policenmodell mit den [X.] nicht vereinbar sei.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren hinsichtlich des [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

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4
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I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen, denn der Versicherer habe d. [X.] ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Dass die [X.] keine aus-drückliche Bestimmung über die Wahrung der Schriftform enthalte, stehe ihrer Ordnungsgemäßheit nicht entgegen. Die Ausübung des [X.] durch d.
[X.] sei hier jedenfalls angesichts einer ordnungs-gemäßen [X.] bei Vertragsschluss im Jahr 1999
und insbesondere Zahlung der Prämien über einen Zeitraum von mehr als 13
Jahren widersprüchlich.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.

a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts belehrte der Versi-cherer d. [X.] nicht ordnungsgemäß im Sinne von
§ 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] über das Widerspruchsrecht, weil die [X.] keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben ist. Die
notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (Se-natsurteil vom 28. Januar 2004

[X.], [X.], 497 unter 3
b) konnte d. [X.] nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wah-rung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs
genüge. Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Er-8
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klärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn den-noch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf (vgl. Senatsurteile vom 29.
Juli 2015

[X.], [X.], 1104 Rn. 24 und [X.], juris Rn. 12).
Dass, wie das Berufungsgericht und die Revisions-erwiderung meinen, durch die Belehrung das
Formerfordernis abbedun-gen werden sollte, ist ihrem Text ebenfalls nicht zu entnehmen ([X.] vom 27. Januar 2016

IV ZR 130/15, [X.], 230 Rn.
14
und Senatsurteil vom 29. Juli 2015

[X.]
aaO).

b) Anders als die Revisionserwiderung meint, war eine ordnungs-gemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht hier auch nicht aus-nahmsweise deshalb entbehrlich, weil d. [X.] bei seinem Antrag auf [X.] des Versicherungsvertrages durch einen Versicherungsmakler beraten worden sei. Eine ordnungsgemäße [X.] ist nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] gesetzlich vorgeschrieben. Darauf, ob d. [X.] im Einzelfall trotz nicht ordnungsgemäßer Belehrung von seinem Widerspruchsrecht gleichwohl zutreffend Kenntnis hatte, kommt es nicht an. Die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung ist abstrakt zu [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2016 aaO
Rn. 15 m.w.N.).

c) Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

aa) Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jah-resfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.], wie 12
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der Senat
mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101
Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet
hat.

bb) Die Ausübung des Widerspruchsrechts d.
[X.] ist hier

entge-gen der Revisionserwiderung

auch nicht ausnahmsweise deshalb [X.], weil sich der durch einen Versicherungsmakler beratene
[X.] im Jahr 2010 nach dem Rückkaufswert
erkundigt, das [X.] auf die entsprechende Auskunft hin aber noch mehr als zwei Jah-re lang fortgesetzt hat und er außerdem kontinuierlich über die regelmä-ßig aufgrund einer entsprechenden [X.] erfolgten [X.] von Versicherungsleistungen und -beiträgen informiert wurde, ohne dies zum Anlass für ein Auflösungsverlangen zu nehmen. Die An-nahme von Treuwidrigkeit kommt im Streitfall schon deshalb nicht in [X.], weil der Versicherer
d. [X.] bei Vertragsschluss -
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts -
nicht ordnungsgemäß über sein
Wider-spruchsrecht belehrt
hat
(vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 [X.], [X.], 101 Rn. 39 m.w.N.). Bei den von der [X.] für eine Treuwidrigkeit angeführten Umständen
handelt es sich auch nicht um solche, die besonders gravierend sind
(vgl. [X.] vom 11. November 2015

IV ZR 117/15, juris Rn.
17 und vom 27.
Januar 2016

IV ZR 130/15, [X.], 230 Rn. 16) und im [X.] auch dem nicht ordnungsgemäß belehrten [X.] die Geltendma-chung seines Anspruchs verwehren
können.

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-15
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cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46) und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 (IV ZR
384/14, [X.], 1101 Rn. 36
ff.; [X.], VersR
2015, 1104 Rn. 34 ff.)
17
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sowie vom 11. November 2015 ([X.], [X.], 33 Rn. 32
ff.) zu beachten haben.

[X.]

[X.]

Lehmann

Brockmöller Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.04.2014 -
2 O 331/13 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 24.06.2015 -
9 [X.] -

Meta

IV ZR 339/15

21.12.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2016, Az. IV ZR 339/15 (REWIS RS 2016, 266)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 266

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

IV ZR 339/15

IV ZR 448/14

IV ZR 130/15

IV ZR 76/11

IV ZR 117/15

IV ZR 513/14

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