Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2000, Az. VII ZR 46/98

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3401

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:20. Januar 2000Seelinger-Schardt,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]: nein[X.] § 9 Abs. 1Eine in [X.] zu einem Bauvertrag enthaltene [X.], wonach der Auftragnehmer, wenn er in Verzug gerät, für jeden [X.] Verspätung eine Vertragsstrafe von 0,5 %, höchstens jedoch 5 % der [X.] zu zahlen hat, ist unwirksam.[X.], Urteil vom 20. Januar 2000 - [X.] - [X.][X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 20. Januar 2000 durch [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 17. [X.] Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Dezember 1997 wird [X.].Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt vom Beklagten 133.400 DM restlichen [X.] ein schlüsselfertig errichtetes Mehrfamilienhaus mit 19 Wohnungen. [X.] hat den Betrag in der Meinung einbehalten, ihm stehe in dieser Höheeine Vertragsstrafe für Terminsüberschreitungen zu. Die Parteien haben unteranderem die vom Beklagten gestellten Besonderen Angebots- und Auftragsbe-dingungen für Bauleistungen ([X.]) vereinbart. Nr. 7 [X.] (Vertragsstrafe)lautet:Hat der Auftragnehmer die Überschreitung vereinbarter Ausführungs-und Lieferfristen zu vertreten - das gilt auch für [X.] -, wird- 3 -eine Vertragsstrafe von 5 o/oo der Vertragssumme für jeden Arbeitstagwirksam, mit dem er sich in Verzug befindet ... Die Höhe der [X.] ist begrenzt auf maximal 5 % der Vertragssumme. Dem Auftrag-geber bleibt das Recht vorbehalten, einen weiteren Schaden geltend zumachen.Die Klägerin hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Das Berufungsgerichthält ebenso wie das [X.] für unwirksam. [X.] wendet sich die Revision des Beklagten.Entscheidungsgründe:Die Revision ist nicht begründet.I.Nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der [X.] nicht um eine individuell ausgehandelte Klausel, [X.] eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Diese sei wegen Verstoßes gegen§ 9 [X.] unwirksam. Der Prozentsatz von 0,5 % der Vertragssumme für [X.] sei unbillig. Er benachteilige die Klägerin in nicht vertretbarer [X.]. Die Klausel lasse bereits bei einer Terminsüberschreitung von nur zehnArbeitstagen den gesamten [X.] entstehen. Bei einem sogroßen Bauprojekt sei eine Überschreitung von Terminen auch ohne eigenesVerschulden nicht auszuschließen. Demgegenüber seien die zu befürchtendenwirtschaftlichen Nachteile des Beklagten infolge verspäteter Vermietbarkeit- 4 -gering. Der mit der [X.] verfolgte Zweck, die pünktliche [X.] Objektes, hätte auch mit einer niedrigeren Strafe pro Arbeitstag als Druck-mittel erreicht werden können.[X.] wendet sich die Revision ohne Erfolg.1. Der Senat hält die Verfahrensrügen zu der Feststellung, die [X.]nklausel sei nicht individuell ausgehandelt worden, für nicht durchgrei-fend (§ 565 a ZPO).2. Die Vertragsstrafenklausel hält der Inhaltskontrolle gemäß § 9 Abs. 1[X.] nicht stand. Bedenken ergeben sich nicht aus der Gesamthöhe ([X.] aus dem Zusammenwirken des Tagessatzes von 0,5 % mit der Ge-samthöhe der Vertragsstrafe von 5 % der Auftragssumme (b).a) Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe, deren Höhe sich nach einembestimmten Prozentsatz der Auftragssumme je Arbeitstag richtet, muß eine Be-grenzung nach oben aufweisen ([X.], Urteile vom 19. Januar 1989 - [X.], [X.], 327, und vom 22. Oktober 1987 - [X.]/86,[X.], 86, jeweils m.w.[X.]). Dies ist bei der Klausel im [X.] der Fall. Der Senat hat bei einem größeren Bauvorhaben eine Obergrenzevon 10 % der Angebotssumme für unbedenklich gehalten ([X.], Urteil vom25. September 1986 - [X.], [X.], 92). Die Vereinbarung [X.] liegt mit 5 % der Auftragssumme deutlich [X.] -b) Der vereinbarte Tagessatz von 0,5 % der Auftragssumme ist auch beieiner Obergrenze von 5 % der Auftragssumme zu beanstanden. Er benachtei-ligt die Klägerin unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 [X.].(1) Die zulässige Ausgestaltung einer in Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen vereinbarten Vertragsstrafe läßt sich allgemein gültig nicht bestimmen.Es gibt jedoch einen Rahmen für wirksame [X.]n. Dieser ergibt sich ausdem doppelten Zweck der Vertragsstrafe. Sie soll als Druckmittel den Schuld-ner anhalten, seine Leistung ordnungsgemäß zu erbringen. Zugleich soll sieden Gläubiger in den Stand setzen, sich bei Verletzung der sanktionierten [X.] jedenfalls bis zur Höhe der Vertragsstrafe ohne [X.] zu halten (vgl. [X.], Urteil vom 18. November 1982 - [X.]/81,[X.]Z 85, 305, 312 m.w.[X.]).Die Druckfunktion erlaubt durchaus eine spürbare Vertragsstrafe. Mit [X.] deutlich gemacht werden, welches Gewicht sowohl dem Termin als auchder Dauer seiner Überschreitung beigemessen wird, und entschieden daraufhingewirkt werden, daß Verzögerungen unterbleiben oder in Grenzen gehaltenwerden. Das Maß der Vertragsstrafe muß nach den in Betracht kommendenAuswirkungen bestimmt werden ([X.] aaO 314/315, Urteil vom 12. März 1981- VII ZR 293/79, [X.] 1981, 374). Gerade bei Bauverträgen mit hoher Auf-tragssumme ist darauf zu achten, daß sich die Vertragsstrafe in wirtschaftlichvernünftigen Grenzen hält ([X.], Urteil vom 22. Oktober 1987 - [X.]/86,[X.], 86).Der weitere Zweck, dem Gläubiger den Einzelnachweis eines Schadenszu ersparen, weist in dieselbe Richtung. Die Vertragsstrafe muß sich [X.] halten. Entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts kommt es nicht auf den individuellen Schaden des [X.] -strafengläubigers an. Die Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 [X.] beruht [X.] allgemeinen Interessenabwägung. Maßgeblich ist eine überindividu-ell-generalisierende, von den konkreten Umständen des Einzelfalles absehen-de Betrachtungsweise (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., Rdn. 78zu § 9; Wolf/Horn/Lindacher, [X.], 3. Aufl., Rdn. 51 zu § 9; jeweils m.w.[X.]).Dementsprechend kommt es darauf an, ob allgemein bei [X.] geschlossenen Art Nachteile zu erwarten sind, welche die Ausge-staltung der Vertragsstrafe als angemessen erscheinen lassen.Diese Grundsätze sind nicht nur für die Beurteilung der in der [X.] vorgesehenen Gesamthöhe maßgeblich, sondern ebenso für den [X.]. Dieser bestimmt das Zeitmaß: Ein hoher Tagessatz läßt die [X.] schneller anwachsen und die Obergrenze erreichen als ein niedriger Ta-gessatz. Die Bemessung der Zeitspanne, in der eine ansonsten unproblemati-sche Vertragsstrafe ganz oder teilweise verfällt, kann dazu führen, daß [X.] der Vertragsstrafe verfehlt werden und diese den Zusammenhang mitden Verzugsauswirkungen verliert. Eine solche Folge ist [X.]) Der Tagessatz von 0,5 % kann nicht hingenommen werden.Der Senat hatte über genau diese Zahlenkonstellation bisher noch nichtzu befinden. Er hat entschieden, daß eine Klausel mit einem Tagessatz von0,1 % bei einer Obergrenze der Vertragsstrafe von 10 % der [X.] ist ([X.], Urteil vom 25. September 1986 - [X.], [X.],92). Einen Tagessatz von 0,15 % hat er als verhältnismäßig niedrig bezeichnet([X.], Urteil vom 22. Oktober 1987 - [X.]/86, [X.], 86). In zweiälteren Entscheidungen hat der Senat Tagessätze von 0,2 % und 0,3 % fürunbedenklich gehalten ([X.], Urteil vom 12. Oktober 1978 - [X.]/75,[X.]Z 72, 222; Urteil vom 1. April 1976 - [X.], [X.], 279).- 7 -Der in den [X.] zum [X.] vorgesehene Tagessatz überschreitet diese Größenordnung erheblich. [X.] die Vertragsstrafe nicht auf ihre berechtigten Zwecke und ist nichtmehr geeignet, die beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien zu einemangemessenen Ausgleich zu bringen.Aus 0,5 % je Arbeitstag ergibt sich ein zu enger zeitlicher Rahmen.Schon nach zehn Arbeitstagen, die im allgemeinen zwei Wochen entsprechen,ist die volle Vertragsstrafe verfallen. Die bei einer angemessen gestaltetenVertragsstrafenklausel mit jedem Tag des Verzuges steigende Dringlichkeit derErledigung kann nicht entstehen. Denn in der kurzen Zeitspanne von zehn Ta-gen läßt sich bei einem größeren Bauvorhaben kaum etwas veranlassen, umdie Folgen der Verspätung aufzufangen und die verspäteten Leistungen [X.]. Dem Auftragnehmer bleibt fast keine Möglichkeit zu reagieren und dieVerwirkung der vollen Vertragsstrafe zu vermeiden. Die Situation ist im prakti-schen Ergebnis nicht sehr viel anders, als wenn der Anspruch auf die [X.] ohne zeitliche Abstufung gleich mit dem [X.] entstände.Darüber hinaus bewirkt der zu enge Zeitrahmen vor allem, daß die [X.] sich nicht in dem Bereich voraussichtlicher Schäden hält. Auf [X.] der insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen des [X.] ergibt die generalisierende und typisierende Abschätzung mögli-cher Verzugsfolgen, daß Nachteile in Höhe von 5 % der Auftragssumme nicht- 8 -innerhalb von zehn Arbeitstagen entstehen. Das mag im Einzelfall aufgrundbesonderer Umstände anders sein. Für solche Situationen enthält die [X.] die zusätzliche Bestimmung, daß das Recht vorbehalten bleibt, weite-ren Schaden geltend zu machen. Jedoch können Fälle einer besonders ungün-stigen Schadensentwicklung die für typische Fälle unangemessene Ausge-staltung der [X.] in [X.] nicht rechtfer-tigen.[X.] Haß Wiebel Wendt

Meta

VII ZR 46/98

20.01.2000

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2000, Az. VII ZR 46/98 (REWIS RS 2000, 3401)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3401

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