Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. V ZB 242/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6506

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 242/11
vom

10. Mai 2012

in dem Rechtsstreit

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 10. Mai 2012 durch den [X.] [X.] [X.], die [X.] Dr. Schmidt-Räntsch und [X.] und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] vom 26. September 2011 wird auf Kosten des [X.] zu 1 als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 1.079,22

Gründe:
I.
Die Kläger fechten im vorliegenden Verfahren einen Beschluss an, den die anwesenden 30 Wohnungseigentümer der aus den Parteien bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft auf einer außerordentlichen Miteigentü-merversammlung am 18. Mai 2010 mit einer Mehrheit von 29 Stimmen fassten. Sie beschlossen, dass "die Eigentümergemeinschaft (mit Ausnahme der Klä-ger)"
die Absicht habe, sich gegen eine von den Klägern erhobene Beschluss-anfechtungsklage zu verteidigen,
und Hausverwaltung und Beirat bitte, [X.]zu beauftragen, der eine außergerichtliche Einigung versuchen sollte. Eine der anwesenden Wohnungseigentümer war nicht einverstanden und wollte sich selbst vertreten. Am folgenden Tag zeigte Rechtsanwalt [X.]in 1
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dem anderen [X.]sverfahren die [X.] mit Ausnahme der ursprünglich drei Kläger und der erwähnten Miteigentümerin, die sich selbst verteidigen wollte, an. Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufungen der Klä-ger zu 1 und 3 hat das [X.] durch Beschluss als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.] zu 1, mit welcher er die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen will.

II.
Das Berufungsgericht meint, die Kläger seien durch das angefochtene Urteil nicht beschwert. Sie würden durch den Beschluss der Wohnungseigen-tümer unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet. Sie seien ausdrück-lich von der Beauftragung eines Gegenanwalts ausgenommen. Die Auslegung des Beschlusses ergebe, dass der Auftrag seitens der verklagten übrigen [X.] und nicht seitens des Verbands erteilt werden solle. So sei er auch umgesetzt worden. Mit dem Beschluss werde nicht über eine Verteilung der Prozesskosten auf die Wohnungseigentümer oder über eine Entnahme von Mitteln dafür aus dem [X.]svermögen entschieden. Der Beschwerde-wert sei schließlich auch nicht erreicht, wenn man der Argumentation der Kläger folge, durch den Beschluss würden sie mit den Kosten belastet. Der Anteil der Kläger an den Kosten betrage günstigstenfalls 345,35

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III.
Die Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in [X.] mit §
522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Zulässig ist sie nach § 574 Abs. 2 ZPO aber nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert. Diese Vorausset-zungen liegen nicht vor.
2. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) bedarf es einer Entscheidung des [X.] nicht.
a) Im Ansatz zutreffend geht der Kläger zu 1 davon aus, dass die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO eine Entscheidung des [X.] auch erfordert, wenn die Anforderungen, die das Berufungsgericht stellt, überzogen sind und dem Beklagten den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar er-schweren (Senat, Beschlüsse vom 13. Mai 2004 -
V [X.], NJW-RR 2004, 1217 und vom 20. Januar 2011 -
V
ZB 193/10, [X.], 488, 489 Rn. 7; vgl. auch: [X.] 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; [X.], NJW 1996, 2857; 2000, 1636; 2001, 1566; [X.], 533).
b) Eine solche unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der an sich gegebenen Berufung kann in einem Fehler bei der Bemessung der Beschwer liegen. Ein solcher Fehler liegt hier nicht vor.
[X.]) Voraussetzung dafür
wäre, dass das Berufungsgericht die Grenzen seines Ermessens überschritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hät-3
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te. Denn die Bemessung der Beschwer kann auch in dem Verfahren über eine
aus anderen Gründen zulässige Rechtsbeschwerde nur in dieser Hinsicht über-prüft werden (Senat, Beschlüsse vom 9. Juli 2004 -
V
ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219, 220 und vom 20. Januar 2011 -
V
ZB 193/10, [X.], 488, 489 Rn. 8). Dem Berufungsgericht ist bei der Ausübung seines Ermessens zwar ein Fehler unterlaufen. Dieser hat sich aber nicht ausgewirkt.
[X.]) Das Berufungsgericht verneint eine Beschwer der Kläger in erster [X.] mit der Begründung, sie würden durch den Beschluss der Wohnungseigen-tümer über die
Verteidigung gegen die Anfechtungsklage unter keinem rechtli-chen Gesichtspunkt verpflichtet. Das trifft in der Sache zu, stellt indes die [X.] der Kläger nicht in Frage. Diese vertreten den gegenteiligen Standpunkt und begründen ihre Beschwer gerade mit der potentiellen Belastung mit Kos-ten.
cc) Mit dieser Kostenbelastung hat sich das Berufungsgericht aber be-fasst. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Belastung der beiden Beru-

nicht erreicht. Dabei hat es sein Ermessen nicht überschritten. Das Berufungs-gericht geht zutreffend davon aus, dass der angefochtene Beschluss allenfalls zur Belastung der Kläger mit den anteiligen Kosten für die Vertretung der übri-gen Kläger führen könnte, nicht dagegen zur Belastung mit den Kosten für die Vertretung der Wohnungseigentümerin, die gegen den Beschluss gestimmt hat. Denn zu der Beauftragung eines Rechtsanwalts mit deren Vertretung sind Hausverwaltung und Beirat gerade nicht ermächtigt worden. Sie haben den Rechtsanwalt damit auch nicht beauftragt. Ferner können nur die Kosten der ersten Instanz berücksichtigt werden, weil der Beschluss sich zu nichts ande-rem verhält. Es spricht auch vieles dafür, dass nur die tatsächlich abgerechne-ten Kosten erster Instanz angesetzt werden können. Das bedarf keiner Ent-9
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scheidung, weil das Berufungsgericht die Beschwer der Kläger auch auf der Grundlage des von diesen selbst angegebenen [X.] hat. Auch dann liegt der Gesamtanteil der beiden Berufungskläger

c) Eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zu der an sich gegebe-nen Berufung kann auch darin liegen, dass das Berufungsgericht die gebotene Entscheidung über die Zulassung der Berufung nicht nachholt. Das ist indessen nur der Fall, wenn ein Grund für die Zulassung der Berufung auch vorliegt.
[X.]) Das Berufungsgericht ist gesetzlich verpflichtet, die Entscheidung über die Zulassung der Berufung nachzuholen, wenn das erstinstanzliche [X.] keine Veranlassung gesehen hat, die Berufung nach §
511 Abs. 4 ZPO [X.] ist, und das Berufungsgericht diesen Wert für nicht erreicht hält ([X.], Urteil vom 14. November 2007 -
VIII [X.], [X.], 218, 219 Rn. 12; Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 -
V
ZB 72/11, NJW-RR 2012, 82, 83 Rn.
6). Die Prüfung war hier angezeigt, weil das Amtsgericht nach seiner Streitwertfestsetzung davon ausgegangen ist, dass die drei ursprünglichen Klä-ger die Berufungsbeschwer erreichen. Die unterbliebene Entscheidung über die Zulassung der Berufung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nachzuholen, wenn die getroffenen Feststellungen -
wie hier
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eine solche Entscheidung erlauben (Senat, Beschluss vom 19. Mai 2011 -
V
ZB 250/10, [X.], 432, 433). Sie ergibt, dass ein Zulassungsgrund nicht vorliegt. Die Sache hat keine grundsätz-liche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch
zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

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[X.]) Auf die von dem Kläger zu 1 als klärungsbedürftig angesehene [X.], ob die Eigentümergemeinschaft die [X.] dafür habe, dar-über zu befinden, ob sich die einzelnen Eigentümer in einem Beschlussanfech-tungsverfahren auf eigene Kosten anwaltlich vertreten ließen, kommt es nicht an. Die Klage ist unzulässig, weil ein Rechtsschutzinteresse hier [X.] nicht besteht. Der Beschluss ist vollzogen, weil der zu beauftragende Rechtsanwalt am folgenden Tag die [X.] angezeigt hat. Der Vollzug eines Beschluss führt zwar normalerweise nicht zum Fortfall des [X.] an einer Be-schlussanfechtungsklage. Anders ist es aber dann, wenn im Einzelfall ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern oder der [X.] keinen Nutzen mehr bringen kann und Auswirkungen der [X.] auf Folgepro-zesse der Wohnungseigentümer untereinander, gegen den Verwalter oder ge-gen Dritte sicher auszuschließen sind (Senat, Urteil vom 13. Mai 2011 -
V
ZR 202/10, NJW 2011, 2660, 2661 Rn. 16). So ist es hier. Die Aufhebung des an-gefochtenen Beschlusses könnte die erfolgte Verteidigung der übrigen [X.] gegen die Anfechtungsklage der Kläger nicht rückgängig ma-chen. Diese Entscheidung mussten die übrigen Wohnungseigentümer nach der Zustellung der Klage treffen. Inhaltlich waren sie frei. Es geht allein darum, dass sie diese Entscheidung auf einer -
auch nur dazu anberaumten
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außerordentli-chen Wohnungseigentümerversammlung und in der Form eines [X.]beschlusses getroffen haben. Diese Form der Entscheidung hat keine Auswirkungen. Der Beschluss befasst sich nur mit dem Verhalten der übrigen Wohnungseigentümer. Er enthält keine Aussage zu der Aufbringung der Kosten der Prozessführung und einer etwaigen Inanspruchnahme von [X.]. Er nimmt eine Entscheidung darüber auch nicht vorweg. Fragen würden sich erst ergeben, wenn die übrigen Wohnungseigentümer von ihnen zu 13
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tragende Prozesskosten aus dem Verwaltungsvermögen entnähmen. Dafür ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.
cc) Unerheblich ist auch die weitere von dem Kläger zu 1 aufgeworfene Frage danach, ob der Verwalter nach § 27 WEG ermächtigt ist, im Namen der [X.] der im [X.]sverfahren verklagten [X.] einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Hausverwaltung hat von die-ser Möglichkeit gerade keinen Gebrauch gemacht. Sie hat die Frage der Erklä-rung der Verteidigungsbereitschaft und der Beauftragung eines Rechtsanwalts vielmehr den Wohnungseigentümern vorgelegt und deren Entscheidung her-beigeführt. Die Ermächtigung der Verwaltung, einen Rechtsanwalt zu [X.], folgt deshalb unabhängig von den gesetzlichen Befugnissen aus der von den Wohnungseigentümern getroffenen Entscheidung.
3. Aus den vorgenannten Gründen scheidet eine Zulassung der Berufung auch unter den Gesichtspunkten der grundsätzlichen Bedeutung oder der Fort-bildung des Rechts aus.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts des [X.] beruht auf § 49a Abs. 1 Sätze 1 und 2 GKG. Maßgeblich ist danach die Hälfte des Interesses aller Parteien und Beigeladenen. Das entspricht auf der Grundlage der von dem Kläger zu 1 genannten Kosten der ersten Instanz ohne die Wohnungseigentü-merin, die sich selbst vertreten hat, einem Betrag von (6.037,47

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2 =)

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Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch beteiligten [X.] zu 1 nicht überstei-

Krüger
Schmidt-Räntsch
Roth

[X.]
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.02.2011 -
42 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 26.09.2011 -
9 [X.]/11 -

Meta

V ZB 242/11

10.05.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. V ZB 242/11 (REWIS RS 2012, 6506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6506

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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