Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2015, Az. 5 StR 109/15

5. Strafsenat | REWIS RS 2015, 12798

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
StR 109/15
vom
14. April 2015
in der Strafsache
gegen

wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 14. April 2015
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Flensburg vom 8.
Dezember 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO

a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Überlassung von Betäubungsmitteln zum unmittel-baren Verbrauch an Minderjährige in vier Fällen und der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige schul-dig ist, und

b)
mit den zugehörigen Feststellungen im gesamten Straf-ausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.

2.
Die weitergehende Revision wird nach §
349 Abs.
2 StPO verworfen.

-
3
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Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungs-mitteln an einen Minderjährigen in vier Fällen und Überlassung von Betäu-bungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch an einen Minderjährigen unter Ein-beziehung der Strafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheits-strafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Re-vision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte an vier Tagen den im Tatzeitraum März/April 2013
15-jährigen [X.] seiner früheren Lebensgefährtin Marihuana mitrauchen, das er für den gemeinsamen [X.] in eine Pfeife bzw. einen Joint gefüllt hatte (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe). Schließlich über-ließ er dem Jugendlichen, der an dem [X.] inzwischen Gefallen gefunden hatte, eine Menge von 6,6
Gramm Marihuana. Davon kon-sumierte der Jugendliche gemeinsam mit Mitschülern am 26.
April 2013, bevor das Rauschgift anschließend sichergestellt wurde ([X.] der Urteilsgründe).
2. Der Schuldspruch ist hinsichtlich der angewendeten [X.] des §
[X.] Abs.
1 Nr.
1 BtMG rechtsfehlerhaft und dem Antrag des [X.] entsprechend zu ändern. Danach hat der Angeklagte sich nur im [X.] der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige nach §
[X.] Abs.
1 Nr.
1 Fall
1 BtMG und in den ersten vier Fällen jeweils des [X.] von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Gebrauch an Minderjährige nach §
[X.] Abs.
1 Nr.
1 Fall
3 BtMG schuldig gemacht. Eine Abgabe von Betäu-bungsmitteln im Sinne dieser Vorschrift bedeutet jede [X.] an eine andere Person zur freien Verfügung. An der [X.] 1
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3
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4
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zur freien Verfügung fehlt es aber, wenn das Betäubungsmittel, wie dies der Angeklagte getan hat, zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle hingegeben wird; eine solche Fallgestaltung wird von der weiteren Tatbestandsvariante der [X.] erfasst (vgl. zur Abgrenzung [X.], Beschlüsse vom 8.
Juli 1998

3
StR 241/98, [X.], 347, und vom 5.
Februar 2014

1
StR 693/13, [X.], 717; [X.] in Körner/[X.]/[X.], BtMG, 7.
Aufl., §
[X.] Rn.
13 f.).
Der Richtigstellung des Schuldspruchs
steht §
265 StPO nicht entgegen.

3. Die Strafzumessungsentscheidungen weisen durchgreifende Rechts-fehler auf.
a) Das [X.] hat bei den einzelnen Taten jeweils das Vorliegen ei-nes minder schweren Falls im Sinne von §
[X.] Abs. 2 BtMG verneint und so-wohl bei der [X.] als auch bei der konkreten Strafzumessung als strafschärfenden Umstand berücksichtigt, dass der Angeklagte als Lebensge-

13). Diese Bewertung steht jedoch im Widerspruch zu den Feststellungen und den weite-ren Gründen des angefochtenen Urteils. Danach hat zwischen dem zur Tatzeit 25 Jahre alten Angeklagten und dem im großmütterlichen Haushalt lebenden

4) [X.]. Nach Überzeugung des [X.]s ist dem Angeklagten klar gewe-wenn es sich eher um eine kumpelhafte Beziehung als um eine väterliche han-

13). Hierfür hat sich das [X.] in der Beweiswürdigung er-sichtlich auch auf die Aussage der Großmutter und gesetzlichen Vertreterin des Jugendlichen gestützt. Nach deren Beschreibung des engen freundschaftlichen 4
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6
-
5
-

Verhältnisses, die in der Sache den Bekundungen des Jugendlichen selbst ent-spricht, seie

11).
b) Bei [X.] hat das [X.] zudem straferschwerend gewertet, dass es sich bei den vom Angeklagten überlassenen 6,6 Gramm Marihuana nicht mehr nur um eine geringe, sonUngeachtet seiner bereits zweifelhaften Annahme, bezüglich des hier zu beur-teilenden [X.] gelte eine Bruttogewichtsmenge von 6
Gramm als Obergrenze einer geringen Menge, wie sie in der Rechtsprechung für [X.] (Haschisch) bisweilen angenommen worden ist (vgl. BayObLG, NJW
2003, 1681; [X.], aaO, §
29 Teil
28 Rn.
39 mwN; siehe
aber auch [X.], Beschluss vom 20.
Dezember 1995

3 StR 245/95, [X.]St 42, 1, 10 f.), hat das [X.] damit einem

ohnehin nicht existenten (vgl. [X.], [X.] vom 10. April 1987

[X.], [X.]St 34, 345, 349 ff.)

der Tatbestandsverwirklichung strafschärfende Wirkung beigemessen. [X.] hat es gegen §
46 Abs.
3 StGB verstoßen.
c) Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das [X.] bei rechtsfehlerfreier Vorgehensweise zur Anwendung des §
[X.] Abs. 2 BtMG und deshalb zu milderen Einzelstrafen gelangt wäre.
d) Schon die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht der Gesamtfreiheits-strafe die Grundlage. Überdies kann der Ausspruch über die Gesamtstrafe auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil das [X.] bezüglich der nach §
55 Abs.
1 StGB einbezogenen Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten aus dem Urteil des [X.] vom 2.
Juli 2014 zwar das Delikt und die Tatzeit benannt, jedoch die herangezogenen wesentlichen Zumes-sungserwägungen nicht nachvollziehbar dargestellt hat. Das vorliegende Urteil 7
8
9
-
6
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lässt deshalb eine vollständige Überprüfung der Bildung der Gesamtfreiheits-strafe nicht zu (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12.
Mai 2009

4
StR 130/09,
[X.], 277, und vom 8.
Februar 2011

4 StR 658/10; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 5.
Aufl., Rn. 1475 mwN; [X.], StGB, 62.
Aufl., §
55 Rn.
17).
Schließlich hat das [X.] bei der Gesamtstrafenbildung strafschär-

14). Damit hat es rechts-fehlerhaft die einbezogene Strafe aus
dem Urteil des [X.] vom 2.
Juli 2014 als Vorstrafe gewertet und dabei verkannt, dass als solche nur eine Verurteilung, die vor der dem aktuellen Verfahren zugrunde liegenden Straftat erfolgt ist, in Betracht kommt.
[X.]
Dölp
König

Berger
Bellay
10

Meta

5 StR 109/15

14.04.2015

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2015, Az. 5 StR 109/15 (REWIS RS 2015, 12798)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12798

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