Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2015, Az. 1 StR 317/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 3387

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BUNDE[X.]GERIC[X.]T[X.][X.]OF

IM NAMEN DE[X.] VOLKE[X.]

URTEIL
1
[X.]tR
317/15

vom
26. Oktober
2015
in der [X.]trafsache
gegen

wegen unerlaubten [X.]andeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.

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-
Der 1.
[X.]trafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung
vom 15.
Oktober 2015, in der [X.]itzung am
26. Oktober 2015,
an denen
teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. [X.],
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke
und [X.]in am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],

[X.]taatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung vom

15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung vom

15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt

-
in der Verhandlung vom

15. Oktober 2015 -

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die
Revision des Angeklagten wird
das Urteil des [X.] [X.]
OPf. vom 13. März 2015 dahin geän-dert,
dass der Angeklagte des unerlaubten [X.]andeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, der unerlaubten ge-werbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an [X.] in 171 Fällen sowie des versuchten [X.] ei-nes Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten [X.]andel-treibens mit Betäubungsmitteln
schuldig i[X.]

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verwor-fen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.]
hat den Angeklagten wegen unerlaubten [X.]andeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in 176 Fällen, in 171 Fällen davon in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie des versuchten [X.] eines Minderjährigen zur Förderung des 1
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unerlaubten [X.]andeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheits-strafe von fünf Jahren verurteilt.

Dem Urteil ist eine verfahrensfördernde Verständigung gemäß § 257c [X.]tPO vorausgegangen, in der sich die Verfahrensbeteiligten für den Fall eines umfassenden Geständnisses des Angeklagten auf eine [X.]trafuntergrenze von vier Jahren und neun Monaten und eine [X.]trafobergrenze von fünf Jahren und drei Monaten geeinigt haben.

Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten,
mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im [X.]inne des § 349 Abs. 2 [X.]tPO.

I.

1. Das [X.] hat Folgendes festgestellt:

Der Angeklagte ist wegen Verstoßes gegen das [X.] vorbestraft. Er veräußerte von der Wohnung seiner Freundin aus im [X.]raum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. [X.]eptember 2014 [X.], vor allem Marihuana, und konsumierte dort gemeinsam mit anderen von ihm übergebene Betäubungsmittel. Er selbst konsumierte in diesem [X.]raum bis kurz vor seiner Inhaftierung nur synthetische Cannabisprodukte und kein Marihuana. Bei der [X.] konnte eine geringe Menge an 2
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Marihuana und ein Briefchen, in dem sich Methamphetamin befunden hatte, sichergestellt werden.

Das Marihuana von durchschnittlicher Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 10 % T[X.]C veräußerte er im [X.] im [X.]raum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. [X.]eptember 2014 in 171
Fällen an minderjähri-ge Abnehmer, deren Alter ihm jeweils bekannt war und die regelmäßig [X.] und 15 Euro je Gramm bezahlten; in fünf weiteren Fällen veräußerte er Marihuana an erwachsene Abnehmer.

Zu einem geringen Teil verkaufte er das Marihuana zum durchschnittli-chen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiter, ließ sich dann als Gegenleistungen Raumpflegedienste und Babysitterdienste für seinen am 11. Juni 2014 geborenen [X.] erbringen. Dabei handelte er in der Absicht, [X.] Abnehmer dauerhaft in seinem Kundenstamm zu halten, um mit ihnen fortan auch lukrative bzw. mit größeren Gewinnspannen versehene Geschäfte tätigen zu können.

Durch den Verkauf des [X.] wollte sich der Angeklagte, der als Auszubildender bei der Firma [X.] nur 670 Euro an Ausbildungsvergü-tung bezog und mit seiner Freundin zusammen wohnte, aber [X.]chulden in [X.]öhe von 1000 bis 1500 Euro hatte, eine zusätzliche Einkommensquelle verschaffen, um dadurch seinen eigenen Konsum von synthetischen Cannabisprodukten zu finanzieren. [X.]iervon konsumierte er regelmäßig etwa 15 Gramm innerhalb von zwei bis drei Tagen.

Im Einzelnen fanden folgende 171 Verkäufe von Marihuana an minder-jährige Abnehmer statt:
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Von Juni 2014 bis zum 18. [X.]eptember 2014 verkaufte der Angeklagte monatlich und damit in mindestens vier Fällen jeweils 2,4 Gramm Marihuana für 30 Euro an die beiden 14-jährigen Mädchen K.

und [X.].

.

Von Mitte August 2014 bis zum 18. [X.]eptember 2014 erwarb die
15-jährige

F.

wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht [X.] jeweils 1 bis 1,5 Gramm. Der [X.] betrug 12 Euro. In weiteren zehn Fällen erhielt sie jeweils eine Konsumeinheit unentgeltlich, da sie sich um das Baby des Angeklagten kümmerte und die Wohnung aufräumte.

Von Mitte August 2014 bis zum 18. [X.]eptember 2014 erwarb die 15-jährige

[X.]ö.

wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm zu je 12 Euro je Gramm.

Anfang
des Jahres 2014 veräußerte der Angeklagte 1 bis 1,5 Gramm
zu 15 bis 20 Euro an die 15-jährige L.

oder [X.].

.

Im [X.]raum Ende Juli/Anfang August 2013 veräußerte der Angeklagte in mindestens drei Fällen je 1 bis 2 Gramm zu 12 Euro je Gramm
an die
16-jährige

J.

.

Von [X.]eptember 2013 bis zum 18. [X.]eptember 2014 erwarb der 15-
bzw. 16-jährige

G.

vom Angeklagten fünf Mal monatlich und damit in [X.] 60 Fällen Marihuana zu je 10 bis 20 Euro und einem [X.] von 12 Euro je Gramm.
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Im [X.]raum von März 2014 bis zum 18. [X.]eptember 2014 erwarb der
16-
bzw. 17-jährige

Lu.

in mindestens zehn Fällen Marihuana zu einem Preis von 12 Euro je Gramm.

Im [X.]raum von Juli 2014 bis zum 18. [X.]eptember 2014 erwarb der
17-jährige

[X.].

in mindestens zwei Fällen je etwa 3 Gramm Marihuana zu je 40 Euro.

Mitte [X.]eptember 2014 veräußerte der Angeklagte 2,5 Gramm Marihuana für 30 Euro an einen 16-
oder 17-jährigen Jugendlichen mit dem Vornamen
[X.]i.

.

In der [X.] vom 9. Juli 2013 bis 18. [X.]eptember 2014 veräußerte der [X.] in 60 Fällen jeweils 1 bis 2 Gramm Marihuana zu einem [X.] von 10 Euro an die 15-
bzw. 16-jährige [X.]i.

.

Im [X.]raum von März 2014 bis 18. [X.]eptember 2014 veräußerte der [X.] in zwei Fällen je 1 Gramm Marihuana zu je fünf Euro an die 15-
bis 16-jährige

Fi.

. In zwei weiteren Fällen überließ er ihr eine geringe Menge Marihuana als
Gegenleistung dafür, dass sie
ihm half, die Wohnung aufzuräu-men.

Am 10. [X.]eptember 2014 beauftragte der Angeklagte telefonisch den
17-jährigen

[X.].

, sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umzuse-hen. Der Angeklagte wollte dadurch weitere Abnehmer für Marihuana akquirie-ren.

[X.].

wurde jedoch nicht tätig.

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In fünf Fällen veräußerte der Angeklagte Marihuana an erwachsene [X.]:

Am 3. [X.]eptember 2014 veräußerte er 2,15 Gramm Marihuana für 25 Eu-ro an

V.

.

Mitte 2014 veräußerte er an

A.

1 Gramm Marihuana für 10 bis 20 Euro.

Mitte [X.]eptember 2014 veräußerte er 4 Gramm Marihuana für 40 Euro an

Kö.

.

Mitte [X.]eptember 2014 veräußerte der Angeklagte 4 Gramm Marihuana für 50 Euro an

R.

.

Im August 2014 veräußerte er an

T.

Marihuana für 20 bis 25 Euro.

Dieses Geschäft findet sich in den Urteilsgründen allerdings nicht in den Feststellungen. Alle notwendigen Details wie Abnehmer, Preis, Menge und [X.] sind jedoch der Beweiswürdigung (UA [X.]. 14) zu entnehmen. Diese Tat wird auch in der rechtlichen Würdigung und in der [X.]trafzumessung erwähnt und es wird eine Einzelstrafe verhängt.

2. Die [X.]trafkammer hat in ihrer rechtlichen Würdigung nicht nur die Fälle, in denen der Angeklagte das für durchschnittlich 10 Euro je Gramm eingekaufte Marihuana für 12 Euro weiter verkaufte, als unerlaubtes [X.]andeltreiben mit [X.] gewertet, sondern auch die, in denen er zum durchschnittlichen 23
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Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiterveräußert hat. Zur Überzeugung der Kammer diente die Überlassung der Betäubungsmittel in [X.]n Fällen der [X.]icherung und Konsolidierung seines Kundenstamms. Das Tele-fonat mit

[X.].

sei Beleg dafür, dass der Angeklagte danach strebte, sei-nen [X.] auszubauen und seinen Umsatz auf längere [X.]icht gesehen zu steigern. Dafür spräche auch das geringe Einkommen des Ange-klagten als Auszubildender und die Tatsache, dass er mit Ausnahme des [X.] über keine weiteren Einkünfte verfügt hätte und für den Barunter-halt seines [X.]es habe aufkommen müssen. Auch in den Fällen, in denen der Angeklagte Abnehmern Marihuana im Gegenzug dafür überlassen habe, dass sie sich um seinen [X.] kümmerten und die Wohnung aufräumten, sei ein [X.]andeltreiben gegeben, denn er habe eine Dienstleistung in Gestalt von Baby-sitten und Raumpflege erlangt, die in der Regel nur gegen Entgelt erbracht würde und daher monetärem Entgelt gleichstünde.

Die [X.]trafkammer war auch davon überzeugt, dass der Angeklagte je-weils gewerbsmäßig
im
[X.]inne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte, soweit er Betäubungsmittel
an Minderjährige abgegeben hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Der Angeklagte habe glaubhaft eingeräumt, dass die Abgabe der Betäubungs-
sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu seiner Ausbildungsvergütung zu [X.]. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse sei diese zusätzliche [X.] von erheblichem Gewicht. Auch die in der Wohnung aufgefunde-nen [X.] und die vom Angeklagten aufgestellten Regeln, wie der Angeklagte sich auf eine Vielzahl von Kunden eingestellt hatte. Das [X.] mit dem minderjährigen

[X.].

, der sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umsehen sollte, spräche ebenfalls für [X.]. Es zeige, 31
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dass der Angeklagte seinen Kundenstamm habe erweitern und sich weitere Einnahmequellen habe erschließen wollen. Auch der zeitliche Rahmen von Juli 2013 bis Mitte [X.]eptember 2014, in welchem der Angeklagte Betäubungsmittel an die Abnehmer veräußerte und die Vielzahl der einzelnen Abnehmer sprä-chen stark für das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Abgabe der [X.]. [X.] setze auch nicht voraus, dass der Täter nur Bargeld anstrebte, es reichten auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen. Damit sei auch bei den Abnehmern von [X.] auszugehen, die Gegenleistungen erbracht hätten, welche für gewöhnlich

wie Babysitten und Raumpflege

nur gegen Entgelt erbracht würden. Außerdem habe die Abgabe der Betäubungsmittel in diesen Fällen auch der [X.]icherung seines Kundenstamms und der Bindung der Abnehmer an ihn gedient, damit diese auch weiterhin
Drogen von ihm bezögen, auch wenn es sich hierbei nur um Kleinstmengen handelte. Dass der Angeklagte bei diesen Abnehmern der-zeit noch keinen Gewinn erzielt habe, spräche nicht gegen die Annahme der [X.], weil es nur auf die Gewinnerwartung des [X.], also auf den Gewinn ankäme, den er erzielen wolle.

3. Bei der [X.]trafzumessung ist die [X.]trafkammer, soweit die Abnehmer in den [X.] Geburtstag hatten, zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass diese jeweils das neu erreichte Lebensalter bereits im ge-samten Tatzeitraum erreicht hatten. [X.]oweit sie bereits 16 oder 17 Jahre alt [X.], hat die [X.]trafkammer einen minder schweren Fall im [X.]inne des § 29a Abs.
1 Nr. 1, § 30 Abs. 1, 2 BtMG angenommen. Waren die minderjährigen [X.] erst 14 oder 15 Jahre alt, verblieb es bei dem [X.]trafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 2, § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht. Für diese 35 Fälle hat die [X.]trafkammer eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, für die 136 minder schweren Fälle eine [X.]
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heitsstrafe von einem Jahr, verhängt. [X.]oweit die Abnehmer volljährig waren, hat die [X.]trafkammer auf Geldstrafe erkannt; insoweit ist sie davon ausgegangen, dass die Indizwirkung des [X.] (§ 29 Abs. 3 [X.]atz 1, [X.]atz 2 Nr. 1 BtMG) entkräftet i[X.] [X.]oweit sich der Angeklagte nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht hat, hat die Kammer unter Verbrauch des vertypten [X.]trafmil-derungsgrundes des Versuchs einen minder
schweren Fall im [X.]inne des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Mona-ten verhängt.

II.

Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.

Eine formgerechte Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen [X.]achrüge hat keinen Rechts-fehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

1. Die rechtliche Bewertung des festgestellten [X.]achverhalts hält einer Nachprüfung stand.

a) Unerlaubtes [X.]andeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 BtMG)

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist [X.]andel-treiben im [X.]inne des § 29 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige,
auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BG[X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005

G[X.][X.]t 1/05, BG[X.][X.]t 50, 252, 256
mwN).
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Die Überzeugung der [X.]trafkammer, der Angeklagte habe eigennützig gehandelt, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Eigennützig-keit ist nach den Feststellungen auch in den Fällen gegeben, in denen der [X.] Marihuana zum Einkaufspreis oder darunter abgegeben hat oder ihm als Gegenleistung anderweitige Dienste erbracht wurden. Um eine bloße Gefäl-ligkeit handelte es sich nicht, denn er handelte mit dem Ziel,
die Abnehmer zu binden und mit ihnen später lukrativere Geschäfte abzuschließen.

b) Die [X.]trafkammer hat auch die Voraussetzungen gewerbsmäßigen [X.]andelns des Angeklagten im [X.]inne des § 29 Abs. 3 [X.]atz 2 BtMG hinreichend dargetan.

[X.] handelt ein Täter, wenn er sich durch wiederholte Tatbe-gehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Um-fang verschaffen will ([X.] Rspr.; vgl. [X.] in Körner/[X.]/[X.], BtMG, 7.
Aufl., § 29, Teil 26, Rn. 12).

Auch ein Kleindealer, der sich mit dem Verkauf kleiner Konsummengen Mittel zur
Befriedigung seiner [X.]ucht beschafft, kann gewerbsmäßig handeln ([X.] Rspr.; vgl. [X.] aaO § 29, Teil 26, Rn. 15, 17).

Zwar kann die [X.], die sich auch auf die Erzielung bloßer Nebeneinnahmen beziehen kann, dann einer eingehenden Begründung bedür-fen, wenn in Anbetracht der [X.] und der Tatfrequenz nur von ei-nem geringen Gewinn auszugehen ist (vgl. BG[X.], Beschlüsse vom 9. Mai 2012

4 [X.]tR 67/12, N[X.]tZ-RR 2012, 279
f. und
vom 20. März 2008

4 [X.]tR 63/08, N[X.]tZ-RR 2008, 212). [X.]o liegt
der Fall hier aber nicht. Das [X.] hat 38
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rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte in Gewinnerzielungsabsicht von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung im [X.]eptember 2014 in 176 Fällen an minderjährige Abnehmer
und in fünf weiteren Fällen an erwachsene Abnehmer Marihuana regelmäßig für 12 Euro bis 15 Euro je Gramm bei einem durch-schnittlichen Einkaufspreis von 10 Euro verkauft hat oder ihm bei niedrigeren Verkaufspreisen konkrete Gegenleistungen zugewendet wurden oder er durch den günstigen Preis seine Abnehmer an sich binden wollte, um zukünftig lukra-tivere Geschäfte abschließen zu können. Die die Annahme von Gewerbsmä-ßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte [X.] von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der [X.] und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse ([X.]chulden und geringes Ein-kommen) legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.

c) Der Angeklagte handelte auch gewerbsmäßig im [X.]inne des
§ 30 Abs.
1 Nr. 2 BtMG.

[X.] im [X.]inne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelt ein Täter dann, wenn er sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederholte [X.] gerade solcher [X.]andlungen verschaffen will, die den Tatbestand des §
29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllen (vgl. BG[X.], Urteil vom 24. Juli 1997

4 [X.]tR
222/97, [X.]tV 1997, 636; vgl.
BG[X.], Beschluss vom 13. Dezember 1995

2 [X.]tR 575/95, N[X.]tZ 1996, 285, 286). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Täter die erstrebten Einnahmen ausschließlich aus Rauschgiftgeschäften mit Minderjäh-rigen erzielen will, sondern es reicht aus, dass er sich fortlaufende Einnahmen auch aus derartigen Geschäften verschaffen will.
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Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er sich durch den wiederholten Verkauf von Marihuana an minderjährige Abnehmer eine fortlaufende Einnah-mequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zur Finanzierung seines eige-nen Drogenkonsums verschaffen wollte. Dass der Angeklagte auch zumindest bedingten Vorsatz hatte, liegt nahe, weil er insgesamt in 171 Fällen Marihuana an Minderjährige verkauft hat, diese also sein [X.]auptabnehmerkreis waren.

d) Die vom [X.] vorgenommene Bewertung, dass die 176 [X.] zueinander in Tatmehrheit (§ 53 [X.]tGB) stehen, hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand. Es ist nicht zu beanstanden, dass die [X.]trafkammer die Möglichkeit von
Bewertungseinheiten nicht erörtert hat.

Durch den Begriff der Bewertungseinheit werden alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Menge an Betäu-bungsmitteln richten, zu einer Tat des unerlaubten [X.]andeltreibens verbunden, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke ge-winnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbe-stand des [X.]andeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als unselbständige Teilakte im [X.]inne einer Bewertungseinheit alle späteren Veräußerungsgeschäfte, soweit sie dasselbe Rauschgift betreffen ([X.] Rspr.;
vgl. [X.], aaO, § 29, Teil 4, Rn. 409 mwN).

Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunk-te dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbe-nen Gesamtmenge herrühren ([X.] Rspr.;
vgl. z.B. BG[X.], Beschluss vom 23. Mai 2012

5 [X.]tR 12/12, N[X.]tZ 2012, 517 mwN;
vgl. [X.], aaO, § 29, Teil 4, Rn.
412 mwN).
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Die bloße Möglichkeit, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge ent-nommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine
konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten er-worbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt dabei nicht in Betracht, auch der [X.] gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitli-chen Tat ([X.] Rspr.;
vgl. z.B. BG[X.], Beschluss vom 23. Mai 2012

5 [X.]tR 12/12, N[X.]tZ 2012, 517 f. mwN;
[X.], aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).

[X.]olche Anhaltspunkte fehlen. Die [X.]trafkammer ist von wöchentlichen Erwerbsvorgängen des Angeklagten von fünf bis zehn
Gramm
Marihuana aus-gegangen, die nahezu vollständig zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorge-sehen waren; nur ein geringfügiger Teil wurde in der Wohnung konsumiert oder verschenkt.

Dass die von dem Angeklagten
verkauften Kleinmengen sämtlich oder auch nur mehrere von ihnen aus einer einheitlich erworbenen Vorratsmenge stammen, hat die [X.]trafkammer nicht festgestellt. Dabei ist davon auszugehen, dass bereits die Erwerbsvorgänge nicht festgestellt werden konnten.

von einer Person, welche er namentlich nicht nennen wolle, erworben habe. Er würde mit Marihuana und Kräutermischungen handeln, die er zu einem [X.] von durchschnittlich 10 Euro

i-aber seiner
Einschätzung nach im Durchschnitt 10 Euro betragen. Er habe wö-chentlich 5 bis 10 Gramm Marihuana erworben.
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Eine genaue Zuordnung
des in unterschiedlichen Mengen eingekauften [X.] zu den zeitlich nicht näher festgelegten Einzelverkäufen, die [X.] ebenfalls nicht mehr genau festgestellt werden können, lässt diese Einlassung und lassen auch die Angaben der einzelnen Käufer, soweit sie er-mittelt werden konnten, nicht zu.

Der [X.] gebietet es nicht, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen, nur weil eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass diese ganz oder teilweise
aus einer einheitlich erwor-benen Menge stammen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass jeweils eine gewisse

freilich kaum konkret quantifizierbare

Anzahl der abgeurteilten Ver-kaufs-
bzw. [X.] aus einheitlichen Vorräten stammen könnten, kann kein unverhältnismäßiger Aufwand verlangt werden, um eventuell eine Bewer-tungseinheit
festzustellen ([X.] Rspr.; vgl. BG[X.], Urteil vom 10. Juni 1997

1 [X.]tR 146/97,
N[X.]tZ-RR 1997, 344;
Beschluss vom 29. Mai 2012

1 [X.]tR 178/12,
N[X.]tZ-RR
2012, 280, 281;
zusammenfassend
[X.], aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN). Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass naheliegende [X.] nicht ausgeschöpft worden wären; vielmehr steht [X.] der Einlassung des Angeklagten, den Erkenntnissen der Telefonüberwa-chungen und den Angaben der Abnehmer, soweit sie ermittelt werden konnten, fest, dass die [X.] ausgeschöpft sind.

Der Frage, unter welchen Umständen dann gleichwohl im Wege einer [X.]chätzung Feststellungen hinsichtlich einer (oder mehrerer) Bewertungsein-heit(en) zu treffen sind (vgl. z.B. BG[X.], Beschluss vom 5. März 2002

3 [X.]tR 491/01, [X.], 1810 f.), braucht der [X.]enat hier nicht nachzugehen.

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Die Feststellungen zur Menge des abgegebenen [X.] sind nicht annähernd deckungsgleich mit den Feststellungen zur Menge des erworbenen [X.]. Vielmehr ist, wie schon die unterschiedlichen Mengen von erwor-benem und abgegebenem Rauschgift
zeigen, insgesamt nur ein begrenzter Teil der auf Erwerb und Abgabe bezogenen [X.]andlungen
des Angeklagten erfas[X.]

Es
fehlen somit tatsächliche Grundlagen für eine tragfähige [X.]chätzung dafür, welche und wie viele der zahlreichen abgegebenen Einzelmengen jeweils aus einem Erwerbsvorgang stammen und wie dies abzugrenzen und zeitlich einzuordnen wäre. Es käme daher lediglich eine willkürliche Zusammenfassung in Betracht, die rechtlich aber nicht zulässig ist ([X.] Rspr.;
BG[X.], Urteile vom
10. Juni 1997

1 [X.]tR 146/97,
N[X.]tZ-RR 1997, 344 und vom
16. November 2005

2 [X.]tR 296/05,
N[X.]tZ-RR 2006, 55;
Beschlüsse vom 26. Mai 2000

3 [X.]tR 162/00, N[X.]tZ 2000, 540, 541 und vom 29. Mai 2012

1 [X.]tR 178/12, N[X.]tZ-RR
2012, 280, 281).

e) Allerdings kann unerlaubtes (gewerbsmäßiges) [X.]andeltreiben mit [X.] nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtMG nicht in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG verwirklicht werden. Denn der Grundtatbe-stand des [X.]andeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 BtMG tritt ein-schließlich der in § 29 Abs. 3 BtMG enthaltenen Zumessungsregeln hinter ei-nem der in §§ 29a, 30 und 30a BtMG aufgeführten [X.], hier also des
§ 29a Abs. 1, § 30 BtMG, zurück. Die Erfüllung des [X.] der [X.] im [X.]inne des § 29 Abs. 3 [X.]atz 2 Nr. 1 BtMG behält aber für die [X.]trafbemessung innerhalb des in dem [X.] vorgese-henen [X.]trafrahmens
Bedeutung (vgl. BG[X.], Beschlüsse vom 17. [X.]eptember 56
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1993

4 [X.]tR 509/93, N[X.]tZ 1994, 39
und vom 21. Dezember 1995

1 [X.]tR 697/95, [X.]tV 1996, 267;
[X.], aaO, § 30, Teil 6, Rn. 69 mwN).

2. Die [X.]trafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Die [X.]trafrahmenwahl ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hält rechtlicher Nach-prüfung stand.

Die [X.]trafzumessung unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Es ist grundsätzlich [X.]ache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der [X.]auptverhandlung von der Tat und der Person des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu [X.] und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] in die [X.]trafzumessung ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich [X.] sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte [X.]trafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte [X.]trafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter [X.]chuldausgleich
zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräum-ten [X.]pielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist [X.]. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vor-genommene Bewertung bis an die Grenze des [X.] hinnehmen ([X.] Rspr.; vgl.
z.B. BG[X.], Urteil
vom 29. Juni 2005

1 [X.]tR 149/05, N[X.]tZ 2006, 568). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BG[X.], Urteile
vom 24. März 1999

3 [X.]tR 556/98,
wistra 1999, 297, 298 und
vom 29. Juni 2005

1 [X.]tR 149/05, N[X.]tZ 2006, 568).
59
60
-
19
-

[X.]oweit das [X.] in 171 Fällen Tateinheit zwischen unerlaubtem (gewerbsmäßigem) [X.]andeltreiben und unerlaubter (gewerbsmäßiger) Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige
angenommen hat, ist die [X.]trafzumes-sung dennoch fehlerfrei, weil die Erfüllung des Tatbestands des
gewerbsmäßi-gen [X.]andeltreibens
im [X.]inne des § 29 Abs. 1, Abs. 3 [X.]atz 2 Nr. 1 BtMG in der [X.]trafbemessung berücksichtigt werden darf.

Der [X.]enat hat den Tenor entsprechend geändert.
§ 265 [X.]tPO steht der [X.]chuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den ge-änderten [X.]chuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen kön-nen.

61
62
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20
-
III.

Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Ange-klagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen
Kosten
und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1
und
4
[X.]tPO).
Raum [X.] Jäger

Radtke [X.]
63

Meta

1 StR 317/15

26.10.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2015, Az. 1 StR 317/15 (REWIS RS 2015, 3387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3387

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Referenzen
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4 StR 67/12

5 StR 12/12

1 StR 178/12

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