Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2015, Az. 3 StR 103/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 13050

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 103/15
vom
2. April 2015
in der Strafsache
gegen

wegen besonders schweren Raubes
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 2.
April 2015 gemäß § 349 Abs.
2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5.
November 2014 aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungs-anstalt abgelehnt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten schuldig gesprochen des beson-ders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung "und des Sichverschaffens" [gemeint: und mit Sichverschaffen] von Betäubungsmitteln" und gegen ihn eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten [X.]. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Sie wendet sich zwar mit Einzelausführungen nur dagegen, dass eine Unterbringung des Ange-klagten in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist; indes erhebt sie auch die allgemeine Sachbeschwerde und ist mit dem Antrag verbunden, das 1
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Urteil insgesamt aufzuheben und die Sache an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückzuverweisen. Damit ist die Revision zulässig (zur Unzuläs-sigkeit einer ausschließlich gegen die Ablehnung einer Unterbringung gerichte-ten Revision des Angeklagten vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Oktober 2012
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3 [X.] juris). Sie hat nur in dem aus der Entscheidungsformel ersicht-lichen Umfang Erfolg.
Während der Schuld-
und der Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweisen, kann das Urteil nicht bestehen bleiben, soweit das [X.] eine Entscheidung über die Unterbringung des Ange-klagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat.
1. Die Strafkammer hat das Vorliegen eines Hangs im Sinne von §
64 StGB beim Angeklagten verneint und dazu ausgeführt, der Angeklagte konsu-miere zwar "in erheblichem Umfang und regelmäßig Alkohol und Cannabis, wobei der [X.] auch Hintergrund für Straftaten" sei. Allerdings nehme "der [X.] bei ihm keine derart zentrale Stellung ein, wie es erforderlich wäre". Dies ergebe sich "aus den umfassenden Ausführungen des Sachverständigen", denen die Kammer folge. Die "Substanzabhängigkeit" des Angeklagten sei deshalb "für die Kammer ebenso nachvollziehbar wie die Schlussfolgerung, dass hierdurch ein Hang im Sinne des §
64 StGB nicht bedingt" werde (UA S.
26).
2. Dem stehen in zweierlei Hinsicht durchgreifende [X.] entgegen.
a) Zum einen ist das
[X.] von einem zu engen Begriff des Hangs ausgegangen. Hierfür ausreichend ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückge-hende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu 2
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konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen [X.] erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits-
und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungs-kriminalität ([X.], Urteil vom 10.
November 2004 -
2 [X.], [X.], 210). Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass es sich bei der Tat um eine solche, der Befriedigung des eigenen Drogenkonsums dienende Kriminalität handelte. Der Angeklagte konsumierte ab dem Alter von 17 Jahren "regel-mäßig" Haschisch. Auch nach Abschluss seiner Ausbildung im Jahr 2010 "trank er viel und nahm Drogen" (UA S.
4). Dementsprechend musste er schon im Alter von 15 Jahren wegen Besitzes und Einfuhr von Betäubungsmitteln nach §
45 JGG ermahnt werden, 2007 wurde er wegen Besitzes von [X.] zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten und 2013 unter anderem wegen desselben Delikts zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Tat beging der Angeklagte mit seinen beiden Mittätern, um Betäubungsmittel und Geld zu erbeuten. Den Alkohol-
und Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten hat das [X.] deshalb auch als "Hintergrund" der Tat und diese wiede-rum im Rahmen der Rechtsfolgenentscheidung betreffend den Mitangeklagten B.

auch als "Beschaffungstat" eingeordnet (UA S.
26).
Soweit das [X.] darauf abstellt, dass der Substanzmissbrauch des Angeklagten nicht "in einem solchen Ausmaß im zentralen Mittelpunkt von dessen Lebensführung" stehe, "dass sich daraus ein unmittelbarer, ständiger, seine [X.] und persönlichen Handlungsfähigkeiten beeinträchtigender [X.] oder schädlicher Einfluss" ergeben habe (UA S.
25), wird dies von den Feststellungen, die zu den persönlichen Umständen des Angeklagten wenig 6
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enthalten, nicht belegt. Hinzu kommt, dass in einer erheblichen Beeinträchti-gung der Gesundheit, Arbeits-
und Leistungsfähigkeit durch den [X.] zwar ein Indiz für die Existenz eines Hangs liegt, dessen Fehlen indes den Hang nicht ausschließt ([X.], Urteil vom 15.
Mai 2014 -
3 [X.], NStZ-RR
2014, 271 (nur [X.])).
b) Zum anderen leidet das Urteil an einem Darstellungsmangel: Wenn sich der [X.] ohne weitere eigene Erwägungen den Ausführungen des Sachverständigen angeschlossen hat, dann muss er im Urteil die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen so wiederge-geben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschlüsse vom 6.
Mai 2014
-
5 [X.], [X.], 244; vom 17.
Juni 2014 -
4 [X.],
[X.], 305, 306; vom 19.
November 2014 -
4 StR 497/14, [X.], 71 (nur [X.])). Dies ist hier unterblieben.
3. Ob die Voraussetzungen für die
Unterbringung in einer Entziehungs-anstalt vorliegen, bedarf deshalb -
mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a StPO) -
der erneuten Prüfung durch den Tatrichter.
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Der Senat schließt aus, dass die rechtsfehlerhafte Ablehnung der [X.] Einfluss auf den
Strafausspruch gehabt hat.

[X.] Hubert

Mayer

Ri[X.] Gericke befindet sich

im Urlaub und ist deshalb

gehindert zu unterschreiben.

Schäfer
9

Meta

3 StR 103/15

02.04.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2015, Az. 3 StR 103/15 (REWIS RS 2015, 13050)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13050

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 386/13

5 StR 168/14

4 StR 171/14

4 StR 497/14

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