Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2010, Az. XI ZR 184/09

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7913

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 184/09 vom 30. März 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Grüneberg und [X.] am 30. März 2010 beschlossen: Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des [X.] vom 15. Mai 2009 wird als unzulässig verworfen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.000 •. Gründe: [X.] Die Parteien streiten, ob die beklagte Bank, bei der der Kläger ein Giro-konto unterhält, von dessen Betreuer bei jedem Rechtsgeschäft, das dieses Konto betrifft, die Vorlage des [X.] verlangen darf. 1 Der Prozessbevollmächtigte des [X.] wurde für den Bereich der [X.] als dessen Betreuer bestellt. Die Beklagte verlangte von ihm, bei 2 - 3 - jeder Weisung im Rahmen des zwischen der Beklagten und dem Kläger beste-henden Girovertrags den Betreuerausweis im Original vorzulegen. 3 Die von dem Kläger dagegen erhobene Feststellungsklage ist von dem Amtsgericht abgewiesen worden. Auf die Berufung des [X.], mit der dieser seinen Feststellungsantrag teilweise weiterverfolgt hat, ist der Klage stattgege-ben worden. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte nicht [X.] sei, die Entgegennahme und vertragsgerechte Umsetzung rechtsge-schäftlicher Erklärungen des Betreuers von der Vorlage eines Betreuerauswei-ses abhängig zu machen, wenn der Beklagten dieser Ausweis einmal vorgelegt worden sei. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Beklagte die Zulassung der Revision, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage erreichen will. I[X.] Die Beschwerde ist unzulässig, da die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erfor-derliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 • nicht erreicht ist. 4 1. Das mit der Beschwerde verfolgte Interesse an der Vorlage der [X.] ist nach § 3 ZPO zu schätzen, da nicht gemäß § 6 ZPO um den Besitz einer Urkunde gestritten wird und die Urkunde als solche keinen eigenen wirtschaftlichen Wert verkörpert (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 1997 - [X.]I ZR 233/96, NJW-RR 1997, 648; [X.]/[X.], ZPO, § 3 Rn. 219, § 6 Rn. 4; [X.], [X.] für den Zivilprozess, 12. Aufl., Rn. 2696 f.). [X.] richtet sich nach den Nachteilen, die sie durch die angegriffene Entscheidung erleiden würde, wenn diese in Rechtskraft erwächst 5 - 4 - (vgl. [X.]/[X.], ZPO, § 2 Rn. 5; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., vor § 511 Rn. 19b). 6 2. Maßgebend ist damit das Interesse der beklagten Bank, im [X.] zum Kläger auch nach einmaliger Prüfung des [X.] des-sen erneute Vorlage bei jeder nachfolgenden Verfügung des Betreuers verlan-gen zu dürfen. Es liegen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vor, die es nach § 3 ZPO rechtfertigen könnten, den die Beklagte durch die Entscheidung des Land-gerichts insoweit treffenden wirtschaftlichen Nachteil mit mehr als 20.000 • an-zusetzen. Mit der Abweisung der Klage würde die Beklagte zusätzlichen Ge-schäftsaufwand vermeiden, der für die laufende Prüfung der Vollmacht des Be-treuers entsteht. Dazu hat die Beklagte jedoch nichts vorgetragen, [X.] nicht dargetan, dass für die Überprüfung, ob die Bestellung des Betreuers nach einmaliger Vorlage der Bestellungsurkunde aufgehoben oder der [X.] geändert worden ist, konkrete Kosten anfallen, die den Betrag von 20.000 • übersteigen. Es besteht auch ansonsten kein Anhalts-punkt, dass diese denkbare Erschwernis bei der laufenden Prüfung der Betreu-ervollmacht zusätzliche Verwaltungskosten in dieser Höhe auslösen könnte. 7 3. [X.] ist - entgegen der Ansicht der Beschwer-de - nicht nach deren Interesse zu bestimmen, vor Anweisungen eines nicht mehr bevollmächtigten Betreuers im [X.] geschützt zu sein. Dies kann nämlich die Beklagte durch die streitige Prüfungspraxis, vor jeder [X.] Verfügung den Betreuerausweis im Original einzusehen, nicht erreichen, da die Bestellungsurkunde eines Betreuers nach § 69b Abs. 2 [X.] aF bzw. § 290 FamFG keine Vollmachtsurkunde im Sinne der §§ 172 ff. [X.] ist (vgl. [X.]/[X.], Freiwillige Gerichtsbarkeit, 9. Aufl., § 290 FamFG Rn. 1; 8 - 5 - [X.]/[X.], 3. Aufl., § 290 FamFG Rn. 1; Prütting/ [X.]/[X.], FamFG, § 290 Rn. 13; [X.]/Weinreich/Rausch, FamFG, 2. Aufl., § 290 Rn. 1). 9 a) Beruht die Vertretungsmacht nicht auf der Erteilung einer Vollmacht durch den Vertretenen, sondern - wie hier - auf gesetzlicher Grundlage, so scheidet eine Zurückweisung der Vollmacht nach § 174 [X.] aus; die mit der Inanspruchnahme gesetzlicher Vertretung verbundene Unsicherheit, ob die Ver-tretungsmacht wirksam besteht, wird dem Empfänger der Erklärung zugemutet (siehe [X.], Urteil vom 9. November 2001 - [X.] 4/01, [X.], 2442, 2443; für Vormundschaft und Pflegschaft bereits [X.], 263, 265 ff.; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 290 FamFG Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 174 Rn. 4; [X.]/Schilken, [X.] (2009), § 174 Rn. 6, [X.] m.w.N.). b) Zudem könnte sich die Beklagte selbst im Falle einer Vorlage des [X.] nicht nach § 172 [X.] auf eine mit der Bestellungsurkunde verknüpfte Rechtsscheinwirkung berufen, da diese einer rechtsgeschäftlichen Vollmachtsurkunde nicht gleichsteht (vgl. BayObLG, [X.], 1059, 1060; [X.], 263, 265 ff.; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 172 Rn. 3; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 290 FamFG Rn. 1; [X.]/ [X.], [X.], 69. Aufl., § 172 Rn. 2; [X.]/Schilken, [X.] (2009), § 172 Rn. 1). 10 4. Die Ansicht der Beklagten, ihre Beschwer müsse sich nach dem Ge-samtwert aller bei ihr geführter Konten richten, über die gegenwärtig ein Be-treuer verfügen könne, verkennt, dass nach § 2 ZPO auch für die Bemessung der Beschwer der beklagten Partei auf die aus der Entscheidung zum unmittel-baren Gegenstand des Verfahrens entstandenen Nachteile abzustellen ist (vgl. 11 - 6 - [X.], Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 2 ZPO Rn. 14). Tatsächliche oder rechtliche Auswirkungen der Entscheidung auf [X.] Rechtsverhältnisse bleiben dabei außer Betracht ([X.]Z 128, 85, 88 f.; [X.], aaO § 2 ZPO Rn. 14; [X.]/[X.], ZPO, § 3 Rn. 5; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 3 Rn. 7). Ein wirtschaftliches Interesse der Beklagten an einer Klärung, ob sie in ihrem gesamten Geschäftsfeld die Vorla-ge der Bestellungsurkunde bei jeder Verfügung eines Betreuers verlangen kann, beeinflusst damit die Beschwer der Beklagten im vorliegenden Rechts-streit nicht, da das Berufungsurteil ausschließlich Ansprüche aus dem zwischen den Parteien geschlossenen konkreten Girovertrag betrifft. [X.] Joeres [X.] Grüneberg [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.12.2008 - 5 C 5206/08 (X[X.]II) - [X.], Entscheidung vom 15.05.2009 - 13 S 62/09 -

Meta

XI ZR 184/09

30.03.2010

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2010, Az. XI ZR 184/09 (REWIS RS 2010, 7913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7913

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI ZR 184/09 (Bundesgerichtshof)

Beschwer einer Bank durch ein Urteil auf Feststellung der fehlenden Verpflichtung eines Betreuers zur Vorlage …


XI ZR 74/05 (Bundesgerichtshof)


IV ZR 99/18 (Bundesgerichtshof)


X B 7/20 (Bundesfinanzhof)

Zur Beschwerdebefugnis der Verfahrensbeteiligten bei Aufhebung des Beschlusses, mit dem dem Zeugen die durch sein …


IV ZR 99/18 (Bundesgerichtshof)

Schriftliche Vollmacht des Betreuten bei Bezugsrechtsänderung eines Lebensversicherungsvertrages erforderlich


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XI ZR 184/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.