Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.04.2011, Az. IV ZR 232/09

4. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7872

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Gegenstand

Erbvertrag: Beeinträchtigung des Vertragserben durch spätere testamentarische Verfügung


Leitsatz

Ob eine spätere testamentarische Verfügung des Vertragserblassers den Vertragserben i.S. von § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB beeinträchtigt, ergibt sich aus dem Vergleich der im Erbvertrag und dem Testament festgelegten Rechtsstellung des Erben (hier: Auswechslung von Testamentsvollstreckern) .

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 23. November 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die [X.]vollstreckung über den Nachlass des am 20. Juli 1951 verstorbenen ehemaligen Kronprinzen [X.] (Erblasser), dem ältesten [X.] des 1941 verstorbenen ehemaligen [X.] Kaisers [X.] Die Beklagte ist die dritte Ehefrau des ältesten [X.]es des am 25. September 1994 verstorbenen [X.], der wiederum zweitältester [X.] des Erblassers war. Die Kläger zu 2 und 3 begehren unter Berufung auf ihr Amt als [X.]vollstrecker des Erblassers die Herausgabe eines von der Beklagten mit ihrem Ehemann bewohnten [X.], das nach ihrer Behauptung zum Nachlass gehört.

2

Der Ehemann der Beklagten wurde 2008 rechtskräftig zur Herausgabe des Grundstücks verurteilt (KG Urteil vom 14. Juli 2008 - 12 U 221/04, [X.], 528 = [X.], 62 f. = juris), nachdem der [X.] zuvor die Fortdauer der [X.]vollstreckung bis zum Tode des letzten [X.]vollstreckers, der innerhalb von 30 Jahren seit dem Erbfall zum [X.]vollstrecker ernannt wurde, bestätigt hatte ([X.], 346).

3

Die Beklagte hält - neben anderen Einwänden - die Kläger schon nicht für prozessführungsbefugt. Dem Streit der Parteien um die wirksame Berufung der [X.]vollstrecker in ihr Amt liegen zwei letztwillige Verfügungen des Erblassers aus den Jahren 1938 und 1950 zugrunde. 1938 schloss dieser mit seinem [X.] unter Beteiligung von [X.] einen Erbvertrag. Darin wurde [X.] zum alleinigen Erben eingesetzt (§ 1 Abs. 1 Satz 1) mit verschiedenen Vor- und Nacherbschaftsregelungen unter Einbeziehung der Grundsätze der "alten Hausverfassung des brandenburg-[X.] Hauses"; die Erbfolge nach dem Erblasser ist nach wie vor umstritten. Zur Ausführung seines letzten Willens ordnete er [X.]vollstreckung an. Dazu heißt es auszugsweise:

"§ 4.

Der Kronprinz ordnet zur Ausführung seines letzten Willens eine [X.]vollstreckung an, ...

§ 5.

Zu [X.]vollstreckern werden ernannt:

1. der jeweilige Erbe, sofern er das 28. Lebensjahr vollendet hat,

2. Prinz [X.] von Preußen,

3. Generalmajor [X.] von D.,

4. Major [X.].

Falls die zu 2 bis 4 Genannten vor oder nach dem Erbfall wegfallen, treten an die Stelle:

a) des zu 2 Genannten: der Älteste der in § 2 als Nacherben berufenen Familienmitglieder aus dem Mannesstamm des Kronprinzen,

b) des zu 3 Genannten: sein jeweiliger Amtsnachfolger in der Generalverwaltung des vormals regierenden [X.] Königshauses, und zwar während seiner Amtszeit,

c) des zu 4 Genannten: Rechtsanwalt [X.].

Wenn für den zu 4 Genannten ein [X.] nicht vorhanden ist, haben die jeweils vorhandenen [X.]vollstrecker durch eine gemeinschaftliche öffentlich-beglaubigte Erklärung, die dem Nachlaßgericht einzureichen ist, den fehlenden [X.] zu ernennen. Die Erklärung kann in der gleichen Weise widerrufen oder ersetzt werden. Falls eine Lücke entsteht, die nach den vorstehenden Bestimmungen nicht ausgeführt werden kann, insbesondere wenn die [X.]vollstrecker sich nicht einigen oder die gemeinschaftliche Erklärung nicht binnen Monatsfrist nach Aufforderung durch einen [X.]vollstrecker eingereicht wird, wird das Nachlaßgericht ersucht, nach Anhörung der [X.]vollstrecker und des jeweiligen Erben einen Ersatz-[X.]vollstrecker zu ernennen.

§ 6.

Die [X.]vollstrecker üben ihr Amt gemeinschaftlich aus. Sie fassen ihre Beschlüsse, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach Stimmenmehrheit. Ist der Erbe [X.]vollstrecker, so ist er Chef der Verwaltung, hat den Vorsitz und entscheidet bei Stimmengleichheit. ...

§ 7.

Die [X.]vollstrecker führen ihr Amt ehrenamtlich aus, sie können aus besonderen Gründen durch einstimmigen Beschluss eine Vergütung bewilligen.

§ 8.

Die [X.]vollstrecker haben folgende Aufgaben:

1) Die Ausführung der letztwilligen Verfügungen, soweit sie gemäß § 4 der [X.]vollstreckung unterliegen,

...

Die Verwaltung der [X.]vollstrecker soll so lange bestehen, als es das Gesetz zuläßt (BGB § 2210), also mindestens 30 Jahre nach dem Tod des Kronprinzen, mindestens bis zum Tod des Erben (Nacherben) und mindestens bis zum Tode der [X.]vollstrecker oder ihrer Nachfolger.

..."

4

In dem 1950 errichteten Testament traf der Erblasser mit Blick auf die "seit 1945 eingetretenen Veränderungen der politischen Verhältnisse in [X.]" und die Änderung seiner "Vermögensverhältnisse durch außergewöhnliche Vermögensverluste im Osten" und der damit veränderten "Geschäftsgrundlage für die damals getroffenen Verfügungen", unter anderem folgende Regelungen:

"1.

Das Vertragswerk 1938 wird aufrechterhalten. Universalerbe von [X.] bleibt sonach mein [X.] Prinz Louis Ferdinand von Preußen nach Maßgabe des Erbvertrages vom 23.XI.1938.

..."

5

Nr. 2 bis 5 des [X.] betreffen Vermächtnisse zugunsten seiner Ehefrau und Kinder.

"6.

In Abänderung des Paragraphen 5 des Erbvertrages von 1938 werden als [X.]vollstrecker für die Ausführung des Erbvertrages von 1938 und dieser letztwilligen Verfügung ernannt:

1). C. H. Graf von H.

2). Dr. H. J.

3). Rechtsanwalt [X.] von S.

Zu [X.]n ernenne ich:

für den [X.]vollstrecker zu 1):

K. von S.

für den [X.]vollstrecker zu 2.):

Herrn O. M.

für den [X.]vollstrecker zu 3.):

Rechtsanwalt [X.] von G.

Sind ein oder mehrere [X.]vollstrecker oder [X.] fortgefallen oder erfolgt dies während der Dauer der [X.]vollstreckerschaft, so soll der Präsident des [X.] Bundesgerichts auf Vorschlag der noch vorhandenen [X.]vollstrecker [X.] ernennen.

7.

Die Befugnisse der [X.]vollstrecker ergeben sich aus dem Erbvertrag 1938.

..."

6

Die vom Erblasser persönlich ernannten [X.]- und [X.] sind inzwischen weggefallen. Die noch amtierenden [X.]vollstrecker haben nach Bestimmung durch den Präsidenten des [X.]s - 1975 der Kläger zu 2 und 2008 der Kläger zu 3 - ihr Amt angetreten.

7

Das [X.] hat ihre Prozessführungsbefugnis bejaht und der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dies wegen nicht wirksamer Besetzung des [X.]vollstreckergremiums verneint und die Klage abgewiesen. Mit der hiergegen gerichteten Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

9

I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 498 abgedruckt ist, hat ausgeführt:

Anders als vom 12. Senat des [X.] in dem rechtskräftigen Urteil gegen den Ehemann der [X.] (aaO juris Rn. 54) angenommen, sei die Frage der richtigen Besetzung des [X.] wegen der davon abhängigen Prozessführungsbefugnis vom Prozessgericht zu prüfen, ohne insoweit an Entscheidungen des Nachlassgerichts gebunden zu sein.

Die Kläger seien nicht wie im Fall des § 2200 [X.] vom Nachlassgericht ernannt worden, sondern gemäß § 2198 Abs. 1 [X.] durch einen [X.]. Mangels rechtsgestaltender Entscheidungen des Nachlassgerichts scheide eine Bindung des [X.] hier aus.

Den klagenden Ersatztestamentsvollstreckern fehle die Prozessführungsbefugnis. Für ihre Ernennung durch den Präsidenten des [X.] auf Vorschlag eines ebenfalls falsch besetzten [X.] habe es keine Grundlage gegeben. Die von § 5 des Erbvertrages abweichenden Bestimmungen in Nr. 6 des [X.] seien gemäß § 2289 Abs. 1 Satz 2 [X.] unwirksam. Dem [X.] sei durch das spätere Testament seine im Erbvertrag vorgesehene starke Stellung als Mittestamentsvollstrecker genommen worden. Er habe dadurch die Möglichkeit verloren, direkten Einfluss auf die Verwaltung des Nachlasses auszuüben. Für ihn als [X.] habe zudem die Gefahr bestanden, dass eine [X.]vollstreckung ausschließlich durch familienfremde Personen eine nicht mehr an den Interessen des [X.] gemäß dem Verständnis des jeweiligen Erben orientierte Eigendynamik entwickle.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Kläger sind prozessführungsbefugt.

Für ihre Ernennung zu Ersatztestamentsvollstreckern bildet der Erbvertrag i.V. mit dem Testament die maßgebliche Rechtsgrundlage. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Vertragserbe sei durch die Änderungen des [X.] einschließlich der Nachfolgeregelung vom [X.] in seinen Rechten beeinträchtigt worden, trifft nicht zu. Die im Erbvertrag festgelegte Stellung des [X.] als Mittestamentsvollstrecker wird durch das Testament nicht berührt. Auf Fragen etwaiger Bindungen des [X.] durch Entscheidungen des Nachlassgerichts kommt es daher nicht an.

1. Das Berufungsgericht beachtet bereits nicht hinreichend, dass die im Testament zur [X.]vollstreckerernennung getroffenen einzelnen Verfügungen separater rechtlicher Beurteilung unterliegen. Die von ihm lediglich in den Blick genommene Beeinträchtigung des [X.] durch Entzug der [X.]vollstreckerbefugnis hätte nur zur Folge, dass dem [X.] diese Rechtsstellung aus § 5 Nr. 1 des Erbvertrages verblieben wäre. Die Wirksamkeit der übrigen testamentarischen Verfügungen zur Umbesetzung der drei weiteren [X.]vollstrecker mit gesonderten Nachfolgeregelungen wäre davon nicht berührt. Das Berufungsgericht befasst sich damit nicht. Die von ihm allein herangezogene Begründung für eine falsche Besetzung des [X.] seit 1951 aufgrund einer Unwirksamkeit des [X.] insgesamt trägt mithin nicht.

2. Aus der Natur des Erbvertrages als einer "wirklich vertraglichen letztwilligen Verfügung" ([X.], 204, 207; [X.]/[X.], 5. Aufl. § 2289 Rn. 2; [X.]/Greif, [X.]. [X.]. 2 vor § 2274) ergibt sich, dass [X.] in ihrer Testierfreiheit nur so weit beschränkt sind, als sie sich durch den Vertrag gegenüber den [X.] als Vertragspartner gebunden haben. Der [X.] ist gegebenenfalls im [X.] zu ermitteln ([X.], 204, 208, 211).

Dem [X.] sind danach nur solche späteren testamentarischen Verfügungen untersagt, die den [X.] in seiner im Erbvertrag nach Inhalt und Umfang von den Parteien formulierten Rechtsstellung beeinträchtigen. Auf bloß wirtschaftliche Aspekte darf dabei nicht abgestellt werden, dies wäre mit dem Wesen des Erbvertrages unvereinbar ([X.], 204, 214; [X.], Erbrecht Bd. I [2010] Rn. 2228; a.A. wohl Soergel/Wolf, [X.]. § 2289 Rn. 3). § 2289 Abs. 1 [X.] will das Recht des vertraglichen Bedachten, nicht dessen wirtschaftlichen Erwerb schützen [X.], Erbrecht [1962] [X.]). Eine weitergehende Einschränkung der Testierfreiheit als durch die im Zusammenhang mit der Erbeinsetzung vertraglich begründeten Rechte scheidet auch nach dem Verständnis des historischen Gesetzgebers aus, der folgerichtig keinen Anlass sah, einem etwaigen Vorbehalt nachträglicher Verfügungen Schranken zu ziehen, sofern er nicht den Vertrag selbst inhaltslos macht (vgl. [X.]/[X.], Die Beratung des [X.]; § 2289 S. 1792 unter Verweis auf Prot. I 1003; Motive [X.] 332).

Nach dieser Beurteilungsgrundlage ist die im Erbvertrag 1938 mit dem ehemaligen Kronprinzen vereinbarte Rechtsstellung seines [X.] durch das 12 Jahre später wegen grundlegend veränderter Verhältnisse veranlasste Testament nicht angetastet worden.

a) Bereits in der [X.]erkung des [X.] legt der [X.] seinen Entschluss offen, es trotz der geänderten Verhältnisse bei dem Erbvertrag zu belassen und lediglich seine Ehefrau und seine Kinder in ähnlicher Weise zu sichern, wie seine Geschwister von seinem Vater sichergestellt worden sind. Die von dieser - in den [X.] der Nr. 2 bis 5 des [X.] näher ausgestalteten - Zielsetzung unberührte Rechtsstellung des [X.] wird in der unmittelbar folgenden Nr. 1 des [X.] ausdrücklich festgeschrieben, die das Vertragswerk 1938 aufrecht erhält und es bei dem [X.] "als Universalerbe nach Maßgabe des Erbvertrages vom 23.XI.1938" belässt. Das schließt dessen Stellung als einflussreicher (Mit-)[X.]vollstrecker ein. Die Fortgeltung der erbvertraglichen [X.]vollstreckungsregelungen wird in Nr. 7 des [X.] für die Befugnisse der [X.]vollstrecker noch einmal unterstrichen. Der Vertragserbe hat danach seine im Erbvertrag im Einzelnen ausgestaltete Stellung als (Mit-)[X.]vollstrecker durch das [X.] nicht verlieren sollen und auch nicht verloren.

Anderes ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht der Nummerierung der in Nr. 6 des [X.] namentlich aufgeführten [X.]vollstrecker zu entnehmen. Es besteht kein Anhalt für einen über die bloße Änderung des [X.] der weiteren [X.]vollstrecker hinausgehenden Verfügungsgehalt in Richtung auf einen Ausschluss des [X.] von der für ihn bis dahin vertraglich festgelegten Beteiligung an der [X.]vollstreckung unter zusätzlicher Verkleinerung des [X.] von vier auf drei Personen. Der [X.] hätte nach der ausdrücklich unter Nr. 1 des [X.] bestätigten Fortgeltung des Vertragswerks für den [X.] als Universalerben im Gegenteil Anlass gehabt, eine solche Beschränkung deutlich herauszustellen. Zudem ist die mit dem Erbvertrag erstrebte Höchstdauer der [X.]vollstreckung ([X.], 346, 349 f.; 140, 118, 129) besser mit einem [X.]vollstreckergremium im vertraglich vorgesehenen Umfang als mit einem verkleinerten abgesichert.

Die Nummerierung 1). bis 3). in Nr. 6 des [X.] lässt sich zwanglos auf die Nachfolgeregelung in § 5 a) bis c) des Erbvertrages beziehen. Die gewählte Einteilung nach Buchstaben bot sich nach der vorstehenden - numerischen - Aufzählung der [X.] an. Für eine solche Änderung einer Einteilung in Buchstaben anstelle von Nummern bestand in der Fassung von Nr. 6 des [X.] kein Anlass.

Die Fortgeltung der erbvertraglichen Regelungen mit dem klaren Ziel, das so genannte Hausvermögen solange wie möglich separiert zu erhalten, war nach den erkennbaren Vorstellungen des [X.]s am besten mit dem [X.] zu erreichen. Eine Beschränkung seiner Einflussmöglichkeiten durch Ausschluss von der [X.]vollstreckung wäre damit unvereinbar. Eine Beschneidung der [X.]vollstreckerrechte des [X.] enthält die spätere testamentarische Verfügung des [X.]s nicht.

b) Dies ist auch mit der Auswechslung der in § 5 Nr. 2. bis Nr. 4. des Erbvertrages genannten [X.]vollstrecker nicht verbunden.

aa) Allerdings wird die Frage, inwieweit in einer bloßen Auswechslung von [X.]vollstreckern eine Beeinträchtigung i.S. von § 2289 Abs. 1 Satz 2 [X.] liegen kann, in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet, wobei die Unterschiede zum Teil mehr terminologischer als inhaltlicher Natur sind.

Die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur sieht in einer solchen Auswechslung keine Beeinträchtigung (vgl. [X.]/[X.], [X.] 70. Aufl. § 2289 Rn. 5; [X.]/[X.]/[X.], [X.] zum [X.], Edition 18 Stand 1. August 2010 § 2289 Rn. 10b; FAKomm-ErbR/Zimmer, 2. Aufl. § 2289 [X.] Rn. 11; [X.]/Kanzleiter, [X.] [2006] § 2270 Rn. 19; einschränkend wohl § 2289 Rn. 19; [X.]/[X.], 5. Aufl. § 2289 Rn. 10; [X.]/[X.], Erbrecht [2004] § 2289 [X.] Rn. 2; Burandt in [X.] [2003] § 2289 [X.] Rn. 12; Soergel/Wolf aaO Rn. 10).

Andere gehen dagegen in diesen Fallgestaltungen eher von einer grundsätzlichen Benachteiligung aus ([X.], [X.] 1994, 98, 100) oder davon, ob die Bedachten im Einzelfall gegenüber der ursprünglichen Verfügung konkret messbar benachteiligt sind (Zimmermann, Die [X.]vollstreckung, 3. Aufl. Rn. 19; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 2289 Rn. 5; AnwKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 2278 Rn. 8 und § 2289 Rn. 35; [X.]/[X.] in jurisPK-[X.], 5. Aufl. 2010 § 2289 Rn. 16; [X.], [X.] 2001, 273, 274).

Die Rechtsprechung stellt demgegenüber seit langem den Inhalt des Erbvertrages als Vergleichsmaßstab für nachfolgende testamentarische Verfügungen in den Vordergrund und bemisst danach, ob im konkreten Fall eine Beeinträchtigung der Rechte des [X.] auszumachen ist ([X.], 214; KG [X.] 2010, 40; OLG Düsseldorf [X.] 1994, 302; [X.] [X.] 2001, 271, 272; OLG Stuttgart [X.] 1979, 49, 51; KG FamRZ 1977, 485, 487; [X.] 1960, 142; [X.] HansGZ 1920 B 110).

An diesem Ansatz der Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Frage einer Beeinträchtigung lässt sich ohne vorherige Ermittlung des [X.] nicht beantworten. Erst so lässt sich feststellen, ob die spätere letztwillige Verfügung die vertragsmäßige Zuwendung mindern, beschränken, belasten oder gegenstandslos machen würde ([X.] aaO Rn. 2227). Für eine Gewichtung der Beeinträchtigung etwa nach "Spürbarkeit" oder "Messbarkeit" (KG aaO) ist dabei allerdings kein Raum. Derartige Begriffe böten im Übrigen kein sicheres Abgrenzungskriterium ([X.]/[X.]/[X.], aaO).

Auch bei abstrakter Fragestellung nach beeinträchtigenden Wirkungen bei bloßer Auswechslung von [X.]vollstreckern ist eine völlige Abkopplung von dem Erbvertragsinhalt mit seinen Bindungen nicht möglich. Zwar hat der historische Gesetzgeber eine "Bindung in Ansehung der Ernennung eines [X.]vollstreckers" für "nicht statthaft" gehalten, weil dem [X.]vollstrecker eine Vertrauensstellung eingeräumt werden solle und deswegen "in Ansehung" des "Wechsels der Verhältnisse und der Gesinnung des Ernennenden" ein Widerruf jederzeit offen bleiben müsse (Motive [X.] 334). Die Parteien haben indes die alleinige Herrschaft über den Vertragsinhalt. Mithin verbleibt ihnen auch die Möglichkeit, die Rechtsstellung eines [X.] auf die Person des [X.]vollstreckers so auszudehnen, dass bei einem Auswechseln dieser Person seine - vertraglich so festgelegten Rechte - beeinträchtigt werden können. Das wird sich erst - wenn es an ausdrücklichen Regelungen fehlt - im [X.] ermitteln lassen.

bb) Im Streitfall scheidet eine solche Rechtsbeeinträchtigung des [X.] aus. Er wird als Erbe und Mittestamentsvollstrecker durch die testamentarische Auswahl der neuen [X.]vollstrecker in seinem durch den Erbvertrag garantierten Handlungsrahmen rechtlich nicht eingeschränkt.

Eine bindende Festlegung auf ein zweites Familienmitglied im Kreis der [X.]vollstrecker ist im Erbvertrag ebenso wenig erfolgt wie auf den jeweiligen Amtsinhaber in der Generalverwaltung. Im Gegenteil beschränkte ein solches Verständnis den [X.] in seinem Auswahlrecht bei künftigen Ersatztestamentsvollstreckern. Ein Erfahrungssatz, dass das in § 8 Abs. 3 des Erbvertrages vorgegebene Hauptinteresse an einer "dauernden Aufrechterhaltung einer einheitlichen Verwaltung des Nachlasses" zur "Erhaltung des Besitzes" durch Familienmitglieder regelmäßig besser gesichert ist, gibt es ohnehin nicht. Dieses Auswahlrecht ist ihm bei der geänderten Nachfolgeregelung ungeschmälert geblieben. Seine im Erbvertrag insoweit festgelegten Einflussmöglichkeiten unter Einbeziehung der übrigen [X.]vollstrecker und Gerichte hat er behalten.

Die Neubestimmung der [X.]vollstrecker war zudem nach den erheblichen Veränderungen der Verhältnisse seit Abschluss des Erbvertrages erforderlich, um das von beiden Vertragspartnern verfolgte [X.] nicht zu gefährden. So war die in § 5 Nr. 2. des Erbvertrages genannte [X.] und die Generalverwaltung erforderte nach Amt und Person eine neue Bestimmung, um die vertraglich festgelegten Gesamtinteressen des [X.] zu sichern.

Entgegen der Revisionserwiderung kann auch in dem Umstand, dass von den neuen [X.]vollstreckern eine ehrenamtliche Tätigkeit nicht zu erwarten gewesen sei, keine Beeinträchtigung der Rechte des [X.] liegen. Abgesehen davon, dass damit allenfalls wirtschaftliche Aspekte angesprochen werden, sieht bereits § 7 Halbsatz 2 des Erbvertrages die Bewilligung einer [X.]vollstreckervergütung vor. Daran hat sich durch das Testament nichts geändert.

3. Den [X.] beeinträchtigende und damit ungültige testamentarische Verfügungen i.S. von § 2289 Abs. 1 Satz 2 [X.], die die Prozessführungsbefugnis des Klägers in Zweifel ziehen könnten, scheiden insgesamt aus.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif.

Das Berufungsgericht wird sich mit den weiteren von der [X.] erhobenen Einwänden gegenüber dem Herausgabeverlangen zu befassen haben.

Dr. Kessal-Wulf     

        

Wendt     

        

Felsch

        

Harsdorf-Gebhardt     

        

Dr. Karczewski     

        

Meta

IV ZR 232/09

06.04.2011

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 23. November 2009, Az: 8 U 144/09, Urteil

§ 2289 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.04.2011, Az. IV ZR 232/09 (REWIS RS 2011, 7872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7872

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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