Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.07.2012, Az. IV ZB 23/11

4. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4610

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Gegenstand

Verfahren auf Aufhebung einer angeordneten Nachlasspflegschaft: Unbekanntsein eines Erben; Beeinträchtigung des Vertragserben durch spätere testamentarische Verfügung und Auswechslung des Testamentvollstreckers


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 14. November 2011 durch Beschluss nach § 74a FamFG zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum

15. August 2012

Gründe

1

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 begehren die Aufhebung der mit Beschluss des Amtsgerichts vom 11. November 2010 angeordneten [X.] zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses des am 17. Oktober 2010 verstorbenen Erblassers. Diese war angeordnet worden, weil nach Ansicht des Nachlassgerichts sowohl die Erben als auch die Wirksamkeit der Bestellung des Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstrecker ungewiss seien.

2

Der am 25. Oktober 1919 geborene Erblasser schloss mit seiner am 9. Februar 2009 verstorbenen ersten Ehefrau [X.]    am 3. Dezember 2002 einen notariell beurkundeten Erbvertrag, in dem sie die von ihnen errichtete Stiftung des bürgerlichen Rechts, die Beteiligte zu 3, als Alleinerbin des Erblassers einsetzten, ein Vermächtnis für [X.]    aussetzten, jeweils einen Pflichtteilsverzicht erklärten und ein einseitiges Rücktrittsrecht ausschlossen. Durch ergänzende notariell beurkundete letztwillige Verfügung vom 3. Dezember 2005 bestimmten die Eheleute unter anderem den [X.] des Erblassers, den Beteiligten zu 4, als Testamentsvollstrecker, der seit 2009 alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied der Stiftung ist.

3

Am 30. Juli 2009 heiratete der Erblasser die 1983 geborene Beteiligte zu 2 und bestimmte sie mit handschriftlicher letztwilliger Verfügung vom 7. August 2009 zu seiner Alleinerbin. Mit notarieller Urkunde vom 28. August 2009 erklärte er unter vorsorglichem Widerruf aller letztwilligen Verfügungen mit Ausnahme der vom 7. August 2009 die Anfechtung des [X.] und bat den Notar um Übermittlung einer Ausfertigung an das zuständige Nachlassgericht, wobei folgender Zusatz eingefügt ist: "Dies soll allerdings erst erfolgen, wenn ihm der Erschienene oder ein hierzu Bevollmächtigter diesbezüglich gesondert schriftlich Mitteilung macht". Am 21. Dezember 2009 beauftragte er seinen Rechtsanwalt, umgehend die Einreichung der Anfechtungserklärung durch den Notar zu veranlassen. Eine Ausfertigung der Anfechtungsurkunde wurde mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 dem Nachlassgericht überreicht.

4

In einer weiteren notariellen Urkunde vom 28. August 2009 bestimmte der Erblasser "zur Wahrung der Interessen" seiner zweiten Ehefrau an Stelle des Beteiligten zu 4 den Beteiligten zu 1 zum Testamentsvollstrecker, wobei der Testamentsvollstreckung der gesamte inländische Nachlass unterworfen sein sollte. Mit notarieller Urkunde vom selben Tag erteilte er außerdem dem Beteiligten zu 1 Generalvollmacht auch über seinen Tod hinaus. Durch notarielle Verfügung vom 23. November 2009 traf er ergänzende letztwillige Verfügungen.

5

Mit Beschluss vom 11. November 2010 ordnete das Amtsgericht auf Antrag der Beteiligten zu 3 die [X.] mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses an und bestellte einen Nachlasspfleger. Dieser erklärte mit Schreiben vom 15. November 2010 den Widerruf der dem Beteiligten zu 1 vom Erblasser erteilten Generalvollmacht und verlangte Herausgabe des in Empfang Genommenen sowie Rechenschaft.

6

Den Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Anordnung der [X.] hat das Nachlassgericht nicht abgeholfen, das [X.] hat die dagegen gerichteten Beschwerden zurückgewiesen. Die Erben seien als unbekannt i.S. des § 1960 [X.] anzusehen. Durch den in der Urkunde aufgenommenen Vorbehalt sei ein Schwebezustand herbeigeführt worden, der nicht nur das "wann" der Einreichung der Urkunde beim Nachlassgericht, sondern auch die Frage des "ob" ihres Einreichens betreffe. Selbst wenn die Anfechtung aber nicht formunwirksam sei, sei gleichwohl nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit sicher, dass die Beteiligte zu 2 Erbin sei, weil sich der Urkunde vom 28. August 2009 kein endgültiger Anfechtungswille entnehmen lasse und streitig sei, ob der Erblasser am 21. Dezember 2009 noch geschäftsfähig war. Der Anordnung einer [X.] stehe auch nicht eine Einsetzung des Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstrecker entgegen. Die Auswechslung der Person des Testamentsvollstreckers stelle hier eine Beeinträchtigung des [X.] nach § 2289 Abs. 1 Satz 2 [X.] dar. Auch die Erteilung einer Generalvollmacht für den Beteiligten zu 1 - unabhängig von der erfolgten Kündigung durch den Nachlasspfleger - habe das [X.] nicht entfallen lassen.

7

Mit den Rechtsbeschwerden verfolgen die Beteiligten zu 1 und 2 ihr Begehren auf Aufhebung der [X.] weiter.

8

Mit Urteil vom 29. September 2011 hat das [X.] auf eine Klage der Beteiligten zu 2 festgestellt, dass sie Alleinerbin des Erblassers geworden sei. Die Berufung der Beteiligten zu 3 ist zwischenzeitlich vom [X.] mit Urteil vom 15. Juni 2012 zurückgewiesen worden. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen.

9

II. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Rechtsbeschwerde nach § 74a Abs. 1 FamFG sind gegeben. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - wegen grundsätzlicher Bedeutung - oder Nr. 2 FamFG - zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - liegen nicht vor. Die Rechtsbeschwerden haben auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

1. Es kann dahin stehen, ob aufgrund des in der notariellen Anfechtungserklärung vom 28. August 2009 enthaltenen Zusatzes, dass die Übermittlung einer Ausfertigung der Anfechtungsklärung an das zuständige Nachlassgericht erst geschehen soll, wenn der Erblasser oder ein hierzu Bevollmächtigter diesbezüglich gesondert schriftlich Mitteilung macht, die Anweisung an den Notar ebenso wie die Anfechtungserklärung beurkundungspflichtig war. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich (§ 74 Abs. 2 FamFG).

2. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, auch wenn die [X.] des Erbvertrages [X.] sei, könne gleichwohl nicht die Feststellung getroffen werden, ob die Beteiligte zu 2 oder die Beteiligte zu 3 mit hoher Wahrscheinlichkeit Erbin geworden sei, weil ein endgültiger Anfechtungswille des Erblassers bei Unterzeichnung der notariellen Urkunde am 28. August 2009 und insbesondere auch die Geschäftsfähigkeit des Erblassers am 21. Dezember 2009 streitig seien. Die Anordnung der [X.] sei auch in diesem Fall geboten gewesen.

Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht aus diesen Gründen die Voraussetzungen des § 1960 Abs. 1 [X.] für erfüllt angesehen und die mit Beschluss vom 11. November 2010 angeordnete [X.] nicht aufgehoben hat.

a) Ob ein Erbe unbekannt i.S. des § 1960 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. [X.] ist, muss vom Standpunkt des Nachlassgerichts bei der Entscheidung über die Anordnung der [X.] beurteilt werden. Kann der Tatrichter sich nicht ohne umfängliche Ermittlungen davon überzeugen, wer von mehreren in Betracht kommenden Personen Erbe geworden ist, ist der Erbe unbekannt. Ungewissheit über die Person des Erben besteht unter anderem, wenn konkrete Zweifel an der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung bestehen, oder bei einem nicht offensichtlich unbegründeten Streit mehrerer Erbprätendenten über die Erbfolge ([X.], [X.] 5. Aufl. § 1960 Rn. 13 ff.; [X.]/[X.], [X.] Neubearb. 2008 § 1960 Rn. 8 f. m.w.N.). Ohne Erfolg macht der Beteiligte zu 1 geltend, es ließen sich keine Zweifel an einem endgültigen Anfechtungswillen des Erblassers bei Beurkundung der Anfechtungserklärung begründen.

aa) Für die Feststellung des in der Anfechtungserklärung erklärten [X.] gelten die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 2084 [X.]. Hiernach ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (st. Rspr., Senatsurteil vom 8. Dezember 1982 - [X.], [X.], 41, 45; zuletzt Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 861, 862). Dabei müssen nicht nur der gesamte Text der Verfügung, sondern auch alle dem [X.] zugänglichen Umstände außerhalb der Urkunde ausgewertet werden, die zur Aufdeckung des [X.] möglicherweise dienlich sind (Senatsurteil vom 28. Januar 1987 - [X.], [X.], 475 unter 5). Abzustellen ist aber stets auf den Willen des Erblassers im Zeitpunkt der Errichtung. Danach eingetretene Umstände können nur Bedeutung erlangen, soweit sie Rückschlüsse hierauf zulassen (BayObLG, NJW 1996, 133).

bb) Es obliegt in erster Linie dem Tatrichter die Anfechtungserklärung auszulegen. Seine Auslegung kann mit der Rechtsbeschwerde nur erfolgreich angegriffen werden, wenn gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt, wesentlicher Auslegungsstoff außer [X.] gelassen (st. Rspr., Senatsurteil vom 24. Februar 1993 - IV ZR 239/91, [X.], 357, 363) oder in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen werden (Senatsurteil vom 24. Februar 1993 aaO).

cc) Diesem Prüfungsmaßstab wird die Auslegung durch das Beschwerdegericht gerecht.

(1) Zunächst hat es rechtlich vertretbar die Zusatzerklärung als "Vorbehalt" gewertet, und zwar unabhängig von der Frage ihrer Formbedürftigkeit, wonach der Erblasser weiterhin die Hoheit über seine Erklärung behielt; es herrschte ein Schwebezustand.

Beanstandungsfrei ist die Ansicht des [X.], dass sich wegen der Zusatzerklärung in der notariellen Urkunde vom 28. August 2009 dieser selbst nicht entnehmen lasse, ob der Erblasser einen endgültigen Anfechtungswillen gehabt habe. Zwar heißt es in der Urkunde: "Hiermit erkläre ich die Anfechtung gemäß § 2281 (1) [X.] sämtlicher in Abschnitt I genannten letztwilliger Verfügungen …", was einen unbedingten Anfechtungswillen des Erblassers nahelegt. Aufgrund der ebenfalls beurkundeten Zusatzerklärung wird die Anfechtungserklärung jedoch - wie auch die Rechtsbeschwerden einräumen - "besonders ausgestaltet". Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1 konnte das Beschwerdegericht die Zweifel an einem endgültigen Anfechtungswillen aus den weiteren von dem Erblasser errichteten Urkunden und Gesamtumständen ableiten. Selbst wenn, wie die Rechtsbeschwerden behaupten, bei Erstellung der am 28. August 2009 protokollierten Entwürfe der [X.]. [X.]/2009 (Anfechtungserklärung) und [X.]/2009 (Änderung des Testamentsvollstreckers) eine umgekehrte Reihenfolge der Protokollierung beabsichtigt gewesen sein sollte, ist diese so nicht erfolgt. Das Beschwerdegericht konnte daher auch zu dem Schluss kommen, dass die Regelung unter Punkt [X.]I der [X.]. [X.]/2009: "Die vorstehenden Regelungen hinsichtlich der angeordneten Testamtsvollstreckung sollen auch dann vollumfänglich für meinen Nachlass gelten, wenn meinerseits eine [X.] erfolgen sollte", nur dann Sinn ergebe, wenn eine [X.] am 28. August 2009 noch nicht feststand, weil durch sie sowohl die Erbenstellung der Beteiligten zu 3 als auch die Testamentsvollstreckung durch den Beteiligten zu 4 beseitigt werden sollte.

(2) Nach dem zugrunde zu legenden Prüfungsmaßstab begegnen ferner die Feststellungen des [X.] keinen rechtlichen Bedenken, dass der Erblasser sich selbst am 23. November 2009 bei Errichtung der weiteren notariellen Urkunde noch nicht im Klaren gewesen sei, ob die Anfechtungserklärung wirksam werden sollte oder nicht, weil er in der Vorbemerkung ausdrücklich bestätigt habe, dass eine Anzeige gegenüber dem Nachlassgericht noch nicht erfolgt sei, und es unter Abschnitt [X.] dann heißt, dass die Regelungen zur Anordnung der Testamentsvollstreckung in jedem Fall gelten sollen unabhängig von der Wirksamkeit der [X.]. Welche Vorstellungen der Erblasser hinsichtlich des möglichen Scheiterns der Anfechtung gehabt habe, bleibe offen.

(3) Das Beschwerdegericht hat - entgegen der [X.] - auch ausreichend dargelegt, dass noch Beweis zu erheben wäre und zwar insbesondere darüber, ob der Erblasser am 21. Dezember 2009 geschäftsfähig war. Eine derartige Beweisaufnahme sprengte indes das [X.]sverfahren und ist nicht mehr im Rahmen der insoweit geltenden Amtsermittlung geboten. Die Anordnung der [X.] darf nicht von umfangreichen und zeitraubenden Ermittlungen abhängig gemacht werden, wenn sie ihrem Zweck, dem Erben den Nachlass zu sichern, erreichen soll ([X.] aaO Rn. 9). Aufgrund des streitigen Sachverhalts konnte das Beschwerdegericht schließlich auch rechtsfehlerfrei die Auffassung vertreten, dass die Alleinerbenstellung der Beteiligten zu 2 unabhängig von der Frage der Formbedürftigkeit der Anweisung an den Notar zur Übergabe nicht feststehe.

b) Das Bedürfnis für gerichtliche Fürsorge fehlt zwar in der Regel, wenn ein Testamentsvollstrecker vorhanden ist. [X.] hat das Beschwerdegericht aber angenommen, dass hier die Auswechslung des Testamentsvollstreckers eine Beeinträchtigung i.S. von § 2289 Abs. 1 Satz 2 [X.] darstellte für den Fall, dass die Beteiligte zu 3 Erbin geblieben ist.

aa) Auf einseitige Verfügungen in Erbverträgen ist § 2289 [X.] zwar nicht anwendbar, weil nur vertragsmäßige Verfügungen den Erblasser binden können. Grundsätzlich ist ein Erblasser damit weiterhin berechtigt, den von ihm für seinen Nachlass benannten Testamentsvollstrecker auszuwechseln. Gleichwohl kann eine Änderung des Testamentsvollstreckers nach § 2289 Abs. 1 Satz 2 [X.] unwirksam sein. Bei Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, die nach § 2278 [X.] nur einseitig erfolgen kann, ist durch Auslegung des [X.] zur ermitteln, ob der Erblasser berechtigt ist, den Testamentsvollstrecker auszuwechseln. Die Frage der Beeinträchtigung des [X.] durch Auswechslung des Testamentsvollstreckers lässt sich nicht ohne vorherige Ermittlung des Inhalts des [X.] beantworten; erst durch einen Vergleich mit der darin festgelegten Rechtsstellung des [X.] kann festgestellt werden, ob die spätere letztwillige Verfügung die vertragsmäßige Zuwendung mindern, beschränken, belasten oder gegenstandslos machen würde (Senatsurteil vom 6. April 2011 - IV ZR 232/09, [X.], 120 Rn. 29; [X.]/Kanzleiter, [X.] Neubearb. 1998 § 2289 Rn. 10).

bb) Die Ansicht des [X.], dass eine Beeinträchtigung des Beteiligten zu 4 nicht auszuschließen ist, begegnet im Ergebnis danach rechtlich keinen Bedenken. Der Erblasser und seine erste Ehefrau hatten in ihrem Erbvertrag vom 3. Dezember 2002 zwar noch eine andere Person zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Als Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist aber schon hier unter Ziff. V festgehalten, er habe dafür Sorge zu tragen, dass die als Alleinerbin eingesetzte Beteiligte zu 3, die Stiftung, das Nachlassvermögen der Eheleute erhält. Mit testamentarischer Anordnung vom 23. Juli 2003 bestimmte der Erblasser dann abweichend von dem Erbvertrag den Beteiligten zu 4 zum Testamentsvollstrecker über seinen Nachlass. Mit gemeinsamer notarieller letztwilliger Verfügung des Erblassers und seiner ersten Ehefrau vom 3. Dezember 2005, in der der Erbvertrag in Bezug genommen wird, bestimmte auch seine Ehefrau den Beteiligten zu 4 - den [X.] des Erblassers - zum Testamentsvollstrecker über ihren Nachlass. Dass der Erblasser und seine erste Ehefrau eine Verbindung zwischen der Stellung als Testamentsvollstrecker und einem Amt in der "    S.     -Stiftung" zur Stärkung der Rechte der Beteiligten zu 3 erstrebten, zeigt die ergänzende Regelung zur Testamentsvollstreckung in dieser Urkunde unter Ziff. II, mit der sie ersatzweise nach einer weiteren Person den jeweiligen amtierenden Vorsitzenden des [X.] bürgerlichen Rechts "    S.     -Stiftung" zum Testamentsvollstrecker bestimmten. Diese Verbindung wurde mit der Einsetzung des Beteiligten zu 4 als Vorstand der Stiftung im Jahr 2009 verfestigt.

Die Einsetzung des Beteiligten zu 4 zum Testamentsvollstrecker in der Urkunde vom 3. Dezember 2005 könnte vor allem mit Blick auf die Bezugnahme auf die erbvertragliche Regelung 2002 als weitere erbvertraglich bindende Festlegung zugunsten des [X.] anzusehen sein. Die Einsetzung des Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstrecker zur Wahrung der Rechte der Beteiligten zu 2 bedeutete dann zumindest eine Minderung der erbvertraglich festgelegten Rechtsstellung der Beteiligten zu 3. Mit Blick auf die auch insoweit ungewisse Rechtslage, ist die Bestellung eines Nachlasspflegers nicht zu beanstanden.

cc) Auch die dem Beteiligten zu 1 seitens des Erblassers erteilte Generalvollmacht über seinen Tod hinaus, lässt das Bedürfnis für eine [X.] nicht entfallen. Ein [X.] i.S. von § 1960 [X.] kann zwar fehlen, wenn dringliche Nachlassangelegenheiten bereits von einer bevollmächtigten handlungsfähigen Person erledigt werden und missbräuchliche Verfügungen ausgeschlossen sind ([X.], [X.], 222 ff.). Das Beschwerdegericht hat sich indessen von einer solchen ein Fürsorgebedürfnis ausschließenden Situation - rechtlich beanstandungsfrei - nicht überzeugen können. Bedenken begegnete dabei nach seiner Ansicht insbesondere der Umstand, dass die Einsetzung des Beteiligten zu 1 als neuer Testamentsvollstrecker nach der notariellen Verfügung vom 28. August 2009 ausdrücklich "zur Wahrung der Interessen" der zweiten Ehefrau des Erblassers erfolgt ist. Am selben Tag hat der Erblasser dem Beteiligten zu 1 auch die Generalvollmacht erteilt. Es bestand damit für das Nachlassgericht Grund zu der Besorgnis, dass der Beteiligte zu 1 den Nachlass nicht neutral im Sinne aller in Betracht kommenden Erben, sondern in erster Linie nach den Interessen der Beteiligten zu 2 verwalten werde.

[X.]                                         Felsch

                    Lehmann                              Dr. Brockmöller

Meta

IV ZB 23/11

17.07.2012

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 14. November 2011, Az: 20 W 25/11, Beschluss

§ 1960 Abs 1 S 2 Alt 1 BGB, § 2084 BGB, § 2278 BGB, § 2289 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.07.2012, Az. IV ZB 23/11 (REWIS RS 2012, 4610)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4610


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. IV ZB 23/11

Bundesgerichtshof, IV ZB 23/11, 13.09.2012.

Bundesgerichtshof, IV ZB 23/11, 17.07.2012.


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