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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 275/06 Verkündet am:
5. Dezember 2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja [X.]§§ 2198, 2209, 2210 a) Die Fortdauer der Testamentsvollstreckung über 30 Jahre hinaus unterliegt gemäß § 2210 BGB einer zeitlichen Begrenzung. b) Sind seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen und soll die Verwaltung des Nachlasses nach dem Willen des Erblassers über 30 Jahre hinaus bis zum Tode des Testa-mentsvollstreckers fortdauern, verliert die Anordnung der [X.]ihre Wirksamkeit mit dem Tode des letzten Testamentsvollstreckers, der in-nerhalb von 30 Jahren seit dem Erbfall zum Testamentsvollstrecker ernannt wurde. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2007 - IV ZR 275/06 - Kammergericht LG Berlin - 2 -
[X.]hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. [X.]und [X.]auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2007 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Teilurteil des 12. Zivilsenats des [X.]vom 28. September 2006 wird zurückge-wiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens ein-schließlich der dem Kläger zu 3 entstandenen Kosten zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand:
Das Verfahren betrifft die Testamentsvollstreckung über den Nach-lass des am 20. Juli 1951 verstorbenen ehemaligen Kronprinzen [X.](Erblasser), dem ältesten [X.]des 1941 verstorbe-nen ehemaligen [X.]Kaisers Wilhelm II.. Der Beklagte ist der äl-teste [X.]des am 25. September 1994 verstorbenen [X.]Ferdinand Prinz von Preußen, der wiederum zweitältester [X.]des Erblassers war. Die Kläger begehren unter Berufung auf ihr Amt als [X.]des Erblassers mit ihrer Klage die Herausgabe von Inventar einer 1 - 3 -
vom Beklagten bewohnten Villa, das nach ihrer Behauptung zum Nach-lass gehört. Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt wider-klagend festzustellen, dass die Anordnung der [X.]des Erblassers über seinen Nachlass mit dem Tode seines zwei-ten [X.]unwirksam geworden sei.
Dem Streit der Parteien um die Dauer der Testamentsvollstreckung liegen zwei letztwillige Verfügungen des Erblassers aus den Jahren 1938 und 1950 zugrunde. 1938 schloss dieser mit seinem zweiten [X.]unter Beteiligung von [X.]einen Erbvertrag. Darin wurde [X.]zum alleinigen Erben eingesetzt (§ 1 Abs. 1 Satz 1) mit verschiedenen Vor- und Nacherbschaftsregelungen unter Einbeziehung der Grundsätze der "alten Hausverfassung des [X.]Hauses"; die Erbfolge nach dem Erblasser ist nach wie vor umstritten. Darüber hinaus ordnete der Erblasser zur Ausführung seines letzten Willens Testamentsvollstreckung an (§ 4). Er legte fest, wer als Testamentsvollstrecker zur Verwaltung des Nachlasses berufen sein sollte (§§ 5, 8 Abs. 1 Nr. 3), und traf diesbezüglich in § 8 Abs. 2 fol-gende Bestimmung: 2 "Die Verwaltung der Testamentsvollstrecker soll solange bestehen, als es das Gesetz zuläßt ([X.]§ 2210), also mindestens dreißig Jahre nach dem Tode des Kronprin-zen, mindestens bis zum Tode des Erben (Nacherben) und mindestens bis zum Tode der Testamentsvollstrecker oder ihrer Nachfolger."
In dem 1950 errichteten Testament hielt der Erblasser den Erbver-trag von 1938 aufrecht. Unter Ziffer 6 des [X.]bestimmte er [X.]Folgendes: 3 - 4 -
"In Abänderung des Paragraphen 5 des Erbvertrages von 1938 werden als Testamentsvollstrecker für die [X.]und dieser letztwilligen Verfügung ernannt: [X.]von H. , 2).Dr. H. J. , 3).Rechtsanwalt F. von [X.] . Zu Ersatztestamentsvollstreckern ernenne ich: für den Testamentsvollstrecker zu 1.): K. von S. , für den Testamentsvollstrecker zu 2.): Herrn O. M. , für den Testamentsvollstrecker zu 3.): Rechtsanwalt [X.]von G. . Sind ein oder mehrere Testamentsvollstrecker oder Er-satztestamentsvollstrecker fortgefallen oder erfolgt dies während der Dauer der Testamentsvollstreckerschaft, so soll der Präsident des [X.]Bundesgerichts auf [X.]der noch vorhandenen Testamentsvollstrecker Er-satztestamentsvollstrecker ernennen."
Die vom Erblasser persönlich ernannten Testaments- und Ersatz-testamentsvollstrecker sind inzwischen alle weggefallen. Die derzeit [X.]Testamentsvollstrecker - der Kläger zu 1 (Jahrgang 1940) seit 2004, der Kläger zu 2 (Jahrgang 1948) seit 1975 - wurden vom Präsiden-ten des [X.]in ihr Amt berufen. 4 Das [X.]hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil nur über die [X.]- 5 -
derklage entschieden und diese abgewiesen. Mit der hiergegen gerichte-ten Revision erstrebt der Beklagte insoweit die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision ist nicht begründet. 6 [X.]Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.]2007, 335 ff. [X.]ist, hat ausgeführt: Entgegen der Auffassung des [X.]sei die Dauertestamentsvollstreckung nach dem am 20. Mai 1951 (gemeint: 20. Juli 1951) verstorbenen Erblasser nicht beendet. Der Erblasser habe wirksam die Fortdauer der Testamentsvollstreckung kumulativ bis zum Tode des Testamentsvollstreckers oder des Erben angeordnet, und zwar je nachdem, welches dieser Ereignisse zuletzt eintrete. Die [X.]solle so lange andauern, wie irgend möglich. Jedenfalls der Beendigungsgrund "Tod des Testamentsvollstreckers" sei bisher nicht eingetreten. Bei ihm komme es auf das Ableben des letzten bei Ablauf der [X.]des § 2210 Satz 1 BGB amtierenden [X.]an. Da der Kläger zu 2 bereits im Jahre 1975 - und damit vor Ablauf der 30-jährigen Frist am 20. Juli 1981 - durch Erklärung des Prä-sidenten des [X.]zum Testamentsvollstrecker bestimmt worden sei, bestehe die Dauertestamentsvollstreckung fort. 7 I[X.]Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. 8 - 6 -
9 1. Das Berufungsgericht geht stillschweigend davon aus, dass ei-nen Streit darüber, ob eine Testamentsvollstreckung beendet ist, das Prozessgericht und nicht das Nachlassgericht zu entscheiden hat. Damit befindet es sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.](BGHZ 41, 23, 28).
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die im Erbvertrag angeordnete Testamentsvollstreckung nach dem Willen des Erblassers so lange wie irgend möglich andauern solle, und die vom Berufungsge-richt in Bezug genommene Würdigung des Landgerichts, § 8 Abs. 2 des Erbvertrages lasse keinen Zweifel daran, dass die Vertragschließenden und insbesondere der Erblasser angestrebt hätten, das "Hausvermögen" so lange wie irgend möglich als abgegrenzte Vermögensmasse rechtlich verselbständigt zu halten, stehen im Einklang mit der Auslegung des Erbvertrages durch den Senat (vgl. BGHZ 140, 118, 129). 10 3. Das weitere Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts, nach dem der Erblasser in § 8 Abs. 2 des Erbvertrages die Fortdauer der Dauertestamentsvollstreckung bis zum Tod des Erben oder der [X.]angeordnet habe, und zwar je nachdem, welches die-ser Ereignisse zuletzt eintrete, ist - entgegen der von der Revision ver-tretenen Ansicht - ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar kann ein Erblas-ser letztwillig verfügen, dass die Testamentsvollstreckung endet, wenn - alternativ - entweder der "Tod des Erben" oder der "Tod des Testa-mentsvollstreckers" eingetreten ist (vgl. Crome, System des [X.]Bürgerlichen Rechts Bd. V Erbrecht [1912] S. 29 Fn. 61 i.V. mit S. 27 Fn. 41). [X.]ist dies jedoch nicht. Der Erblasser kann vielmehr das 11 - 7 -
Ende der Testamentsvollstreckung nach § 2210 Satz 2 BGB ebenso gut von einer Kombination der genannten Ereignisse abhängig machen, so dass ein Ende der Testamentsvollstreckung erst anzunehmen ist, wenn beide Bedingungen erfüllt sind (vgl. [X.]aaO). Wie vom Berufungsge-richt und von der Revisionserwiderung zutreffend gesehen, verlangt § 2210 Satz 2 BGB einem Erblasser, der seinen Nachlass einer mög-lichst lange dauernden Testamentsvollstreckung unterwerfen will, zum Zeitpunkt der Errichtung seiner letztwilligen Verfügung nicht die [X.]ab, ob der vorgesehene Erbe den vorgesehenen [X.]überlebt oder (eher) dem Testamentsvollstrecker das längere Leben beschieden sein wird. 4. Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, dass das Ereig-nis "Tod des Testamentsvollstreckers" im Sinne des § 2210 Satz 2 BGB und somit das Ende der Dauertestamentsvollstreckung nach § 2209 Satz 1 BGB so lange nicht eingetreten sind, wie der Kläger zu 2 noch lebt, der vom Präsidenten des [X.]im Jahre 1975 und damit vor Ablauf der in § 2210 Satz 1 BGB normierten Frist von 30 Jah-ren seit dem Erbfall am 20. Juli 1951 zum Testamentsvollstrecker er-nannt worden ist. 12 a) Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Fort-dauer der Testamentsvollstreckung über 30 Jahre hinaus gemäß § 2210 BGB einer zeitlichen Begrenzung unterliegt. Das ist auch einhellige An-sicht in der Literatur. Zwar könnte man bei isolierter Betrachtung des Wortlauts des § 2210 Satz 2 BGB, wonach der Erblasser anordnen kann, dass die Verwaltung des Nachlasses bis zum Tode des [X.]fortdauern soll, in Verbindung mit den §§ 2198 Abs. 1 Satz 1, 13 - 8 -
2199 Abs. 2, 2200 Abs. 1 BGB, die dem Erblasser die Möglichkeit geben, durch einen Dritten, den jeweils amtierenden Testamentsvollstrecker oder das Nachlassgericht Testamentsvollstrecker-Nachfolger ernennen zu lassen (vgl. [X.]in MünchKomm-BGB, 4. Aufl. § 2199 Rdn. 1), zu der Ansicht gelangen, dass das Bürgerliche Gesetzbuch ei-nem Erblasser erlaube, die Testamentsvollstreckung über seinen Nach-lass gleichsam zu verewigen. Das würde jedoch dem Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 2210 BGB nicht gerecht, wie den Protokol-len der [X.]des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu entnehmen ist. Denn dort ist festgehalten: "Was dann die Frage angehe, ob eine Testamentsvollstre-ckung, bei der die Verwaltung Selbstzweck sei, zeitlich beschränkt werden müsse, so würde die zeitliche Unbe-schränktheit einer solchen Testamentsvollstreckung im grellen [X.]zu den Gründen stehen, aus [X.]man bei der Nacherbschaft und dem Nachvermächt-niß eine zeitliche Schranke für nothwendig erachtet habe, da alle diese Gründe auch hier zuträfen – [X.]– ohne zeitliche Schranke in der Lage sein, ohne landesgesetzliche Genehmigung eine Stiftung oder, ohne den landesgesetzlichen Erfordernissen zu genügen, ein deutschrechtliches Familienfideikommiß ins Leben zu ru-fen" (vgl. [X.]in Achilles/Gebhard/Spahn, Protokolle der [X.]des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. V [1899] S. 308). Zweck und Entstehungsgeschichte des § 2210 BGB gehen somit eindeutig dahin, die Wirksamkeit der Anordnung einer Dauertestaments-vollstreckung zeitlich zu begrenzen. Bei Festlegung dieser Grenzen darf zwar der einem Erblasser gesetzlich an die Hand gegebene, von ihm grundsätzlich voll ausschöpfbare Gestaltungsrahmen bei der Ernennung von [X.]nicht außer Acht gelassen [X.]-
den. Es findet sich aber kein Hinweis, dass ihm ausnahmsweise auch die Möglichkeit eröffnet werden soll, eine auf unbegrenzte Dauer angestreb-te Testamentsvollstreckung umzusetzen. b) Wie diese Grenzziehung gemäß § 2210 BGB bei vom Erblasser gewünschten zeitlichen Ausdehnungen einer Testamentsvollstreckung unter Beachtung seiner ihm gesetzlich eingeräumten Gestaltungsfreiheit vorzunehmen ist, wird in der Literatur uneinheitlich beurteilt. 15 aa) Die h.M. stellt bei der Frage, wie lange eine Testamentsvoll-streckung im Sinne des § 2209 Satz 1 BGB dauern könne, wenn sie nach dem Willen des Erblassers über 30 Jahre hinaus bis zum Tode des (Er-satz-)Testamentsvollstreckers dauern solle, in Anlehnung an § 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB (Nacherbschaft) und § 2163 Abs. 1 Nr. 1 BGB (Vermächtnis) darauf ab, ob der ([X.]des Erbfalls bereits gelebt habe. Wenn dies der Fall sei, könne sich sei-ne Verwaltung über den in § 2210 Satz 1 BGB genannten Zeitraum von 30 Jahren hinaus bis zu seinem Tode erstrecken (§ 2210 Satz 2 BGB); wenn nicht, ende die Testamentsvollstreckung spätestens mit dem [X.]von 30 Jahren nach dem Erbfall oder mit dem Tode des Erben oder des Nacherben (sog. Generationentheorie, vgl. [X.]in Enneccerus/Kipp/ Wolff, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 2. Band 3. Abteilung: Das Erbrecht 1. und 2. Aufl. [1911] S. 320; Kipp/Coing, Erbrecht 14. Bearb. [1990] S. 396 f.; Frommhold, [X.][1900] Anm. zu § 2210; Ritgen in Planck, [X.]1. und 2. Aufl. [1902] § 2210 Anm. 2; [X.]in Staudinger, [X.][1902] §§ 2209, 2210 Anm. 2; [X.]in Staudinger, [X.]10./11. Aufl. [1960] § 2210 Rdn. 3; [X.]in Staudinger, [X.]Neubearbeitung 2003 § 2210 16 - 10 -
Rdn. 11; Holtz, Die verwaltende Testamentsvollstreckung der §§ 2209 und 2210 [X.][1907] S. 10 f.; von Maercken, Der [X.]mit selbständigem Verwaltungsrecht (§ 2209 BGB) [1920] S. 32 f.; [X.]in Erman, [X.]3. Aufl. [1962] Anm. zu § 2210; [X.]in Er-man, [X.]11. Aufl. [2004] § 2210 Rdn. 3; Bund, [X.]1966, 60, 63 f.; Lange, [X.]1970, 101, 102, 105; [X.]in Soergel/Siebert, [X.]10. Aufl. [1974] § 2210 Rdn. 2; [X.]in Soergel, [X.]13. Aufl. [2002/2003] § 2210 Rdn. 2; [X.]in [X.]1. Aufl. [1982] § 2210 Rdn. 6; [X.]in [X.]4. Aufl. [2004] § 2210 Rdn. 6; Offergeld, [X.][1995] S. 171; [X.]in Bamberger/Roth, [X.][2003] § 2210 Rdn. 4; [X.][2003] § 2210 Rdn. 1; [X.]2003, 4, 8, 11; [X.]in Palandt, [X.]66. Aufl. [2007] § 2210 Rdn. 3; [X.]in Prütting/Wegen/Weinreich, [X.]2. Aufl. [2007] § 2210 Rdn. 1; [X.]in jurisPK-[X.]3. Aufl. [2007] § 2210 Rdn. 3; [X.]in Schulze, [X.]5. Aufl. [2007] § 2210 Rdn. 4; Weidlich in AnwK-[X.]2. Aufl. [2007] § 2210 Rdn. 6; [X.]in Scherer, [X.][X.]Erbrecht 2. Aufl. [2007] § 19 Rdn. 212).
bb) Nach einer anderen in der Literatur vertretenen Auffassung muss der (Ersatz-)Testamentsvollstrecker, wenn die Verwaltung des Nachlasses bis zu seinem Tode dauern und eine Umgehung des [X.]verhütet werden sollen, vor Ablauf von 30 Jahren seit dem Erbfall ernannt sein (sog. Amtstheorie, vgl. [X.]in RGRK-[X.]1. Aufl. [1910] § 2210 Anm. 1; [X.]in RGRK-[X.]3. Aufl. [1921] § 2210 Anm. 1; [X.]in RGRK-[X.]9. Aufl. [1940] § 2210 Anm. 1; [X.]in RGRK-[X.]12. Aufl. [1975] § 2210 Rdn. 2). 17 - 11 -
18 cc) Nach einer weiteren im Schrifttum verbreiteten Ansicht müsse zur Verhinderung einer zeitlich unbegrenzten Testamentsvollstreckung verlangt werden, dass der ([X.]beim Erbfall bereits gelebt habe oder zumindest binnen 30 Jahren nach dem Erbfall zum Testamentsvollstrecker ernannt worden sei (sog. Kombinationstheo-rie, vgl. Rechenmacher in Palandt, [X.]17. Aufl. [1958] § 2210 Anm. 1; Keidel in Palandt, [X.]20. Aufl. [1961] § 2210 Anm. 1; [X.]in Pa-landt, [X.]42. Aufl. [1983] § 2210 Anm. 1; Finger in AK-[X.][1990] § 2210 Rdn. 4; Ebenroth, Erbrecht [1992] S. 430; Lauer, Der [X.]in der Grauzone rechtlicher Befugnisse [1999] S. 143 f.; [X.]in Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvoll-streckung 3. Aufl. [2001] S. 374; [X.]in Mayer/Bonefeld/Wälzholz/ Weidlich, Testamentsvollstreckung 2. Aufl. [2005] S. 158; Stürner in Jau-ernig, [X.]12. Aufl. [2007] § 2210 Rdn. 1; Winkler, Der [X.]18. Aufl. [2007] S. 84 f.). dd) Schließlich wird in der Literatur angenommen, dass zum Zweck der zeitlichen Begrenzung der Testamentsvollstreckung die in § 2210 Satz 2 BGB zugelassene Verlängerung der Frist "bis zum Tode – des Testamentsvollstreckers" nur für den ersten Testamentsvollstrecker [X.]könne (sog. Primattheorie, vgl. Peiser, Handbuch des Testaments-rechts [1902] S. 226 f. und 2. Aufl. [1907] S. 257 Fn. 91; [X.]in Planck, [X.]3. Aufl. [1908] § 2210 Anm. 3; [X.]in Planck, [X.]4. Aufl. [1930] § 2210 Anm. 3; Kretzschmar, Das Erbrecht des [X.]Bür-gerlichen Gesetzbuchs [1910] S. 194; Sasse, Grenzen der Vermögens-perpetuierung bei Verfügungen durch den Erblasser [1997] S. 57 f.; [X.][X.]2000, 438, 439; Zimmermann, Die [X.]2. Aufl. [2003] S. 69 f.; Semmler, [X.]- 12 -
mentsvollstreckers [2006] [X.]ff.). Vereinzelt wird darüber hinaus le-diglich der vom Erblasser selbst namentlich bestimmte Ersatztesta-mentsvollstrecker (§ 2197 Abs. 2 BGB) noch in den Anwendungsbereich des § 2210 Satz 2 BGB mit einbezogen (sog. Primatersatztheorie, vgl. [X.][X.]2006, 508, 509; [X.]NJW 2007, 3034, 3037).
c) Nach § 2224 Abs. 1 Satz 3 BGB kann ein Erblasser anordnen, dass bei Wegfall eines von mehreren Testamentsvollstreckern eine an-dere Person nach § 2198 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 2199 Abs. 2 BGB oder § 2200 Abs. 1 BGB zum ([X.]ernannt werden soll ([X.]in Palandt, [X.]66. Aufl. [2007] § 2224 Rdn. 5; [X.]in Staudinger, [X.]Neubearbeitung 2003 § 2224 Rdn. 38; [X.]in [X.]4. Aufl. [2004] § 2224 Rdn. 21). Indem das [X.]die Verewigung der Testamentsvollstreckung dadurch ver-hindert, dass es die Anwendung eines Testamentsvollstreckerergän-zungsverfahrens nach den genannten Vorschriften nur bis zum Tode des letzten Testamentsvollstreckers für möglich hält, der bei Ablauf der [X.]des § 2210 Satz 1 BGB im Amt war, schließt es sich der [X.]an. 20 aa) Das überzeugt schon deshalb, weil die [X.]nicht nur dem Zweck des § 2210 BGB, die Wirksamkeit der Anordnung einer [X.]zeitlich zu begrenzen, gerecht wird, sondern darüber hinaus die einzige Theorie ist, die sich zwanglos mit dem Wort-laut des § 2210 Satz 2 BGB vereinbaren lässt. Soll danach bei entspre-chender Anordnung des Erblassers die Verwaltung des Nachlasses "fort-dauern", kann es nur um die Weiterführung der vom (letzten) [X.]noch innerhalb der [X.]des § 2210 Satz 1 21 - 13 -
[X.]begonnenen Verwaltungstätigkeit gehen, welche dann mit dessen Tod (ebenfalls) ihr Ende findet. Infolgedessen kommt es entscheidend auf den (oder die) bei Ablauf der [X.]des § 2210 Satz 1 BGB amtierenden Testamentsvollstrecker an.
bb) Die von der h.M. vertretene Generationentheorie, die für die Anwendbarkeit des § 2210 Satz 2 BGB maßgeblich darauf abstellt, ob der ([X.]beim Tode des Erblassers schon [X.]hat, und sich dabei an den zur Nacherbschaft in § 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB und zum Vermächtnis in § 2163 Abs. 1 Nr. 1 BGB ge-troffenen Regelungen ("wenn – ein bestimmtes Ereignis eintritt, und der-jenige, in dessen Person das Ereignis eintreten soll, zur [X.]des Erbfalls lebt") orientiert, kann demgegenüber zwar die Gesetzesmaterialien inso-weit für sich in Anspruch nehmen, als dort zum Ausdruck gebracht ist, dass die zeitliche Unbeschränktheit einer Dauertestamentsvollstreckung "im grellen [X.]zu den Gründen stehen [würde], aus welchen man bei der Nacherbschaft und dem [X.]eine zeitliche Schranke für nothwendig erachtet habe" und man einig sei, dass fidie zeitliche Schranke in gleicher Weise zu bestimmen sei wie bei der [X.](vgl. [X.]aaO). Auch kann sie sich möglicherweise darauf stützen, dass die Gesetzgebungskommission bei der Aufstellung der Normen - gemeint sind jedenfalls die später als §§ 2109 Abs. 1, 2163 Abs. 1 [X.]Gesetz gewordenen Vorschriften - "ein einheitliches Prinzip" im Auge gehabt habe, nach welchem nach Ablauf von 30 Jahren seit dem Erbfall nur Ereignisse berücksichtigt werden, "welche in der zur [X.]des Erbfalls lebenden Generation der Betheiligten eintreten" (vgl. [X.]aaO S. 237 ff., bes. S. 240). 22 - 14 -
23 Allerdings darf - mit dem Berufungsgericht - nicht übersehen wer-den, dass § 2210 BGB in Wortlaut, Aufbau und Struktur deutlich von den §§ 2109, 2163 [X.]abweicht. So kann dem Wortlaut des § 2210 Satz 2 BGB nicht entnommen werden, dass die Verwaltung des Nachlasses nur dann über die [X.]des § 2210 Satz 1 BGB hinaus bis zum Tode des Testamentsvollstreckers fortdauern kann, wenn dieser zur [X.]des Erbfalls bereits gelebt hat. Systematisch kommt hinzu, dass § 2210 Satz 3 BGB - ausdrücklich nur - die Vorschrift des § 2163 Abs. 2 BGB für entsprechend anwendbar erklärt; allein dieser Umstand schließt es aus, bei § 2210 BGB darüber hinaus zu einer entsprechenden Anwendbarkeit auch der §§ 2163 Abs. 1 Nr. 1, 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]zu gelan-gen. Schließlich wurde der ursprüngliche Ansatz der Gesetzgebungs-kommission, die zeitliche Schranke bei der [X.]in gleicher Weise zu bestimmen wie bei der Nacherbschaft, im weiteren Verlauf der Beratungen nur zum Teil verwirklicht. Denn bei der später nochmals im Zusammenhang erfolgten Erörterung der §§ 2109 (damals § 1813), 2163 (damals § 1847h) und 2210 (damals § 1910c) [X.]wurde lediglich bestimmt, dass es - wie dann in den §§ 2109 Abs. 2, 2163 Abs. 2 und 2210 Satz 3 [X.]auch Gesetz geworden - bei juristischen Personen jeweils bei der 30-jährigen Frist sein Bewenden habe (vgl. [X.]in Achilles/Gebhard/Spahn, Protokolle der Kommis-sion für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bd. VI [1899] S. 91 f.). Damit hat die von der h.M. in der Literatur bei na-türlichen Personen geforderte zeitliche Koexistenz von Testamentsvoll-strecker(n) und Erblasser keinen Eingang in die Vorschrift des § 2210 BGB gefunden. 24 - 15 -
25 cc) Dasselbe gilt für die von der [X.]aufgestellte Voraus-setzung, eine Verlängerung der [X.]des § 2210 Satz 1 BGB könne es nur für den ersten Testamentsvollstrecker geben. Auch für sie gibt es weder im Wortlaut noch in der Systematik des § 2210 BGB einen Anhalt. Die gegenteilige Argumentation, nach welcher sich aus den in § 2210 BGB enthaltenen Worten "des Testamentsvollstreckers" und der fehlenden Verweisung auf § 2199 Abs. 2 BGB ergebe, dass nur der erste Testamentsvollstrecker und nicht ein Nachfolger gemeint sein könne ([X.][X.]2006, 508, 509), vermag nicht zu überzeugen. Denn in den §§ 2201-2209, 2211-2223, 2225-2227 [X.]ist ebenfalls nur vom "Testamentsvollstrecker" die Rede und eine Verweisung auf § 2199 Abs. 2 BGB nicht vorhanden; eine Verweisung auf die §§ 2197 Abs. 2, 2198 Abs. 1 Satz 1 und/oder 2200 Abs. 1 [X.]existiert ebenfalls nicht. Jeder Nachfolger eines Testamentsvollstreckers hätte also, folgte man dieser Argumentation, keinerlei Aufgaben und Befugnisse (vgl. §§ 2203-2209, 2212 BGB), keinerlei Pflichten (vgl. §§ 2215-2218, 2220 BGB), haftete nicht (vgl. §§ 2219, 2220 BGB), könnte nicht kündigen (vgl. § 2226 BGB) und auch nicht entlassen werden (vgl. § 2227 BGB). [X.]das zeigt, dass trotz fehlender Verweisung auf die Vorschriften zur Ersatztestamentsvollstreckerbestimmung mit dem Wort "Testamentsvoll-strecker" nicht nur der erste Testamentsvollstrecker gemeint sein kann.
Die [X.]beachtet darüber hinaus nicht hinreichend, dass mit den Nachfolgeregelungen der §§ 2198 ff. [X.]eine "Entpersonalisie-rung" stattgefunden hat, indem die Möglichkeit der [X.]durch außenstehende Dritte geschaffen und diese insoweit von der [X.]- 16 -
son des Erblassers gerade abgekoppelt wurde - ein Umstand, der bei der Auslegung des § 2210 Satz 2 BGB nicht unberücksichtigt bleiben kann.
Der Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuches lässt sich ein Beleg für die Richtigkeit der [X.]gleichfalls nicht ent-nehmen. In den Gesetzesmaterialien wird, soweit ersichtlich, nirgends ausschließlich nur auf den ersten Testamentsvollstrecker abgestellt. Schließlich ist auch nach dem Zweck des § 2210 BGB keine derart radi-kale, über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Beschränkung der Reichweite der mit ihm konfligierenden Normen der §§ 2198 Abs. 1 Satz 1, 2199 Abs. 2, 2200 Abs. 1 [X.]geboten. 27 dd) Aus denselben Gründen verdient auch die [X.]keine Zustimmung. Hinzu kommt, dass eine unterschiedliche Behandlung von Ersatztestamentsvollstreckern - je nach dem, ob sie nach § 2197 Abs. 2 BGB, § 2198 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 2199 Abs. 2 BGB oder § 2200 Abs. 1 BGB in ihr Amt gelangt sind - im Bürgerlichen Gesetzbuch ersicht-lich nicht vorgesehen ist. Der Erblasser kann daher beispielsweise einer ihm namentlich bekannten Person besonderes Vertrauen schenken und sie in einer letztwilligen Verfügung zum ([X.]ernennen, er kann aber auch einem ihm bekannten [X.]besonderes Vertrauen entgegenbringen und ihn durch letztwillige Verfügung zur Be-stimmung der Person des ([X.]ermächtigen. Beides ist in gleicher Weise schutzwürdig (a.[X.]aaO). 28 d) Die Wirksamkeit der Anordnung einer [X.]nach § 2209 Satz 1 BGB ist mithin, wenn seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen sind und die Verwaltung des Nachlasses nach dem Willen 29 - 17 -
des Erblassers gemäß § 2210 Satz 2 BGB bis zum Tode des Testa-mentsvollstreckers fortdauern soll, nach der [X.]zu beurteilen. Da der Kläger zu 2 noch innerhalb von 30 Jahren nach dem Erbfall zum Testamentsvollstrecker ernannt wurde, war somit auf Fortdauer der [X.]zu erkennen. 5. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot ist darin entgegen der Ansicht der Revision auch mit Blick auf den von ihr geltend gemachten Grundrechtsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu erkennen. Zwar ent-spricht dem Recht des Erblassers zu vererben das Recht des Erben, kraft Erbfolge zu erwerben, so dass der begünstigte Erbe jedenfalls vom Eintritt des Erbfalls an den Schutz des Grundrechts genießt ([X.]NJW 2000, 2495 f. m.N.). Durch die Anordnung einer erbrechtlich gestat-teten zeitlichen Ausdehnung der Testamentsvollstreckung wird ihm [X.]keine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsposition entzo-gen. Eine Anwartschaft darauf, ohne eine solche Beschränkung Erbe zu werden, besteht nicht. Die Sicherung einer Mindestteilhabe am Nachlass sieht das Gesetz allein für Pflichtteilsberechtigte durch das [X.]gemäß § 2306 BGB vor. Für eine Absicherung anderer, nicht pflichtteilsberechtigter Erbbegünstigter gibt es - auch aus verfassungs-rechtlicher Sicht - keine Grundlage. 30 6. Das Berufungsgericht hat entgegen der Ansicht der Revision schließlich keinen wesentlichen Prozessstoff außer Acht gelassen. [X.]hat es, wie seine Ausführungen auf Seite 18 des [X.]und die dort in Bezug genommenen Ausführungen auf den [X.]30 ff. des landgerichtlichen Urteils zeigen, berücksichtigt, dass die Testamentsvollstrecker von 1981 bis zum Ableben des Vaters des [X.]- 18 -
klagten im Jahre 1994 ihr Amt (faktisch) nicht ausgeübt haben. Es hat diesen Umstand jedoch zu Recht als unerheblich bezeichnet, weil eine vom Erblasser angeordnete (Dauer-)Testamentsvollstreckung nicht da-durch beseitigt oder "verwirkt" werden kann, dass eingesetzte [X.]eine [X.]lang untätig bleiben.
[X.] [X.] [X.] Dr. [X.] [X.] Vorinstanzen: LG Berlin, Entscheidung vom 15.02.2006 - 28 O 487/04 - KG Berlin, Entscheidung vom 28.09.2006 - 12 U 54/06 -
Meta
05.12.2007
Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2007, Az. IV ZR 275/06 (REWIS RS 2007, 471)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 471
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 Wx 68/97 (Oberlandesgericht Köln)
Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung - Zivilrechtliche Stellung des Testamentsvollstreckers
I ZR 213/01 (Bundesgerichtshof)
IV ZR 232/09 (Bundesgerichtshof)
5 T 956/90 (Landgericht Münster)
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