Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.11.2013, Az. 26 W (pat) 531/13

26. Senat | REWIS RS 2013, 1388

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "VORFAHRT VIA BUS für Hamburg (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 6. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Hermann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 hat die Markenstelle für Klasse 39 des [X.] nach vorangegangener Beanstandung vom 22. Februar 2013 die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

2

Klasse 9:

3

Computerprogramme, Software für elektronische Informations-, Reservierungs- und Verkaufssysteme, Software für vollautomatische und halbautomatische Verkehrsleit-, [X.] und Sicherheitssysteme

4

Klasse 35:

5

Dienstleistungen der Öffentlichkeitsarbeit

6

Klasse 39:

7

Beförderung von Personen, Transportdienstleistungen mit Kraftfahrzeugen, Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des öffentlichen Nahverkehr, Betreiben einer Straßeninfrastruktur für den öffentlichen Nahverkehr

8

bestimmten Wort-/Bildmarke 30 2013 011 147

Abbildung

9

zurückgewiesen. Der Eintragung des angemeldeten [X.] als Marke in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen stehe das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen, da es ausschließlich aus nicht unterscheidungskräftigen Angaben bestehe (§§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] sei nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur [X.] Rspr. [X.] GRUR 2003, 1050 – [X.]; [X.] GRUR 2003, 58 - [X.] - zur [X.]). Die Unterscheidungskraft sei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen sei. Keine Unterscheidungskraft besäßen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordneten (vgl. [X.] GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor), wobei eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft sei, vielmehr auch aus anderen Gründen fehlen könne (vgl. [X.] GRUR 2004, 674 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 – [X.]). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für Marken, die nur aus einem einzelnen Wort bestehen wie auch für Werbeslogans bzw. sloganartige Wortfolgen, ohne dass dabei an ihre Unterscheidungskraft unterschiedliche Anforderungen anzulegen seien ([X.], [X.] 2002, 338 - Bar jeder Vernunft).

Von mangelnder Unterscheidungskraft sei vor allem bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Eine gewisse Originalität und Prägnanz oder auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage könne einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. [X.] [X.], 1043, 1044 f. "[X.]"; [X.] GRUR 2002, 1070 "Bar jeder Vernunft"). Nach diesen Grundsätzen fehle der angemeldeten Wortfolge für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft.

Bei dem [X.] "[X.] VIA BUS für [X.]" handele es sich um einen schlagwortartigen Satz, der den Sinn vermittele, dass man mittels Bus in [X.] Vorfahrt habe, was ohne Weiteres vom angesprochenen breiten Verkehr als werbliche Anpreisung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesehen werden würde.

Die Schutzfähigkeit ergebe sich nicht aus einer nach Auffassung der Anmelderin vorliegenden Unschärfe oder Vieldeutigkeit der Wortfolge durch den Begriff "[X.]". "[X.]" stelle ein aus dem [X.] stammendes, allgemein bekanntes Wort mit der Bedeutung von "durch, per, mittels" dar und werde in Verbindung mit Namen oder allein stehenden Substantiven verwendet. In Verbindung mit dem Substantiv "Bus" könne es nur die Bedeutung von "durch, per, mittels" haben. [X.] sei als eine Großstadt mit dem üblich starken Verkehr bekannt, der auch die dort verkehrenden Buslinien betreffe. Um eine Beschleunigung der Buslinien zu bewirken, sei es in der Regel erforderlich, Ampeln umzubauen oder auszutauschen, Software und Computerprogramme für die Steuerung dieser Ampeln im Zusammenhang mit der Annäherung von Bussen zu regeln, Sonderspuren anzulegen sowie Kreuzungen und Haltestellen umzubauen und natürlich auch die Öffentlichkeit mit diesen Maßnahmen vertraut zu machen und den hierdurch errungen Vorteil für ein öffentliches Verkehrsmittel herauszustellen.

Vor diesem Hintergrund würde der Verkehr in der Wortfolge auch nur eine werbeübliche Sachangabe sehen. In der Bedeutung "Vorfahrt mittels Bus für [X.]" beschreibe die angemeldete Wortfolge zwar nicht unmittelbar Merkmale und Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, gebe aber einen Hinweis auf die Bestimmung und den Einsatzbereich der Waren und Dienstleistungen. Da das angemeldete Zeichen nicht isoliert zu betrachten, sondern bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit zwingend in Bezug zu den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu setzen sei, konkretisiere sich der Begriffsinhalt von "[X.] VIA BUS für [X.]" in oben genanntem Sinne, was sich dem Verkehr ohne gedankliche Zwischenschritte und ohne Nachdenken als werbeüblich gebildete schlagwortartige Anpreisung mit Hinweis auf Bestimmung, Inhalt, Thema und Gegenstand der Waren und Dienstleistungen aufdränge und kein individualisierendes Betriebskennzeichen darstelle.

Zwar könne einer Marke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufwiesen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sehe (vgl. [X.] GRUR 1991, 136, 137 - [X.]; [X.], 1153 - antiKALK), nötig sei aber eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke. Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt habe, keine Unterscheidungskraft zu begründen. Vorliegend liege allein eine optische Hervorhebung dreier Wörter mittels Großschreibung und Fettdruck sowie teilweiser Unterstreichung vor. Es handele sich nicht um einen eigenständigen Bildbestandteil, der eine ausreichend bildhafte Verfremdung des nicht unterscheidungskräftigen [X.] darstelle und von der [X.], sondern lediglich um eine werbegraphische Gestaltung des Sachhinweises ohne eigenen Aussagegehalt.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des [X.] vom 13. Juni 2013 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich der Akte des [X.] Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht, wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt, das Fehlen der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderlichen Unterscheidungskraft entgegen.

Dies hat die Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss vom 13. Juni 2013 in Verbindung mit dem Amtsbescheid vom 22. Februar 2013 eingehend und mit zutreffenden Erwägungen dargelegt. Der [X.] kann sich den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung nur anschließen. Das Wort „[X.]“ heißt in dem sich aufdrängenden Zusammenhang „mittels“ und spielt daneben auf Straße/Weg, also Verkehr an, was auch der angefochtene Beschluss annimmt und belegt. Die weiteren Aussagen der Wortbestandteile sind ebenso wenig erläuterungsbedürftig, weshalb die Lesart der Markenstelle, die sloganartige Wortfolge weise unmittelbar und in erster Linie darauf hin, dass man per Bus in [X.] Vorfahrt habe, keinen Bedenken ausgesetzt i[X.]

Der Verkehr wird den beschreibenden Inhalt sofort erfassen und ihn als bloße Warenanpreisung verstehen, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis.

Wie die Markenstelle ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, verleiht die Kombination der verschiedenartigen Schriftarten, -größen und -farben der Wortbestandteile der Wort-/Bildmarke keinen ausreichend fantasievollen, eigenständigen Gesamteindruck. Zwar kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. [X.] GRUR 91, 136 - [X.]). Hierzu vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden könnten ([X.] GRUR 2000. 502 - [X.], [X.], 413 - [X.]; [X.], 1153 - anti Kalk). Hier werden die angesprochenen Verkehrskreise das angemeldete Zeichen als eine Gesamtheit wahrnehmen, in der der sachbezogene Charakter der Wortbestandteile „Vorfahrt für [X.] via Bus“ so im Vordergrund steht, dass der bildlichen Gestaltung daneben keine Besonderheit, die über das in der Werbung Übliche hinausgeht, beigemessen wird. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass an die grafische Ausgestaltung umso größere Anforderungen zu stellen sind, je deutlicher der nicht unterscheidungskräftige Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt ([X.] a. a. O. - antiKalk; [X.], 401, 402 - [X.] etc.;). Hier hätte es daher eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente bedurft, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen.

Da die Anmelderin ihre Beschwerde auch nicht begründet hat, ist nicht ersichtlich, unter welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gesichtspunkten sie die ergangene Entscheidung für angreifbar hält.

Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

Meta

26 W (pat) 531/13

06.11.2013

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.11.2013, Az. 26 W (pat) 531/13 (REWIS RS 2013, 1388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1388

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