Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.04.2014, Az. 25 W (pat) 504/14

25. Senat | REWIS RS 2014, 6169

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "WERTE iNVEST (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 037 914.6

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 23. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters kraft Auftrags Portmann

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Das Zeichen

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Abbildung

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ist am 24. Juni 2010 für folgende Dienstleistungen der

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[X.]: Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Aufstellen von Kosten-Preisanalysen; Beratung bei der Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche Beratung; Erstellen von Statistiken; Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellen von Geschäftsgutachten; Erstellen von Wirtschaftsprognosen; Vermittlung geschäftlicher Kontakte;

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Klasse 36: Finanzanalysen und Auswertung von Finanzanalysen Dritter; finanzielle Beratung insbesondere Konsolidierung und Dokumentation von Investments, Vermögensnachfolgeplanung, Vermögenscontrolling, Überwachung der Umsetzung von Anlagestrategien; Erteilung von Finanzauskünften; Vermittlung von Vermögensanlagen in Fonds und Versicherungen; Investmentgeschäfte; finanzielle Schätzungen; Erstellen von Steuergutachten und –schätzungen; Vermögensverwaltung; Vermittlung finanzieller Dienstleistungen Dritter insbesondere von Banken insbesondere des Führens von Konten und Depots; Steuerberatung;

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als Wort-/Bildmarke angemeldet worden.

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Die Markenstelle für Klasse 36 des [X.] hat diese unter der Nummer 30 2010 037 914.6 geführte Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes zurückgewiesen, weil der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls das  Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegenstünde und daher dahinstehen könne, ob zudem auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gegeben sei. Das Anmeldezeichen setze sich - wie bereits im Beanstandungsbescheid ausgeführt - ersichtlich aus dem bekannten Wort „[X.]“ und der Angabe „iNVEST“ als Wort des [X.] Grundwortschatzes, das wegen seiner Nähe zum eingedeutschten Wort „investieren“ sowohl im Sinne von „Geld anlegen, investieren“ wie auch als Kurzform des Substantivs „Investment“ verständlich sei, zusammen. Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 auf dem Gebiet des „Finanzwesens“ und der damit in engem Zusammenhang stehenden Dienstleistungen stelle die angemeldete Marke eine rein beschreibende Sachangabe bzw. einen Hinweis auf das Anwendungsgebiet und schwerpunktmäßige Tätigkeitsfeld, nämlich Investitionen in Werte, dar, in der der angesprochene Verkehr keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehe. Dabei führe die grafische Ausgestaltung des [X.] mit dem vertikal ausgerichteten schmalen silbernen Rechteck mit dem Wort „[X.]“ in Großbuchstaben und dem weiteren Begriff „iNVEST“ mit dem rotfarbigen Kleinbuchstaben „i“ nicht von der beschreibenden Sachaussage weg und vermöge ihr daher nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zu verschaffen, zumal der Verkehr an vielseitige bildliche und schriftbildliche Wiedergabeformen gewöhnt sei.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

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Die Annahme der Markenstelle, der [X.] fehle jegliche Unterscheidungskraft, sei rechtsfehlerhaft getroffen worden. Die Begründung für die Schutzversagung, nämlich dass der Wortbestandteil des [X.] eine ausschließliche Begrifflichkeit darstelle, die in engem wirtschaftlichem Sachzusammenhang mit verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen stehe und diese als „Investition in Werte“ beschreibe, und dass die grafische Gestaltung sich in einer werbeüblichen Ausgestaltung erschöpfe, sei nicht tragfähig. Entgegen der Auffassung der Markenstelle könne dem Anmeldezeichen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen zugeordnet werden, allenfalls könne sich ein solcher den angesprochenen Verkehrskreisen erst nach mehreren gedanklichen Zwischenschritten erschließen. Die Verkehrskreise müssten jedenfalls weitere Assoziationen anstellen, um vom Bedeutungsgehalt der Kombination beider Wortbestandteile zu den betreffenden Dienstleistungen zu finden. Keineswegs sei klar, ob es in Werte zu investieren gelte, oder ob Werte durch Investitionen gebildet werden müssen, und wie solche Vorgänge in den Kontext der jeweiligen Leistungen zu integrieren seien. Zudem werde die angemeldete Marke nicht allein durch ihre Wortbestandteile, sondern durch ihre besondere bildliche Ausgestaltung geprägt, die vor allem von der eher „nüchternen“ Finanzbranche und ihren daher ansonsten üblicherweise reduzierten bzw. zurückhaltenden Gestaltungen als Herkunftshinweis wahrgenommen werde. Daher sei auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht gegeben.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des [X.] vom 25. Oktober 2011 aufzuheben.

Ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 19. März 2014 konkludent zurückgenommen, indem sie nach einem eingehend begründeten Ladungshinweis des Senats zu den fehlenden Erfolgsaussichten der Beschwerde mitteilen ließ, nicht zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen. Der bereits anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung vom 3. April 2014 ist daraufhin aufgehoben worden. Zu dem Hinweis des Senats hat sich die Anmelderin in dem vorgenannten Schriftsatz in der Weise geäußert, dass sie die Rechtsauffassung des Senats nicht teile und sie weiterhin davon ausgehe, dass das aus Wort- und Bildelementen kombinierte Anmeldezeichen ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufweise.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthaft. Die Beschwerde ist aber unbegründet.

Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass bezüglich des angemeldeten [X.] im Zusammenhang mit allen beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gegeben ist. Die Markenstelle hat die Anmeldung gemäß § 37 Abs. 1 [X.] daher zu Recht zurückgewiesen.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u.a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 - „[X.]“; [X.], 850, [X.]. 17 - „[X.]“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.] 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] – [X.] a.a.[X.]). Zumindest in diesem Sinne fehlt der angemeldeten Marke in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.

Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 richten sich zum einen an die breiten Verkehrskreise der Verbraucher und zum anderen an im Geschäftsleben agierende, d.h. in Geschäfts-, Geld- und Finanzangelegenheiten erfahrene Fachkreise.

Investments; Investmentgeschäfte“ ist der Wortbestandteil „invest“ im Dienstleistungsbegriff selbst enthalten, so dass sich der dienstleistungsbeschreibende Zusammenhang schon deshalb ohne weiteres ergibt. Aber auch im Zusammenhang mit den übrigen beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 36, bei denen es sich allesamt um Produkte aus dem Finanzbereich handelt, dabei solchen, welche die Schaffung von (finanziellen) Werten unterstützen können, wie Finanzanalysen, finanzielle Schätzungen, Vermögenscontrolling usw., wird die Wortfolge „[X.] iNVEST“ vom Verkehr ausschließlich als Hinweis auf den Gegenstand bzw. die Zielsetzung der dargebotenen Dienstleistungen und daher nicht als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen werden. Gleichermaßen wird die Wortfolge „[X.] iNVEST“ im Zusammenhang mit allen beanspruchten Dienstleistungen der [X.] lediglich als sachbezogener Hinweis auf die Bestimmung der angebotenen Produkte erkannt werden, nämlich dass diese darauf gerichtet sind, in Werte zu investieren und damit finanzielle attraktive Werte zu schaffen. Die produktbezogene Bedeutung wird der Verkehr dabei ohne weiteres wahrnehmen. Sie liegt bei allen beanspruchten Dienstleistungen nahe. Soweit die Anmelderin als Argument für die Unterscheidungskraft eine Mehrdeutigkeit der Wortfolge „[X.] iNVEST“ anführt, führt diese zu keiner anderen Beurteilung, da zum einen bereits eine von mehrere beschreibenden Bedeutungen ausreicht, um die Schutzfähigkeit zu verneinen, hier aber sogar alle von der Anmelderin angeführten Bedeutungen wie „in Werte investieren“ oder „Werte investieren“ oder „Werte durch Investitionen bilden“ einen zumindest engen beschreibenden Bezug in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen haben. Von einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit ist jedenfalls nicht auszugehen, zumal alle Bedeutungen nahe beieinander liegen und in dieselbe Richtung weisen.

Auch die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke wirkt nicht schutzbegründend. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile durch eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erhalten. Jedoch sind dabei an den bildlichen „Überschuss“ umso höhere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibende bzw. werbende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt. Die grafische Ausgestaltung muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. dazu [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 9 Rdn. 150 ff., 154 f. m.w.N.; vgl. auch [X.] GRUR 1998, 394, 396 - Motorrad Active Line; [X.], 634 - [X.]; [X.], 1153 – antiKALK). Auch wenn das Design des [X.] modern und ansprechend ausgefallen sein mag, sind die grafischen Gestaltungselemente nicht geeignet, als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft der beanspruchten Produkte zu dienen, da sie als rein dekorative Mittel erscheinen. Die in der [X.] eingesetzten Gestaltungsmerkmale – unterschiedliche Farben und Schriftarten innerhalb der Wortbestandteile, senkrechte Schreibrichtung der Wortfolge, rechteckiger und silberfarbiger Untergrund bzw. Umrahmung der Wortelemente mit einem aus der Umrandung heraustretenden Punkt des Buchstabens „i“ - erscheinen in ihrer Gesamtheit keineswegs ungewöhnlich, sondern halten sich im Rahmen des [X.] und werden daher vom Verkehr, der an entsprechende Gestaltungen gewöhnt ist, als rein dekorative Elemente wahrgenommen werden, zumal diese im Verhältnis zu den [X.] erkennbar nur deren Hervorhebung dienen und diese damit gerade nicht in den Hintergrund treten lassen. Auch die vermeintlich sachlich, nüchterne Finanzbranche bedient sich inzwischen aus Gründen der Werbung bzw. der vorteilhaften Außendarstellung durchgängig ansprechender Darstellungs- bzw. Erscheinungsformen auch im Zusammenhang mit produktbeschreibenden Angaben. Die senkrechte Schreibrichtung der Wortfolge ist bei der Frage der Schutzfähigkeit unerheblich. Abgesehen davon, dass man die [X.] darauf nicht festlegen können wird und auch die angemeldete Marke in waagerechter Schreibrichtung das Zeichen als solches darstellt, würde es im Ergebnis auf ein glatte Umgehung der Schutzhindernisse hinauslaufen, wenn allein durch die Schreibrichtung oder durch der Umstand, dass ein glatt beschreibendes Wort auf dem Kopf steht, die Schutzfähigkeit hergestellt werden könnte. Im Übrigen ist dieser Umstand, wenn er denn überhaupt so beansprucht werden könnte, vorliegend noch nicht einmal durch eine entsprechende Beschreibung des [X.] im Sinne einer Positions- oder Schreibrichtungsmarke registermäßig festgelegt worden.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

25 W (pat) 504/14

23.04.2014

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.04.2014, Az. 25 W (pat) 504/14 (REWIS RS 2014, 6169)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6169

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