Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 09.09.2021, Az. I ZR 118/20

1. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 2729

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Gegenstand

Urheberrechtliche Vergütungspflicht: Vertragliche Wirkung einer abweichenden Vereinbarung über die angemessene Gerätevergütung; Anspruch auf Zahlung von Gerätevergütung für zur betrieblichen Nutzung im Unternehmen des Herstellers bereitgestellte Geräte - Eigennutzung


Leitsatz

Eigennutzung

1. Eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 54d Abs. 1 UrhG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung ist allein ein Vertrag zwischen den zur Vereinbarung von Vergütungsverträgen berufenen Verwertungsgesellschaften einerseits und andererseits den Vergütungsschuldnern oder Verbänden, denen die Vergütungsschuldner angehören.

2. Der in § 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung genannte Begriff der "durch die Veräußerung der Geräte sowie der Bild- oder Tonträger geschaffenen Möglichkeit", Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG vorzunehmen, ist mit Blick auf Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen, dass ihm auch Geräte unterliegen, die zur betrieblichen Nutzung im Unternehmen des Herstellers bereitgestellt werden. Auch hinsichtlich solcher Geräte steht dem auf Zahlung von Gerätevergütung in Anspruch Genommenen der Nachweis offen, dass sie eindeutig zu anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien genutzt wurden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 19. Juni 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, die [X.] ([X.]), ist ein Zusammenschluss [X.] Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche nach § 54 [X.] für die Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken geltend machen können. Nach dem Gesellschaftsvertrag in der Fassung vom 1. Januar 2011 haben ihre Gesellschafter die von ihnen wahrgenommenen Rechte der Urheber betreffend die Vergütung für die Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken in die Klägerin eingebracht, die die ihr übertragenen Rechte im eigenen Namen geltend macht.

2

Die Beklagte stellt [X.] her.

3

Die Parteien streiten um die Vergütung für von der Beklagten in der [X.] vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2007 im Inland in Verkehr gebrachte [X.] mit eingebauter Festplatte.

4

In dem von den Parteien geführten Schiedsstellenverfahren hat die Schiedsstelle bei dem [X.] am 27. September 2011 einen Einigungsvorschlag unterbreitet, der eine Gerätevergütung von 15 € pro Stück zuzüglich 7% Umsatzsteuer vorsieht.

5

Die Beklagte hat im Schiedsstellenverfahren Auskunft dahingehend erteilt, dass sie im hier betroffenen [X.]raum insgesamt 404 [X.] mit eingebauter Festplatte hergestellt habe.

6

Die Klägerin verlangt unter Bezugnahme auf Nr. [X.] der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (aF) eine Vergütung von 18,42 € pro Gerät und hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 7.962,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der am 15. Januar 2015 erfolgten Zustellung des Mahnbescheids zu verurteilen.

7

Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung von 2.154,56 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

8

Die Klägerin verfolgt mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision ihren Zahlungsantrag weiter.

9

Die ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Die Klägerin hat beantragt, über ihr Rechtsmittel durch Versäumnisurteil zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

I. Das [X.] hat angenommen, die zulässige Klage sei nur in Höhe des zugesprochenen Betrags begründet, und weiter zur Begründung ausgeführt:

Die Klägerin könne dem Grunde nach eine Vergütung für die von der [X.] im Zeitraum 2002 bis 2007 hergestellten und in Verkehr gebrachten [X.] verlangen. Die Anzahl der von der Klägerin in Ansatz gebrachten Geräte sei allerdings um die Geräte zu reduzieren, die die Beklagte zwar hergestellt, jedoch nicht in Verkehr gebracht habe. Nach der ergänzenden Auskunft der [X.] habe sie acht der in den Jahren 2005 und 2006 produzierten Geräte im eigenen Unternehmen eingesetzt, so dass sie eine Vergütung nur für 396 Geräte schulde.

Die Höhe der Vergütung richte sich jedoch nicht nach dem in der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] aF genannten Satz, sondern nach dem am 23. Dezember 2009 zwischen der Klägerin und dem [X.] ([X.]) für die Jahre 2002 bis 2007 geschlossenen Vergleich zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für [X.] gemäß § 54 Abs. 1 [X.] aF, der für die Jahre 2002 und 2003 eine Vergütung von 3,15 € und für die Jahre 2004 bis 2007 eine Vergütung von 6,30 € pro Gerät vorsehe. Dieser Vergleich sei ungeachtet des Umstands, dass die Beklagte nicht Mitglied des [X.] sei und dem Vergleich deshalb nicht beitreten könne, eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 54d Abs. 1 [X.] aF. Der Vergleich stelle ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass das nach langwierigen Verhandlungen zwischen den beiderseits branchen- und sachkundigen Parteien gewonnene Ergebnis eine adäquate Gewichtung der betroffenen Sachverhalte im relevanten Zeitraum widerspiegele. Der Vergleich strahle auch auf nicht gesamtvertragsgebundene Vergütungsschuldner aus. Die darin vorgesehene Vergütungshöhe sei jedoch um den den Verbandsmitgliedern gewährten Gesamtvertragsrabatt von 20% auf 3,943 € sowie 7,875 € zu erhöhen. Der Zahlungsanspruch der Klägerin belaufe sich danach für die in den Jahren 2002 und 2003 in Verkehr gebrachten 245 Geräte auf 966,035 € und für die in den Jahren 2004 bis 2007 in Verkehr gebrachten 151 Exemplare auf 1.188,525 €, insgesamt also 2.154,56 €.

II. Über die Revision ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der [X.], sondern auf einer Sachprüfung (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 28. Mai 2020 - I ZR 129/19, [X.], 1087 Rn. 9, mwN).

III. Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann der Klägerin der von ihr [X.] Zahlungsanspruch nicht verwehrt werden.

1. Die Beurteilung des [X.]s, dass die Beklagte als Herstellerin von zur Anfertigung von Privatkopien geeigneten [X.] mit Festplatte dem Grunde nach zur Zahlung der Gerätevergütung nach § 54 Abs. 1 [X.] aF verpflichtet ist, nimmt die Revision als ihr günstig hin. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

2. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das [X.] der Berechnung der Vergütungsansprüche der Klägerin nicht die in der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] aF genannten Vergütungssätze, sondern lediglich reduzierte Vergütungssätze nach Maßgabe des von der Klägerin mit dem [X.] am 23. Dezember 2009 geschlossenen Vergleichs zugrunde gelegt hat.

a) Die in § 53 Abs. 1 und 2 [X.] aF vorgesehenen Beschränkungen des [X.] und der in § 54 Abs. 1 [X.] aF geregelte Anspruch auf angemessene Vergütung beruhen auf Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und sind daher richtlinienkonform auszulegen.

Der "gerechte Ausgleich" im Sinne von Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/[X.] soll den Urhebern die ohne ihre Genehmigung erfolgende Anfertigung von Kopien ihrer geschützten Werke vergüten und ist daher als Ersatz für den Schaden anzusehen, der ihnen durch eine solche ungenehmigte Kopie entsteht ([X.], Urteil vom 21. Oktober 2010 - [X.]/08, [X.]. 2010, [X.] = [X.], 50 Rn. 40 und 42 - Padawan; Urteil vom 27. Juli 2013 - [X.]/11 bis [X.]/11, [X.], 812 Rn. 31 und 32 = [X.], 1174 - VG Wort u.a.; Urteil vom 10. April 2014 - [X.]/12, [X.], 546 Rn. 50 = [X.], 682 - [X.] u.a.; Urteil vom 12. November 2015 - [X.]/13, [X.], 55 Rn. 36 = [X.], 176 - [X.]; Urteil vom 21. April 2016 - [X.]/14, [X.], 927 Rn. 19 - [X.]). Im Rahmen des ihnen bei der Bestimmung des gerechten Ausgleichs zustehenden weiten Ermessens bestimmen die Mitgliedstaaten, welche Personen diesen Ausgleich zu zahlen haben, und legen dessen Form, Einzelheiten und Höhe fest. Allerdings müssen der gerechte Ausgleich und folglich die ihm zugrundeliegende Regelung und seine Höhe einen Bezug zu dem Schaden haben, der den Rechteinhabern durch die Herstellung der Kopien entstanden ist ([X.], [X.], 50 Rn. 40 und 42 - Padawan; [X.], Urteil vom 16. Juni 2011 - [X.]/09, [X.]. 2011, [X.] = [X.], 909 Rn. 23 und 24 - [X.]; Urteil vom 11. Juli 2013 - [X.]/11, [X.], 1025 Rn. 20 = [X.], 1169 - [X.] u.a.; Urteil vom 5. März 2015 - [X.]/12, [X.], 478 Rn. 20 und 21 = [X.], 706 - [X.]; [X.], [X.], 927 Rn. 18 und 19 - [X.]). Dem entspricht ein Vergütungssystem, mit dem der zu erwartende Schaden pauschalierend für einzelne Gerätetypen oder Speichermedien festgelegt wird ([X.], [X.], 55 Rn. 71 - [X.]; vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin in der Rechtssache [X.]/08 vom 11. Mai 2010 Rn. 91 bis 94; [X.], Urteil vom 21. Juli 2016 - [X.], [X.], 172 Rn. 51 = [X.], 206 - [X.]; Urteil vom 10. September 2020 - [X.], [X.], 600 Rn. 17 = [X.], 647 - Außenseiter).

b) Die Höhe der nach § 54 Abs. 1 [X.] aF geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 und 2 [X.] aF zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten. Der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung nach § 54 Abs. 1 [X.] aF soll den Urhebern einen Ausgleich für die ihnen aufgrund der Einschränkung ihres [X.] gemäß § 53 Abs. 1 und 2 [X.] aF entgehenden individual-vertraglichen Lizenzeinnahmen verschaffen (vgl. [X.], [X.], 600 Rn. 18 - Außenseiter, mwN).

Nach § 54d Abs. 1 [X.] aF beläuft sich die angemessene Vergütung nach § 54 Abs. 1 [X.] aF auf die in der Anlage bestimmten Sätze, soweit nichts anderes vereinbart wird. Die in dieser Anlage vorgenommene Festlegung bestimmter Vergütungssätze steht mit dem Grundsatz des gerechten Ausgleichs in Einklang ([X.], [X.], 600 Rn. 19 - Außenseiter, mwN). Nach dem im Streitfall einschlägigen Abschnitt I Nr. 4 der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] aF beläuft sich die Vergütung nach § 54 Abs. 1 [X.] aF für jedes Bildaufzeichnungsgerät, für dessen Betrieb nach seiner Bauart gesonderte Träger nicht erforderlich sind, auf 18,42 €.

c) Die Anwendung des in der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] aF vorgesehenen Vergütungssatzes kann nicht mit der vom [X.] gegebenen Begründung abgelehnt werden, der von der Klägerin mit dem [X.] geschlossene Vergleich stelle eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 54d Abs. 1 [X.] aF dar.

Eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 54d Abs. 1 [X.] aF ist allein ein Vertrag zwischen den zur Vereinbarung von Vergütungsverträgen berufenen Verwertungsgesellschaften einerseits und andererseits den Vergütungsschuldnern oder Verbänden, denen die Vergütungsschuldner angehören. Der zwischen der Klägerin und dem [X.] geschlossene Vergleich entfaltet im Verhältnis der Parteien des vorliegenden Rechtsstreits keine vertragliche Wirkung, weil die Beklagte hieraus mangels eines (durch die Mitgliedschaft im [X.] eröffneten) Beitritts zum Vergleich nicht vertraglich berechtigt oder verpflichtet ist.

d) Die Angemessenheit gesetzlicher Vergütungssätze kann grundsätzlich nicht gerichtlich mit dem Ziel überprüft werden, sie im Falle ihrer Unangemessenheit auf das angemessene Maß herabzusetzen. Hinsichtlich der in der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] aF bestimmten Sätze kommt eine solche Überprüfung nicht in Betracht, weil es sich dabei um feste Vergütungssätze handelt, die kraft Gesetzes als angemessene Vergütung gelten (vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - [X.], [X.], 1037 Rn. 24 = [X.], 1357 - Weitergeltung als Tarif, mwN).

Die Feststellungen des [X.]s gestatten nicht die ausnahmsweise zur abweichenden Bestimmung der angemessenen Vergütung berechtigende Annahme, dass es an der Vergleichbarkeit der im Streitfall betroffenen Geräte und derjenigen Geräte fehlt, für die in der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] aF Vergütungssätze festgelegt sind (vgl. [X.], [X.], 172 Rn. 65 - [X.]).

e) Entgegen der Auffassung des [X.]s stellt die Anwendung des in Nr. [X.] der Anlage zu § 54d [X.] aF vorgesehenen Vergütungssatzes von 18,42 € keine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung dar.

Die Beklagte hat kein berechtigtes Interesse daran, in den Genuss der im Vergleich vorgesehenen günstigeren Vergütungssätze zu gelangen, ohne zugleich die mit dem Beitritt zum Vergleich für sie verbundenen Nachteile in Kauf zu nehmen, die insbesondere darin liegen, dass die im Vergleich vorgesehenen Vergütungssätze nur für Unternehmen gelten, die sich einer vertraglichen Festlegung der Vergütungssätze für eine Gesamtdauer von neun Jahren unterwerfen (vgl. [X.], [X.], 600 Rn. 30 f. - Außenseiter). In dieser Konstellation stellt die Anwendung des in der Anlage zu § 54d Abs. 1 [X.] aF vorgesehenen Vergütungssatzes auch keine gegen § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 1 GWB verstoßende Diskriminierung dar (vgl. [X.], [X.], 600 Rn. 39 bis 41 - Außenseiter).

3. Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg dagegen, dass das [X.] angenommen hat, die von der [X.] zur Nutzung im eigenen Unternehmen bereitgestellten Geräte unterlägen nicht der Vergütungspflicht, weil diese Geräte nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF veräußert worden seien.

a) Bei der richtlinienkonformen Auslegung des § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF ist zu berücksichtigen, dass nach der Auslegung des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] durch den [X.] grundsätzlich die Privatperson zum Schadensausgleich verpflichtet ist, die ohne vorherige Genehmigung des Urheberrechtsinhabers eine solche Vervielfältigung eines geschützten Werks für ihren privaten Gebrauch vornimmt, dass jedoch die Mitgliedstaaten aufgrund der bei der Identifizierung und Heranziehung der privaten Nutzer bestehenden Schwierigkeiten darin frei sind, zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs eine Zahlungspflicht einzuführen, die nicht die betroffenen Privatpersonen, sondern diejenigen belastet, die über Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung verfügen und sie zu diesem Zweck Privatpersonen rechtlich oder tatsächlich zur Verfügung stellen oder diesen die Dienstleistung einer Vervielfältigung erbringen (vgl. [X.], [X.], 50 Rn. 45 f. - Padawan; [X.], 909 Rn. 26 f - [X.]; [X.], 927 Rn. 23 f. - [X.]; [X.], Urteil vom 22. September 2016 - [X.]/15, [X.], 155 Rn. 30 f. = [X.], 1482 - [X.] u. a.). Es dürfen diejenigen mit der Zahlungspflicht belegt werden, die die Höhe dieser Vergütung auf den Preis für die Zurverfügungstellung der Anlagen, Geräte und Träger für die Vervielfältigung oder für die Dienstleistung einer Vervielfältigung überwälzen können, wobei diese Vergütung letztendlich vom privaten Nutzer getragen wird, der diesen Preis zahlt ([X.], [X.], 50 Rn. 48 - Padawan; [X.], 909 Rn. 28 - [X.]; [X.], 927 Rn. 25 - [X.]; [X.], 546 Rn. 52 - [X.] u.a.; [X.], 155 Rn. 33 - [X.] u. a.).

b) Dabei unterliegt ein Mitgliedstaat, der die Privatkopieausnahme in seinem nationalen Recht eingeführt hat, einer Ergebnispflicht in dem Sinne, dass er im Rahmen seiner Zuständigkeiten eine wirksame Erhebung des gerechten Ausgleichs gewährleisten muss, der dazu bestimmt ist, den Urhebern den ihnen entstandenen Schaden insbesondere dann zu ersetzen, wenn er im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats entstanden ist, da diesen Bestimmungen sonst jede Wirksamkeit genommen würde (vgl. [X.], [X.], 909 Rn. 34 - [X.]).

c) Dieser Ergebnispflicht würde es widersprechen, von einem Unternehmen hergestellte und zur Nutzung im eigenen Betrieb bereitgestellte Geräte, mit denen digitale Vervielfältigungen angefertigt werden können, von der Vergütungspflicht auszunehmen. Der in § 54 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF genannte Begriff der "durch die Veräußerung der Geräte sowie der Bild- oder Tonträger geschaffenen Möglichkeit", Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 oder 2 [X.] vorzunehmen, ist deshalb richtlinienkonform dahin auszulegen, dass ihm auch Geräte unterliegen, die zur betrieblichen Nutzung im Unternehmen des Herstellers bereitgestellt werden. Die Gerätevergütung knüpft hierbei daran an, dass der Hersteller durch die Bereitstellung der Geräte im eigenen Betrieb seinen Beschäftigten deren Nutzung (auch) zu privaten Zwecken eröffnet. Auch in diesem Fall besteht die Möglichkeit, die vom Hersteller geschuldete Gerätevergütung auf diejenigen privaten Endnutzer abzuwälzen, die die im Unternehmen des Herstellers bereitgestellten Geräte zur Anfertigung von privaten Kopien nutzen, etwa indem diese einer Kostenpflicht unterworfen werden. Danach kann die Vergütungspflicht nicht schon deshalb verneint werden, weil es sich um Geräte handelt, die die Beklagte zur Nutzung im eigenen Unternehmen bereitgestellt hat.

d) Das angegriffene Urteil erweist sich nicht gemäß § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig. Auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob hinsichtlich der Geräte, die die Beklagte zur Nutzung im eigenen Unternehmen bereitgestellt hat, deshalb keine Vergütungspflicht besteht, weil ihre Nutzung zu eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Kopien zum Privatgebrauch erfolgt.

aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] zu Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/[X.] ist die unterschiedslose Anwendung der Vergütung für Privatkopien auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung, die nicht privaten Nutzern überlassen werden und eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, mit der Richtlinie unvereinbar ([X.], [X.], 50 Rn. 52 und 53 - Padawan; [X.], 1025 Rn. 28 - [X.] u.a.; [X.], 478 Rn. 47 und 50 - [X.]; [X.], Urteil vom 9. Juni 2016 - [X.]/14, [X.], 687 Rn. 31 - [X.]EDA u.a./Administración del Estado). Unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung des privaten Zwecks der Nutzung von zur Vervielfältigung geeigneten Geräten oder Trägermaterial steht es allerdings mit der Richtlinie in Einklang, für den Fall, dass diese Geräte oder Trägermaterialien nicht eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, eine widerlegbare Vermutung für eine vergütungspflichtige Nutzung gemäß § 53 Abs. 1 und 2 [X.] aF aufzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 16. März 2017 - [X.], [X.], 716 Rn. 58 = [X.], 978 - [X.] mit Festplatte II, mwN).

Die hiernach bei einer Überlassung eines zur Anfertigung von Privatkopien geeigneten und bestimmten Geräts an Privatpersonen gerechtfertigte Vermutung für eine vergütungspflichtige, nicht eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Kopien zum Privatgebrauch vorbehaltene Nutzung kann durch den Nachweis entkräftet werden, dass mit Hilfe dieser Geräte allenfalls in geringem Umfang tatsächlich Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 und 2 [X.] aF angefertigt worden sind oder nach dem normalen Gang der Dinge angefertigt werden (vgl. [X.], [X.], 716 Rn. 60 - [X.] mit Festplatte II, mwN).

bb) Im Streitfall hat das [X.] zur Frage, ob die von der [X.] zur Nutzung im eigenen Unternehmen bereitgestellten Geräte eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten waren, keine Feststellungen getroffen.

4. Eine Vorlage an den [X.] nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - [X.] u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - [X.]/14, [X.]. 2015, 1152 Rn. 43 - [X.], mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

IV. Die Revision der Klägerin führt danach zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.

Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Der [X.] steht der Nachweis offen, dass die von ihr in ihrem Unternehmen bereitgestellten Geräte eindeutig zu anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien genutzt wurden. Die Darlegungs- und Beweislast der [X.] bezieht sich insoweit auch auf die Anzahl der betroffenen Geräte.

2. Die von der [X.] geschuldete Gerätevergütung unterliegt einer Umsatzsteuer in Höhe von 7%.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem/einer beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt/Rechtsanwältin binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Koch     

      

Feddersen     

      

Pohl   

      

Schmaltz     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZR 118/20

09.09.2021

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 19. Juni 2020, Az: 6 Sch 21/15 WG

Art 5 Abs 2 Buchst b EGRL 29/2001, Art 5 Abs 3 EGRL 29/2001, § 53 Abs 1 UrhG vom 10.09.2003, § 53 Abs 2 UrhG vom 10.09.2003, § 54 Abs 1 S 1 UrhG vom 25.07.1994, § 54d Abs 1 UrhG vom 25.07.1994

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 09.09.2021, Az. I ZR 118/20 (REWIS RS 2021, 2729)

Papier­fundstellen: GRUR 2021, 1516 MDR 2022, 259-260 NJW 2022, 779 REWIS RS 2021, 2729

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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