Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2017, Az. 28 W (pat) 532/17

28. Senat | REWIS RS 2017, 1793

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Schmucke Sache" – Auslegung als Beschwerde - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 3016 205 715.0

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 23. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Anmelder hat am 22. Februar 2016 beim [X.] beantragt, das Zeichen

2

Schmucke Sache

3

als Wortmarke für "Schmuckstücke; Schmuckstücke aus Glas; Schmuckwaren" (Klasse 14) in das Markenregister einzutragen.

4

Die Markenstelle für Klasse 14 des [X.]s, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 10. November 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das Anmeldezeichen der erforderlichen Unterscheidungskraft entbehre. Das Anmeldezeichen "Schmucke Sache" sei eine sprachüblich gebildete Wortkombination, die sinngemäß "hübsche Sache" bedeute. Das angesprochene Publikum verstehe das Zeichen im Kontext der beanspruchten Schmuckwaren ausschließlich als werblich gefassten Sachhinweis auf eine ansprechende Aufmachung. Deswegen eigne sich das Anmeldezeichen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis.

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Hiergegen richtet sich der als "Widerspruch oder Beschwerde/Erinnerung" bezeichnete Rechtsbehelf des Anmelders vom 7. Dezember 2016. Er beantragt sinngemäß, den Beschluss des [X.]es vom 10. November 2016 aufzuheben. Zur Begründung trägt er vor, die Wendung "Schmucke Sache" sei nicht nur wörtlich zu verstehen, sondern verfüge in Bezug auf Schmuckwaren über mehrere Bedeutungen. Das Anmeldezeichen werde als Wortspiel verstanden. Es verfüge damit über einen Wiedererkennungswert und eigne sich deswegen als Marke.

6

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

7

Die zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg.

8

1. Der mit Schreiben des Anmelders vom 7. Dezember 2016 erhobene Rechtsbehelf ist als Beschwerde nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] auszulegen. Der Anmelder bringt darin eindeutig zum Ausdruck, dass er die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses begehrt. Zwar lässt der Anmelder nach dem Wortlaut seiner Erklärung - trotz einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung - bewusst offen, ob er gerade Beschwerde erheben will ("… lege ich hiermit … Widerspruch oder Beschwerde/Erinnerung (worin liegt der Unterschied?) gegen Ihren Entscheid ein."). Aus dem Zusammenhang der Erklärung ergibt sich aber ein ausreichender objektiver Anhalt dafür, dass er sein Ziel vorrangig mit Hilfe der Beschwerde verfolgen will (vgl. zur Auslegung von [X.], Beschluss vom 19. September 2017, [X.]/17 – Mehrschichtlager). In der dem Schreiben vom 7. Dezember 2016 beigefügten Kopie der "Quittung Ihrer Überweisung", in der die Entgegennahme einer Überweisung über 200,- [X.] bestätigt wird, ist nämlich als Verwendungszweck "[X.], [X.] 302016205715.0/14" angegeben. Hierdurch räumt der Anmelder der Beschwerde den Vorrang unter den in seinem Schreiben vom 7. Dezember 2016 genannten Rechtsbehelfen, von denen ohnehin nur die Erinnerung und die Beschwerde statthaft sind, ein. Eine Verwerfung des Rechtsbehelfs wegen Unbestimmtheit würde nicht dem klaren Willen des Anmelders Rechnung tragen, in irgendeiner Weise, bevorzugt in Form der Beschwerde, Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Dafür spricht auch, dass der Anmelder dieser Auslegung seines Schreibens vom 7. Dezember 2016 nicht entgegengetreten ist.

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2. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht in Bezug auf die beanspruchten Waren jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Das [X.] hat die Anmeldung daher zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

a) Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - [X.]; [X.] 2014, 569, Rdnr. 10 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel; [X.] 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE).

[X.] 2006, 850 [X.] 2006, 850, 854, Rdnr. 19, 28 - [X.]; [X.], 1204, [X.] 2006, 850, 854, Rdnr. 19, 28 - [X.]; [X.], 1204, Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten).

Werbeslogans oder andere Angaben mit Werbefunktion sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 11. Auflage, § 8, Rdnr. 221 m. w. N.). Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Allerdings sieht das Publikum in solchen Bezeichnungen oder Wortfolgen regelmäßig dann keinen betrieblichen Herkunftshinweis, wenn sie eine bloße Werbefunktion ausüben (vgl. [X.] MarkenR 2012, 304, Rdnr. 34, 35 - SMART TECHNOLOGIES; [X.] 2016, 934, Rdnr. 23 - [X.]; [X.]/Hacker, a. a. [X.], § 8, Rdnr. 222).

b) Nach diesen Grundsätzen kommt dem angemeldeten Wortzeichen "Schmucke Sache" aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers von Schmuckwaren die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu. Es erschöpft sich im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren in einem werblichen Hinweis auf deren Art und Beschaffenheit.

Dem Adjektiv "schmuck" kommt die Bedeutung "in der Aufmachung, der äußeren Erscheinung sehr ansprechend; von angenehmem, nettem Aussehen; hübsch" zu (vgl. [X.] [X.], 2. Auflage, Seite 1338; [X.] Online: "ein schmuckes Paar" und "schmuck aussehen"). Es ist ersichtlich sprachüblich mit dem Substantiv "Sache" im Sinn von "Gegenstand, [X.]" verbunden, so dass die angemeldete Wortkombination insgesamt das Verständnis "hübscher Gegenstand" vermittelt. Damit bezeichnet sie lediglich die wesentliche Verschönerungs- oder Zierfunktion der beanspruchten Schmuckstücke und -waren (vgl. auch [X.], [X.], a. a. [X.]).

Der Anmelder merkt zu Recht an, dass das Anmeldezeichen zudem als Wortspiel verstanden wird. Denn das Zeichenelement "Schmucke" benennt auch die in Rede stehenden Waren, da es sich bei ihnen um "Schmuckstücke; Schmuckstücke aus Glas; Schmuckwaren" handelt. Der gegenständlichen Wortfolge mag angesichts dieses Doppelsinns zwar eine sprachliche Eigentümlichkeit nicht abzusprechen sein. Sie reicht allerdings nicht aus, damit das Anmeldezeichen die Funktion eines betrieblichen [X.] ausüben kann. Vielmehr stellt es lediglich eine werblich gefasste Sachaussage dar. Eine solche enthält typischerweise ein sprachliches Überraschungsmoment oder ein anderes stilistisch auffälliges Merkmal (vgl. Wörterbuch der Werbesprache, [X.], Seite 8), um die Aufmerksamkeit des Publikums zu wecken und zu binden. Ihr kommt dadurch jedoch noch keine Kennzeichnungskraft zu, zumal - wie vorliegend - die Doppelfunktion des Wortes "Schmucke" auf der Hand liegt und mit ihm eine Eigenschaft der gegenständlichen Waren ausdrücklich benannt wird. Demzufolge bietet sich hier die Begriffskombination "Schmucke Sache" als Sachangabe in besonderer Weise an, was auch daran deutlich wird, dass sie ausweislich der Anlagen zum gerichtlichen Hinweis vom 28. August 2017 umfangreich von [X.] zur Anpreisung von Schmuckwaren eingesetzt wird (vgl. u. a. [X.] Allgemeine vom 16. November 2016: "[X.] - Künstler zeigen ihre Arbeiten im Miele-Museum").

Die Beschwerde des Anmelders war daher zurückzuweisen.

3. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Anmelder eine mündliche Verhandlung nicht beantragt hat (§ 69 Nr. 1 [X.]) und eine solche auch nicht aus Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 Nr. 3 [X.]). Der Einlassung des Anmelders im Schreiben vom 21. April 2017, "das Patentgerichtsverfahren zeitnah aufzurufen", ist lediglich die Anregung zu entnehmen, die Beschwerdesache zügig zu bearbeiten. Der Anmelder ist dieser Auslegung, die ihm der Senat mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 mitgeteilt hat, nicht entgegengetreten.

Meta

28 W (pat) 532/17

23.11.2017

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.11.2017, Az. 28 W (pat) 532/17 (REWIS RS 2017, 1793)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1793

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