Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2010, Az. I ZR 27/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10178

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 27/07 Verkündet am: 21. Januar 2010 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 1. Oktober 2009 durch [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 16. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Beklagte bewarb das von ihr hergestellte und im Rahmen ihrer Pro-duktlinie "P. " vertriebene Haarpflegemittel "[X.]-Shampoo" in einer am 6. März 2006 in der Zeitschrift "[X.]

" erschienenen Anzeige mit den Angaben, die im nachstehend wiedergegebenen Klageantrag unter den [X.] und 2 aufgeführt sind. In ihrem Internetauftritt warb die Beklagte für die 1 - 3 - Produktlinie "P. " mit den im Klageantrag unter den Nummern 3 bis 9 genannten Angaben. Der Kläger, der Verein Sozialer Wettbewerb e.V., dem unter anderem Heilpraktiker, Hersteller von Kosmetika, Betreiber von Kurkliniken, Hersteller und Vertreiber von Naturheilmitteln und pharmazeutischer Produkte sowie [X.] angehören, hält diese Werbeaussagen für sachlich un-richtig, weil [X.] die ihm dort in Bezug auf Haarausfall zugeschriebenen [X.] nicht habe. Jedenfalls seien solche Wirkungen nicht wissenschaftlich gesichert. Dasselbe gelte für die im Internetauftritt der [X.] auch ange-sprochenen Inhaltsstoffe aus der Traubensilberkerze und das dort ebenfalls erwähnte natürliche Soja. 2 Der Kläger hat zuletzt beantragt, 3 der [X.] unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersa-gen, im geschäftlichen Verkehr für "P.

"-Produkte wie folgt zu werben 1. Mit [X.] gegen Haarausfall 2. Jetzt haben [X.] Wissenschaftler einen Stoff entwickelt, der die Haarwurzel vor hormonbedingten Erschöpfungszuständen schützt: Ein Phyto-[X.] – wie geschehen in der Werbung in der Zeitschrift "[X.] " gemäß [X.] und mit den Aussagen 3. In der Menopause (Wechseljahre) gerät der Hormonhaushalt einer Frau aus dem Gleichgewicht und stört so das Haarwachstum. Un-sere Forschung hat mit renommierten Wissenschaftlern und mo-dernsten Technologien daran gearbeitet, eine Lösung für dieses Problem zu finden. Daraus wurde ein Phyto-[X.] ent-wickelt, der die Haarwurzeln vor dem negativen Einfluss des männlichen Hormons (Testosteron) schützt, wenn der Anteil weib-licher Hormone (Östrogene) sinkt. Daher ist dieser [X.] ein wichtiger Bestandteil aller [X.]Produkte. 4. [X.] hat in Zusammenarbeit mit dem dermato- logischen Fachbereich der [X.] einen [X.] 4 - [X.] entwickelt, der die Haarwurzeln vor hormonbe-dingten Erschöpfungszuständen schützt. Er verhindert, dass [X.] die Haarwurzeln angreift und so die Energieversorgung einschänkt. 5. Für kräftigen Haarwuchs und festes Haar ab [X.]. Die coffein-haltige Rezeptur dieses Tonikums trägt dazu bei, dass das [X.] nach der Menopause (Wechseljahre) nicht erschlafft. 6. Durch erbliche Veranlagung wächst in der Menopause der Einfluss von Testosteron. Er stört auch das Haarwachstum, weil die [X.] vorzeitig erschlaffen. Hochkonzentrierte Pflanzenwirkstof-fe schützen davor und normalisieren die [X.]. [X.] und weitere wertvolle Inhaltsstoffe aus Traubensilberkerze (Cimici-fuga racemosa) und natürliches Soja (Glycine soja) ergänzen sich in der Schutzwirkung und kräftigen die geschwächten [X.]. 7. [X.][X.]-Tonikum: Eine Anwendungsbeobachtung an der [X.] zeigt: 75% der Testpersonen stellen subjektiv einen deutlichen bis sehr starken Haarausfall fest, der sich teilweise um bis zu 3 Schweregrade verbesserte. 8. [X.]Außen-Innen-Kur: Eine Anwendungsbeobachtung des Privatdozenten Dr. med. G.

[X.]hat gezeigt: Eine viermonatige Kombinationsbehandlung aus [X.]Haar- Aktiv-Kapseln und [X.] führte zu einer Verringerung des androgenetischen Haarausfalls bei 85% der Probandinnen. 9. Die antiandrogene Wirkung der [X.] helfen auch in der Haarwurzel, deren Widerstandskraft zu stärken und die Energie-versorgung zu verbessern. Damit unterstützen sie das Wachstum und die Regeneration der Haarwurzeln. Frauen in der Menopause, die den nachlassenden Östrogenschutz an der steigenden Zahl der ausfallenden Haare messen, können mit den phytoöstrogenen Pflanzeninhaltsstoffen, Radikalfängern und [X.] diesen Haar-ausfall wirksam und nachhaltig bekämpfen. Sie erhalten ihr Haar in einem gesunden und kraftvollen Zustand. wie geschehen in der Internetwerbung der [X.] vom 14. Februar 2006 ge-mäß Anlage K 3. Das [X.] hat der Klage stattgegeben ([X.] 2006, 948). Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. 4 - 5 - Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage für gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG (2004) i.V. mit § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 [X.] begründet er-achtet. Die Beklagte habe die Wirkungsweise ihrer Mittel mit den beanstande-ten Aussagen als wissenschaftlich gesichert dargestellt. Sie habe aber nicht bewiesen, dass ihre Werbeaussage gesicherter Stand der Wissenschaft sei. Die Beklagte könne den ihr insoweit obliegenden Beweis nicht durch den [X.] erbringen, dass die von ihr vorgelegten Untersuchungen lege [X.] worden seien und die sich aus ihnen ergebenden [X.] zuträfen, weil auch etwaige neue Erkenntnisse immer noch nicht als gesicherter Stand der Wissenschaft angesehen werden könnten. Diese Untersuchungen wiesen im Übrigen selbst nicht aus, dass die Wirkung von [X.] gegen erb-bedingten Haarausfall als gesicherter Stand der medizinischen Wissenschaft angesehen werden könne. 5 I[X.] Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. Die von diesem bislang getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Annahme, dem Kläger stünden die [X.] zu, weil die Beklagte nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 [X.] irreführend für ihre kosmetischen Mittel geworben habe. 6 1. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist es verboten, kosmetische Mittel un-ter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder für kosmetische Mittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn 7 - 6 - einem kosmetischen Mittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den [X.] nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Werbeaussage, die inhaltlich zutrifft, nicht irreführend [X.] von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.]. a) Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] enthält keine Erweiterung, sondern lediglich eine der Konkretisierung dienende Erläuterung des [X.] in § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Dies folgt aus dem Wortlaut ("insbe-sondere") sowie aus dem systematischen Verhältnis dieser Bestimmung zum ihr vorangehenden Satz 1. Die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 [X.] enthält lediglich nicht abschließende Regelbeispiele des in Satz 1 geregelten [X.] (vgl. Zipfel/[X.], Lebensmittelrecht, [X.], Stand November 2005, § 27 [X.] Rdn. 34 f. und 41; [X.]/[X.], [X.] BasisVO, § 27 [X.] Rdn. 33; [X.], [X.] 1983, 396, 397; vgl. ferner - zur entsprechen-den Regelung für Lebensmittel in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] - Zipfel/[X.] aaO [X.], Stand Juli 2005, § 11 [X.] Rdn. 186). 8 b) Die Regelung des § 27 Abs. 1 [X.] ist zudem richtlinienkonform in diesem Sinne auszulegen, weil die Richtlinie 76/768/[X.] zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel für diese Mittel - im vorliegenden Fall Haarbehandlungsmittel (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 i.V. mit [X.] der Richtlinie) - eine abschließende Harmonisierung der nationalen Vorschriften über die Verpackung, die Etikettierung sowie die Werbung [X.] hat (vgl. [X.], [X.]. v. 2.2.1995 - [X.]/92, [X.]. 1994, [X.] = [X.], 303 [X.]. 11 = [X.], 380 - [X.]; [X.]. v. 28.1.1999 - C-77/97, [X.]. 1999, [X.] = GRUR Int. 1999, 349 [X.]. 24 = [X.], 311 - [X.] ./. [X.]; [X.]. [X.] - [X.], [X.]. 2000, [X.] = [X.]. 2000, 354 [X.]. 23 = [X.], 289 - Lifting Creme; [X.]. v. 24.10.2002 - C-99/01, [X.]. 2002, [X.] = [X.] 2003, 63 [X.]. 17 - [X.] und [X.]). Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 76/768/[X.] bestimmt, dass die Mitgliedstaaten das In-verkehrbringen von kosmetischen Mitteln nicht aufgrund der in dieser Richtlinie und ihren Anhängen enthaltenen Anforderungen ablehnen, verbieten oder be-schränken dürfen, wenn sie den Bestimmungen dieser Richtlinie und ihrer [X.] entsprechen. Nach Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 (früher: Abs. 2) der [X.] 76/768/[X.] treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass bei der Etikettierung, der Aufmachung für den Verkauf und der Werbung für kosmetische Mittel nicht Texte, Bezeichnungen, Waren-zeichen, Abbildungen und andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen ver-wendet werden, die Merkmale vortäuschen, die die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen. Der abschließende Charakter dieser Regelung hat zur Folge, dass die Mitgliedstaaten nicht mehr befugt sind, strengere nationale Maßnah-men zum Zweck der Bekämpfung irreführender Werbung in Bezug auf die Merkmale kosmetischer Mittel zu erlassen ([X.] [X.] 2003, 63 [X.]. 24 - [X.] und [X.]). Wirkungen eines Mittels fallen unter den Begriff der Merkmale des Mittels [X.] von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 76/768/[X.] (vgl. [X.] [X.] 2003, 63 [X.]. 32 - [X.] und [X.]). Mit Blick auf Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 der [X.] 76/768/[X.] kann eine wegen Irreführung unzulässige Werbung über [X.] eines kosmetischen Mittels [X.] von § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] folglich nur angenommen werden, wenn das betreffende Mittel die behaupteten Wirkungen tatsächlich nicht besitzt. 2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, die beanstandeten Werbeaus-sagen der [X.] würden von den angesprochenen Verbrauchern dahin verstanden, dass die Mittel der [X.] durch den Inhaltsstoff [X.] dem erbbedingten Haarausfall vorbeugen sollen. Dass die Mittel der [X.] diese 10 - 8 - Wirkung nicht besitzen, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt. Die Annahme einer irreführenden Werbung [X.] von § 27 Abs. 1 und 2 [X.] kann daher nicht darauf gestützt werden, die Mittel der [X.] erreichten die be-hauptete Wirkung nicht. 3. Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, die Beklagte ha-be in der beanstandeten Werbung die Wirksamkeit von [X.] gegen [X.] als wissenschaftlich gesichert dargestellt. Auch insoweit tragen die [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme einer irreführenden Werbung [X.] von § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] aber nicht. 11 a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, in der beanstandeten [X.] werde die Wirksamkeit von [X.] als wissenschaftlich gesichert darge-stellt, lässt allerdings keinen Rechtsfehler erkennen. In der Werbung vom 6. März 2006 wird im Zusammenhang mit der beworbenen Wirkung des "Phyto-[X.]es" davon gesprochen, [X.] Wissenschaftler hätten einen Stoff entwickelt, der die Haarwurzel vor hormonbedingten [X.] schütze. Im Internetauftritt ist davon die Rede, dieser Stoff sei in [X.] mit dem dermatologischen Fachbereich der [X.] entwickelt worden. Weiter wird auf Ergebnisse von Anwendungsbeobachtungen hingewiesen, die an der [X.] sowie von einem [X.] Privat-dozenten durchgeführt worden seien. Es ist insbesondere im Hinblick auf die maßgebliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. [X.] [X.] 2003, 63 [X.]. 31 - [X.] und [X.]) nicht erfahrungswidrig (§ 286 ZPO), wenn das Berufungsge-richt diese Angaben dahin gewürdigt hat, damit werde die Wirksamkeit von [X.] gegen Haarausfall als objektiv richtig und zugleich als wissenschaftlich ge-sichert dargestellt. Entgegen der Auffassung der Revision wird angesichts des 12 - 9 - Gesamtzusammenhangs der beanstandeten Angaben allein durch den [X.], dass nur [X.] Wissenschaftler genannt werden, in den beanstande-ten Werbeanzeigen nicht deutlich gemacht, dass die behauptete Wirkung wis-senschaftlich noch nicht gesichert sei. b) Eine Irreführung im Hinblick auf die in der Werbung der [X.] ent-haltene Aussage, die behauptete Wirkung von [X.] sei wissenschaftlich ge-sichert, kann jedoch gleichfalls nur angenommen werden, wenn davon auszu-gehen ist, dass eine solche wissenschaftliche Absicherung nicht gegeben ist. Auch der Umstand, dass bestimmte Wirkungen eines Mittels durch Tests oder ähnliche wissenschaftliche Methoden nachgewiesen sind, gehört zu den [X.] des Mittels [X.] von Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 76/768/[X.] (vgl. [X.] [X.] 2003, 63 [X.]. 30 ff. - [X.] und [X.], zu der Angabe "dermato-logisch gestestet"). Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht das Fehlen einer hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der behaupteten Wirkung von [X.] nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Das Berufungsgericht hat zu strenge Anforderungen an eine hinreichende wissenschaftliche Absiche-rung [X.] von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 [X.] gestellt. 13 aa) Das Berufungsgericht hat den von der [X.] angetretenen [X.] durch Sachverständigengutachten dafür, dass die von ihr angeführten Un-tersuchungen lege [X.] durchgeführt worden seien und die sich aus ihnen er-gebende [X.] zutreffend sei, für unbeachtlich gehalten. Zur [X.] hat es ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob die Untersuchungen fachgerecht erfolgt und ihre Ergebnisse richtig seien, weil auch etwaige neue Erkenntnisse immer noch nicht als gesicherter Stand der Wissenschaft ange-sehen werden könnten. 14 - 10 - bb) Dabei ist das Berufungsgericht zwar zunächst rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte die Verantwortung für die Richtigkeit ihrer [X.] trifft und sie diese deshalb gegebenenfalls auch bewei-sen muss. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Hersteller eines [X.] Mittels nach Art. 7a Abs. 1 der Richtlinie 76/768/[X.] sicherzustellen hat, dass den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu [X.] bestimmte Angaben leicht zugänglich sind, und nach Absatz 1 lit. g dieser Vorschrift dazu der Nachweis der für das kosmetische Mittel ange-priesenen Wirkung gehört, wenn dies aufgrund der Beschaffenheit des Erzeug-nisses oder der angepriesenen Wirkung gerechtfertigt ist. 15 cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt die hinrei-chende wissenschaftliche Absicherung [X.] von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 [X.] jedoch nicht voraus, dass die dem beworbenen Mittel beigelegte Wirkung in dem Sinne gesicherter Stand der Wissenschaft geworden ist, dass darüber zunächst eine allgemeine wissenschaftliche Diskussion geführt worden ist. Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung kann sich vielmehr - auch ohne einen entsprechenden Forschungsstreit - schon aus einer oder mehreren ein-zelnen Arbeiten ergeben, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Fest-stellungen beruhen (vgl. Zipfel/[X.] aaO § 27 [X.] Rdn. 43; [X.]/[X.] aaO § 27 [X.] Rdn. 39). 16 Die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten zur Durchführung von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 76/768/[X.] zu ergreifen haben, müssen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (vgl. [X.] [X.] 2003, 63 [X.]. 26 - [X.] und [X.], m.w.N.). Dies gilt folglich auch für die Anforderungen, die an den [X.] zu stellen sind, ob das kosmetische Mittel eine von dem Werbenden be-hauptete Wirkung besitzt oder nicht. In diesem Zusammenhang ist weiter zu 17 - 11 - beachten, dass mit der Richtlinie 76/768/[X.] der Hauptzweck der Erhaltung der Volksgesundheit verfolgt wird (vgl. Erwägungsgrund 3 der Richtlinie). [X.] ist das Verbot kosmetischer Mittel wegen Irreführung über die ihnen bei-gelegten Wirkungen mit der Richtlinie 76/768/[X.] nicht vereinbar, wenn - wovon nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen der [X.] für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz mangels abweichender [X.] auszugehen ist - lege [X.] durchgeführte Unter-suchungen zu dem Ergebnis geführt haben, dass die betreffende Wirkungsaus-sage zutreffend ist, ablehnende wissenschaftliche Stellungnahmen von unab-hängigen Wissenschaftlern zu der betreffenden Studie nicht vorliegen und [X.] Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Mittel gesundheitsschädlich ist. - 12 - II[X.] Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses die erforderlichen Feststellungen zur hinreichenden wissen-schaftlichen Absicherung der behaupteten Wirkung von [X.] nachzuholen haben. 18 Bergmann Pokrant Büscher

Schaffert Koch Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 15 O 54/06 - [X.], Entscheidung vom 16.01.2007 - 4 U 99/06 -

Meta

I ZR 27/07

21.01.2010

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2010, Az. I ZR 27/07 (REWIS RS 2010, 10178)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10178

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