Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2013, Az. XII ZB 176/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1907

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 176/12

vom

16. Oktober 2013

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
EGBGB Art. 17 Abs. 3; [X.] § 27
a) [X.] Art.
17 Abs.
3 Satz 2
letzter Halbsatz EGBGB steht einer Anwendung des Verwirkungseinwandes als eigenständigem Rechtsinstitut entge-gen (im [X.] an Senatsbeschluss vom 17.
Januar 2007 -
XII
ZB 168/01 -
FamRZ 2007, 996).
b) Das persönliche Fehlverhalten eines Ehegatten in der [X.] nach der Aufhebung der ehelichen
Lebensgemeinschaft rechtfertigt den Ausschluss des [X.], der die verfassungsrechtlich geschützte Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam geschaffenen Versorgungsvermögen gewährleisten soll, nur aus-nahmsweise und nur dann, wenn das Fehlverhalten besonders krass ist oder sonst unter den Ehepartnern besonders belastenden Umständen geschieht und die Durchführung des Versorgungsausgleichs unerträglich erscheint (im [X.] an Senatsurteil vom 28.
März 1984 -
IVb
[X.]/82 -
FamRZ 1984, 662).
BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2013 -
XII ZB 176/12 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Weitere Beteiligte:

1.

2.

3.

-
3
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 16.
Oktober 2013
durch [X.] [X.], Schilling, [X.], Dr. Botur
und Guhling
beschlossen:
Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrens-kostenhilfe wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1.
Familiensenats des [X.] in [X.]
vom 23.
Februar 2012 wird auf Kosten des Antragsgeg-ners
zurückgewiesen.
[X.]: bis 2.000

Gründe:
I.
Das
Verfahren betrifft
die nachträgliche Durchführung eines
[X.]
unter regelwidriger Anwendung des [X.] Rechts
(Art.
17 Abs.
3 EGBGB).
Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann)
hatten
am 27.
Oktober 1979 in [X.] miteinander ihre Ehe geschlossen, aus der drei mittlerweile volljährige Kinder hervorgegan-gen sind. Während ihrer Ehe lebten die Ehegatten, die damals die [X.] Staatsangehörigkeit besaßen,
in [X.]. Am 13.
Februar 1992 wurde
die Ehe in [X.]
auf einen am 7.
Oktober 1991 zugestellten Scheidungsantrag nach
[X.]m Recht geschieden. Mit der Scheidung wurde
der Ehemann 1
2
-
4
-
zur Zahlung eines Unterhalts in monatlicher Höhe von 80 [X.]n Dinar (seinerzeit rund 67

sowie zu einer Einmalzahlung in Höhe von 2.500 tunesi-schen Dinar (seinerzeit [richtig:] rund 2.109

) als Schadenersatz zum Aus-gleich immaterieller Schäden an die Ehefrau verurteilt. Ein Versorgungsaus-gleich wurde nicht durchgeführt.

Nach der Scheidung erwarben beide Ehegatten
die deutsche Staatsan-gehörigkeit.
[X.] veröffentlichte die Ehefrau unter einem
Pseudonym ein
mit Unterstützung einer Journalistin verfasstes Buch,
in dem sie im Stil einer Autobiographie ihre zwölfjährige Ehe mit dem Ehemann als Zwangsehe be-schreibt, in deren Verlauf der
Ehemann
ihr die Kinder entzogen und sie
laufend misshandelt und vergewaltigt habe.
Für ihre schriftstellerische Tätigkeit erhielt die Ehefrau in den Jahren zwischen 2007 und 2009 Autorenhonorare in Ge-samthöhe von rund 50.000

, die sie nicht versteuert hat.
Im November 2009 wurde über das Vermögen der Ehefrau das Insolvenzverfahren eröffnet.
Den im August 2006 bei Gericht angebrachten Antrag der Ehefrau auf nachträgliche Durchführung des Versorgungsausgleichs hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 4.
Mai 2011 zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der [X.] hat das [X.] den Versorgungsausgleich durchgeführt
und
Anrechte
der Ehefrau bei der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege inter-ner
Teilung mit einem Ausgleichswert von 1,7334 Entgeltpunkten zugunsten des Ehemanns ausgeglichen. Umgekehrt hat es im Wege interner
Teilung An-rechte
des Ehemanns bei der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Aus-gleichswert von 7,1952 Entgeltpunkten sowie
Anrechte
der
betrieblichen
Alters-versorgung mit einem Ausgleichswert von 11.184

ausgeglichen.

3
4
-
5
-
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Ehemann die Wie-derherstellung der
amtsgerichtlichen Entscheidung.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Auf das Verfahren ist
wegen Art.
111 Abs.
5 [X.] das seit dem 1.
September 2009 geltende Verfahrensrecht anzuwenden, weil das
Verfahren zwar vor dem 1.
September 2009 eingeleitet worden ist, aber bis zum 31.
August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung ergangen war.

1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass die [X.] des Versorgungsausgleichs unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt aus Billigkeitsgründen ausgeschlossen
sei,
und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Bei der Billigkeitsabwägung nach Art.
17 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 und 2 EG-BGB (aF) sei ein umfassender Vergleich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten vorzunehmen. Dabei sei die Billigkeitsprüfung nicht auf die [X.] bis zur Beendigung der Ehe beschränkt; vielmehr könnten auch Umstände berück-sichtigt werden, die erst nach der Beendigung der Ehe eingetreten seien.
[X.] dafür, dass die Ehefrau über ein solches Vermögen verfügen könn-te, dass sie nicht auf die anteiligen Versorgungsanrechte angewiesen wäre, seien nicht ersichtlich. Für die nicht näher substantiierte Behauptung des [X.], wonach die Ehefrau seit
2008 Alleineigentümerin einer mit den [X.] aus ihrer Buchveröffentlichung finanzierten Eigentumswohnung in Tu-nesien
sei, ließen sich auch in den die Ehefrau betreffenden Insolvenzakten 5
6
7
8
9
-
6
-
keine weiteren Anhaltspunkte finden. Die Ehefrau habe ihrerseits schlüssig [X.], die Einkünfte aus der Buchveröffentlichung in die Ausbildung der ge-meinsamen Kinder investiert zu haben. Im Übrigen seien
die der Ehefrau 15 Jahre
nach der Ehescheidung
aus der Veröffentlichung ihres [X.] zugeflos-senen
Honorare
ohnehin nicht so
hoch, dass ihnen
bei der Billigkeitsabwägung entscheidende Bedeutung zukäme.
Es könne deshalb auch dahinstehen, ob der Ehemann die ihm im Schei-dungsurteil auferlegte Schadensersatzzahlung erfüllt habe. Bei dem ausgeur-teilten Betrag, der bereits seiner
Höhe nach keinen nennenswerten Beitrag zur Altersversorgung habe bieten können, habe
es sich nach dem Wortlaut des Scheidungsurteils um einen Schadensersatz für moralischen Schaden und nicht um einen Beitrag zur Altersvorsorge
gehandelt.
Auch die Härteklausel des neben dem Art.
17 Abs.
3 EGBGB zu prüfen-den §
27 [X.] führe nicht zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs.
Nach dem Prüfungsmaßstab des §
27 [X.] liege keine grobe Unbillig-keit vor, und zwar auch dann nicht, wenn die Schilderungen der Ehefrau über das Verhalten des Ehemanns während der Ehe
tatsächlich unzutreffend sein sollten, wie es der Ehemann behaupte. Die Durchführung des [X.] könne zwar unbillig sein, wenn der [X.] ein [X.] oder ein schweres Vergehen zum Nachteil des [X.] habe. Die Ehefrau habe
sich aber, die Unrichtigkeit ihrer Schilderungen unterstellt, mit der Veröffentlichung ihres Buchs allenfalls einer Beleidigungstat im Sinne des vierzehnten Abschnitts des
Strafgesetzbuchs (§§
185 ff. [X.]) strafbar gemacht. Diese Tat weise jedoch keine solche Qualität auf, dass vor ihrem Hintergrund die Teilhabe der Ehefrau an den während der Ehe erwirt-schafteten Versorgungsanrechten in einem unerträglichen Widerspruch zum
Grundgedanken des Versorgungsausgleichs stünde.
Entscheidend für diese 10
11
-
7
-
Beurteilung sei, dass die Ehefrau durch die Verwendung eines Pseudonyms und die Veränderung ihrer persönlichen Daten eine eindeutige Zuordnung [X.] habe und eine Absicht, den Ehemann mit der Veröffentlichung des [X.] gezielt zu schaden, nicht ersichtlich sei. Das Buch vermittle vielmehr den Eindruck, einen literarischen Beitrag zur öffentlichen Diskussion über Zwangsehen leisten und diese öffentliche Debatte auch für den Erfolg des [X.] nutzen
zu wollen.
Die Behauptung des Ehemanns, er sei für die zahlen-mäßig überschaubare "[X.] Community"
in seiner Stadt eindeutig als der in dem Buch geschilderte Ehemann identifizierbar, lasse sich nur aus dem [X.] schlussfolgern, dass
die Ehefrau auf dem Umschlag ihres [X.] [X.] sei. Im Übrigen habe
der Ehemann nach seinem eigenen Vorbringen selbst erst Jahre nach der Veröffentlichung von dem Buch Kenntnis erlangt.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
a)
Das Beschwerdegericht ist zutreffend von der Anwendbarkeit des Art.
17 Abs.
3 Satz
2 Nr.
1 EGBGB aF (d.h. in der bis zum 28.
Januar 2013 gel-tenden Fassung, vgl. Art.
229 §
28 Abs.
2 EGBGB) ausgegangen. Ebenfalls keinen rechtlichen
Bedenken begegnet
die vom Beschwerdegericht
nach Art.
17 Abs.
3 Satz
2 letzter Halbsatz EGBGB
aF
vorgenommene Billigkeitsab-wägung, wonach der Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung der wirt-schaftlichen Verhältnisse der Ehegatten
weder herabzusetzen noch [X.] ist.
Die in Art.
17 Abs.
3 Satz
2 letzter Halbsatz
EGBGB
aF
vorgesehene Bil-ligkeitsprüfung dient nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. auch BT-Drucks. 10/5632 S.
42 f.) dazu, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute zu berücksichtigen und internationalen Elementen des [X.] zu tragen. Vor allem sollen unbillige Ergebnisse vermieden werden, die sich 12
13
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-
8
-
dadurch ergeben könnten, dass ein Ehegatte inländische Anwartschaften ab-geben muss, während der andere Ehegatte bereits seiner Alterssicherung die-nende Vermögenswerte im Ausland besitzt, an denen der [X.] nicht partizipieren kann (Senatsbeschlüsse
vom 23.
Februar 1994 -
XII
ZB 39/93
-
FamRZ 1994, 825, 826 und vom 17.
Januar 2007 -
XII
ZB 168/01
-
FamRZ
2007, 996 Rn.
10).
Die Anwendung einer derartigen [X.] und die Würdigung ei-nes gefundenen Ergebnisses unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit sind in [X.] Linie dem Tatrichter vorbehalten. Die tatrichterliche Beurteilung ist im Ver-fahren der Rechtsbeschwerde nur begrenzt nachprüfbar, insbesondere dahin, ob der Tatrichter die maßgeblichen Umstände ausreichend und umfassend in seine Abwägung einbezogen hat (st. Rspr; vgl. Senatsbeschlüsse
vom 10.
November 1999 -
XII ZB 132/98
-
FamRZ 2000, 418, 419 und vom 20.
Dezember 2006 -
XII ZB 64/03
-
FamRZ 2007, 366, 367,
jeweils mwN).
aa) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des [X.], dass die Einnahmen der Ehefrau aus ihrer schriftstellerischen Tätigkeit zwi-schen den Jahren 2007 und 2009 für sich
genommen der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht entgegenstehen. Die Versorgungslage des [X.] wird sich bezüglich der gesamten -
auch außerhalb der Ehezeit erwor-benen
-
Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Altersversorgung selbst nach Durchführung des Versorgungsausgleiches noch erheblich besser darstellen als die Versorgungslage der Ehefrau, so dass allein der nachehezeitliche Zufluss von 50.000

17 Abs.
3 Satz
2 letzter Halbsatz EGBGB aF nicht zu begründen vermag.
bb)
Entgegen der Ansicht der
Rechtsbeschwerde können
dem Be-schwerdegericht auch keine
Verfahrensverstöße im Hinblick auf die Aufklärung 15
16
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-
9
-
der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehefrau, insbesondere im Hinblick auf
die seit dem Jahre 2009 erzielten Einnahmen aus der Taschenbuchausgabe und den fremdsprachigen Ausgaben ihres [X.], angelastet werden.
Zwar sind die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen grundsätzlich von Amts wegen durchzuführen (§
26 FamFG). Dieser allgemeine Grundsatz erfährt im [X.] allerdings eine Einschränkung dahingehend, dass es den Verfahrensbe-teiligten überlassen ist, die ihnen vorteilhaften Umstände, die dem Gericht nicht ohne weiteres bekannt sein können, von sich aus vorzubringen und durch ein-gehende Tatsachendarstellung und geeigneten Beweisantritt an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken (vgl. Senatsbeschluss vom 20.
Dezember 2006
-
XII
ZB 64/03
-
FamRZ 2007,
366, 367 mwN).
Bei der [X.] des Art.
17 Abs.
3 Satz
2 letzter Halbsatz
EGBGB
aF
handelt es sich -
wie bei §
27 [X.]
-
um eine anspruchsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter.
Für das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestandes muss der Beteiligte, der sich darauf beruft, dessen tatsächliche Voraussetzungen unter Berücksichtigung der allgemeinen Darlegungs-
und Beweislastregeln geltend machen (vgl. [X.] vom 9.
Mai 1990 -
XII
ZB 58/89
-
FamRZ 1990, 1341, 1342 und vom 20.
Dezember 2006
-
XII
ZB 64/03
-
FamRZ 2007, 366, 367 mwN).
Das Beschwerdegericht war auch nach dem Vortrag des Ehemanns, die Ehefrau habe fortlaufend Einkünfte aus der Vermarktung ihres [X.] erzielt, nicht gehalten, die Einkommenssituation der Ehefrau von Amts wegen weiter aufzuklären. Denn es
hat festgestellt, dass auf Antrag der Ehefrau am 19.
November 2009 das Verbraucherinsolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war und nach dem Schlussbericht des Treuhänders vom 11.
Mai 2010 kein verwertbares Vermögen der Antragstellerin ermittelt werden konnte. Anhaltspunkte für die Annahme, die Ehefrau
werde
während der sechs-18
19
-
10
-
jährigen
Wohlverhaltensphase
ihre pfändbaren Einkünfte aus der Vermarktung des [X.] nicht an den
Treuhänder weiterleiten, sondern für sich selbst ver-brauchen
oder auf die Seite schaffen, sind vom Ehemann dagegen nicht vorge-tragen und auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr durfte das Beschwerdegericht davon ausgehen, dass die Ehefrau während der Wohlverhaltensphase [X.] pfändbares Einkommen zur Rückführung ihrer Schulden an den Treuhän-der weiterleiten wird. Damit stehen die Einkünfte der Ehefrau aber gerade nicht für die eigene Altersvorsorge zur Verfügung.
cc)
Die Billigkeitsentscheidung
des [X.] wird auch durch den [X.]ablauf zwischen dem Scheidungsausspruch und dem Antrag auf nach-trägliche Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht in Frage gestellt.
Die Härteklausel
nach Art.
17 Abs.
3 Satz
2 letzter Halbsatz EGBGB aF steht einer Anwendung des Verwirkungseinwandes
als eigenständigem Rechts-institut entgegen. Denn
sie
setzt gegenüber §
242 BGB andere und -
vor allem durch das Merkmal der Unbilligkeit
-
strengere Maßstäbe und verdrängt daher im Bereich des Versorgungsausgleichs die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung von Rechten (vgl. Senatsbeschluss vom 17.
Januar 2007 -
XII
ZB 168/01
-
FamRZ 2007, 996 Rn.
26).
Besondere Umstände, die dem [X.]ablauf im Rahmen der Billigkeitsabwägung ausnahmsweise ein entscheidendes Ge-wicht verleihen könnten, sind weder vorgetragen
noch ersichtlich. Soweit die Rechtsbeschwerde auf das Alter des Ehemannes abstellen will, ist bereits [X.] hinzuweisen, dass dieser bei Antragstellung im Jahre 2006 erst 53 Jahre alt und es dementsprechend
nicht ausgeschlossen gewesen ist, den Verlust von Anrechten bei Durchführung des Versorgungsausgleiches bis zum [X.] durch verstärkte Vorsorgeanstrengungen wenigstens
teilweise wieder kompensieren zu können. Im Übrigen konnte sich der Ehemann grundsätzlich nicht darauf einstellen, dass sich die lebensjüngere 20
21
-
11
-
Ehefrau bereits abschließend mit ihrer Altersvorsorge befasst hatte (vgl. auch Senatsbeschluss vom 17.
Januar 2007 -
XII
ZB 168/01
-
FamRZ 2007, 996 Rn.
29).
b)
Es ist ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht keinen Härtefall nach §
27 [X.] angenommen
hat.
Gemäß §
27 [X.] findet ein Versorgungsausgleich ausnahms-weise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzu-weichen.
Ob und in welchem Umfang die Durchführung des [X.] grob unbillig erscheint, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Beur-teilung. Diese ist im Verfahren der Rechtsbeschwerde nur daraufhin zu überprü-fen, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (Se-natsbeschluss vom 19.
September 2012 -
XII
ZB 649/11
-
FamRZ 2013, 106 Rn.
16 mwN).
Nach diesen
eingeschränkten Prüfungsmaßstäben
halten
die Erwägungen, mit denen das Beschwerdegericht das Vorliegen eines Härtefalls nach §
27 [X.] im Ergebnis verneint hat,
den Angriffen der Rechtsbe-schwerde stand.
aa) Aus Art.
6 Abs.
1 i.V.m.
Art.
3 Abs.
2 GG folgt, dass beide Eheleute gleichermaßen an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen berech-tigt
sind. Die
Leistungen, die von den
Ehegatten im Rahmen der ehelichen Rol-lenverteilung erbracht werden, sind als grundsätzlich gleichwertig anzusehen; die Leistungen desjenigen Ehegatten, der -
wie hier die Ehefrau
-
Haushaltsfüh-rung und Kinderbetreuung übernommen hat, haben für das gemeinsame Leben der Ehepartner keinen geringeren Wert als das Erwerbseinkommen des [X.] Ehegatten. Der Versorgungsausgleich dient insoweit der Aufteilung von 22
23
24
-
12
-
gemeinsam erwirtschaftetem Vermögen der Eheleute, welches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung einem der beiden Ehegatten rechtlich zugeordnet war
(vgl. [X.] FamRZ 1984, 653, 654 und FamRZ
2003, 1173; vgl. auch Senatsbeschluss vom 9.
Mai 1990 -
XII
ZB 76/89
-
FamRZ 1990, 985, 986 f.).
In diesem Zusammenhang hat die Härtefallklausel des §
27 [X.] die Funktion eines Gerechtigkeitskorrektivs.
Sie soll als Ausnahmeregelung ei-ne am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Entscheidung in solchen Fällen er-möglichen, in denen die schematische Durchführung des [X.] zur "Prämierung"
einer groben Verletzung der aus der ehelichen [X.] folgenden Pflichten führen oder gegen die tragenden Prinzipien des Versorgungsausgleichs verstoßen würde. Die Auslegung des §
27 [X.] hat sich indessen stets an der
gesetzgeberischen Zielsetzung des [X.] zu orientieren, nämlich die gleichberechtigte Teilhabe der Eheleute an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen zu verwirkli-chen und dem Ehegatten, der in der Ehezeit wegen der Aufteilung von [X.] und Familienarbeit keine eigenen Versorgungsanwartschaften hat auf-bauen können, eine eigene Versorgung zu verschaffen ([X.] FamRZ 2003, 1173
f.).
bb) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass eine
grobe Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs nicht nur durch wirtschaftlich relevante Verhältnisse begründet werden, sondern sich auch aus einem Fehlverhalten eines Ehegatten im persönlichen Bereich
ergeben kann
(vgl. bereits [X.] vom 13.
Oktober 1982 -
IVb [X.]/80
-
FamRZ 1983, 32, 33 und vom 12.
November 1986 -
IVb [X.]/85
-
FamRZ 1987, 362, 363).
Beim Vorlie-gen eines solchen Fehlverhaltens, das
erst die [X.] nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft betrifft, kann der ausgleichsberechtigte Ehegat-25
26
-
13
-
te von der Teilhabe an dem in der Ehezeit gemeinsam erwirtschafteten [X.] nur dann ausgeschlossen werden, wenn das Fehlverhalten besonders krass ist oder sonst unter den Ehepartnern
besonders belastenden Umständen geschieht und die Durchführung des Versorgungsausgleichs des-halb unerträglich erscheint (vgl. Senatsurteil vom 28.
März 1984
-
IVb [X.]/82
-
FamRZ 1984, 662, 665).
Nachdem der Ehefrau im vorliegen-den Fall zu keinem [X.]punkt der Vorwurf gemacht wurde, während der Ehe ihre
Pflichten in der Familie verletzt zu haben, hat das Beschwerdegericht zu Recht besonders strenge Anforderungen an ein den Versorgungsausgleich ausschließendes Fehlverhalten der Ehefrau gestellt.
cc)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde
hat das Beschwer-degericht bei seiner Billigkeitsabwägung nicht die Bedeutung des durch Art.
2 Abs.
1 i.V.m.
Art.
1 Abs.
1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten
allgemei-nen
Persönlichkeitsrechts
des Ehemanns grundsätzlich verkannt.
Als Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind in der Rechtsprechung des [X.] unter anderem die Privat-, Geheim-
und Intimsphäre ([X.] NJW 1969, 1707; NJW 1978, 807, 809), die persönliche Ehre und
das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person ([X.] NJW 1973, 1226, 1227 f.) anerkannt.
Das Recht auf Achtung der Privatsphäre
gesteht dabei
jedermann einen autonomen Bereich der
eige-nen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss ande-rer entwickeln und wahrnehmen kann. Zum Recht auf Achtung der Privat-
und Intimsphäre gehören der familiäre Bereich und die persönlichen, auch die [X.] Beziehungen zu einem Partner ([X.] NJW 1997,
1769 mwN).
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt darüber hinaus
insbesondere auch die [X.] Anerkennung des Einzelnen; daher umfasst das allgemeine Persön-lichkeitsrecht den Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf 27
28
-
14
-
sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken. Ohne dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verliehe, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist, schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht ihn doch [X.] vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen seiner Person und Beeinträchtigungen seiner
Persönlichkeit
([X.] NJW 1998, 1381, 1383).
Nach diesen Grundsätzen sind die in dem Buch geschilderten
Umstände der Ehe zwischen dem
Ehemann und
der Ehefrau durchaus geeignet, das all-gemeine Persönlichkeitsrecht des Ehemanns zu beeinträchtigen. Der Ehemann hat ein
allgemeines Interesse daran, dass Einzelheiten des Zusammenlebens
der Ehegatten nicht gegen oder ohne seinen Willen in der Öffentlichkeit ausge-breitet werden,
sondern innerhalb der Abgeschlossenheit der Ehe verbleiben. Dabei käme
es nicht
einmal
darauf an, ob die von der Ehefrau geschilderten Verhaltensweisen des Ehemanns zutreffend geschildert wurden oder nicht.
Geht man mangels entgegenstehender Feststellungen des [X.] für das Rechtsbeschwerdeverfahren davon aus, dass die Schilderungen der Ehefrau in ihrem Buch zu den Verhältnissen
in der
Ehe der Beteiligten tatsäch-lich unzutreffend sind, so ergibt
sich auch hieraus eine (weitere) Beeinträchti-gung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns;
denn die dem Ehemann in dem Buch vorgeworfenen Verhaltensweisen sind zweifellos
geeig-net, ihn in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen und sein [X.]s Ansehen zu schmälern.
Indem das Beschwerdegericht die Veröffentlichung des [X.] an den Tatbeständen einer Beleidigungstat nach den §§
185 ff. [X.] gemessen hat, hat es das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Ehemanns
jedenfalls im [X.] auf den Schutz
des Einzelnen
vor unwahren Darstellungen seiner Person
in seine Abwägung mit aufgenommen. Denn geschütztes Rechtsgut der §§
185 ff. [X.] ist die persönliche Ehre als ein Aspekt der Personenwürde und des 29
30
-
15
-
allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Auch nach der strafrechtlichen Definition handelt es sich bei der persönlichen Ehre um ein Verfassungsrechtsgut von hohem Rang
(vgl. MünchKomm[X.]/[X.] Vor §§
185 Rn.
9).
dd)
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist das Beschwerdegericht nicht von der "Esra"-Entscheidung des [X.] ([X.] NJW 2008, 39 ff.) abgewichen und hat auch nicht die Auffassung vertreten, dass ein
mit der Veröffentlichung des [X.] verbundene Eingriff in das [X.] des Ehemannes durch die Kunstfreiheit nach Art.
5 Abs.
3 GG gedeckt sei.
Vielmehr hat das Beschwerdegericht die Frage nach der Erkenn-barkeit der Person des Ehemanns und der Intention der Ehefrau bei der Veröf-fentlichung des [X.] lediglich als einen Gesichtspunkt in die umfassende Billigkeitsabwägung gemäß §
27 [X.] eingestellt. In seine Würdigung hat das Beschwerdegericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise den Umstand einbezogen, dass die Ehefrau das Buch unter einem Pseudonym ver-öffentlicht und die Namen von Ehemann und Ehefrau in dem Buch nicht ge-nannt werden.
Es hat sich -
in verfassungsrechtlich gebotener Weise (vgl. [X.] FamRZ 2003, 1173, 1174)
-
auch davon leiten lassen, welche Auswir-kungen die Veröffentlichung des [X.] im konkreten Einzelfall auf die Person des Ehemanns hatte
und die insoweit für maßgebend
erachteten
Umstände (die Auflösung des Pseudonyms ist allenfalls für einen sehr begrenzten [X.] möglich,
der Ehemann hat trotz der Publizität des [X.] selbst erst nach drei Jahren von dessen
Veröffentlichung erfahren)
in tatrichterlicher Ver-antwortung gewürdigt.

ee)
Ferner hat das Beschwerdegericht mit Recht in die Billigkeitsabwä-gung einfließen lassen, dass die Ehefrau während der mehr als zwölfjährigen Ehe unter Verzicht auf eine eigene Berufstätigkeit drei gemeinsame Kinder er-zogen,
den Haushalt geführt und dadurch einen gleichwertigen Beitrag zum 31
32
-
16
-
gemeinsam erwirtschafteten Versorgungsvermögen geleistet hat
(vgl. [X.] FamRZ 2003, 1173, 1174).
Wenn das Beschwerdegericht bei der
Gesamtab-wägung aller genannten Umstände
zu dem Ergebnis gelangt, dass die [X.] des Versorgungsausgleichs zum Nachteil des Ehemanns nicht uner-träglich erscheint, ist gegen diese tatrichterliche Entscheidung aus [X.] nichts zu erinnern.
c) Das [X.] hat auch nicht den Anspruch des Ehemanns auf rechtliches Gehör
(Art.
103 Abs.
1 GG) verletzt, indem es ohne vorherigen rechtlichen Hinweis von der Entscheidung in erster Instanz abgewichen ist.
Zwar darf
ein in erster Instanz obsiegender
Beteiligter
grundsätzlich
[X.] vertrauen, vom
Rechtsmittelgericht rechtzeitig einen solchen Hinweis zu erhalten, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insbe-sondere auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbrin-gens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (Senatsbeschluss vom 4.
Mai 2011 -
XII ZR
86/10
-
NJW-RR 2011, 1009 f.).
Dies gilt aber nicht,
wenn die dem in erster Instanz erfolgreichen Beteiligten günstige Auffassung des erstin-stanzlichen Gerichts als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung durch das
Rechtsmittelgericht gestellt wird. Denn in diesem Fall
müssen die Beteiligten
von vornherein damit rechnen, dass das Rechtsmittelgericht anderer Auffas-sung sein könnte; seine dementsprechende Entscheidung kann im Grundsatz nicht überraschend sein (BGH
Urteil vom 21.
Oktober 2005 -
V
ZR 169/04
-
NJW-RR 2006, 235, 236
und
Beschluss vom 20.
Dezember 2007 -
IX
ZR 207/05
-
NJW-RR 2008, 581).

So liegt der Fall hier.
Die Frage nach dem Ausschluss des [X.] aus Billigkeitsgründen war zentraler Gegenstand des Verfahrens. Das Amtsgericht hatte seine Billigkeitsentscheidung zum Nachteil der Ehefrau 33
34
35
-
17
-
in der ersten Instanz damit begründet, dass die Ehefrau mit
der Vermarktung ihres [X.]
voraussichtlich Gewinne in einer Höhe erzielt habe, die der Höhe
der im Versorgungsausgleich zu übertragenden Kapitalwerte entspräche. Der Ehemann konnte nicht davon ausgehen, dass sich das Beschwerdegericht von den gleichen Erwägungen leiten lassen würde. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Ehemann bei einem rechtzeitigen richterlichen Hinweis seinen Sachvor-trag, das Eheleben der Beteiligten sei in dem Buch
gänzlich falsch und ver-leumderisch dargestellt, unter Beweis gestellt hätte. Denn die Billigkeitsent-scheidung des [X.] beruht gerade nicht darauf, dass der [X.] die Unwahrheit der in dem Buch der Ehefrau geschilderten Ereignisse nicht habe beweisen können.

III.
Dem Ehemann konnte die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden. Die Sache hat keine -
über die Anwendung von Art.
17 Abs.
3 EGBGB und §
27 [X.] auf den Einzelfall hinausgehende
-
grundsätzli-che Bedeutung, denn sie wirft in diesem Zusammenhang keine Rechtsfragen auf, die noch einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Fehlt es an der grund-sätzlichen Bedeutung
der Sache, kommt es für die Bewilligung von [X.]
-
18
-
kostenhilfe in der [X.] allein auf die Erfolgsaussichten an (Senatsbeschluss vom 24.
April 2013 -
XII
ZR 159/12
-
FamRZ 2013, 1199
Rn.
14). Diese bestehen im vorliegenden Fall nicht.
[X.] Schilling Günter

Botur Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.05.2011 -
632 [X.]/06 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.02.2012 -
10 UF 65/11 -

Meta

XII ZB 176/12

16.10.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2013, Az. XII ZB 176/12 (REWIS RS 2013, 1907)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1907

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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