Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. V ZB 55/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2144

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 55/13
vom

10. Oktober 2013

in der Abschiebungshaftsache

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, den Richter Dr.
Roth, die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und den Richter Dr.
Kazele

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 18. April 2013 und der Beschluss der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 29.
April
2013 ihn in seinen Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der [X.] auferlegt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.
Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste 2003 in das [X.] ein und wurde im Jahr 2005 abgeschoben. Am 15. Februar 2013 wurde er erneut im [X.] angetroffen und festgenommen. Das Amtsgericht ordnete mit Beschluss vom 16. Februar 2013 Abschiebungshaft für drei Monate an. Auf die Beschwerde des Betroffenen hob das Beschwerdege-richt die Anordnung der über den 18. April 2013 hinausgehenden Haft auf.
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Mit Beschluss vom 18. April 2013 hat das Amtsgericht die [X.] bis zum 30. April 2013 verlängert. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.
Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene nach seiner am 30. April 2013 erfolg-ten Abschiebung nach [X.] die Feststellung erreichen, dass die Haftanord-nung und ihre Aufrechterhaltung ihn in seinen Rechten verletzt haben.

II.
Das Beschwerdegericht sieht die Voraussetzungen für eine Verlänge-rung der Haft als gegeben an. Der Betroffene sei aufgrund seiner unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig, und es bestehe der begründete Verdacht, dass er sich der Abschiebung entziehen wolle.

III.
Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache analog §
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FamFG ohne Zulassung statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. April 2010 -
V [X.], [X.] 2010, 359 Rn. 9 mwN). Sie ist auch im Übrigen zuläs-sig und hat in der Sache Erfolg.
1.
Die Haft hätte schon deshalb nicht verlängert werden dürfen, weil es an einem zulässigen Haftverlängerungsantrag fehlte.
a) Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn
er den gesetzlichen Anforde-rungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der 2
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zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§
417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des [X.] knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte an-sprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte [X.] nicht angeordnet werden (st. Rspr., Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2012 -
V
ZB 246/11,
[X.] 2012, 328
ff. Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 -
V [X.], juris; vom 31. Januar 2013 -
V [X.], [X.] 2013, 130 f., jeweils mwN).
b) Zu den gemäß §
417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG darzulegenden [X.] gehört die nach §
59 AufenthG erforderliche Ab-schiebungsandrohung. Fehlt es an einer für die Vollstreckung der Abschiebung notwendigen Voraussetzung, darf auch eine [X.] Gesetzes (§
58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) vollziehbare Ausreisepflicht nicht ohne weiteres durchgesetzt wer-den. Eine bestehende Fluchtgefahr berechtigt die Behörde zwar dazu, von einer Fristsetzung für die freiwillige Ausreise abzusehen (§
59 Abs.
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AufenthG), macht die Abschiebungsandrohung aber nicht entbehrlich. Der Haftantrag muss daher entweder Ausführungen zu einer Abschiebungsandro-hung enthalten oder dazu, dass es einer solchen ausnahmsweise nicht bedurfte (z.B. nach §
59 Abs. 1 Satz 3
AufenthG oder nach §
34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG; eingehend zum Ganzen Senat, Beschluss vom 16. Mai 2013 -
V [X.],
[X.] 2013, 349 Rn. 9
ff. mwN).
c) Daran gemessen war der auf Verlängerung der Haft gerichtete Antrag unzureichend. Er nahm Bezug auf den Haftantrag vom 16. Februar 2013. In diesem hatte die Behörde nur ausgeführt, dass der Betroffene nach zwei vo-rausgegangenen Abschiebungen gemäß §
58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG 7
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unerlaubt eingereist sei; zu der Abschiebungsandrohung verhielt sich dieser Antrag nicht.
d) Ob das auf die Mitteilung des Abschiebungstermins bezogene Schrei-ben der beteiligten Behörde vom 16. April 2013 als Abschiebungsandrohung angesehen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist es dem Betroffenen nicht
so zur Kenntnis gebracht worden, dass er dazu ausrei-chend Stellung nehmen konnte. Zwar ist das Schreiben seinem Verfahrensbe-vollmächtigten vor dem Anhörungstermin zugegangen. Dieser war bei der [X.] aber nicht anwesend, weil über den Antrag auf Bewilligung von Verfah-renskostenhilfe noch nicht entschieden war. Dass dem Betroffenen selbst der Inhalt des Schreibens mitgeteilt und (jedenfalls mündlich) vor der Anhörung übersetzt worden wäre, ist aus dem Anhörungsprotokoll nicht ersichtlich.
2. Eine Heilung des Mangels -
die mit Wirkung für die Zukunft möglich gewesen wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 15.
September 2011 -
V
ZB
136/11, [X.]
2011, 318 Rn. 8) -
ist schon deshalb nicht erfolgt, weil das Beschwer-degericht von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abgesehen hat.

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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
81 Abs.
1 Satz
1 und 2, §
83 Abs.
2, §
430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 [X.] analog. Die Festsetzung des [X.] folgt aus §
128c Abs. 2 KostO i.V.m. §
30 Abs. 2 KostO.
Stresemann
Roth
Brückner

Weinland
Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.04.2013 -
43 [X.] B -

LG [X.], Entscheidung vom 29.04.2013 -
3 [X.]/13 -
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Meta

V ZB 55/13

10.10.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. V ZB 55/13 (REWIS RS 2013, 2144)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2144

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V ZB 118/12

V ZB 20/12

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