Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.07.2016, Az. X R 6/14

10. Senat | REWIS RS 2016, 8705

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Gegenstand

Verrechnung der erstatteten lediglich begrenzt abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge mit den ab 2010 unbegrenzt abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen


Leitsatz

Die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG ab 2010 unbeschränkt abziehbaren Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträge müssen auch dann vorrangig mit den im selben Veranlagungszeitraum erstatteten Beiträgen zur Basiskranken- und Pflegeversicherung verrechnet werden, wenn diese im Jahr ihrer Zahlung nur beschränkt steuerlich abziehbar waren.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2013  4 K 139/13 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) leistete Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung, die sowohl seiner Basisabsicherung als auch der seiner beiden Kinder diente. Die in den Jahren 1983 und 1987 geborenen Söhne befanden sich im Streitjahr 2010 in einer Berufsausbildung. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) berücksichtigte die vom Kläger im Streitjahr als Sonderausgaben geltend gemachten Beiträge indes nur zum Teil, da er den Sonderausgabenabzug um die im Streitjahr erhaltenen Beitragsrückerstattungen kürzte.

2

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wandte sich der Kläger mit seiner Klage gegen die Verrechnung der von ihm geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mit den erhaltenen Beitragsrückerstattungen. Er ist der Auffassung, die grundsätzlich gebotene Minderung geleisteter Beiträge um erhaltene Beitragsrückerstattungen führe bezogen auf das Streitjahr zu einem systemwidrigen Ergebnis, weil sich die erstatteten Beiträge in den Jahren vor 2010 --auch soweit sie auf die Basisabsicherung entfallen seien-- nicht in voller Höhe als Sonderausgaben hätten auswirken können.

3

Das Finanzgericht ([X.]) hat der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2014, 832 veröffentlichten Urteil stattgegeben. Die vom Kläger im Streitjahr gezahlten Krankenversicherungsbeiträge seien gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung (EStG) als Sonderausgaben abzuziehen, ohne dass sie um die Beitragsrückerstattungen für das [X.] zu mindern seien. Eine Verrechnung von erstatteten und gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen im [X.] sei ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen im [X.] lediglich beschränkt, im [X.] aber unbeschränkt abziehbar seien.

4

Die Revision begründet das [X.] mit der Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Klage gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgeri[X.]htsordnung ([X.]O) abzuweisen.

7

Der Kläger kann die von ihm geleisteten Beiträge zur [X.] nur insoweit als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 [X.] abziehen, als sie die in diesem Jahr erstatteten Kranken- und Pflegeversi[X.]herungsbeiträge übersteigen (unter 1.). Die Glei[X.]hartigkeit der im Streitjahr erstatteten und der in diesem Jahr gezahlten Krankenversi[X.]herungsbeiträge ist gegeben (unter 2.). Die Verre[X.]hnung der im Streitjahr 2010 geleisteten Beiträge mit den Beitragsrü[X.]kerstattungen für das [X.] widerspri[X.]ht ni[X.]ht der Ents[X.]heidung des [X.] ([X.]) vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06 ([X.]E 120, 125).

8

1. Na[X.]h § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind bestimmte im Einzelnen aufgeführte "Aufwendungen" als Sonderausgaben abziehbar. Aus der Verwendung des Begriffs "Aufwendungen" und aus dem Zwe[X.]k des § 10 [X.], bestimmte die wirts[X.]haftli[X.]he Leistungsfähigkeit des Steuerpfli[X.]htigen mindernde [X.] vom Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 [X.] auszunehmen, folgt na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] ([X.]), dass nur sol[X.]he Ausgaben als Sonderausgaben berü[X.]ksi[X.]htigt werden dürfen, dur[X.]h die der Steuerpfli[X.]htige tatsä[X.]hli[X.]h und endgültig wirts[X.]haftli[X.]h belastet ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 28. Mai 1998 [X.], [X.]E 186, 521, [X.] 1999, 95, unter [X.], m.w.N.; s. dazu au[X.]h [X.]-Bes[X.]hluss vom 18. Februar 1988  1 BvR 930/86, [X.] --[X.]FR-- 1989, 271, unter 1.b).

9

a) Bei den in der Regel jährli[X.]h wiederkehrenden Sonderausgaben, wie z.B. den Versi[X.]herungsbeiträgen oder der Kir[X.]hensteuer, steht häufig die endgültige Belastung im [X.] no[X.]h ni[X.]ht fest, weil dem Steuerpfli[X.]htigen na[X.]h Ablauf des Veranlagungszeitraums Versi[X.]herungsbeiträge oder Kir[X.]hensteuern erstattet werden. In diesen Fällen sind na[X.]h ständiger [X.]-Re[X.]htspre[X.]hung und Verwaltungspraxis die erstatteten Beiträge mit den im Jahr der Erstattung gezahlten glei[X.]hartigen Sonderausgaben zu verre[X.]hnen, so dass nur der Saldo zum Abzug als Sonderausgaben verbleibt (zur Verre[X.]hnung von Beitragsrü[X.]kerstattungen [X.]-Urteile vom 20. Februar 1970 VI R 11/68, [X.]E 98, 357, [X.] 1970, 314, und in [X.]E 186, 521, [X.] 1999, 95, unter [X.]; s. au[X.]h [X.] 2015 [X.] 10.1 Abs. 2).

b) Eine sol[X.]he Verre[X.]hnung im [X.] ist jedo[X.]h dann ni[X.]ht mögli[X.]h, wenn in diesem Veranlagungszeitraum ni[X.]ht genügend verre[X.]henbare glei[X.]hartige Sonderausgaben zur Verfügung stehen, sei es, weil gar keine glei[X.]hartigen Sonderausgaben angefallen sind oder weil die erstatteten Sonderausgaben höher sind als die gezahlten glei[X.]hartigen Sonderausgaben (vgl. Senatsurteil in [X.]E 186, 521, [X.] 1999, 95, unter [X.]). Die Verre[X.]hnung der erstatteten mit den gezahlten Sonderausgaben ist bei einem entstandenen Erstattungsüberhang damit im Jahr der Zahlung geboten, weil anderenfalls ni[X.]ht mehr zu re[X.]htfertigende Steuervorteile einträten (vgl. [X.]-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/04, [X.]E 207, 28, [X.] 2004, 1058, unter II.1.).

Die Konsequenz dieser Ausnahme ist aber ni[X.]ht, dass hierdur[X.]h der Grundsatz der vorrangigen Verre[X.]hnung im [X.] dur[X.]hbro[X.]hen würde und die gesamte Erstattung im [X.] mit den dort geleisteten Sonderausgaben zu verre[X.]hnen wäre. Vielmehr mindert der [X.] nur dieser-- über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung den Sonderausgabenabzug im [X.] (s. Senatsents[X.]heidungen in [X.]E 186, 521, [X.] 1999, 95, Rz 19, und vom 19. Januar 2010 [X.], [X.]/NV 2010, 1250, Rz 5).

2. Voraussetzung für die im [X.] vorzunehmende Verre[X.]hnung ist indes, dass es si[X.]h um glei[X.]hartige Sonderausgaben handelt (unter a). Die unters[X.]hiedli[X.]hen steuerli[X.]hen Auswirkungen der Sonderausgaben im Zahlungs- und [X.] sind bei der Beurteilung der Glei[X.]hartigkeit unbea[X.]htli[X.]h (unter b). Spätere Gesetzesänderungen ändern daran ni[X.]hts (unter [X.] und d).

a) [X.] erstatteten Krankenversi[X.]herungsbeiträge sind mit den vom Kläger im [X.] gezahlten Krankenversi[X.]herungsbeiträgen glei[X.]hartig, soweit sie auf die Basisabsi[X.]herung entfallen.

aa) Der erkennende Senat hat bereits ents[X.]hieden, dass si[X.]h die Glei[X.]hartigkeit der Sonderausgaben na[X.]h deren Sinn und Zwe[X.]k sowie der wirts[X.]haftli[X.]hen Bedeutung und den Auswirkungen für den Steuerpfli[X.]htigen ri[X.]htet. Bei Versi[X.]herungsbeiträgen kommt es dabei auf die Funktion der Versi[X.]herung und das abgesi[X.]herte Risiko an (Urteil vom 21. Juli 2009 X R 32/07, [X.]E 226, 67, [X.] 2010, 38).

bb) Dies zugrunde gelegt, bestehen keine Zweifel, dass im Streitfall die erstatteten mit den gezahlten Krankenversi[X.]herungsbeiträgen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Bu[X.]hst. a [X.] verre[X.]hnet werden können. Sie entfallen auf Vertragsleistungen, die --mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile-- in Art, Umfang und [X.]öhe den Leistungen na[X.]h dem Dritten Kapitel des Fünften Bu[X.]hs Sozialgesetzbu[X.]h verglei[X.]hbar sind (s. hierzu au[X.]h Stö[X.]ker in [X.]/[X.], § 10 [X.] Rz 596).

b) Die unters[X.]hiedli[X.]he steuerli[X.]he Entlastung der Krankenversi[X.]herungsbeiträge in den Jahren 2009 und 2010 führt zu keinem anderen Ergebnis.

aa) Bereits in seinem Urteil in [X.]E 226, 67, [X.] 2010, 38 hat der erkennende Senat bei der Prüfung der Glei[X.]hartigkeit der Sonderausgaben die steuerli[X.]hen Auswirkungen unberü[X.]ksi[X.]htigt gelassen. In seinem Bes[X.]hluss in [X.]/NV 2010, 1250 hat er explizit ausgeführt, dass die Verre[X.]hnung im [X.] ni[X.]ht davon abhängt, ob sie au[X.]h im [X.] mögli[X.]h gewesen wäre oder wie si[X.]h der Sonderausgabenabzug im [X.] ausgewirkt habe. Er hat ausdrü[X.]kli[X.]h die Re[X.]htsansi[X.]ht abgelehnt, die Verre[X.]hnung im [X.] setze umgekehrt eine steuerli[X.]he Auswirkung des Sonderausgabenabzugs im [X.] voraus, da dadur[X.]h zu Unre[X.]ht die Verre[X.]hnungsmögli[X.]hkeit mit der steuerli[X.]hen Auswirkung glei[X.]hgesetzt werde (Senatsbes[X.]hluss in [X.]/NV 2010, 1250, Rz 7).

bb) Die Senatsre[X.]htspre[X.]hung kann demzufolge in bestimmten Fällen dazu führen, dass gezahlte Sonderausgaben si[X.]h steuerli[X.]h ni[X.]ht auswirken, obwohl eine tatsä[X.]hli[X.]he und endgültige wirts[X.]haftli[X.]he Belastung vorliegt. Andererseits kann in anderen Fällen die vorrangige Verre[X.]hnung im [X.] au[X.]h bewirken, dass Erstattungen von Sonderausgaben im Ergebnis steuerli[X.]h unbea[X.]htli[X.]h sind, obwohl die frühere Zahlung der Sonderausgaben zu einer Steuerminderung geführt hat. Daraus hat der Senat ges[X.]hlossen, dass die Verre[X.]hnungsmethode unter systematis[X.]hen Gesi[X.]htspunkten zu Gunsten und zu Lasten der Steuerpfli[X.]htigen belastungsneutral sei (Bes[X.]hluss in [X.]/NV 2010, 1250, Rz 8 ff.). Dieser Grundsatz muss ebenfalls gelten, wenn si[X.]h die gesetzli[X.]hen Rahmenbedingungen ändern.

Dabei ma[X.]ht es --im Gegensatz zur Auffassung des [X.] keinen Unters[X.]hied, wenn die Änderung --wie im [X.] darin besteht, dass Sonderausgaben ni[X.]ht mehr bes[X.]hränkt, sondern unbes[X.]hränkt abziehbar sind oder eine bislang bestehende unbes[X.]hränkte Abziehbarkeit bes[X.]hränkt wird. So kann si[X.]h die Berü[X.]ksi[X.]htigung der erstatteten Sonderausgaben im Erstattungs- und ni[X.]ht im [X.] für den Steuerpfli[X.]htigen, wie der Streitfall zeigt, zwar negativ auswirken, wenn ein Teil der Sonderausgaben im [X.] ni[X.]ht abziehbar war. Andererseits wäre die Verre[X.]hnung im [X.] bei einem in diesem Jahr nunmehr gesetzli[X.]h einges[X.]hränkten Sonderausgabenabzug für den Steuerpfli[X.]htigen positiv.

Die Belastungsneutralität zeigt si[X.]h entspre[X.]hend au[X.]h in den Fällen, in denen Sonderausgaben na[X.]hzuzahlen sind und si[X.]h die steuerli[X.]he Abziehbarkeit zwis[X.]henzeitli[X.]h geändert hat.

[X.]) Eine andere Beurteilung ergibt si[X.]h na[X.]h Auffassung des erkennenden Senats au[X.]h ni[X.]ht daraus, dass dur[X.]h das Gesetz zur verbesserten steuerli[X.]hen Berü[X.]ksi[X.]htigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversi[X.]herung) vom 16. Juli 2009 ([X.], 1959) die steuerli[X.]he Berü[X.]ksi[X.]htigung der Aufwendungen zur Absi[X.]herung der Krankheitskosten neu geregelt wurde und die Beiträge für die Basisabsi[X.]herung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ab dem Streitjahr 2010 unbegrenzt abziehbar sind, während die Aufwendungen für eine zusätzli[X.]he Krankheitsabsi[X.]herung nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 3a [X.] berü[X.]ksi[X.]htigt werden können (im Ergebnis ebenso [X.] Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2013  13 K 3456/12 E, E[X.] 2014, 260, unter [X.] [X.]; [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. Oktober 2015  3 K 1087/14, E[X.] 2016, 283, unter [X.] und e, Revision [X.]; [X.]/[X.]eini[X.]ke, [X.], 35. Aufl., § 10 Rz 7; a.A. [X.] Köln, Urteil vom 6. Februar 2014  10 K 2042/12, E[X.] 2014, 906, Revision [X.]; wohl au[X.]h [X.] Düsseldorf, Urteil vom 6. Juni 2014  1 K 2873/13 E, E[X.] 2014, 1789, Rz 27).

aa) Der Gesetzgeber hat erkennbar ledigli[X.]h den Umfang der Abziehbarkeit der Krankenversi[X.]herungsbeiträge --den Vorgaben des [X.] in [X.]E 120, 125 folgend-- verbessern, ni[X.]ht aber die Systematik der Verre[X.]hnung von Sonderausgaben verändern wollen. Dies zeigt bereits die Gesetzesbegründung, in der ausdrü[X.]kli[X.]h ausgeführt wird, dass die im Veranlagungszeitraum erstatteten Beiträge für eine existenznotwendige Krankenversorgung die abziehbaren Beiträge minderten, weil insoweit eine Belastung der steuerpfli[X.]htigen Person ni[X.]ht gegeben sei (BTDru[X.]ks 16/12254, S. 22).

bb) Dem Gesetzeswortlaut ist ebenfalls ni[X.]ht zu entnehmen, dass eine Verre[X.]hnung von erstatteten Beiträgen, die im [X.] nur bes[X.]hränkt steuerli[X.]h abziehbar waren, mit den nunmehr unbes[X.]hränkt berü[X.]ksi[X.]htigungsfähigen Beiträgen zu Basiskranken- und Pflegepfli[X.]htversi[X.]herungen ausnahmsweise ni[X.]ht mögli[X.]h sein soll. Eine dementspre[X.]hende Regelung wäre aber erforderli[X.]h gewesen.

[X.][X.]) [X.], bereits im [X.] Beitragsrü[X.]kerstattungen mit den gezahlten Beiträgen zu verre[X.]hnen, zeigt si[X.]h zudem in dem dur[X.]h das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversi[X.]herung ges[X.]haffenen Pfli[X.]htveranlagungstatbestand des § 46 Abs. 2 Nr. 3 [X.], der bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2010 gilt. Dur[X.]h diese Vors[X.]hrift soll si[X.]hergestellt werden, dass Arbeitnehmer keine ungere[X.]htfertigten Vorteile haben, wenn den im Lohnsteuerabzugsverfahren paus[X.]hal berü[X.]ksi[X.]htigten Beiträgen für eine Kranken- und gesetzli[X.]he Pflegeversi[X.]herung keine Aufwendungen in entspre[X.]hender [X.]öhe gegenüberstehen. Bei der Einkommensteuerveranlagung werden dann nur die tatsä[X.]hli[X.]hen Versi[X.]herungsbeiträge berü[X.]ksi[X.]htigt. Einer der Anwendungsfälle des § 46 Abs. 2 Nr. 3 [X.] sind die in der Gesetzesbegründung ausdrü[X.]kli[X.]h aufgeführten Beitragsrü[X.]kerstattungen (BTDru[X.]ks 16/12254, S. 27). [X.]ätte der Gesetzgeber die Erstattungen der bis 2009 nur begrenzt abziehbaren Krankenversi[X.]herungsbeiträge hiervon ausnehmen wollen, hätte es einer ausdrü[X.]kli[X.]hen Gesetzesregelung bedurft. Eine sol[X.]he fehlt indes.

d) Die Glei[X.]hartigkeit der Krankenversi[X.]herungsbeiträge der Jahre 2009 und 2010 ist au[X.]h --im Gegensatz zur Auffassung des [X.]-- ni[X.]ht deswegen zu verneinen, weil es der Gesetzgeber bei der S[X.]haffung des § 10 Abs. 4b [X.] dur[X.]h das Steuervereinfa[X.]hungsgesetz 2011 abgelehnt hat, [X.] bei den na[X.]h § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Bu[X.]hst. a [X.] anzusetzenden Krankenversi[X.]herungsbeiträgen mit den na[X.]h § 10 Abs. 1 Nr. 3a [X.] zu berü[X.]ksi[X.]htigenden Beiträgen zu verre[X.]hnen, wie dies no[X.]h im Gesetzentwurf vorgesehen war (vgl. BTDru[X.]ks 17/5125, S. 37).

§ 10 Abs. 4b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Steuervereinfa[X.]hungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 ([X.], 2131) regelt erstmals gesetzli[X.]h die Behandlung von [X.]n bei Sonderausgaben, wobei der Gesetzgeber erkennbar von der hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung zur Verre[X.]hnung der Erstattungen und Zahlungen von glei[X.]hartigen Sonderausgaben im Zahlungsveranlagungszeitraum ausgegangen ist (vgl. dazu BTDru[X.]ks 17/5125, S. 37; ebenso Blümi[X.]h/[X.], § 10 [X.] Rz 33). Aus den --teilweise-- neu normierten und au[X.]h bei den einzelnen Sonderausgaben unters[X.]hiedli[X.]hen Re[X.]htsfolgen bei [X.]n, mit denen der dur[X.]h sie verursa[X.]hte Aufwand ab 2012 "weitgehend" vermieden werden sollte (BTDru[X.]ks 17/5125, S. 37), kann indes ni[X.]ht ges[X.]hlossen werden, dass hierdur[X.]h die Kriterien zur Prüfung der Glei[X.]hartigkeit von Sonderausgaben grundlegend geändert werden sollten.

3. [X.] vom [X.] vorgenommene Verre[X.]hnung der erstatteten mit den geleisteten Beiträgen steht --entgegen der Auffassung des [X.] ni[X.]ht im Widerspru[X.]h zu den Aussagen des [X.] in seinem Bes[X.]hluss in [X.]E 120, 125. Dana[X.]h ist es mit den Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar, wenn der Sonderausgabenabzug die Beiträge zu einer privaten Krankheitskostenversi[X.]herung (Vollversi[X.]herung) und einer privaten Pflegepfli[X.]htversi[X.]herung ni[X.]ht ausrei[X.]hend erfasst, die dem Umfang na[X.]h erforderli[X.]h sind, um dem Steuerpfli[X.]htigen und seiner Familie eine sozialhilfeglei[X.]he Kranken- und Pflegeversorgung zu gewährleisten.

Das [X.] geht in seiner Ents[X.]heidung ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h auf die ständige hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]he Re[X.]htspre[X.]hung und Verwaltungspraxis zur mögli[X.]hen Verre[X.]hnung glei[X.]hartiger Sonderausgaben ein, sie wird von ihm vielmehr vorausgesetzt. Diese Re[X.]htspre[X.]hung beruht --wie unter [X.] darauf, dass Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug die endgültige wirts[X.]haftli[X.]he Belastung des Steuerpfli[X.]htigen ist. Dies war vom [X.] au[X.]h bereits vorher anerkannt worden (vgl. z.B. Bes[X.]hluss in [X.]FR 1989, 271, unter 1.b).

Wenn das [X.] unter dieser Prämisse in seinem Bes[X.]hluss in [X.]E 120, 125 die verfassungsre[X.]htli[X.]he Vorgabe ma[X.]ht, ab dem [X.] müssten die Kranken- und Pflegeversi[X.]herungskosten steuerli[X.]h berü[X.]ksi[X.]htigt werden, die den verfassungsre[X.]htli[X.]h gebotenen Basiss[X.]hutz gewährleisten, können damit nur die Aufwendungen gemeint sein, dur[X.]h die der Steuerpfli[X.]htige tatsä[X.]hli[X.]h wirts[X.]haftli[X.]h endgültig belastet ist. Eine sol[X.]he wirts[X.]haftli[X.]he Belastung liegt zunä[X.]hst zwar in den Beitragszahlungen, sie wird aber um die verre[X.]hneten glei[X.]hartigen Beitragsrü[X.]kerstattungen reduziert. Diese tatsä[X.]hli[X.]he Belastung ist --entspre[X.]hend den Vorgaben des [X.]-- vollständig steuerli[X.]h abziehbar.

4. Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

X R 6/14

06.07.2016

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 18. Dezember 2013, Az: 4 K 139/13, Urteil

§ 10 Abs 1 Nr 3 EStG 2009, § 46 Abs 2 Nr 3 EStG 2009, BürgEntlG KV, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.07.2016, Az. X R 6/14 (REWIS RS 2016, 8705)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 3550 REWIS RS 2016, 8705

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