Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2012, Az. II ZB 14/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9487

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II
ZB 14/11

vom

7.
Februar 2012

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 1 Abs. 1 Nr. 1
Für eine vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaft, die keine [X.] ist,
besteht ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im [X.], wenn die [X.] mindestens fünf Arbeitnehmer hat.

[X.], Beschluss vom 7. Februar 2012 -
II ZB 14/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
Februar 2012
durch [X.]
[X.], [X.]
Strohn, die Richterin Dr.
Reichart sowie die Richter Dr.
Drescher und Born
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 14. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der An-tragsgegnerin, einer bereits vor 1994 im Handelsregister eingetragenen [X.].
Die Antragsgegnerin,
bei der es sich nicht um eine Familiengesellschaft han-delt, beschäftigte im [X.] zunächst drei, seit August 2010 nur noch zwei [X.]. Der Aufsichtsrat war aus zwei Mitgliedern der Anteilseigner und einem [X.] zusammengesetzt. Mit Bekanntmachung vom 23. März 2010, 1
2
-
3
-

veröffentlicht im elektronischen [X.] am 26. März 2010, teilte der Vorstand der Antragsgegnerin mit, dass nach seiner Ansicht der Aufsichtsrat der [X.] nicht nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt sei. Da die [X.] inzwischen in der Regel weniger als fünf Arbeitnehmer beschäftige, sei die Verpflichtung zur Bildung eines Aufsichtsrates nach dem [X.] entfallen.
Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin und hält seit dem 1. April 2010 50 Inhaberaktien. Am 16. April 2011 hat der Antragsteller die gerichtliche Ent-scheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin ge-mäß §
98 Abs.
1 Satz
1 [X.] beantragt. Der Vorsitzende des
Aufsichtsrats der An-tragsgegnerin hat die Zurückweisung des Antrags beantragt.
Das [X.] hat durch Beschluss vom 18. November 2010, bekannt [X.] im elektronischen Bundesanzeiger am 3. Dezember 2010, festgestellt, dass sich der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nach §
1 Abs.
1 Nr.
1, §
4 Abs.
1 [X.] zusammensetzt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Vorstandes der An-tragsgegnerin hat das Beschwerdegericht (OLG [X.], ZIP
2011, 1257 ff.) den Be-schluss des [X.]s abgeändert und festgestellt, dass für die Antragsgegnerin das Drittelbeteiligungsgesetz nicht gilt. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1.
Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß §
99 Abs.
1 [X.]. §
70 Abs.
1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
3
4
5
6
-
4
-

2.
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die
Antragsgegnerin wird vom Anwendungsbereich des [X.] nicht erfasst.
a)
Der Antragsteller ist gemäß §
98 Abs.
2 Nr.
3 [X.]
antragsbefugt. Das An-tragsrecht des Aktionärs ist an keine weiteren Voraussetzungen gebunden. Entge-gen der Auffassung der Antragsgegnerin ist für eine analoge Anwendung von §
245 Nr.
1 und 3 [X.] mangels einer Regelungslücke im Statusverfahren kein Raum. Eine Regelungslücke besteht angesichts der Unterscheidung in §
98 Abs.
2 [X.], das Antragsrecht bei den Nr.
1 bis 4 im Gegensatz zu den Nr.
5 bis 10 nicht an weitere Voraussetzungen zu knüpfen, nicht.
b)
Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin setzt sich nicht gemäß §
96 Abs.
1 [X.]. §
1 Abs.
1 Nr.
1 Satz
2, §
4 Abs.
1 [X.] aus Mitgliedern der Aktionä-re und der Arbeitnehmer zusammen. Ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz besteht für eine [X.], die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden und keine [X.] ist, wenn sie mindestens fünf Arbeitnehmer hat.
aa)
In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob das [X.] auf vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaften entgegen dem Wortlaut in §
1 Abs.
1 Nr.
1 Satz
2 [X.] erst ab einer bestimmten [X.]anzahl anzuwenden ist.
Teilweise wird unter Rückgriff auf den Gesetzeswortlaut der Anwendungsbe-reich des [X.] ohne Einschränkung als eröffnet angesehen und somit in einer [X.], die keine Familiengesellschaft ist, bereits 7
8
9
10
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-
5
-

ein Arbeitnehmer als ausreichend erachtet, um die Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat zu eröffnen (zu §
76 [X.]
1952: Gaul, AuR
1966, 366, 367
f.;
Kirschner, DB
1971, 2063, 2064; [X.] in KK-[X.], 2.
Aufl., [X.] §
117 [X.] Rn.
15; [X.]/[X.]/Heither/[X.], [X.], 19.
Aufl., §
76 [X.] 1952 Rn.
61; zu §
1 [X.]: [X.]/[X.], 3.
Aufl., §
285 Rn.
3;
[X.]/Kittner/Zachert/[X.], [X.], 7.
Aufl., Rn.
158; [X.]/[X.], Handbuch zur [X.], 4.
Aufl., Rn.
45; Drygala in K.
[X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
96 Rn.
21; [X.], [X.], §
96 Rn.
34; Bürgers/[X.] in Bürgers/
Körber, [X.], 2.
Aufl., §
96 Rn.
6; Kleinsorge in Wlotzke/[X.]/[X.]/
Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, 3.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
7
f.; [X.]/[X.], 12.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
8). Neben dem einschränkungslosen Gesetzeswortlaut in §
1 Abs.
1 Nr.
1 Satz
2 [X.] (bzw. §
76 Abs.
6 [X.] 1952) folgern diese Stim-men aus §
4 Abs.
2 [X.] (bzw. §
76 Abs.
2 Satz
2 [X.] 1952), dass eine
Aktiengesellschaft bereits bei der Beschäftigung nur eines wahlberechtigten [X.]s mitbestimmt ist.
Andere Stimmen fordern eine Mindestzahl von drei Arbeitnehmern (zu §
76 [X.] 1952: [X.], AuR
1958, 161, 166; [X.] in Festschrift [X.], 1994, S.
147, 148
f.; zu §
1 [X.]: MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
96 Rn.
18; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Mitbestimmungsrecht, 2.
Aufl., §
1
[X.] Rn.
17; [X.]/[X.], Mitbestimmungsgesetz und Drittelbeteiligungsgesetz, 5.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
6; MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
13). Zur Begründung wird dabei §
31 Abs.
2 [X.] 1953 ([X.] aus der [X.] zur Durchführung des [X.]es 1952 vom 18.
März 1953, [X.]
I S.
58) [X.]. §
87 [X.]
1952 bzw. §
2 Abs.
2 WO[X.] (Verordnung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drit-telbeteiligungsgesetz -
Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz vom 23.
Juni 2004, [X.]
I S.
1393) [X.]. §
13 [X.] herangezogen, wonach der Wahlvor-12
-
6
-

stand für die Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder aus drei [X.] bestehen soll;
zum Teil wird darüber hinaus auch auf §
4 Abs.
2 [X.] ab-gestellt.
Eine weitere Ansicht -
der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat
-
verlangt mindestens fünf Arbeitnehmer für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Vorschriften über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat für die [X.]en (zu §
76 [X.] 1952: [X.], NJW
1954, 656; [X.], NJW
1956, 598; GK-[X.][X.], 6.
Aufl., Bd.
2, §
76 [X.] 1952 Rn.
6; [X.]/[X.], [X.], Bd.
2, 6.
Aufl., §
76 [X.] 1952 Rn.
8
f.;
Weitzel, BB
1952, 806; [X.], NJW
1952, 1353, 1355
f.; von [X.], BB
1953, 562, 563; [X.], BB
1977, 605, 606; [X.]/[X.], DB
1993, 1618, 1619; zu §
1 [X.]: [X.], [X.], 9.
Aufl., §
96 Rn.
12; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2.
Aufl., §
96 Rn.
16; [X.] in [X.], 3.
Aufl., §
28 Rn.
5; [X.] in [X.]/[X.]/Kalb, Arbeitsrecht, 4.
Aufl., §
1 [X.] Rn.
12; [X.], GWR
2011, 362). Diese Ansicht stellt darauf ab, dass es bei der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nicht nur um eine bloße Beteiligung von Arbeitnehmern an Unternehmensentscheidungen gehe, sondern um eine kollektive Interessenvertre-tung der Belegschaft durch die Wahl von Arbeitnehmervertretern. Das [X.] zeige, dass der Gesetzgeber für die Errichtung von [X.] eine solche erst ab einer Mindestgröße von fünf Arbeitnehmern für notwendig und sinnvoll halte, weshalb diese Mindestanzahl auch für die [X.] im Aufsichtsrat zu fordern sei.
bb)
§
1 Abs.
1 Nr.
1 Satz 2 [X.] ist nach seinem Sinn und Zweck, der Ge-setzessystematik und der Entstehungsgeschichte von §
76 [X.] 1952 dahin aus-zulegen, dass für eine vor dem 10.
August 1994 eingetragene Aktiengesellschaft, die keine Familiengesellschaft ist, ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im Auf-13
14
-
7
-

sichtsrat besteht, wenn die [X.] entsprechend §
1 Abs.
1 [X.] mindestens fünf Arbeitnehmer hat.
(1)
Der Wortlaut von §
1 Abs.
1 Nr.
1 Satz
2 [X.] enthält keine Einschrän-kung. Gemäß §
1 Abs.
1 Nr.
1 Satz
1 [X.] haben die Arbeitnehmer ein Mitbe-stimmungsrecht im Aufsichtsrat in einer Aktiengesellschaft mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. Ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat besteht nach Satz
2 auch in einer Aktiengesellschaft mit in der Regel weniger als 500 Arbeitnehmern, die vor dem 10.
August 1994 ins Handelsregister eingetragen worden und keine [X.] ist.
(2)
Der Entstehungsgeschichte von §
1 Abs.
1 Nr.
1 Satz
1 [X.] lässt sich nichts Näheres entnehmen.
Die Beteiligung der Arbeitnehmer einer Aktiengesellschaft im Aufsichtsrat des Unternehmens war zunächst in den §§
76 bis 87a des [X.]es
vom 14.
Oktober 1952 ([X.]
I S.
681 -
[X.] 1952) geregelt. Gemäß §
76 Abs.
1 [X.] 1952 musste der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer Komman-ditgesellschaft auf Aktien zu
einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen. Nach §
76 Abs.
6 [X.] 1952 fanden die Vorschriften über die Beteiligung der [X.] im Aufsichtsrat auf Aktiengesellschaften, die [X.] sind und weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, keine Anwendung.
Mit Wirkung zum 10.
August 1994 wurde §
76 Abs.
6 [X.] 1952 durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2.
August 1994 ([X.]
I S.
1961) dahingehend geändert, dass auf [X.], die weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, die Vorschriften über die Beteili-gung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat keine Anwendung fanden; für vor dem 15
16
17
18
-
8
-

10.
August 1994 eingetragene Aktiengesellschaften galt dies nur, wenn es sich um [X.] handelte. Mit der Neuregelung sollte bisher nicht mitbestimm-ten mittelständischen Unternehmen der Weg in die Aktiengesellschaft erleichtert werden. Wegen dieser eindeutigen Zielsetzung sah der Gesetzgeber kein zwingen-des Bedürfnis, für bestehende Aktiengesellschaften mit weniger als 500 [X.] ähnliches vorzusehen, zumal diese gelernt hätten, mit der Mitbestimmung [X.]. Zu der bereits damals streitigen Frage, ob eine Mindestzahl an [X.] erforderlich war, nahm er keine
Stellung (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks.
12/7848, S.
9
f.).
Diese Regelung wurde im am 1.
Juli 2004 in [X.] getretenen Gesetz
über die [X.] im Aufsichtsrat vom 18.
Mai 2004 ([X.]
I S.
974) in §
1 Abs.
1 Nr.
1 [X.] übernommen. Mit dem Drittelbeteiligungsgesetz wollte der Gesetzgeber der Praxis anwenderfreundliche Regelungen zur Verfügung stellen, ohne den bisherigen Geltungsbereich und Inhalt des Gesetzes zu verändern ([X.] Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat -
BT-Drucks.
15/2542, S.
1).
(3)
Die Entstehungsgeschichte von §
76 [X.] 1952, auf den die Regelung in §
1 Abs.
1 Nr.
1 [X.] zurückgeht, legt einen Zusammenhang der Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat mit der Einrichtung eines Betriebsrats, der wie [X.] erst ab fünf Arbeitnehmern zu bilden war, und damit die Notwendigkeit einer Min-destzahl von Arbeitnehmern nahe.
Nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Neuordnung der [X.] von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben -
Betriebsverfas-sungsgesetz (BT-Drucks.
1/1546) sollten bei allen juristischen Personen, für die ein 19
20
21
-
9
-

Aufsichtsrat besteht, auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten sein. Das zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern zuständige [X.]sorgan sollte die [X.]vertreter aus einer Vorschlagsliste des Betriebsrats wählen (BT-Drucks.
1/1546, S.
28 und 69). Damit wurde offensichtlich vorausgesetzt, dass in [X.]en, in denen Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten sein sollten, die für die Wahl eines Betriebsrats notwendige Zahl an Arbeitnehmern vorhanden war.
Dass nach dem Bericht des [X.] zu diesem Gesetzentwurf a--Drucks.
1/3585, S.
17 und 18) zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer be-stehen sollte, lässt vor diesem Hintergrund nicht den Schluss zu, dass die Zahl der Arbeitnehmer keine Bedeutung haben sollte. Die Abgrenzung bezog sich darauf, dass für die Mitbestimmung im Aufsichtsrat für die juristischen Personen, die nicht kraft Gesetzes bereits einen Aufsichtsrat zu bilden hatten, die Bildung eines Auf-sichtsrats ab einer Mindestgröße von 500 Arbeitnehmern vorgeschrieben wurde. Dass im Gegenteil auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren von einer gewissen Zahl an Arbeitnehmern für die Mitbestimmung im Aufsichtsrat ausgegangen wurde, ergibt sich auch daraus, dass die Wahl der Arbeitnehmervertreter aufgrund von Wahlvorschlägen erfolgen sollte. Vorschlagsberechtigt sollten die Betriebsräte und ein Zehntel der wahlberechtigten Arbeitnehmer oder mindestens 100 Wahlberechtig-te (BT-Drucks.
1/3585 S.
17) sein.
(4)
Die Gesetzessystematik spricht dafür, den Anwendungsbereich des [X.] erst ab einer Mindestanzahl von fünf Arbeitnehmern als [X.] anzusehen.

22
23
-
10
-

(aa)
Die sinnvolle Wahrnehmung der kollektiven Interessen der Arbeitnehmer erfordert eine Personenmehrheit, die der Gesetzgeber in §
1 [X.] auf mindestens fünf Arbeitnehmer bestimmt hat. Die gesetzlichen Wurzeln für die kollektive Interes-senvertretung der Arbeitnehmer liegen sowohl für die Bildung eines Betriebsrats als auch die Beteiligung im Aufsichtsrat im [X.] 1952. Im [X.] war neben §
76 [X.] 1952, der Vorgängervorschrift von §
1 [X.], in §
8 [X.] 1952 die Errichtung von [X.] geregelt. §
1 [X.] entspricht inhaltlich §
8 [X.] 1952. Danach werden in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt. Diese Mindestanzahl der wahlberechtigten [X.] erklärt sich daraus, dass Träger des [X.] die [X.] als solche ist. Einer Gruppe von Arbeitnehmern, die diesen Schwellenwert unterschreitet, billigt der Gesetzgeber eine Vertretung durch einen Betriebsrat und damit die Ausübung der Beteiligungsrechte in innerbetrieblichen Angelegenheiten nicht zu. Etwas anderes kann für eine Belegschaft von weniger als fünf [X.] hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Interessen im Aufsichtsrat nicht gelten. Denn auch bei der Mitbestimmung von Arbeitnehmern im Aufsichtsrat geht es nicht einfach um die Beteiligung von Arbeitnehmern, sondern um die sachgerechte Aus-übung kollektiver Beteiligungsrechte (GK-[X.][X.], 6.
Aufl., Bd.
2, §
76 [X.] 1952 Rn.
7). Die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nach dem [X.] 1952 ergänzte als fünfter Abschnitt des vierten Teils die Mitwirkung über den Betriebsrat, die im ersten bis vierten Abschnitt geregelt war. Die Mitwirkung durch den Betriebsrat und die Mitbestimmung der Arbeitnehmer waren im vierten Teil des [X.]es 1952 zusammengefasst. Das spricht dafür, die für die Bildung des Betriebsrats im [X.] festgelegte [X.] auch auf das Drittelbeteiligungsgesetz, das in §
3 Abs.
1, 2, §
4 Abs.
3, §
5 Abs.
2 [X.] ausdrücklich auf das [X.] ver-weist, zu übertragen.
24
-
11
-

(bb)
Auch § 6 [X.] legt nahe, dass das Drittelbeteiligungsgesetz auf eine [X.] mit nur zwei Arbeitnehmern nicht anzuwenden ist. Die [X.] der Arbeitnehmer werden von den wahlberechtigten [X.] des Unternehmens gewählt, § 5 [X.]. Zwar ist eine Wahl als solche bereits bei nur zwei aktiv oder passiv wahlberechtigten Mitarbeitern des Unternehmens [X.]. Gemäß § 6 Satz 1 [X.] erfolgt die Wahl aber auf Grund von Wahlvorschlä-gen der Betriebsräte und Arbeitnehmer. Ein Unternehmen mit nur zwei Mitarbeitern erreicht jedoch die Mindestanzahl von fünf Arbeitnehmern für die Wahl eines [X.] gemäß § 1 [X.] nicht, so dass es auch keinen Wahlvorschlag des [X.] geben kann. Zudem wird aus § 6 Satz 2 [X.], wonach die [X.] von mindestens einem Zehntel der Wahlberechtigten oder von mindestens 100 Wahlberechtigten unterzeichnet sein müssen, deutlich, dass der Gesetzgeber für die Wahl der Arbeitnehmervertreter eine größere Zahl von Wahlbe-rechtigten vor Augen hatte.
(5)
Der Zweck des [X.] wird in Unternehmen mit nur zwei Arbeitnehmern nicht erreicht. Sinn des Mitbestimmungsrechts im Drittelbeteili-gungsgesetz
ist -
wie zuvor in §§
76
ff. [X.] 1952
-
die Sicherung der kollektiven Interessenvertretung der Belegschaft im Aufsichtsrat. Die Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmer dienen dazu, die mit ihrer Unterordnung unter fremde Leitungs-
und Organisationsgewalt verbundene Fremdbestimmung durch die institutionelle Beteili-gung an unternehmerischen Entscheidungen zu mildern. Erst die mit dem Über-schreiten einer bestimmten Unternehmensgröße auftretenden Probleme der Anony-misierung der Arbeitnehmer, der Bürokratisierung der Unternehmensleitung und da-mit der Entstehung von [X.] legen eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer nahe (so zum Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer [[X.]] [X.] 50, 290, 350, 380
f.). Auch die [X.] im Aufsichtsrat dient der kollektiven Interessenvertretung der Belegschaft durch die Mitbestimmung 25
26
-
12
-

im Hinblick auf die [X.] und personellen Auswirkungen wirtschaftlicher Unter-nehmerentscheidungen in einem wichtigen Organ des Unternehmensträgers
([X.]/[X.]/[X.], [X.], 10.
Aufl., [X.]ang §
76 [X.] 1952 Rn.
2; GK-[X.][X.], 6.
Aufl., vor §
76 [X.] 1952 Rn.
4, §
76 [X.] 1952 Rn.
7). Eine kollektive Interessenvertretung setzt voraus, dass die Interessen mehrerer und nicht nur einzelner Personen vertreten werden sollen.
(6)
Wegen dieses Zusammenhangs mit dem [X.] ist §
1 [X.] für die Ermittlung der Mindestzahl von Arbeitnehmern heranzuziehen. §
2 Abs.
2 WO[X.], wonach der Wahlvorstand für die Wahl und Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder aus drei Arbeitnehmern bestehen soll, ist dazu nicht geeignet, weil
damit die Größe des Wahlvorstands bestimmt wird und die Vorschrift keinen unmittelbaren Bezug zur Zahl der Wahlberechtigten hat.
27
-
13
-

3.
Die Gerichtskosten hat die Antragsgegnerin kraft Gesetzes zu tragen; Kos-ten der Beteiligten werden nicht erstattet (§
99
Abs.
6 Satz
7 bis 9 [X.]).

Bergmann

Strohn

Reichart

Drescher

Born
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.11.2010 -
2 [X.]/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.06.2011 -
6 W 47/11 -

28

Meta

II ZB 14/11

07.02.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.02.2012, Az. II ZB 14/11 (REWIS RS 2012, 9487)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9487

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