Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2012, Az. II ZB 14/11

2. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9427

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Gegenstand

Alt-Aktiengesellschaft: Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat eines Unternehmens mit weniger als fünf Beschäftigten


Leitsatz

Für eine vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaft, die keine Familiengesellschaft ist, besteht ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat, wenn die Gesellschaft mindestens fünf Arbeitnehmer hat.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 14. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin, einer bereits vor 1994 im Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaft.

2

Die Antragsgegnerin, bei der es sich nicht um eine Familiengesellschaft handelt, beschäftigte im [X.] zunächst drei, seit August 2010 nur noch zwei Arbeitnehmer. Der Aufsichtsrat war aus zwei Mitgliedern der Anteilseigner und einem Arbeitnehmervertreter zusammengesetzt. Mit Bekanntmachung vom 23. März 2010, veröffentlicht im elektronischen [X.] am 26. März 2010, teilte der Vorstand der Antragsgegnerin mit, dass nach seiner Ansicht der Aufsichtsrat der [X.] nicht nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt sei. Da die [X.] inzwischen in der Regel weniger als fünf Arbeitnehmer beschäftige, sei die Verpflichtung zur Bildung eines Aufsichtsrates nach dem Drittelbeteiligungsgesetz entfallen.

3

Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin und hält seit dem 1. April 2010 50 Inhaberaktien. Am 16. April 2011 hat der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 [X.] beantragt. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin hat die Zurückweisung des Antrags beantragt.

4

Das [X.] hat durch Beschluss vom 18. November 2010, bekannt gemacht im elektronischen Bundesanzeiger am 3. Dezember 2010, festgestellt, dass sich der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 [X.] zusammensetzt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Vorstandes der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht ([X.], [X.], 1257 ff.) den Beschluss des [X.]s abgeändert und festgestellt, dass für die Antragsgegnerin das Drittelbeteiligungsgesetz nicht gilt. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

5

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

6

1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 99 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

7

2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin wird vom Anwendungsbereich des [X.] nicht erfasst.

8

a) Der Antragsteller ist gemäß § 98 Abs. 2 Nr. 3 [X.] antragsbefugt. Das Antragsrecht des Aktionärs ist an keine weiteren Voraussetzungen gebunden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist für eine analoge Anwendung von § 245 Nr. 1 und 3 [X.] mangels einer Regelungslücke im Statusverfahren kein Raum. Eine Regelungslücke besteht angesichts der Unterscheidung in § 98 Abs. 2 [X.], das Antragsrecht bei den Nr. 1 bis 4 im Gegensatz zu den Nr. 5 bis 10 nicht an weitere Voraussetzungen zu knüpfen, nicht.

9

b) Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin setzt sich nicht gemäß § 96 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 4 Abs. 1 [X.] aus Mitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer zusammen. Ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz besteht für eine [X.], die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden und keine Familiengesellschaft ist, wenn sie mindestens fünf Arbeitnehmer hat.

aa) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob das Drittelbeteiligungsgesetz auf vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaften entgegen dem Wortlaut in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 [X.] erst ab einer bestimmten Arbeitnehmeranzahl anzuwenden ist.

Teilweise wird unter Rückgriff auf den Gesetzeswortlaut der Anwendungsbereich des [X.] ohne Einschränkung als eröffnet angesehen und somit in einer [X.], die keine Familiengesellschaft ist, bereits ein Arbeitnehmer als ausreichend erachtet, um die Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat zu eröffnen (zu § 76 [X.] 1952: Gaul, AuR 1966, 366, 367 f.;Kirschner, [X.] 1971, 2063, 2064; [X.] in KK-[X.], 2. Aufl., [X.] § 117 [X.] 1952 Rn. 15; [X.]/[X.]/Heither/[X.], [X.], 19. Aufl., § 76 [X.] 1952 Rn. 61; zu § 1 [X.]: [X.]/[X.], 3. Aufl., § 285 Rn. 3;[X.]/[X.]/Zachert/[X.], [X.], 7. Aufl., Rn. 158; [X.]/[X.], Handbuch zur [X.], 4. Aufl., Rn. 45; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 96 Rn. 21; [X.]/Siemons, [X.], § 96 Rn. 34; Bürgers/[X.] in Bürgers/ Körber, [X.], 2. Aufl., § 96 Rn. 6; Kleinsorge in Wlotzke/[X.]/[X.]/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl., § 1 [X.] Rn. 7 f.; [X.]/[X.], 12. Aufl., § 1 [X.] Rn. 8). Neben dem einschränkungslosen Gesetzeswortlaut in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 [X.] (bzw. § 76 Abs. 6 [X.] 1952) folgern diese Stimmen aus § 4 Abs. 2 [X.] (bzw. § 76 Abs. 2 Satz 2 [X.] 1952), dass eine Aktiengesellschaft bereits bei der Beschäftigung nur eines wahlberechtigten Arbeitnehmers mitbestimmt ist.

Andere Stimmen fordern eine Mindestzahl von drei Arbeitnehmern (zu § 76 [X.] 1952: [X.], AuR 1958, 161, 166; [X.] in Festschrift [X.], 1994, [X.], 148 f.; zu § 1 [X.]: MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 96 Rn. 18; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Mitbestimmungsrecht, 2. Aufl., § 1 [X.] Rn. 17; [X.]/[X.], Mitbestimmungsgesetz und Drittelbeteiligungsgesetz, 5. Aufl., § 1 [X.] Rn. 6; MünchKomm[X.]/[X.], 3. Aufl., § 1 [X.] Rn. 13). Zur Begründung wird dabei § 31 Abs. 2 [X.] 1953 ([X.] aus der [X.] zur Durchführung des [X.]es 1952 vom 18. März 1953, [X.]) i.V.m. § 87 [X.] 1952 bzw. § 2 Abs. 2 WO[X.] (Verordnung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz - Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz vom 23. Juni 2004, [X.] I S. 1393) i.V.m. § 13 [X.] herangezogen, wonach der Wahlvorstand für die Wahl und A[X.]erufung der Aufsichtsratsmitglieder aus drei Arbeitnehmern bestehen soll; zum Teil wird darüber hinaus auch auf § 4 Abs. 2 [X.] abgestellt.

Eine weitere Ansicht - der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat - verlangt mindestens fünf Arbeitnehmer für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Vorschriften über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat für die [X.]en (zu § 76 [X.] 1952: [X.], NJW 1954, 656; [X.], NJW 1956, 598; GK-[X.][X.], 6. Aufl., [X.], § 76 [X.] 1952 Rn. 6; [X.]/[X.], [X.], [X.], 6. Aufl., § 76 [X.] 1952 Rn. 8 f.; [X.], [X.] 1952, 806; [X.], NJW 1952, 1353, 1355 f.; von [X.], [X.] 1953, 562, 563; Rüthers, [X.] 1977, 605, 606; [X.]/[X.], [X.] 1993, 1618, 1619; zu § 1 [X.]: [X.], [X.], 9. Aufl., § 96 Rn. 12; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2. Aufl., § 96 Rn. 16; [X.] in [X.], 3. Aufl., § 28 Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.]/Kalb, Arbeitsrecht, 4. Aufl., § 1 [X.] Rn. 12; [X.], [X.], 362). Diese Ansicht stellt darauf ab, dass es bei der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nicht nur um eine bloße Beteiligung von Arbeitnehmern an Unternehmensentscheidungen gehe, sondern um eine kollektive Interessenvertretung der Belegschaft durch die Wahl von Arbeitnehmervertretern. Das [X.] zeige, dass der Gesetzgeber für die Errichtung von [X.] eine solche erst ab einer Mindestgröße von fünf Arbeitnehmern für notwendig und sinnvoll halte, weshalb diese Mindestanzahl auch für die Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat zu fordern sei.

[X.]) § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 [X.] ist nach seinem Sinn und Zweck, der Gesetzessystematik und der Entstehungsgeschichte von § 76 [X.] 1952 dahin auszulegen, dass für eine vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaft, die keine Familiengesellschaft ist, ein Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat besteht, wenn die [X.] entsprechend § 1 Abs. 1 [X.] mindestens fünf Arbeitnehmer hat.

(1) Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 [X.] enthält keine Einschränkung. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] haben die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat in einer Aktiengesellschaft mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. Ein Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat besteht nach Satz 2 auch in einer Aktiengesellschaft mit in der Regel weniger als 500 Arbeitnehmern, die vor dem 10. August 1994 ins Handelsregister eingetragen worden und keine Familiengesellschaft ist.

(2) Der Entstehungsgeschichte von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] lässt sich nichts Näheres entnehmen.

Die Beteiligung der Arbeitnehmer einer Aktiengesellschaft im Aufsichtsrat des Unternehmens war zunächst in den §§ 76 bis 87a des [X.]es vom 14. Oktober 1952 ([X.] I S. 681 - [X.] 1952) geregelt. Gemäß § 76 Abs. 1 [X.] 1952 musste der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen. Nach § 76 Abs. 6 [X.] 1952 fanden die Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat auf Aktiengesellschaften, die [X.] sind und weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, keine Anwendung.

Mit Wirkung zum 10. August 1994 wurde § 76 Abs. 6 [X.] 1952 durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2. August 1994 ([X.] I S. 1961) dahingehend geändert, dass auf Aktiengesellschaften, die weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftigen, die Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat keine Anwendung fanden; für vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaften galt dies nur, wenn es sich um [X.] handelte. Mit der Neuregelung sollte bisher nicht mitbestimmten mittelständischen Unternehmen der Weg in die Aktiengesellschaft erleichtert werden. Wegen dieser eindeutigen Zielsetzung sah der Gesetzgeber kein zwingendes Bedürfnis, für bestehende Aktiengesellschaften mit weniger als 500 Arbeitnehmern ähnliches vorzusehen, zumal diese gelernt hätten, mit der Mitbestimmung umzugehen. Zu der bereits damals streitigen Frage, ob eine Mindestzahl an Arbeitnehmern erforderlich war, nahm er keine Stellung (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 12/7848, S. 9 f.).

Diese Regelung wurde im am 1. Juli 2004 in [X.] getretenen Gesetz über die [X.] im Aufsichtsrat vom 18. Mai 2004 ([X.] I S. 974) in § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] übernommen. Mit dem Drittelbeteiligungsgesetz wollte der Gesetzgeber der Praxis anwenderfreundliche Regelungen zur Verfügung stellen, ohne den bisherigen Geltungsbereich und Inhalt des Gesetzes zu verändern (Zweites Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat - BT-Drucks. 15/2542, S. 1).

(3) Die Entstehungsgeschichte von § 76 [X.] 1952, auf den die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zurückgeht, legt einen Zusammenhang der Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat mit der Einrichtung eines Betriebsrats, der wie heute erst ab fünf Arbeitnehmern zu bilden war, und damit die Notwendigkeit einer Mindestzahl von Arbeitnehmern nahe.

Nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Neuordnung der Beziehungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Betrieben - [X.] (BT-Drucks. 1/1546) sollten bei allen juristischen Personen, für die ein Aufsichtsrat besteht, auch die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten sein. Das zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern zuständige [X.]sorgan sollte die Arbeitnehmervertreter aus einer Vorschlagsliste des Betriebsrats wählen (BT-Drucks. 1/1546, S. 28 und 69). Damit wurde offensichtlich vorausgesetzt, dass in [X.]en, in denen Arbeitnehmer im Aufsichtsrat vertreten sein sollten, die für die Wahl eines Betriebsrats notwendige Zahl an Arbeitnehmern vorhanden war.

Dass nach dem Bericht des [X.] zu diesem Gesetzentwurf der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft „in jedem Fall“ bzw. mit Ausnahme der [X.] „ohne Rücksicht auf die Zahl der Arbeitnehmer“ (BT-Drucks. 1/3585, S. 17 und 18) zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen sollte, lässt vor diesem Hintergrund nicht den Schluss zu, dass die Zahl der Arbeitnehmer keine Bedeutung haben sollte. Die Abgrenzung bezog sich darauf, dass für die Mitbestimmung im Aufsichtsrat für die juristischen Personen, die nicht kraft Gesetzes bereits einen Aufsichtsrat zu bilden hatten, die Bildung eines Aufsichtsrats ab einer Mindestgröße von 500 Arbeitnehmern vorgeschrieben wurde. Dass im Gegenteil auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren von einer gewissen Zahl an Arbeitnehmern für die Mitbestimmung im Aufsichtsrat ausgegangen wurde, ergibt sich auch daraus, dass die Wahl der Arbeitnehmervertreter aufgrund von Wahlvorschlägen erfolgen sollte. Vorschlagsberechtigt sollten die Betriebsräte und ein Zehntel der wahlberechtigten Arbeitnehmer oder mindestens 100 Wahlberechtigte (BT-Drucks. 1/3585 S. 17) sein.

(4) Die Gesetzessystematik spricht dafür, den Anwendungsbereich des [X.] erst ab einer Mindestanzahl von fünf Arbeitnehmern als eröffnet anzusehen.

(aa) Die sinnvolle Wahrnehmung der kollektiven Interessen der Arbeitnehmer erfordert eine Personenmehrheit, die der Gesetzgeber in § 1 [X.] auf mindestens fünf Arbeitnehmer bestimmt hat. Die gesetzlichen Wurzeln für die kollektive Interessenvertretung der Arbeitnehmer liegen sowohl für die Bildung eines Betriebsrats als auch die Beteiligung im Aufsichtsrat im [X.] 1952. Im [X.] 1952 war neben § 76 [X.] 1952, der Vorgängervorschrift von § 1 [X.], in § 8 [X.] 1952 die Errichtung von [X.] geregelt. § 1 [X.] entspricht inhaltlich § 8 [X.] 1952. Danach werden in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt. Diese Mindestanzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer erklärt sich daraus, dass Träger des [X.] die Arbeitnehmerschaft als solche ist. Einer Gruppe von Arbeitnehmern, die diesen Schwellenwert unterschreitet, billigt der Gesetzgeber eine Vertretung durch einen Betriebsrat und damit die Ausübung der Beteiligungsrechte in innerbetrieblichen Angelegenheiten nicht zu. Etwas anderes kann für eine Belegschaft von weniger als fünf Arbeitnehmern hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer Interessen im Aufsichtsrat nicht gelten. Denn auch bei der Mitbestimmung von Arbeitnehmern im Aufsichtsrat geht es nicht einfach um die Beteiligung von Arbeitnehmern, sondern um die sachgerechte Ausübung kollektiver Beteiligungsrechte (GK-[X.][X.], 6. Aufl., [X.], § 76 [X.] 1952 Rn. 7). Die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nach dem [X.] 1952 ergänzte als fünfter Abschnitt des vierten Teils die Mitwirkung über den Betriebsrat, die im ersten bis vierten Abschnitt geregelt war. Die Mitwirkung durch den Betriebsrat und die Mitbestimmung der Arbeitnehmer waren im vierten Teil des [X.]es 1952 zusammengefasst. Das spricht dafür, die für die Bildung des Betriebsrats im [X.] festgelegte [X.] auch auf das Drittelbeteiligungsgesetz, das in § 3 Abs. 1, 2, § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 2 [X.] ausdrücklich auf das [X.] verweist, zu übertragen.

([X.]) Auch § 6 [X.] legt nahe, dass das Drittelbeteiligungsgesetz auf eine [X.] mit nur zwei Arbeitnehmern nicht anzuwenden ist. Die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer werden von den wahlberechtigten Arbeitnehmern des Unternehmens gewählt, § 5 [X.]. Zwar ist eine Wahl als solche bereits bei nur zwei aktiv oder passiv wahlberechtigten Mitarbeitern des Unternehmens möglich. Gemäß § 6 Satz 1 [X.] erfolgt die Wahl aber auf Grund von Wahlvorschlägen der Betriebsräte und Arbeitnehmer. Ein Unternehmen mit nur zwei Mitarbeitern erreicht jedoch die Mindestanzahl von fünf Arbeitnehmern für die Wahl eines Betriebsrates gemäß § 1 [X.] nicht, so dass es auch keinen Wahlvorschlag des Betriebsrates geben kann. Zudem wird aus § 6 Satz 2 [X.], wonach die Wahlvorschläge der Arbeitnehmer von mindestens einem Zehntel der Wahlberechtigten oder von mindestens 100 Wahlberechtigten unterzeichnet sein müssen, deutlich, dass der Gesetzgeber für die Wahl der Arbeitnehmervertreter eine größere Zahl von Wahlberechtigten vor Augen hatte.

(5) Der Zweck des [X.] wird in Unternehmen mit nur zwei Arbeitnehmern nicht erreicht. Sinn des Mitbestimmungsrechts im Drittelbeteiligungsgesetz ist - wie zuvor in §§ 76 ff. [X.] 1952 - die Sicherung der kollektiven Interessenvertretung der Belegschaft im Aufsichtsrat. Die Mitbestimmungsrechte für Arbeitnehmer dienen dazu, die mit ihrer Unterordnung unter fremde Leitungs- und Organisationsgewalt verbundene Fremdbestimmung durch die institutionelle Beteiligung an unternehmerischen Entscheidungen zu mildern. Erst die mit dem Überschreiten einer bestimmten Unternehmensgröße auftretenden Probleme der Anonymisierung der Arbeitnehmer, der Bürokratisierung der Unternehmensleitung und damit der Entstehung von [X.] legen eine Mitbestimmung der Arbeitnehmer nahe (so zum Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer [[X.]] [X.] 50, 290, 350, 380 f.). Auch die [X.] im Aufsichtsrat dient der kollektiven Interessenvertretung der Belegschaft durch die Mitbestimmung im Hinblick auf die [X.] und personellen Auswirkungen wirtschaftlicher Unternehmerentscheidungen in einem wichtigen Organ des Unternehmensträgers([X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., [X.]ang § 76 [X.] 1952 Rn. 2; GK-[X.][X.], 6. Aufl., vor § 76 [X.] 1952 Rn. 4, § 76 [X.] 1952 Rn. 7). Eine kollektive Interessenvertretung setzt voraus, dass die Interessen mehrerer und nicht nur einzelner Personen vertreten werden sollen.

(6) Wegen dieses Zusammenhangs mit dem [X.] ist § 1 [X.] für die Ermittlung der Mindestzahl von Arbeitnehmern heranzuziehen. § 2 Abs. 2 WO[X.], wonach der Wahlvorstand für die Wahl und A[X.]erufung der Aufsichtsratsmitglieder aus drei Arbeitnehmern bestehen soll, ist dazu nicht geeignet, weil damit die Größe des Wahlvorstands bestimmt wird und die Vorschrift keinen unmittelbaren Bezug zur Zahl der Wahlberechtigten hat.

3. [X.] hat die Antragsgegnerin kraft Gesetzes zu tragen; Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet (§ 99 Abs. 6 Satz 7 bis 9 [X.]).

Bergmann                                                Strohn                                          Reichart

                             Drescher                                                Born

Meta

II ZB 14/11

07.02.2012

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Thüringer Oberlandesgericht, 14. Juni 2011, Az: 6 W 47/11

§ 1 Abs 1 Nr 1 DrittelbG, § 96 Abs 1 AktG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2012, Az. II ZB 14/11 (REWIS RS 2012, 9427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9427

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Referenzen
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II ZB 14/11

31 Wx 278/18

31 Wx 279/18

26 W 12/17 [AktE]

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