Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.12.2020, Az. I ZR 239/19

1. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1269

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WILLENSERKLÄRUNGEN AUSLEGUNG

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Gegenstand

Urheberrecht: Auslegung einer Erklärung über den Verzicht auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Vergütungspflicht für PCs - Verjährungsverzicht


Leitsatz

Verjährungsverzicht

Eine im Dezember 2006 abgegebene, nicht formularmäßige Erklärung, hinsichtlich der Vergütungspflicht nach § 54a Abs. 1 UrhG für PCs auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, erfasst auch Vergütungsansprüche nach den § 54 Abs. 1, § 54g UrhG in der Fassung vom 25. Juli 1994, sofern kein abweichender Parteiwille feststellbar ist.

Tenor

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] - 6. Zivilsenat - vom 21. November 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 ist die [X.] Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung der Urheberrechte an Sprachwerken. Die Klägerin zu 2 ist die [X.] Verwertungsgesellschaft zur Wahrnehmung der Urheberrechte von bildenden Künstlern, Fotografen und anderen Bildurhebern. Die Klägerinnen nehmen diese Rechte im Zusammenhang mit der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch gemäß dem jeweiligen Wahrnehmungsvertrag und der jeweiligen Satzung für die verschiedenen Urheber- und Leistungsschutzberechtigten wahr.

2

Die Beklagte hat in der [X.] vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2007 in [X.] Personal Computer ([X.]) veräußert oder auf sonstige Weise in Verkehr gebracht.

3

In einem anderen, von der Klägerin zu 1 seit dem [X.] geführten Rechtsstreit war die Frage entscheidungserheblich, ob [X.] nach dem Urheberrechtsgesetz einer Vergütungspflicht unterliegen.

4

Mit Schreiben vom 22. September 2006 forderte die Klägerin zu 1 die Beklagte zur Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung auf. In diesem Schreiben heißt es:

[X.] und Herren,

wie Ihnen bekannt ist, ist die Frage, in welcher Höhe [X.] gemäß § 54a Abs. 1 [X.] für [X.] zu bezahlen sind, zwischen den herstellenden bzw. importierenden Firmen und der [X.] strittig.

Zur Klärung dieser Frage einigte sich die [X.] seinerzeit mit [X.] darauf, ein Musterverfahren durchzuführen. Dieses ist nach Entscheidungen der Schiedsstelle, des [X.] sowie des [X.] nunmehr beim [X.] anhängig. Alle drei Vorinstanzen haben eine Vergütungspflicht für [X.] bejaht und die Zahlung einer Vergütung in Höhe von 12 € pro Gerät festgelegt.

Die nicht an diesem Musterverfahren beteiligten Firmen haben gegenüber der [X.] eine Verjährungsverzichtserklärung folgenden Inhalts abgegeben:

"Das Unternehmen…sieht das Verfahren der [X.] gegen die [X.] über die Vergütungspflicht von [X.] als Musterverfahren an. Es wird die Einrede der Verjährung gegenüber der [X.] nicht erhoben, sofern das Urteil einen in der Vergangenheit liegenden Anspruch der [X.] gegenüber der [X.] feststellt und die [X.] einen entsprechenden Anspruch gegenüber dem Unternehmen … innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskräftig werden des Urteils geltend macht.

Datum, Unterschrift & Firmenstempel"

Eine entsprechende Verzichtserklärung hat Ihr Unternehmen gegenüber der [X.] bislang noch nicht abgegeben.

Wir dürfen Sie deshalb bitten, uns eine entsprechende Erklärung baldmöglichst zukommen zu lassen. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass die [X.] im Hinblick auf die Höhe der strittigen Ansprüche sowie das Gleichbehandlungsprinzip auf einer entsprechenden Erklärung Ihres Hauses bestehen muss.

In Erwartung einer baldigen Nachricht verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

Verwertungsgesellschaft Wort, Abteilung Wissenschaft

i.V. (…)

5

Nach weiteren Aufforderungen vom 20. Oktober und 20. November 2006 erklärte der Vorstand der [X.] mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 gegenüber der Klägerin zu 1 Folgendes:

Sehr geehrter Herr (…),

hinsichtlich einer von der Verwertungsgesellschaft Wort angestrebten Vergütungspflicht nach § 54a Abs. 1 [X.] für [X.] verzichten wir auf die Einrede der Verjährung ab 2003. Diese Erklärung hat keine präjudizierende Wirkung.

Mit freundlichen Grüßen

(…)

6

Die Frage der Vergütungspflicht für [X.] hat der [X.] nach Vorlage an den [X.] mit Urteil vom 3. Juli 2014 ([X.], [X.], 984 = [X.], 1203 - [X.]) dahingehend entschieden, dass eine Vergütungspflicht nach § 54 Abs. 1 [X.] aF besteht.

7

Die Klägerinnen haben im Jahr 2016 mit dem [X.] e.V. einen "Vergleich zur urheberrechtlichen Vergütungspflicht von [X.]-Mitgliedern für [X.] für Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild für die Jahre 2001 bis einschließlich 2007" geschlossen. Die Beklagte ist dem Vergleich nicht beigetreten.

8

Am 15. September 2016 haben die Klägerinnen einen Antrag auf Durchführung des Schiedsstellenverfahrens gestellt. Diese Anträge sind mit Beschluss vom 23. Mai 2018 mit der Begründung zurückgewiesen worden, die von der Klägerin für die Jahre 2001 bis 2007 geltend gemachten Vergütungsansprüche seien verjährt.

9

Die Klägerinnen haben mit der vorliegenden Klage Auskunft über die von der [X.] in den Jahren 2001 bis 2007 veräußerten oder in Verkehr gebrachten [X.] begehrt, darüber hinaus auch Feststellung der Vergütungspflicht in Höhe von 4,375 € für jeden Verbraucher-PC und 2,50 € für jeden Business-PC.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

Die von den Klägerinnen geltend gemachten Vergütungsansprüche seien verjährt. Sie unterlägen der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB. Die Verjährung habe für die auf die Jahre 2001 bis 2006 bezogenen Ansprüche gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2006 begonnen, weil die Klägerinnen seit dem Jahr 2006 Kenntnis von den die Ansprüche begründenden Umständen und der Person des Schuldners gehabt hätten, und sei am 31. Dezember 2009 abgelaufen. Ansprüche für das [X.] seien entsprechend mit Ablauf des 31. Dezember 2010 verjährt. Eine Hemmung durch die Einleitung des Schiedsstellenverfahrens im September 2016 habe daher nicht mehr eintreten können.

Die Beklagte habe mit ihrer Verzichtserklärung nicht auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede gegenüber den hier geltend gemachten Ansprüchen nach §§ 54, 54g [X.] aF verzichtet. Nach ihrem Wortlaut habe sich die Verzichtserklärung auf die von der Klägerin zu 1 angestrebte "Vergütungspflicht nach § 54a Abs. 1 [X.]" bezogen. Damit sei die Beklagte von der von der Klägerin zu 1 vorgeschlagenen Standardformulierung abgewichen, die sich ohne Nennung einer bestimmten Anspruchsgrundlage allgemein auf die "Vergütungspflicht von [X.]" bezogen habe. Zum damaligen Zeitpunkt sei höchstrichterlich noch nicht geklärt gewesen, inwieweit [X.] in Bezug auf Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild gemäß § 54a Abs. 1 Satz 1 [X.] aF vergütungspflichtig seien.

Nach dem im Zeitpunkt der Abgabe der Verzichtserklärung geltenden Verständnis habe die Regelung des § 54 Abs. 1 [X.] aF die Vervielfältigung von Bild- und Tonwerken und die Regelung des § 54a Abs. 1 Satz 1 [X.] aF die reprografische Vervielfältigung von Druckwerken erfassen sollen. § 54a [X.] aF habe nach damaliger Auslegung vorausgesetzt, dass als Ergebnis der Vervielfältigung ein analoges Vervielfältigungsstück entstehe, welches durch [X.] als solche nicht herstellbar sei. Weiterhin sei nach damaliger Auffassung Voraussetzung einer Vergütungspflicht nach § 54a [X.] aF gewesen, dass die Vervielfältigung wie bei einer Ablichtung unter Verwendung einer analogen Vorlage erfolge, was ein [X.] ebenfalls nicht bewerkstelligen könne. Bei Einsatz eines [X.] innerhalb einer Gerätekette mit einem [X.] und einem Drucker habe nur der [X.] im Sinne des § 54a [X.] aF als vergütungspflichtiges Gerät gegolten.

Vor diesem Hintergrund sei die Nennung der konkreten Anspruchsgrundlage des § 54a Abs. 1 [X.] aF in der Verzichtserklärung der Beklagten dahingehend zu verstehen, dass der erklärte [X.] nur solche Vergütungssachverhalte habe erfassen sollen, die unter die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage zu subsumieren seien. Demgegenüber könne aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers nicht unterstellt werden, die Beklagte habe über den ausdrücklichen Wortlaut der Erklärung hinaus ihre Verzichtserklärung auch auf Ansprüche beziehen wollen, die sich aus einer anderen Anspruchsgrundlage mit anderen Anspruchsvoraussetzungen ergeben könnten, wie etwa § 54 Abs. 1 [X.] aF. Eine Vergütungspflicht für Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild durch [X.] unter Anwendung des § 54 [X.] aF sei zum damaligen Zeitpunkt weder diskutiert noch überhaupt in Erwägung gezogen worden.

Die Anspruchsgrundlage des § 54 [X.] aF sei auf entsprechenden Hinweis des [X.] erstmals im Vorfeld der Entscheidung "[X.] III" geltend gemacht worden. Nach Auffassung des [X.] habe es sich zwar nicht um einen neuen Streitgegenstand gehandelt, soweit die Ansprüche nunmehr auf § 54 [X.] aF anstelle von § 54a [X.] aF gestützt worden seien. Der [X.] habe seinerzeit als Streitgegenstand Ansprüche auf Auskunft und Zahlung "wegen der durch die Veräußerung oder das sonstige Inverkehrbringen von [X.] geschaffenen Möglichkeit, Werke der von der Klägerin und der [X.] vertretenen Urheber zu vervielfältigen" angesehen. Es könne nicht unterstellt werden, dass sich die Verzichtserklärung der Beklagten ebenfalls so weitgehend auf jegliche Möglichkeiten der Inanspruchnahme wegen der Vervielfältigung von stehendem Text und stehendem Bild habe beziehen sollen. Vielmehr habe die Beklagte ihre Erklärung auf die konkret genannte Anspruchsgrundlage des § 54a [X.] aF fokussiert. Diese Erklärung müsse nach ihrem objektiven Erklärungswert im Zeitpunkt ihrer Abgabe verstanden werden, so dass spätere Feststellungen des [X.] nicht zu einer rückwirkenden Ausweitung der Erklärung führen könnten.

Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus dem Grundsatz, dass das übereinstimmend Gewollte Vorrang gegenüber einer irrtümlichen oder absichtlichen Falschbezeichnung habe, weil vorliegend die Parteien gerade nicht übereinstimmend etwas vom Erklärten Abweichendes gewollt hätten.

II. Die Revision hat Erfolg. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung können die von den Klägerinnen geltend gemachten Ansprüche gemäß §§ 54, 54g [X.] aF nicht als verjährt angesehen werden.

1. Ein Schuldner kann auf die Erhebung der Einrede der Verjährung durch einseitige Erklärung und schon vor deren Eintritt verzichten (vgl. [X.], Urteil vom 16. März 2009 - [X.], [X.], 1598 Rn. 22 mwN). Die Auslegung einer solchen empfangsbedürftigen Willenserklärung ist Sache des Tatgerichts, das seine Entscheidung unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB auf Grund einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände zu treffen hat. Diese Auslegung unterliegt der revisionsrechtlichen Prüfung nur im Hinblick darauf, ob das Berufungsgericht gegen grundlegende Auslegungsgrundsätze verstoßen oder den für die Auslegung relevanten Prozessstoff rechtsfehlerfrei ermittelt hat. Die Auslegung und Beweiswürdigung muss zudem vollständig und widerspruchsfrei sein und darf weder gegen Erfahrungssätze noch gegen Denkgesetze verstoßen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 2019 - [X.], [X.], 57 Rn. 64 = [X.], 74 - [X.]; Urteil vom 1. Oktober 2020 - [X.], [X.], 2073 Rn. 40, jeweils mwN). Zu den anerkannten, in der Revisionsinstanz nachprüfbaren Auslegungsgrundsätzen zählen der Grundsatz der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung und das Gebot der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrages (vgl. [X.], [X.], 57 Rn. 20 - [X.], mwN). Revisible Auslegungsfehler unterliegen als Verstöße gegen §§ 133, 157 BGB unabhängig von einer entsprechenden Revisionsrüge der Kontrolle des [X.] ([X.], Urteil vom 17. März 2011 - [X.], [X.], 946 Rn. 25 = [X.], 1302 - KD).

2. Das [X.] hat bei seiner Auslegung des [X.]s der Beklagten, dem es eine Beschränkung auf Ansprüche nach § 54a Abs. 1 [X.] aF entnommen hat, gegen den Grundsatz der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung verstoßen.

a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das [X.] bei der Auslegung der Erklärung über den [X.] gemäß §§ 133, 157 BGB darauf abgestellt, wie die Erklärung unter Berücksichtigung von Wortlaut, Begleitumständen und Interessenlage nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts im Zeitpunkt ihrer Vornahme zu verstehen war.

Bei der Betrachtung des Wortlauts der Verzichtserklärung der Beklagten ist, wie vom [X.] festgestellt, mit der Nennung der Vorschrift des § 54a Abs. 1 [X.] eine Abweichung von der von den Klägerinnen vorformulierten Erklärung zu verzeichnen, die sich ohne Nennung einer bestimmten Anspruchsgrundlage allgemein auf die Vergütungspflicht von [X.] bezog. Allerdings hatten auch die Klägerinnen im Anschreiben die Vorschrift des § 54a Abs. 1 [X.] genannt.

b) Die Auslegung des [X.]s geht jedoch fehl, soweit es aus der Nennung einer spezifischen Anspruchsgrundlage vor dem Hintergrund des seinerzeitigen Stands von Rechtsprechung und Literatur zur Frage der Vergütungspflicht von [X.] darauf geschlossen hat, der Verzicht habe sich allein auf Ansprüche nach dieser Vorschrift und nicht auf Vergütungsansprüche nach anderen urheberrechtlichen Anspruchsnormen bezogen.

aa) Es entspricht im Zweifel dem Grundsatz der interessengerechten Auslegung, einen nicht formularmäßigen [X.] über einen Anspruch auch auf solche Ansprüche zu erstrecken, die mit dem Anspruch konkurrieren oder wirtschaftlich an dessen Stelle treten, wenn sich ein gegenteiliger [X.] nicht feststellen lässt (vgl. [X.], [X.], 2073 Rn. 42).

bb) Im Streitfall lässt sich ein auf die Beschränkung der nicht formularmäßigen Verzichtserklärung der Beklagten gerichteter [X.] nicht feststellen, so dass dem [X.] nach der vorgenannten Zweifelsregelung keine beschränkende Wirkung zukommt. Der Auslegung des [X.]s liegt eine unzutreffende Würdigung des seinerzeitigen Stands von Rechtsprechung und Literatur zugrunde.

(1) Es trifft zwar zu, dass - wie vom [X.] ausgeführt - vor dem Urteil des [X.] "[X.] I" vom 2. Oktober 2008 ([X.], [X.], 53 = [X.], 80) höchstrichterlich nicht geklärt war, ob [X.] als nach § 54a Abs. 1 Satz 1 [X.] aF vergütungspflichtige Geräte anzusehen waren. [X.] ist jedoch die weitere Annahme des [X.]s, im Zeitpunkt des [X.]s im Jahr 2006 habe ein "allgemein geltendes Verständnis" des § 54a Abs. 1 [X.] aF geherrscht, das eine Vergütungspflicht von [X.] für die Vervielfältigung stehenden Texts und stehender Bilder nach § 54a Abs. 1 [X.] aF ausgeschlossen habe.

(2) Dem bei der Beurteilung der seinerzeitigen Interessenlage zu berücksichtigenden Aufforderungsschreiben der Klägerin zu 1 vom 22. September 2006 ist zu entnehmen, dass diese mit ihrem Rechtsstandpunkt, [X.] unterlägen der Vergütungspflicht nach § 54a Abs. 1 [X.] aF, vor dem [X.] und dem [X.] München obsiegt hatte, so dass es an einem "allgemein geltenden Verständnis" dieser Norm im vom [X.] zugrunde gelegten Sinn gerade fehlte.

Entsprechendes ist auch dem vom [X.] in Bezug genommenen Urteil des erkennenden Senats in Sachen "[X.] I" vom 2. Oktober 2008 ([X.], [X.], 53) zu entnehmen. Dort spricht der Senat in Randnummer 13 zwar aus, dass [X.] nicht zu den nach § 54a Abs. 1 Satz 1 [X.] aF vergütungspflichtigen Vervielfältigungsgeräten zählten, und verweist für den Beleg dieser Auffassung auf Befürworter dieser Ansicht. Zugleich ist dem dortigen [X.] allerdings auch eine erhebliche Anzahl von Autoren zu entnehmen, die in zwischen den Jahren 1998 und 2006 erschienenen Kommentaren und Zeitschriftenartikeln die gegenteilige Ansicht vertreten haben.

Die vom [X.] ebenfalls zum Beleg herangezogene Entscheidung des erkennenden Senats in Sachen "Drucker und Plotter I" stammt vom 6. Dezember 2007 ([X.], [X.]Z 174, 359) und ist deshalb für das im Jahr 2006 im Zeitpunkt der Verzichtserklärung herrschende Meinungsbild nicht aussagekräftig.

In der vom [X.] gleichfalls zitierten Entscheidung "[X.]" ([X.], Urteil vom 5. Juli 2001 - I ZR 335/98, [X.], 246 Rn. 12 = [X.], 219) war ausdrücklich offengelassen worden, ob die mit einem [X.] vorgenommene Vervielfältigung "durch Ablichtung oder in einem Verfahren mit vergleichbarer Wirkung" im Sinne des § 54a Abs. 1 Satz 1 [X.] aF erfolgt.

(3) Vor diesem Hintergrund kann der Erwähnung des § 54a Abs. 1 [X.] aF im [X.] der Beklagten keine Beschränkung der Verzichtserklärung auf urheberrechtliche Vergütungsansprüche nach dieser Vorschrift entnommen werden.

Den Parteien war im Jahr 2006 die Rechtsprechung der Instanzgerichte bekannt, die die Vergütungspflicht für [X.] aus § 54a Abs. 1 [X.] aF hergeleitet hatten. Darüber hinaus fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass aus Sicht der Parteien Anlass für eine Beschränkung des [X.]s auf eine bestimmte Anspruchsgrundlage bestanden hätte. Hiervon wäre allenfalls auszugehen, wenn andere Anspruchsgrundlagen für die hier im Streit stehende urheberrechtliche Vergütungspflicht von [X.] aus Sicht der Parteien im Zeitpunkt des [X.]s überhaupt in Betracht zu ziehen waren. Das [X.] hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass im Zeitpunkt der Verzichtserklärung die Anwendung des § 54 [X.] aF auf Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild durch [X.] nicht diskutiert und nicht in Erwägung gezogen worden ist. Wurde mithin die Vergütungspflicht für [X.] mit Blick auf die Vervielfältigung von stehendem Text und stehendem Bild allein unter dem Aspekt des § 54a Abs. 1 [X.] aF erörtert, kommt der Nennung dieser Vorschrift in der Verzichtserklärung bei interessengerechter Auslegung lediglich die Bedeutung zu, den sachlichen Bezugspunkt der streitigen Vergütungspflicht für Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild durch [X.] festzulegen. Ein darüber hinausgehender [X.] zur Beschränkung auf eine bestimmte Anspruchsgrundlage kann ihr nicht entnommen werden.

c) Mit dem Verzicht auf die Verjährung von Vergütungsansprüchen für [X.] nach § 54a Abs. 1 Satz 1 aF [X.] hat die Beklagte daher auch auf die Geltendmachung der Verjährung von Ansprüchen nach § 54 Abs. 1, § 54g [X.] aF verzichtet, die wirtschaftlich an die Stelle der seinerzeit von der Klägerin zu 1 geltend gemachten Ansprüche nach § 54a Abs. 1 Satz 1 [X.] aF getreten sind.

d) Feststellungen zu den Voraussetzungen der von den Klägerinnen geltend gemachten Ansprüche nach § 54 Abs. 1, § 54g [X.] aF hat das Berufungsgericht nicht getroffen, so dass zugunsten der Revision von deren Bestehen auszugehen ist.

III. Danach ist das angegriffene Urteil auf die Revision der Klägerinnen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückzuverweisen. Bei der erneuten Beurteilung wird zu beachten sein, dass der [X.] der Beklagten eine zeitliche Einschränkung ab dem [X.] enthält.

Koch     

      

Löffler     

      

Schwonke

      

Feddersen     

      

Schmaltz     

      

Meta

I ZR 239/19

17.12.2020

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 21. November 2019, Az: 6 Sch 35/18 WG

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 195 BGB, § 199 BGB, § 54 Abs 1 UrhG vom 25.07.1994, § 54a Abs 1 UrhG vom 25.07.1994, § 54g UrhG vom 25.07.1994

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.12.2020, Az. I ZR 239/19 (REWIS RS 2020, 1269)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 633 GRUR 2021, 721 REWIS RS 2020, 1269

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

I ZB 13/21

Zitiert

I ZR 34/18

IX ZR 247/19

I ZR 93/09

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