Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.04.2019, Az. 12 W (pat) 5/19

12. Senat | REWIS RS 2019, 8543

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Gegenstand

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Synchronring" – zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Einspruchs


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2009 015 811

hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dipl.-Ing. Univ. [X.], der Richterin [X.] sowie [X.] und Dipl.-Ing. Richter

beschlossen:

Der Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. Juni 2015 wird aufgehoben und das Patent 10 2009 015 811 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 2,

- überreicht in der mündlichen Verhandlung am 4. April 2019

- Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift mit der Maßgabe, dass es in Absatz [0005] heißen muss „Ansprüche 1 und 6“ anstelle von „Ansprüche 1 und 7“.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Patentinhaberin zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen das Patent 10 2009 015 811, dessen Erteilung am 15. September 2011 veröffentlicht worden ist, ist Einspruch erhoben worden. Die [X.] des [X.] hat auf Grund der Anhörung vom 10. Juni 2015 beschlossen, das Patent zu widerrufen.

2

Im Einspruchsverfahren ist dabei der Stand der Technik gemäß

3

[X.] EP 0 786 299 A1

4

D2 [X.] 656 B

5

[X.] [X.] 372 A

6

[X.] [X.] 38 09 994 C3

7

D5 [X.] 753 251 A

8

[X.] [X.] 10 2006 009 396 A1 (= [X.] aus dem Prüfungsverfahren)

9

[X.] 2001 355029 A,

herangezogen worden; im Patenterteilungsverfahren sind darüber hinaus noch die folgenden Druckschriften berücksichtigt worden:

P1 [X.] 37 35 783 C1

P2 [X.] 103 34 895 B3

P3 [X.] 10 2006 040 464 A1

[X.] [X.] 10 2006 009 396 A1

P5 EP 1 887 240 A1.

Die [X.] hat in ihrem Beschluss den Gegenstand des Patents in allen beantragten Fassungen als nicht patentfähig bzw. als unzulässig erweitert erachtet. Hierbei geht die [X.] in den nebengeordneten Ansprüchen 1 und 7 auf Grund des Begriffs „enthält“ von einer offenen Aufzählung der Legierungsbestandteile aus, sodass neben den im Anspruch 1 genannten Bestandteilen noch weitere Legierungszusätze vorhanden sein könnten. Unter Zugrundelegung dieser Auslegung gelange der Fachmann ausgehend von [X.] in Zusammenschau mit [X.] zum Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 und 7. Der Anspruch 1 gemäß damaligem Hilfsantrag 1, bei dem der Begriff „enthält“ durch „besteht“ ersetzt worden war, sei unzulässig erweitert und die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß den Fassungen nach Hilfsantrag 2 oder 3 würden dem Fachmann wiederum in Zusammenschau der [X.] mit [X.] zumindest nahegelegt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 31. August 2015 per Fax eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin. Sie hat in ihrer Beschwerdebegründung vom 20. Juni 2018 unter Verweis auf eine Zwischenentscheidung des [X.] betreffend eine Nachanmeldung zum vorliegenden Streitpatent ausgeführt, dass die Aufzählung der Legierungsbestandteile in den Ansprüchen 1 und 7 als „abschließend formuliert“ anzusehen sei. Unter Zugrundelegung dieser Sichtweise sei der Gegenstand des Anspruchs 1 (und 7) auch gegenüber einer Zusammenschau von [X.] mit [X.] sowohl in der Fassung nach Hauptantrag als auch nach Hilfsantrag 1 in der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Fassung erfinderisch.

Dem tritt die Einsprechende in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 20. September 2018 entgegen. Ihrer Auffassung nach handele es sich um eine offene Aufzählung, wozu sie insbesondere auf die weitere Ausgestaltung gemäß Anspruch 6 (bzw. 12), in dem der Zink-Anteil in einem festen Bereich vorgegeben ist, verweist. Unter der Annahme einer abgeschlossenen Aufzählung käme es nämlich zu einem Widerspruch in der Patentschrift, da sich auch Zusammensetzungen mit einer Gesamtsumme von weniger als 100% ergeben könnten und damit zusätzliche Bestandteile zum Erreichen von 100% erforderlich seien. Unabhängig von der Auslegung werde der Gegenstand des Anspruchs 1 aber auch durch die Zusammenschau von [X.] und [X.] nahegelegt, wobei der Fachmann der [X.] Hinweise entnehmen könne, auf den Zusatz von Phosphor zu verzichten, da dieser Zusatz unter Berücksichtigung der Bauweise des [X.]s der [X.] nicht mehr zur Steigerung der Verschleißfestigkeit erforderlich sei.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung zunächst ausgeführt, dass der Streitgegenstand in den Fassungen nach Haupt- und Hilfsantrag 1 nicht durch eine Zusammenschau von [X.] und [X.] nahegelegt werde, so wie dies im Ladungszusatz des Senats zur Diskussion gestellt worden ist. So habe der Fachmann keine Veranlassung, aus den vielen Versuchslegierungen genau die erfindungsgemäße Zusammensetzung auszuwählen, zumal diese in [X.] als nachteilig hervorgehoben sei; gleiches gelte für den Streitgegenstand nach Hilfsantrag 1. Im [X.] daran hat die Patentinhaberin einen neuen Hilfsantrag 2 vorgelegt, in dem nur noch eine Legierung, in der auch Mangan enthalten ist, beansprucht wird.

Die Einsprechende hat diesbezüglich wieder auf den Widerspruch in Verbindung mit dem Anspruch 5 nach Hilfsantrag 2 hingewiesen, der sich seiner Auffassung nach bei Zugrundelegung einer abschließenden Aufzählung ergebe. Darüber hinaus werde der Gegenstand ihrer Ansicht nach durch die Zusammenschau von [X.] mit [X.], [X.] mit [X.] oder [X.] mit [X.] nahegelegt.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin hat den Antrag gestellt,

den Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. Juni 2015 aufzuheben und das Patent 10 2009 015 811 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten,

hilfsweise mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 1 vom 20. Juni 2018, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift,

weiter hilfsweise mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 4. April 2019, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift, mit der Maßgabe, dass es in Absatz [0005] heißen muss „Ansprüche 1 und 6“ anstelle von „Ansprüche 1 und 7“.

Die Beschwerdegegnerin und Einsprechende hat den Antrag gestellt,

die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

„1. [X.], bei dem eine Reibfläche eines aus Metall in Form des [X.] hergestellten Substrats mit einer Karbonschicht beschichtet ist, wobei das Substrat aus einer [X.] hergestellt ist, welche die folgenden Bestandteile enthält:

60 bis 70% [X.],

4 bis 6% AI, oder 4 bis 6% AI und 3 bis 5% [X.], sowie

< 0,3% Fe,

< 0,1% Si,

< 0,1% Pb,

< 0,2% Ni,

< 0,3% Sn,

Rest Zn sowie unvermeidbare Verunreinigungen.“

Dem Anspruch 1 ist in der erteilten Fassung der nachfolgende Anspruch 7 nebengeordnet:

„7. Verwendung einer [X.] zur Herstellung eines mit einer Karbonschicht beschichteten [X.]s, wobei die [X.] die folgenden Bestandteile enthält:

60 bis 70% [X.],

4 bis 6% AI, oder 4 bis 6% AI und 3 bis 5% [X.], sowie

< 0,3% Fe,

< 0,1% Si,

< 0,1% Pb,

< 0,2% Ni,

< 0,3% Sn,

Rest Zn sowie unvermeidbare Verunreinigungen.“

In der Fassung nach Hilfsantrag 1 ist in den unabhängigen Ansprüchen 1 und 6 der Kupfer-Anteil auf 64 bis 66%, der Aluminium-Anteil in der ersten Alternative (a) auf 4,7 bis 5,2% und der [X.] in der zweiten Alternative (b) auf 3,5 bis 4,5% beschränkt worden.

Die Fassung nach Hilfsantrag 2 entspricht mit Ausnahme der Streichung der ersten Variante (a) ansonsten der Fassung des [X.] Die unabhängigen Ansprüche nach Hilfsantrag 2 lauten somit:

„1. [X.], bei dem eine Reibfläche eines aus Metall in Form des [X.] hergestellten Substrats mit einer Karbonschicht beschichtet ist, wobei das Substrat aus einer [X.] hergestellt ist, welche die folgenden Bestandteile enthält:

64 bis 66% [X.],

4 bis 6% AI und 3,5 bis 4,5% [X.], sowie

< 0,3% Fe,

< 0,1% Si,

< 0,1% Pb,

< 0,2% Ni,

< 0,3% Sn,

Rest Zn sowie unvermeidbare Verunreinigungen.

6. Verwendung einer [X.] zur Herstellung eines mit einer Karbonschicht beschichteten [X.]s, wobei die [X.] die folgenden Bestandteile enthält:

64 bis 66% [X.],

4 bis 6% AI und 3,5 bis 4,5% [X.], sowie

< 0,3% Fe,

< 0,1% Si,

< 0,1% Pb,

< 0,2% Ni,

< 0,3% Sn,

Rest Zn sowie unvermeidbare Verunreinigungen.“

[X.]üglich des genauen Wortlauts aller Ansprüche in den jeweiligen Fassungen sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch insoweit Erfolg, als sie zu einer beschränkten Aufrechterhaltung des Patents führt.

1. Zum Patentgegenstand

Das Streitpatent betrifft einen [X.], dessen metallischer Grundkörper aus einem Substrat einer vorgegebenen [X.] hergestellt und bei dem eine Reibfläche mit einer Karbonschicht beschichtet ist, sowie die Verwendung der [X.] zur Herstellung eines mit einer Karbonschicht beschichteten [X.]s.

Im Stand der Technik sind aus Stahl hergestellte [X.]e mit einer karbonbeschichteten Reibfläche bekannt. Diese zeichnen sich durch eine besonders hohe Härte aus, erfordern jedoch zur Herstellung relativ teure Werkzeuge und können deshalb erst ab relativ hohen Stückzahlen rentabel hergestellt werden (siehe Absatz [0002] der Streitpatentschrift).

Des Weiteren sind auch aus [X.]en hergestellte [X.]e bekannt, bei denen allerdings die [X.]en relativ teuer sind (vgl. Absatz [0003]).

Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Streitpatent nach Absatz [0004] die Aufgabe zugrunde, einen auch in Kleinserien kostengünstig herstellbaren [X.] anzugeben, der den Anforderungen heutiger Getriebe genügt.

Gelöst wird dies bei einem streitpatentgemäß aufgebauten [X.] durch eine spezielle Zusammensetzung der [X.], die sich einerseits kostengünstig verarbeiten lässt und anderseits die Anforderungen bezüglich der [X.] und Verschleißwerte, insbesondere der Härte, erfüllt (vgl. Absatz [0007]).

Im vorliegenden Fall wird als Fachmann ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der über eine mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Fertigung von [X.]en verfügt, angesehen, der hinsichtlich der Werkstoffauswahl einen Ingenieur der Fachrichtung Metall- oder Werkstofftechnik hinzuzieht. Ein solcher Fachmann bzw. ein solches Team wird dem Anspruchswortlaut folgendes Verständnis zu Grunde legen:

Der [X.] besteht aus einem metallischen Substrat bzw. einem Ausgangsmaterial, das zu einem [X.] geformt ist. Dieser [X.] weist eine Reibfläche auf, die karbonbeschichtet ist. Das Substrat selbst besteht aus einer [X.] („Messing“), die in den beanspruchten alternativen Zusammensetzungen bestimmte Bestandteile „enthält“, die für die geforderten Legierungseigenschaften und Verarbeitung wesentlich sind. Zwar lässt hierbei der Begriff „enthalten“ für sich allein betrachtet grundsätzlich offen, dass noch weitere Bestandteile enthalten sein könnten, jedoch ergibt sich aus dem Gesamtkontext der Streitpatentschrift, dass die Aufzählung im Anspruch als abschließend anzusehen ist. Diese Betrachtungsweise ergibt sich bereits daraus, dass die Aufzählung durch „Rest Zn sowie unvermeidbare Verunreinigungen“ abgeschlossen wird. Hierdurch wird nämlich implizit zum Ausdruck gebracht, dass neben den genannten Zusätzen so viel Zink als Rest hinzuzufügen ist, bis 100% erreicht sind. Diese Auslegung wird insbesondere noch dadurch gestützt, dass bei den in Tabelle 1 der Streitpatentschrift angeführten Versuchslegierungen die erfindungsgemäße Legierung mit der Nummer 2460 die Summe aller konkret angeführten [X.] genau 100% beträgt; gleiches gilt auch für die Legierung mit der Nummer 2462. Die streitpatentgemäße Legierung „enthält“ somit abgesehen von den aufgeführten Legierungsbestandteilen keine weiteren, die Legierungseigenschaften gezielt beeinflussende Elemente. Dabei ist unschädlich, dass noch „unvermeidbare Verunreinigungen“ enthalten sein können. Diese sind zwar unerwünscht, werden jedoch aus wirtschaftlichen Gründen nicht komplett entfernt, sondern toleriert, solange sie die Legierungseigenschaften nicht wesentlich beeinträchtigen (s. a. [X.] gemäß Anlage [X.], Punkt 1.3).

Die Argumentation der [X.], dass es sich im Patentanspruch um eine offene, d. h. nicht abschließende Aufzählung handele, kann daher nicht überzeugen und es ist auch kein Widerspruch in Verbindung mit dem erteilten Anspruch 6, der einen bevorzugten Zinkanteil vorgibt, erkennbar. Die Überlegung der [X.] auf Grundlage einer Addition der Minimal- und Maximalanteile (siehe Beschwerdeerwiderung, Tabellen auf Seite 5 und 8) zeigt nämlich, dass auch hiermit Legierungszusammensetzungen möglich sind, mit denen der Fachmann auf 100% kommt, da 100% immer eingeschlossen ist. Die Schlussfolgerung der [X.], dass der Fachmann in den Fällen, in denen sich bei Addition weniger als 100% ergeben, die fehlenden Anteile durch Hinzufügen weiterer Zusätze auf 100% zu ergänzen, ist zwar denklogisch nachvollziehbar, jedoch nicht zwangsläufig erforderlich. So kann der Fachmann durch Variation der im Anspruch vorgegebenen Zusätze innerhalb der angegebenen Bereiche die Legierung immer so einstellen, dass er auf 100% kommt, ohne gezwungen zu sein, weitere, nicht genannte Zusätze hinzufügen zu müssen oder in anderer Weise die Lehre des Streitpatents zu verlassen (s. a. [X.], 10. Auflage, § 34, Rdn. 350 und Rdn. 351b). Darüber hinaus ist bezüglich des Ansatzes der [X.] anzumerken, dass die einzelnen Anteile immer auf eine Gesamtmasse von 100% bezogen sind (s. a. Streitpatent, Absatz [0012]), sodass genau genommen die aufaddierten Anteile entsprechend zu gewichten wären. Damit weist die streitpatentgemäße [X.] nur die im Anspruch genannten Bestandteile in den angegebenen Bereichen auf, wobei diese selbstverständlich immer 100% ergeben.

Auch in den [X.]n des erteilten Patents sind jeweils Zusammensetzungen enthalten, die nicht in Widerspruch zu dem Anspruch 1 stehen. Die Formulierung der [X.], insbesondere Anspruch 6 des erteilten Patents, widerspricht daher nicht der Auslegung des Anspruchs 1.

Abschließend ist noch zu beachten, dass die nur in geringen Mengen hinzugefügten Elemente Eisen, Silizium, Blei, Nickel oder Zinn auch gänzlich entfallen können, sodass im einfachsten Fall der [X.] entweder nur Aluminium oder Aluminium mit Mangan zugesetzt wird (siehe [X.] 2457 bzw. 2460 in Tabelle 1 des Streitpatents).

2. Das Patent hat in seiner erteilten Fassung nach Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand (§§ 1 bis 5 PatG).

Der zweifellos gewerblich anwendbare [X.] nach dem erteilten Anspruch 1 ist unbestritten neu, da aus dem vorgelegten Stand der Technik kein [X.] mit einer karbonbeschichteten Reibfläche hervorgeht, bei dem das Substrat die beanspruchte Zusammensetzung aufweist.

Als nächstliegender Stand der Technik wird [X.] angesehen, die einen gesinterten [X.] betrifft. Zur Vermeidung von Verschleiß an der Reibfläche, der insbesondere bei hochfesten [X.]en auftritt (siehe Spalte 1, Zeilen 49 f.), ist die Reibfläche karbonbeschichtet (siehe Figur 3, [X.]. 12, i. V. m. Text in Spalte 4, Zeilen 8 bis 12). Somit offenbart [X.] einen [X.] mit dem streitpatentgemäßen Aufbau, wobei das Substrat aus einer Messing- bzw. [X.] besteht (siehe Seite 4, 2. Absatz); genauere Angaben über die Zusammensetzung der [X.] gehen aus [X.] allerdings nicht hervor. Dies ist insoweit von den Beteiligten unbestritten.

Hiervon ausgehend besteht für den Fachmann die Veranlassung, eine geeignete [X.] auszuwählen, wenn er die Lehre der [X.] umsetzen bzw. den [X.] der [X.] nacharbeiten möchte. Bei der Auswahl einer solchen Legierung wird er auf [X.]en zurückgreifen, die bereits für [X.]e verwendet werden und damit erfahrungsgemäß für die dort spezifisch auftretenden Belastungen geeignet sind. Darüber hinaus wird er selbstverständlich im Hinblick auf die Herstellkosten darauf achten, dass die Legierung möglichst kostengünstig ist. Als mögliche, d. h. für einen [X.] verwendbare [X.] geht aus [X.], Tabelle 3, mit der Nummer 18 eine [X.] hervor, die sich durch eine sehr einfache Zusammensetzung mit nur drei Bestandteilen, nämlich 66% [X.] („Rest“), 29,5% Zink und 4,5% Aluminium, auszeichnet und damit der streitpatentgemäßen Zusammensetzung in der [X.] entspricht. Auf Grund ihrer einfachen Zusammensetzung ist diese Legierung zum einen preiswert (vgl. auch Streitpatentschrift, Absatz [0015], zweite Hälfte), zum anderen belegt die Heranziehung als „Vergleichs-[X.]“ in [X.], dass der Fachmann diese Legierung als Ausgangsmaterial für einen [X.] grundsätzlich in Betracht zieht. Der Einwand der Patentinhaberin, dass der Fachmann auf Grund der negativen Beurteilung in [X.]ug auf die Rissbildung von einer Verwendung der Vergleichslegierung Nr. 18 abgehalten oder zumindest weggeführt werde, vermag letztlich nicht durchzugreifen. So wird der Fachmann diesen Hinweis zunächst nicht ignorieren, sondern die [X.] näher im Hinblick darauf betrachten, worauf diese Beurteilung beruht. Dabei erkennt er, dass [X.] einen einstückigen [X.] aus einer hochfesten [X.] betrifft, wobei dieser [X.] über eine hohe Verschleißfestigkeit an den in Kontakt kommenden Flächen, d. h. insbesondere an den [X.], verfügen soll (vgl. Seite 2, Zeilen 3 bis 5). Hierzu weisen die [X.] an den [X.] aufwändig hergestellte Oxidfilmschichten auf (siehe Seite 5, 1. Absatz und Anspruch 1), deren Standfestigkeit in [X.] mit [X.] auf den verjüngten [X.], d. h. auf die Reibfläche, getestet worden ist (siehe Seite 11, Zeilen 6 bis 21). Somit betrifft [X.] eine gänzlich andere Problematik und Bauweise, die bei der Bauweise nach [X.], bei der die Reibfläche mit einer separaten Karbonschicht als Verschleißschutz ausgestattet ist, nicht relevant ist. Damit stellt dieses, unter anderen Voraussetzungen und Einsatzbedingungen getroffene Ergebnis für den Einsatz bei dem [X.] der [X.] keinen Hinderungsgrund dar.

Zusammenfassend betrachtet ist somit die Verwendung der [X.] des „Vergleichs-[X.]s“ Nr. 18 der [X.] für einen [X.] bekannt und aus Kostengründen auch als günstiges Ausgangsmaterial für den [X.] der [X.] nahegelegt, wobei wie zuvor dargelegt keine Umstände feststellbar sind, die deren Anwendung bei den hier vorliegenden Randbedingungen aus fachlicher Sicht als untunlich erscheinen lassen.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist somit in seiner ersten Ausgestaltungsvariante nicht patentfähig, womit auch der gesamte Anspruch 1 keinen Bestand hat (siehe [X.], 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).

Aus den gleichen Gründen wie zuvor ausgeführt ist die Verwendung der beanspruchten [X.] nach dem erteilten Anspruch 7 ebenso nicht patentfähig.

3. Die Fassung der Ansprüche nach Hilfsantrag 1 ist zulässig, jedoch ist der Hilfsantrag 1 mangels erfinderischer Tätigkeit seiner Gegenstände weiterhin nicht gewährbar (§§ 1 bis 5 PatG).

Im Hilfsantrag 1 sind die Gegenstände des Anspruchs 1 und des Anspruchs 6 in zulässiger Weise durch die Aufnahme von bevorzugten Legierungsbereichen aus den erteilten Ansprüchen 3 und 5 beschränkt worden, sodass nunmehr

64 bis 66% [X.] und

(a) 4,7 bis 5,2% Al oder (b) 4 bis 6% Al und 3,5% bis 4,5 [X.]

in der streitpatentgemäßen [X.] enthalten sind.

Die Zusammensetzung gemäß der Variante (a) unterscheidet sich allerdings nur marginal von der Zusammensetzung des Vergleichs-[X.]s Nr. 18 der [X.], der neben 66% [X.] und 29,5% Zn 4,5% Al aufweist. Die geringfügige Abweichung von 0,2% im [X.] kann keine erfinderische Tätigkeit begründen, zumal im Stand der Technik bei [X.]en für die Verwendung bei [X.]en weite Bereiche für die Aluminium-Anteile, die auch nicht einheitlich sind, von 2 bis 8% ([X.]) bzw. 0 bis 6% ([X.]) durchaus üblich und Anpassungen in diesem Bereich bzw. in dieser Größenordnung, beispielsweise zur Steigerung der Festigkeit der Legierung, je nach ihrer spezifischen Anwendung fachmännisch sind. Darüber hinaus sind im Streitpatent auch keine besonderen Wirkungen für diesen Bereich offenbart, die eine erfinderische Tätigkeit begründen könnten.

Damit sind Anspruch 1 und Anspruch 6, der die Verwendung einer derartigen [X.] betrifft, in der Variante (a) des [X.] mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.

4. Die Fassung der Ansprüche nach Hilfsantrag 2 ist ebenfalls zulässig und die damit beanspruchten Gegenstände sind patentfähig (§§ 1 bis 5 PatG).

Im Hilfsantrag 2 ist der beanspruchte Gegenstand nur auf die Variante (b) des als zulässig erachteten [X.] gerichtet, wobei sich diese von der als nicht erfinderisch beurteilten Variante (a) dadurch unterscheidet, dass neben 4 bis 6% Aluminium noch 3,5 bis 4,5% Mangan enthalten sind.

Hinweise oder Anregungen dahingehend, eine [X.] mit den nun beanspruchten Bestandteilen und Konzentrationen für das streitpatentgemäße Substrat auszuwählen, finden sich im vorliegenden Stand der Technik nicht.

So weist von den vielen in [X.] vorgeschlagenen Legierungen lediglich der [X.] mit der Nummer 24 den beanspruchten [X.] von 4,2% auf (siehe Tabelle 2); allerdings sind hierbei noch viele weitere Elemente wie 2,1% Sn, 2,1% Co, 1,3% Ni und 2,6% [X.] enthalten, die von der streitpatentgemäßen Zusammensetzung wegführen.

Die von der [X.] angeführten Kombinationen [X.] mit [X.], [X.] mit [X.] und [X.] mit [X.] führen ebenfalls nicht in naheliegender Weise zum Streitgegenstand.

So basiert die Lehre der [X.] darauf, eine verschleißbeständige [X.] anzugeben, die sich für einen (einstückigen) [X.] eignet (siehe Absatz [0004]). Hierfür ist als unabdingbarer Legierungs-Bestandteil Phosphor enthalten (siehe Anspruch 1), der ausdrücklich im Hinblick auf einen hohen Verschleißwiderstand hervorgehoben wird (siehe insb. Absatz [0006]). Hierüber vermag auch die von der [X.] hervorgehobene Textpassage in Absatz [0011] nicht hinweg zu täuschen. In diesem Absatz wird zwar beschrieben, dass es im Hinblick auf eine geringere Schlackenbildung vorteilhaft ist, höhere Phosphoranteile durch höhere Anteile von Aluminium zu ersetzen bzw. auszugleichen. Dies bedeutet jedoch keinen gänzlichen Verzicht auf Phosphor und ist auch nicht als Anregung in dieser Richtung aufzufassen. Vielmehr soll ein Kompromiss zwischen den erwünschten Legierungseigenschaften (hohe Verschleißbeständigkeit) und guter Herstellbarkeit (geringe Schlackenbildung) gefunden werden, wofür ein Phosphoranteil von 1,5 bis 3% und ein Aluminiumanteil von 3 bis 6% als vorteilhaft angesehen wird (siehe Absatz [0011]), letzter Satz).

Da die [X.] der [X.] also zwingend Phosphor enthält, der allerdings nicht in der streitpatentgemäßen Legierung enthalten ist, kann [X.] nicht zu einer streitpatentgemäßen Zusammensetzung der [X.] hinführen bzw. eine solche für die Herstellung des [X.]s gemäß der [X.] nahelegen.

Und auch der alternative Ansatz, dass der Fachmann ausgehend von [X.] zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 gelangt, indem er der [X.] die Anregung entnimmt, zur Verschleißbeständigkeit eine karbonbeschichtete Reibfläche vorzusehen, vermag auf Grund der jeweiligen Problem- bzw. Aufgabenstellungen in [X.] bzw. [X.] nicht zu überzeugen. So liegt der [X.] die Aufgabe zugrunde, eine verschleißbeständige [X.] anzugeben, die sich insbesondere für einen (einstückigen) [X.] eignet (siehe oben); eine Anregung dahingehend, anstelle einer geeigneten Legierung eine alternative Bauweise für einen [X.], bei der die Legierung ohne Phosphor auskommt, zu suchen, lässt sich [X.] jedoch nicht entnehmen und beruht auf einer ex-post-Betrachtung in Kenntnis der Erfindung.

Schließlich offenbart die im Jahre 1940 patentierte [X.] eine [X.], welche die streitpatentgemäße Zusammensetzung auf Grund ihrer breiten Bereiche, konkret 50 bis 70% [X.], 2 bis 8% Al, 3 bis 10% [X.] und 0,05% bis 1,5% Si, mit umfasst (siehe Anspruch 1). Diesem Patent liegt der Kerngedanke zugrunde, als Ersatz für teure Kupfer-Zinnlegierungen („Bronze“) [X.]en anzugeben, die sich auf Grund ihrer guten Gleiteigenschaften, insbesondere für auf Gleitung beanspruchte Maschinenteile wie Lagerbuchsen etc. eignen (siehe Seite 2, Zeilen 14 bis 24). Eine Anregung im Hinblick auf eine Verwendung bei [X.]en, deren Einsatz zum damaligen Anmeldezeitraum noch nicht so gebräuchlich war, ist nicht entnehmbar. Somit wird der Fachmann auf Grund der Tatsache, dass bei der Bauweise der [X.], bei der die Reibfläche karbonbeschichtet ist, die Gleiteigenschaften nicht im Vordergrund stehen, in Anbetracht der vorliegenden Aufgabenstellung, eine günstige, leicht zu verarbeitende [X.] mit guten Festigkeitswerten zu finden, nicht zur [X.] hingeführt. Davon abgesehen dürfte es bereits unwahrscheinlich sein, dass er die doch schon relativ alte [X.] überhaupt in seine Auswahl mit einbezieht, da er eher auf aktuelle Legierungen aus dem Stand der Technik zugreifen wird, deren Eignung für [X.]e bekannt ist. Darüber hinaus müsste er bei [X.] zudem noch die einzelnen Anteile gezielt an die streitpatentgemäßen Bereiche anpassen, um zur streitpatentgemäßen Zusammensetzung der [X.] zu gelangen. Aus diesen Gründen ist es nicht nahegelegt, dass der Fachmann in Zusammenschau von [X.] mit [X.] zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 gelangt.

Auch der weitere Stand der Technik, der von der [X.] in der mündlichen Verhandlung nicht weiter herangezogen worden ist, kann keine Hinweise liefern, die in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 führen.

Somit ist der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 gewährbar.

Gleiches gilt für die Verwendung einer solchen [X.] gemäß Anspruch 6, wobei sich die zuvor geführte Argumentation hierauf übertragen lässt.

5. Mit den gewährbaren Patentansprüchen 1 und 6 haben auch die jeweils hierauf rückbezogenen [X.] 2 bis 5 bzw. 7 bis 10 Bestand.

Meta

12 W (pat) 5/19

04.04.2019

Bundespatentgericht 12. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 14 PatG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 04.04.2019, Az. 12 W (pat) 5/19 (REWIS RS 2019, 8543)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8543

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