Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 11.12.2018, Az. 1 ABR 13/17

1. Senat | REWIS RS 2018, 639

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Gegenstand

Mitbestimmung des Konzernbetriebsrats im Zusammenhang mit einer konzernweit elektronisch durchgeführten Mitarbeiterbefragung


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats gegen den Beschluss des [X.] vom 12. Dezember 2016 - 2 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des [X.] im Zusammenhang mit einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung.

2

Die Arbeitgeberin - ein Logistik- und Postunternehmen - ist eine Konzernobergesellschaft; bei ihr ist der antragstellende Konzernbetriebsrat errichtet. Sie befragt seit 2007 einmal jährlich konzernweit alle Mitarbeiter der konzernangehörigen Unternehmen zu mehreren Themen. Mit der Durchführung dieser Mitarbeiterbefragung ist ein Drittunternehmen beauftragt. Das hierfür verwandte [X.] „[X.]“ ([X.]) wurde auf der Grundlage der mit dem Konzernbetriebsrat geschlossenen Konzernbetriebsvereinbarung „Informationstechnologie des [X.]“ ([X.]) eingeführt. Ein zu der aktuell verwandten Version 8 von [X.] für den Konzernbetriebsrat erstelltes Informationsdokument lautet auszugsweise:

        

Zweck des Dokuments

        

Die Unterlage dient der Information des [X.] im Rahmen der Thematik ‚Nutzung, Verarbeitung und Auswertung von Daten im Rahmen der Mitarbeiterbefragung ,[X.] ([X.])‘‘. Das Dokument beinhaltet die A[X.]ildung der [X.] Vorgehensweise bei der Datenerhebung und der Auswertung sowohl bei der elektronischen Befragung ([X.]) als auch bei der [X.]. Die Durchführung erfolgt durch … im Auftrag des Konzerns …

        

2       

Angabe der Ziele und Aufgaben des [X.]

        

Die Aufgabe des [X.] besteht darin, die Mitarbeiterbefragung, die online oder papiergestützt erfolgen kann, zu unterstützen. Die Teilnahme an der Mitarbeiterbefragung ist freiwillig.

        

Jede Konzerngesellschaft kann die Befragung online, per Papier-und-Bleistift-Verfahren oder aus einem Mix aus beiden Verfahren durchführen ...

        

4       

Softwareergonomische Beurteilung

        

Das System wird rein konzernextern betrieben, die Beschäftigten des [X.] arbeiten nicht am System, sondern füllen im Falle der Online-Befragung nur den Fragebogen am [X.] aus.

        

…       

        

6       

Angabe des [X.]

        

6.1     

Rechnersysteme

        

Verwendet wird ein Befragungsserver, der den Fragebogen via [X.] zur Verfügung steht. Ein Datenbanksystem wird für die Speicherung der Befragungsergebnisse verwendet. Die Daten werden primär gespeichert und verarbeitet auf den I…-eigenen Servern … Transferierte Daten sind Antworten auf Fragen, statistische Fragen und Zugangscodes.

        

6.2     

Programme und technische Verfahren

        

Die verwendete Client-Software ist ein üblicher [X.]browser (z. B. Microsoft [X.] Explorer, [X.], [X.], [X.]). Zusätzliche Programme werden nicht benötigt. Der Aufruf des Fragebogens erfolgt über einen einheitlichen Link (URL), z. B. durch Anklicken aus einem Dokument heraus oder durch Eingabe in die Adresszeile des Browsers.

        

…       

        

Nachdem der Fragebogen ausgefüllt ist, wird dieser per Mausklick durch den/die Teilnehmerin an … abgesendet. Danach können die Antworten im Fragebogen nicht mehr verändert werden.

        

…       

        

7       

Datenmodell/Datenflussbeschreibung

        

7.1     

Teilnehmerliste

        

Zur Qualitätssicherung der Befragung wird eine Teilnehmerliste erstellt. Durch die Teilnehmerliste wird sichergestellt, dass keine Beschäftigte vergessen werden und keiner doppelt befragt wird.

        

Über ein Logbuch wird für die Qualitätssicherung festgehalten, wer wann welche Änderungen zur Erstellung der Teilnehmerliste vornimmt.

        

Die Liste enthält in einem weiteren Teil alle notwendigen Informationen, um die Befragungsteilnehmer anzuschreiben, d.h. Name, Vorname, Anschrift oder E-Mail-Adresse. Diese Daten werden dazu verwendet, individualisierte Anschreiben / E-Mails an die Teilnehmer zu versenden. Dieses ist Teil 1.

        

In Teil 2 der Liste sind alle notwendigen statistischen Informationen enthalten, um die Ergebnisse nach Zielgruppen auszuwerten. Für die Mitarbeiterbefragung bei der DP… sind dafür z.B. Division, [X.], [X.], Hierarchieebene, Funktion, Organisationseinheit vorgesehen.

        

Die dazu benötigten Stammdaten werden aus den Personaladministrationssystemen … [X.] werden aus dem [X.] generiert.

        

Weiterhin enthält die Liste den Zugangscode für jede Person (Teil 3).

        

…       

        

7.2     

Antworten und Ergebnisse

        

Die Antworten und der Zugangscode werden beim Ausfüllen durch den/die Teilnehmer/in auf den … Befragungsserver übertragen. … Die nach Abschluss der Befragung übertragenen Daten bilden die so genannte Datenmatrix. Die Datenmatrix enthält die Antworten der Teilnehmer, die statistischen Daten (aus Teil 2 der Teilnehmerliste) sowie die …-ID.

        

Auf Basis der Datenmatrix werden durch … die Ergebnisberichte erstellt. Die Ergebnisse werden nach allgemeinen wissenschaftlichen Standards ausgewertet. Ergebnisberichte sind aggregierte Zusammenfassungen von Antworten von Personengruppen, die mindestens #7 Teilnehmer umfassen. Basis für die Aggregierung von Antworten zu Ergebnisberichten sind die statistischen Informationen. So können Ergebnisberichte für Organisationseinheiten oder Hierarchie-Ebenen erstellt werden, sofern die Auswertungsuntergrenze von #7 Teilnehmern nicht unterschritten wird. (…)

        

…     

        

Ergebnisberichte werden dem Konzern … durch … zur Verfügung gestellt. Um den Anonymitätsschutz zu wahren, verbleibt die Datenmatrix bei …

        

9.1.1 

Angabe der personenbezogenen Daten, die zu Leistungs- und Verhaltenskontrollen genutzt werden

        

Es werden keine personenbezogenen/ - beziehbaren Daten zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle genutzt. … nutzt personalisierte Daten ausschließlich, um die Papierfragebögen zu versenden und personalisierte Zugangscodes zu erstellen und diese via E-Mail an die Teilnehmer zu versenden.

        

Die Ergebnisse, die … an DP… liefert, enthalten keine personenbezogenen Daten. Diese Ergebnisse sind Zusammenfassungen von Antworten von mindestens 7 Teilnehmern.

        

9.1.2 

Angabe der Auswertungen/Reports gemäß Programmierung bzw. Herstellerangabe nebst ergänzender Erläuterung des Arbeitgebers zur konkreten Nutzung

        

Das Projekt Corporate [X.] & Employee Engagement erhält nach Ende der Befragung aggregierte Berichte von der Konzernebene bis hin zur Teamebene. …“

3

Dieser Version stimmte der Konzernbetriebsrat nach Maßgabe der [X.] zu.

4

Die konzernweite Mitarbeiterbefragung umfasst Fragen zur sog. Aktiven Führung. [X.] („[X.] 2014“) waren von der Arbeitgeberin ua. folgende Fragestellungen formuliert:

        

KPI   

[X.] Fragen

        

…       

        
                          
        

Aktive Führung

8.    

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) verhält sich [X.] gegenüber wertschätzend.

                          
        

9.    

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) vermittelt [X.] klar, welche Leistungen er/sie von [X.] erwartet.

        

10.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) hat [X.] in den letzten drei Monaten regelmäßig Rückmeldung (Anerkennung bzw. konstruktive Kritik) zu meinen Leistungen gegeben.

        

11.     

Die Bewertung meiner Arbeitsleistung ist so konkret, dass ich weiß, wie ich meine Leistung halten oder steigern kann.

        

12.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) interessiert sich dafür, was [X.] zur Leistung motiviert.

        

13.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) unterstützt und ermutigt [X.] in meiner beruflichen Entwicklung.

        

14.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) hält seine/ihre Zusagen ein.

        

15.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) behandelt mit respektvoll.

        

16.     

Alles in allem bin ich zufrieden mit meiner(m) direkten Vorgesetzten.“

5

Für die Mitarbeiterbefragung 2015 („[X.] 2015“) lauteten die von der Arbeitgeberin verfassten Fragen zur Aktiven Führung wie folgt:

        

„…    

        

Aktive Führung

10.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) vermittelt [X.] klar, welche Leistungen er/sie von [X.] erwartet.

        

11.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) interessiert sich für meine berufliche Entwicklung und unterstützt diese.

        

12.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) hält Zusagen ein.

        

13.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) behandelt [X.] respektvoll.

                 
                 

14.     

Wenn ich gute Arbeit leiste, bekomme ich Anerkennung von meiner/meinem direkten Vorgesetzten.

        

15.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) motiviert [X.], mein Bestes zu geben.

        

16.     

Ich erhalte zeitnahe und hilfreiche Rückmeldung von meiner/meinem direkten Vorgesetzten.

        

17.     

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) geht mit gutem Beispiel voran.

        

18.    

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) unterstützt [X.] dabei, betriebliche Veränderungen anzunehmen.

        

--1)   

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) verhält sich [X.] gegenüber wertschätzend.

        

--1)   

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) hat [X.] in den letzten drei Monaten regelmäßig Rückmeldung (Anerkennung bzw. konstruktive Kritik) zu meinen Leistungen gegeben.

        

--1)   

Die Bewertung meiner Arbeitsleistung ist so konkret, dass ich weiß, wie ich meine Leistung halten oder steigern kann.

        

--1)   

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) interessiert sich dafür, was [X.] zur Leistung motiviert.

        

--1)   

Mein(e) direkte(r) Vorgesetzte(r) unterstützt und ermutigt [X.] in meiner beruflichen Entwicklung.

        

--1)   

Alles in allem bin ich zufrieden mit meiner(m) direkten Vorgesetzten.

                 

…“    

        

6

Vom Konzernbetriebsrat für die Mitarbeiterbefragung 2015 vorgeschlagene Fragen nahm die Arbeitgeberin nicht in den Fragenkatalog auf.

7

Der Konzernbetriebsrat hat die Auffassung vertreten, aus der Änderung der Fragestellungen zu Vorgesetzten bei der Mitarbeiterbefragung 2015 („[X.] 2015“) folge ein Mitbestimmungsrecht. Damit sei ein anderes als das von ihm mitbestimmte [X.] eingeführt. Auch unterfielen die erfragten Stellungnahmen dem Arbeits- und Gesundheitsschutz und stellten [X.] bzw. Beurteilungsgrundsätze dar.

8

Er hat zuletzt - soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass ihm bei der Erstellung und Durchführung der Mitarbeiterbefragung „[X.] 2015“ ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 [X.] zusteht;

        

2.    

festzustellen, dass die von der Arbeitgeberin beauftragte Erhebung und Erfassung von Daten mittels Personalfragebogen in Form der Mitarbeiterbefragung „[X.] 2015“ nach § 94 Abs. 1 [X.] unzulässig ist.

9

Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das [X.] [X.] sei bereits mitbestimmt eingeführt. Bei der Ausgestaltung der einzelnen Fragen stehe dem Konzernbetriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zu.

Das Arbeitsgericht hat unter „Zurückweisung der Anträge im Übrigen“ festgestellt, dass dem Konzernbetriebsrat bei der Erstellung und Durchführung der Mitarbeiterbefragung [X.] 2015 ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] zusteht. Das [X.]esarbeitsgericht hat den Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und den - nach seiner Ansicht allein auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] gerichteten - Antrag abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Konzernbetriebsrat die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des [X.] ist unbegründet.

I. Die Anträge sind - in ihrer gebotenen Auslegung - zulässig.

1. Die Feststellungsbegehren bedürfen der Auslegung.

a) Der Konzernbetriebsrat verfolgt nach der eindeutigen sprachlichen Fassung seiner Anträge keine Leistungsbegehren. Soweit er in seinen Ausführungen in dem das Verfahren einleitenden Schriftsatz - ebenso wie auch noch in seiner Rechtsbeschwerdebegründung - eine „Unterlassung“ als streitbefangen ansieht, handelt es sich ersichtlich um eine Falschbezeichnung.

b) Mit den Anträgen zu 1. und zu 2. erstrebt der Konzernbetriebsrat - bei [X.] Verständnis - ein einheitliches Rechtsschutzziel.

aa) Der Konzernbetriebsrat beschreibt im Feststellungsantrag zu 1. den Gegenstand der begehrten Mitbestimmung mit „Erstellung und Durchführung der Mitarbeiterbefragung ‚[X.] 2015‘“. Unter Hinzuziehung seiner Antragsbegründung wird deutlich, dass er nicht die Durchführungsgestaltung der Mitarbeiterbefragung mittels des [X.] [X.] Version 8 und mittels Einspeisens der in Papierform ermittelten Daten in diese technische Plattform beanstandet. Er reklamiert vielmehr eine Beteiligung an der Änderung des Fragenkatalogs, was die Rubrik „Aktive Führung“ angeht. Insoweit vertritt er die Auffassung, eine Differenzierung von [X.] „an sich“ und Fragenkatalog könne nicht „sinnvoll“ vorgenommen werden; die technische Plattform und der Fragebogen seien vielmehr derart untrennbar miteinander verbunden, dass jegliche veränderten Fragestellungen eine der Mitbestimmung unterliegende „Veränderung eines bestehenden [X.]“ darstellten. Damit richtet sich sein Begehren, abweichend vom Wortlaut des Antrags zu 1., nicht nur auf die Mitarbeiterbefragung 2015, sondern auf die gegenwarts- und zukunftsbezogene Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei einer Änderung des durch [X.] - zuletzt in seiner Version 8 - verarbeiteten Fragenkatalogs. Die Modifikation der Fragen zur „Aktiven Führung“ anlässlich der [X.] durchgeführten Mitarbeiterbefragung ist der Anlassfall, auf den sich der Antrag in zeitlicher Hinsicht nicht beschränkt. Auch die Arbeitgeberin stellt insoweit nicht in Abrede, dass sie die kalenderjährlichen Mitarbeiterbefragungen weiterhin ggf. auf der Basis neu formulierter Fragen zur „Aktiven Führung“ durchzuführen gedenkt.

[X.]) Mit seinem Antrag zu 2. begehrt der Konzernbetriebsrat - im buchstäblichen Sinn - die Feststellung der Unzulässigkeit des Vorgangs „Erhebung und Erfassung von Daten mittels Personalfragebogen in Form der Mitarbeiterbefragung ‚[X.] 2015‘“. Der hierzu gegebenen Begründung lässt sich entnehmen, dass er mit diesem Antrag dasselbe Rechtsschutzziel wie mit dem Antrag zu 1. verfolgt. Es geht ihm um die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei einer näher beschriebenen Angelegenheit. Diese bezieht sich - ebenso wie beim Antrag zu 1. - auf den im Zusammenhang mit „[X.] 2015“ gegebenen Anlassfall der Modifikation von Fragestellungen im Bereich „Aktive Führung“ bei den jährlichen konzernweiten Mitarbeiterbefragungen.

cc) Damit hat der Konzernbetriebsrat der Sache nach nur einen Feststellungsantrag angebracht. So hat im Übrigen bereits das Arbeitsgericht die Anträge verstanden und als einheitliche Feststellung eines Mitbestimmungsrechts „bei der Durchführung einer Mitarbeiterbefragung mittels der technischen Einrichtung ‚[X.]‘“ ausgelegt. Gegen seine - dem Begehren teilweise stattgebende - Entscheidung hat (nur) die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt; der Konzernbetriebsrat hat Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Damit hat er sich das Antragsverständnis des Arbeitsgerichts zu Eigen gemacht.

2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist nicht zweifelhaft, bei welcher Maßnahme - der Modifikation von Fragen zur „Aktiven Führung“ im Rahmen der jährlich unter Hinzuziehung der technischen Plattform [X.] durchgeführten Mitarbeiterbefragungen - die Beteiligung des [X.] ausgelöst sein soll. Auch die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Streit darüber, ob ein Mitbestimmungsrecht bei der vom Antrag umfassten Angelegenheit besteht, betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der Betriebsparteien. Der Konzernbetriebsrat hat an der begehrten Feststellung ein berechtigtes Interesse, da die Arbeitgeberin eine Mitbestimmung bei der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit in Abrede stellt.

II. Der Antrag ist unbegründet. Die beanspruchte Mitbestimmung des [X.] folgt aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

1. Dem Konzernbetriebsrat fehlt es nicht an der Regelungszuständigkeit für die beanspruchte Angelegenheit. Die jährlichen Mitarbeiterbefragungen sind von der Arbeitgeberin als Konzernobergesellschaft für alle Konzernunternehmen vorgesehen und knüpfen konzeptionell an einen einheitlich gestalteten [X.] an. Im Hinblick darauf wäre - bei Vorliegen eines [X.] - von der Zuständigkeit des [X.] nach § 58 Abs. 1 [X.] auszugehen (vgl. dazu [X.] 21. November 2017 - 1 [X.] - Rn. 24). Darüber besteht auch kein Streit der Beteiligten.

2. Der Konzernbetriebsrat hat aber bei der Änderung der die Rubrik „Aktive Führung“ betreffenden Fragen kein Mitbestimmungsrecht.

aa) Ein solches folgt - entgegen der von ihm vornehmlich vertretenen Auffassung - nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.].

(1) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] hat der Betriebsrat ua. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Zur Überwachung „bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder [X.] über den Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen; auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an. Auch reicht es aus, wenn die leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten nicht auf technischem Weg durch die Einrichtung selbst gewonnen werden, sondern manuell eingegeben und von der technischen Einrichtung weiter verwertet werden ([X.] 13. Dezember 2016 - 1 [X.] - Rn. 22 mwN, [X.]E 157, 220).

(2) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem im Zusammenhang mit der konzernweiten Mitarbeiterbefragung eingesetzten [X.] [X.] um eine technische Einrichtung iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.]. Seiner konkreten Version 8, deren Ausgestaltung in einem Informationsdokument im Einzelnen beschrieben ist, hat der hierzu nach der [X.] befugte IT-Ausschuss des [X.] zugestimmt. Entsprechend ist das [X.]esarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass [X.] mitbestimmt eingeführt worden ist.

(3) Entgegen der Auffassung des [X.] führt eine Modifikation der Fragen unter der Rubrik „Aktive Führung“, welche - ebenso wie die vor dem [X.] bei den durchgeführten Mitarbeiterbefragungen unter dieser Rubrik gestellten Fragen - auf subjektive Einschätzungen der direkten Vorgesetzten durch die befragten Arbeitnehmer zielen, nicht zu einer Änderung dieser technischen Einrichtung, die eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] auslösen würde.

(a) Anders als die Arbeitgeberin argumentiert, folgt das allerdings nicht bereits daraus, dass der Fragenkatalog als eine der technischen Einrichtung vorgeschaltete Datenerhebung (die Arbeitgeberin spricht von „Phase eins“) vom Schutzzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] nicht erfasst wäre. Diese Ansicht vernachlässigt, dass „Überwachung“ iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] nicht erst das Auswerten oder die weitere Verarbeitung schon vorliegender Informationen ist, sondern bereits das Sammeln derselben. Die Annahme einer technischen Einrichtung setzt nicht voraus, dass Daten über das Verhalten oder die Leistung des einzelnen Arbeitnehmers durch die technische Einrichtung selbst und „automatisch“ generiert werden (ausf. [X.] 13. Dezember 2016 - 1 [X.] - Rn. 41 f., [X.]E 157, 220).

(b) Im vorliegenden Streitfall berühren aber die bei der Mitarbeiterbefragung gestellten (modifizierten) Fragen in der Rubrik „Aktive Führung“ die von den Betriebsparteien mit [X.] Version 8 vereinbarte Ausgestaltung der technischen Plattform nicht. Im Informationsdokument der - mitbestimmt verwandten - Version 8 von [X.] sind die [X.] Vorgehensweisen bei der Datenerhebung und -auswertung detailliert beschrieben. Dessen Kapitel „Datenmodell/Datenflussbeschreibung“ ist zu entnehmen, dass die Antworten der Teilnehmer mit den statistischen Daten „aus Teil 2 der Teilnehmerliste“ in einer gebildeten Datenmatrix verknüpft sind (7.2 Unterabs. 1 Satz 3 des Informationsdokuments). Zu den statistischen Daten gehören alle Angaben, die eine zielgruppenorientierte Auswertung der Ergebnisse ermöglichen, ua. die Nennung der „Organisationseinheit“, der der Teilnehmer an der Mitarbeiterbefragung angehört (7.1 Unterabs. 4 des Informationsdokuments). Entsprechend können - sofern die festgelegte Auswertungsgrenze von 7 Teilnehmern nicht unterschritten wird - Ergebnisberichte ua. für „Organisationseinheiten“ erstellt werden (7.2 Unterabs. 2 Satz 4 des Informationsdokuments). Haben diese nur einen direkten Vorgesetzten, ist dieser ohne weiteres als Person bestimmbar. Er ist nicht - wie die Teilnehmer der Befragung - strikt anonymisiert. Dementsprechend hat der Konzernbetriebsrat bereits in der Antragsschrift - insoweit von der Arbeitgeberin nicht substantiiert bestritten - darauf verwiesen, dass die Mitarbeiterbefragung die Möglichkeit eröffnet, individuelle Angaben über bestimmte, als „direkte Vorgesetzte“ bezeichnete Arbeitnehmer zu erlangen. Dies liegt aber nicht an der Modifikation der der Bewertung zugrundeliegenden Fragen oder an der Art und Weise der [X.] Angaben zu Vorgesetzten durch die Teilnehmer der Mitarbeiterbefragung. Allein die Verknüpfung der im Teil 2 der Teilnehmerliste erhobenen Daten mit den Antworten der Teilnehmer bewirkt Rückschlussmöglichkeiten darauf, wer der bewertete Vorgesetzte ist. Damit hängt die vom Konzernbetriebsrat im Zusammenhang mit den geänderten Fragestellungen beanstandete unzureichende Anonymisierung der direkten Vorgesetzten nicht mit den Formulierungen der Fragen zur „Aktiven Führung“ zusammen, sondern ist im - mitbestimmt geregelten - [X.] angelegt. Ob insoweit eine unbeabsichtigte Regelungslücke bei der Ausgestaltung der Maßnahme vorliegt, muss nicht abschließend entschieden werden. Die Annahme einer solchen hätte nicht zur Folge, dass das Mitbestimmungsrecht nicht gewahrt wäre. Das [X.]esarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es dem Konzernbetriebsrat unbenommen bleibt, angesichts der unzureichenden Anonymisierung der direkten Vorgesetzten bei der Verwendung von [X.] Version 8 die Vereinbarung über dieses [X.] ggf. zu kündigen und eine neue Vereinbarung zu erzwingen.

[X.]) Auch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten folgt keine Mitbestimmung für die streitbefangene Angelegenheit.

(1) Eine hierauf bezogene Prüfung scheidet nicht von vornherein aus verfahrensrechtlichen Gründen aus. Zwar hat das Arbeitsgericht seine teilweise „Zurückweisung der Anträge“ damit begründet, die beanspruchte Mitbestimmung folge neben § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] nicht (auch) noch aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 [X.] oder § 94 Abs. 1 [X.]. Hiergegen hat der Konzernbetriebsrat keine Beschwerde eingelegt, weswegen das [X.]esarbeitsgericht davon ausgegangen ist, es habe nur noch die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 [X.] zu prüfen. Dies schränkt die rechtsbeschwerderechtliche Überprüfung aber nicht ein. Auf der Grundlage welcher Rechtsnormen ein Antragsbegehren zu prüfen ist, kann weder vom Antragsteller bindend vorgegeben noch durch die mit einem Rechtsmittel angegriffene Entscheidung limitiert werden. Denn bei einer durch den aufgezeigten Lebenssachverhalt beschriebenen Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht reklamiert wird und bei der - hier auch nach Ansicht des [X.] - diverse gesetzliche Mitbestimmungstatbestände als Anspruchsgrundlagen in Frage kommen, handelt es sich um keine objektive Anspruchshäufung, sondern allenfalls um Anspruchskonkurrenz (zur Abgrenzung vgl. zB [X.] 9. September 2015 - 7 [X.] - Rn. 32). Soweit ein (Konzern- oder [X.] festgestellt wissen möchte, er könne ein Mitbestimmungsrecht alternativ oder kumulativ aus von ihm genannten oder - wie vorliegend - sogar ausdrücklich im Antrag aufgenommenen Vorschriften herleiten, ist dieses auf eine bestimmte rechtliche Begründung gerichtete Begehren unbeachtlich (vgl. [X.] 26. April 2016 - 1 ABR 21/14 - Rn. 34 mwN ).

(2) Die streitbefangene Maßnahme ist weder nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 [X.] noch nach § 94 [X.] mitbestimmungspflichtig.

(a) Die beanspruchte Mitbestimmung folgt nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 [X.].

(aa) Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 [X.] hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Arbeitnehmer hieran zu beteiligen. Sie sollen an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens gleichberechtigt teilnehmen ([X.] 22. August 2017 - 1 [X.] - Rn. 24 mwN, [X.]E 160, 41).

([X.]) Nach diesen Grundsätzen zielt die Änderung des Fragenkatalogs, der bei der Mitarbeiterbefragung mithilfe des [X.] [X.] Version 8 eingespeist ist, nicht auf das Ordnungsverhalten. Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig und hinsichtlich der die Fragen beantwortenden Arbeitnehmer anonymisiert. Die Arbeitgeberin bedient sich keiner das betriebliche Verhalten der Arbeitnehmer untereinander gestaltenden Maßnahme.

(b) Die verfahrensgegenständliche Angelegenheit unterliegt keiner Mitbestimmung des [X.] nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 [X.] iVm. § 5 [X.] oder § 3 [X.]. Die Modifikation des Befragungskatalogs in der Rubrik „Aktive Führung“ ist - selbst wenn man darin gesundheitsschutzbezogene Fragestellungen sähe - objektiv keine Gefährdungsbeurteilung iSv. § 5 [X.]. Ebenso wenig handelt es sich um eine Maßnahme des Arbeitsschutzes iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. für konzernweite Mitarbeiterbefragungen ausf. [X.] 21. November 2017 - 1 [X.] - Rn. 26 bis 30).

(c) Die beanspruchte Mitbestimmung folgt nicht aus § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach [X.] der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen. Der Mitbestimmungstatbestand ist - hinsichtlich der befragten Arbeitnehmer - schon deshalb nicht gegeben, weil deren Teilnahme an der Mitarbeiterbefragung freiwillig ist (vgl. dazu [X.] 21. November 2017 - 1 [X.] - Rn. 31). Zu den direkten - unbenannten - Vorgesetzten werden ausschließlich subjektive Wertungen erfragt; im Übrigen ist die streitbefangene Angelegenheit - durch die konkrete Ausgestaltung von [X.] Version 8 - seitens des [X.] mitbestimmt worden.

(d) Die verfahrensgegenständliche Angelegenheit unterliegt schließlich nicht der Mitbestimmung nach § 94 Abs. 2 [X.]. Weder sind Feststellungen dazu getroffen noch ist sonst ersichtlich, dass mit den - auf subjektive Einschätzungen zielenden - Fragen zur „Aktiven Führung“ bei der konzernweiten Mitarbeiterbefragung [X.] und -kriterien aufgestellt sind, auf deren Grundlage eine konzerneinheitliche Bewertung nach einem unternehmensübergreifend vorgegebenen [X.] durchgeführt wird (vgl. zu diesem Aspekt auch [X.] 17. März 2015 - 1 [X.] - Rn. 25 f., [X.]E 151, 117).

        

    Schmidt    

        

    Ahrendt    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Hann    

        

    Busch    

                 

Meta

1 ABR 13/17

11.12.2018

Bundesarbeitsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Bonn, 20. April 2016, Az: 5 BV 108/15, Beschluss

§ 87 Abs 1 Nr 1 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 7 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 6 BetrVG, § 94 Abs 1 BetrVG, § 58 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 11.12.2018, Az. 1 ABR 13/17 (REWIS RS 2018, 639)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 639

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

7 TaBV 5/20

5 P 2/20

3 TaBV 31/20

9 TaBV 32/20

9 TaBV 28/20

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