Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.12.2015, Az. 2 AZR 304/15

2. Senat | REWIS RS 2015, 446

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Gegenstand

"Vorsorgliche" Änderungskündigung - Auslegung des Klageantrags


Leitsatz

Ordnet der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege des Direktionsrechts an und spricht er zusätzlich eine darauf bezogene Änderungskündigung für den Fall aus, dass die Maßnahme nicht ohne eine Änderung des Arbeitsvertrags zulässig ist, kann der Arbeitnehmer - falls er zugleich die einseitige Maßnahme gerichtlich angreift - seinen Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG unter die Bedingung stellen, dass über diesen nur befunden wird, wenn es nach Auffassung des Gerichts für die streitgegenständliche Maßnahme einer Vertragsänderung bedarf.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 22. Januar 2015 - 4 [X.] 1072/14 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 25. Juni 2014 - 1 [X.]/14 - im [X.] abgeändert und festgestellt, dass die Entscheidung über die [X.] gegenstandslos ist.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben bei einem Streitwert von 4.046,24 Euro die Klägerin zu ¾, die Beklagte zu ¼ zu tragen. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die [X.]irksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Klägerin war seit Januar 2008 als Reinigungskraft bei der Beklagten beschäftigt. Sie war zuletzt in einem Objekt in [X.] eingesetzt. Mit einem Schreiben vom 26. Februar 2014 forderte die Beklagte sie auf, zukünftig in [X.] tätig zu werden. Das [X.] lautete auszugsweise:

        

„Die Firma [X.] hat uns gegenüber ein Hausverbot für Sie ausgesprochen. Die Firma hat uns mitgeteilt, dass sie in den dortigen Geschäftsräumen nicht mehr tätig werden dürfen. Ich kann sie deshalb leider in diesen Geschäftsräumen nicht mehr einsetzen.

        

Unser [X.] bei der Fa. [X.] GmbH, …, wurde zum [X.] gekündigt. Hier kann ich Sie leider auch nicht mehr einsetzen. Ich habe deshalb vorsorglich die ihnen ebenfalls mit gleicher Post zugestellte Änderungskündigung zum 01.05.2014 ausgesprochen.

        

Ich fordere Sie allerdings bereits jetzt auf, ab Genesung (derzeit sind Sie arbeitsunfähig krankgeschrieben), Ihre Tätigkeit in [X.] zu erbringen. Bitte finden Sie sich am ersten [X.]erktag nach Ablauf Ihre Arbeitsunfähigkeit in unseren Geschäftsräumen … um 9.00 Uhr ein, damit ich mit Ihnen den weiteren Einsatz in [X.] abstimmen kann.“

3

Mit einem weiteren Schreiben vom 26. Februar 2014 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis „unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.04.2014.“ Gleichzeitig bot sie der Klägerin an,

        

„ab dem 01.05.2014 zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten.

        

Ab dem 01.05.2014 haben Sie Ihre Arbeitsleistung in [X.] zu erbringen. Im Übrigen bleibt der Arbeitsvertrag in seinem Umfang auch nach dem 01.05.2014 bestehen, …“

4

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 13. März 2014 nahm die Klägerin das unterbreitete Änderungsangebot unter dem Vorbehalt an, dass die

        

„Änderung der Arbeitsbedingungen bzw. die damit verbundene Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses nicht sozial ungerechtfertigt oder aus sonstigen Gründen unwirksam sind.“

5

Die Klägerin hat rechtzeitig die vorliegende [X.] erhoben. Sie hat gemeint, die Änderungskündigung sei schon deshalb unwirksam, weil als milderes Mittel die Ausübung des Direktionsrechts in Betracht gekommen sei. Die Kündigung sei überdies sozial ungerechtfertigt.

6

Zuvor hatte die Klägerin gesondert Klage gegen die einseitige [X.]eisung erhoben, in [X.] tätig zu werden, und beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, sie als Reinigungskraft im Betrieb der Firma [X.] in [X.] weiterzubeschäftigen;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass die mit Schreiben der Beklagten vom 26. Februar 2014 ausgesprochene Versetzung nach [X.] unwirksam ist.

7

In dem Verfahren über die [X.] hat die Klägerin beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Februar 2014 sozial ungerechtfertigt oder aus sonstigen Gründen rechtsunwirksam ist;

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen auch nicht durch andere Tatbestände eingetreten ist;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie im Betrieb der Firma A zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Sie hat die Ausübung des Direktionsrechts bzw. die Änderungskündigung für wirksam gehalten.

9

Das Arbeitsgericht hat nach Verbindung des Verfahrens über die [X.] zu dem Verfahren gegen die einseitige [X.]eisung, in [X.] tätig zu werden, festgestellt, dass die mit Schreiben der Beklagten vom 26. Februar 2014 ausgesprochene Versetzung der Klägerin nach [X.] unwirksam ist. Zwar sei die Beklagte grundsätzlich berechtigt, die Klägerin in ein anderes Reinigungsobjekt, auch an einem anderen Ort zu versetzen. Die Versetzung nach [X.] entspreche jedoch nicht billigem Ermessen iSv. § 106 Satz 1 GewO. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die ausschließlich gegen die Abweisung ihrer [X.] eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das [X.] hätte die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Änderungsschutzantrag für gegenstandslos erklären müssen.

I. Das [X.] hat verkannt, dass das Arbeitsgericht mit der Abweisung der [X.] gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat. Dies hat der [X.] auch ohne eine hierauf gestützte Verfahrensrüge der Parteien von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. [X.] 25. August 2015 - 1 [X.] 754/13 - Rn. 18; 17. März 2015 - 1 [X.] - Rn. 8).

1. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Entsprechendes gilt, wenn das Gericht dem Kläger einen Anspruch aberkennt, den dieser nicht zur Entscheidung gestellt hat (st. Rspr., zuletzt [X.] 25. August 2015 - 1 [X.] 754/13 - Rn. 20; 15. April 2015 - 4 [X.] 796/13 - Rn. 21 [X.]; [X.] 28. Mai 1998 - I [X.] - zu II 2 a der Gründe).

2. So liegt der Fall hier. Die Auslegung der Klageanträge ergibt, dass die Klägerin den Änderungsschutzantrag nur hilfsweise, nämlich auflösend bedingt gestellt hat. Dieser sollte nicht zur Entscheidung anfallen, sofern das Gericht im Zusammenhang mit der Entscheidung über den gegen die einseitige [X.]eisung gerichteten Feststellungsantrag zu der Auffassung gelangt, es habe für die von der Beklagten angestrebte Versetzung keiner Vertragsänderung bedurft.

a) Klageanträge sind der Auslegung durch den [X.] zugänglich. Es gelten die für [X.]illenserklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen [X.]ortlaut zu haften. Das Gericht hat den erklärten [X.]illen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt ([X.] 26. März 2015 - 2 [X.] 783/13 - Rn. 14). Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragsstellers entspricht ([X.] 26. März 2015 - 2 [X.] 783/13 - aaO; 26. März 2013 - 3 [X.] 77/11 - Rn. 17).

b) Danach ist der Änderungsschutzantrag hier so zu verstehen, dass er unter einer auflösenden Bedingung gestellt war. Er sollte für den Fall, dass es nach Auffassung des Gerichts für die von der Beklagten angestrebte Versetzung der Klägerin keiner Vertragsänderung bedurfte, nicht zur Entscheidung anfallen. Die Klägerin hat den Antrag zwar nicht ausdrücklich in dieser [X.]eise bedingt gestellt. Ihr Prozessziel bestand auch erkennbar darin, sich sowohl gegen die einseitige [X.]eisung der Beklagten, in [X.] tätig zu werden, als auch gegen die Änderung ihres Arbeitsorts im [X.]ege der Änderungskündigung zu wehren. Für die zutreffende Einschätzung der Interessenlage ist aber außerdem in den Blick zu nehmen, dass die Beklagte die Änderungskündigung nur „vorsorglich“ erklärt hatte. Das gebietet es, die [X.] als für den Fall nicht erhoben anzusehen, dass die Änderungskündigung gar nicht zum Tragen kommt.

aa) Zur Änderung des Orts, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringen soll, sind die Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers einerseits und eine Änderungskündigung andererseits einander ausschließende Gestaltungsmittel. Die Ausübung des arbeitgeberseitigen [X.]eisungsrechts ist nur zulässig innerhalb der durch den Arbeitsvertrag bestimmten Grenzen, die Änderungskündigung ist dagegen gerichtet auf eine Veränderung der arbeitsvertraglichen Bedingungen (vgl. [X.] 19. Juli 2012 - 2 [X.] 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 [X.] 102/11 - Rn. 14, [X.]E 140, 328). Ist, wie häufig, nicht sicher, ob nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Versetzung an einen anderen Arbeitsort im [X.]ege des Direktionsrechts möglich ist oder nicht, kann der Arbeitgeber vorsorglich von beiden Gestaltungsmitteln Gebrauch machen, ggf. von der Änderungskündigung nur für den Fall, dass die einseitige Versetzung im [X.]ege des Direktionsrechts nicht möglich ist. In diesem Fall ist die „vorsorglich“ erklärte Änderungskündigung dadurch auflösend bedingt, dass es für die Versetzung einer Änderung der Vertragsbedingungen nicht bedarf. Der Arbeitgeber, der erklärt, er spreche die Änderungskündigung vorsorglich im Sinne von hilfsweise nur für den Fall aus, dass seine Rechtsauffassung, er könne die beabsichtigte Änderung auch ohne Kündigung herbeiführen, in einem Rechtsstreit von den Arbeitsgerichten nicht geteilt werden sollte, bekundet damit, die Kündigung solle nur gelten, wenn er nicht schon einseitig zu der von ihm beabsichtigten Veränderung berechtigt ist, es dazu vielmehr einer Vertragsänderung bedarf ([X.] 11. März 1998 - 2 [X.] 325/97 - zu II 3 der Gründe; 27. März 1987 - 7 [X.] 527/85 - zu I der Gründe; [X.]/[X.]. § 2 [X.] Rn. 62; [X.]/[X.] 16. Aufl. § 2 [X.] Rn. 7; KR/Rost/[X.] 10. Aufl. § 2 [X.] Rn. 54). In diesem Fall soll die Kündigung nicht etwa in für die Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechts unzulässiger [X.]eise von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängen, sondern von der bereits beim Zugang der Kündigungserklärung objektiv bestehenden Rechtslage; die Kündigung ist lediglich an eine auflösende sog. Rechtsbedingung geknüpft, was zulässig ist ([X.] 3. April 2008 - 2 [X.] 500/06 - zu [X.] 1 der Gründe; 27. März 1987 - 7 [X.] 527/85 - aaO; [X.] NZA 2008, 1338, 1340; [X.] NZA 2008, 860, 863; [X.]/[X.] aaO; [X.] 10. Aufl. § 2 Rn. 122; [X.]/[X.]/Zwanziger/Zwanziger [X.] Aufl. § 2 [X.] Rn. 113).

bb) Die Beklagte hat die Änderungskündigung vom 26. Februar 2014 unter einer solchen Rechtsbedingung erklärt. Sie hat mit zwei Schreiben vom selben Tag die Klägerin sowohl einseitig und mit sofortiger [X.]irkung nach [X.] versetzt als auch „vorsorglich“ eine entsprechende Änderungskündigung ausgesprochen. Die Maßgabe der „Vorsorglichkeit“ der Änderungskündigung ergibt sich zwar nicht aus dem [X.], aber aus dem entsprechenden Hinweis in dem [X.] vom selben Tag, welches der Klägerin mit gleicher Post übermittelt wurde. Sie lässt erkennen, dass die Kündigung nach dem [X.]illen der Beklagten nur gelten sollte, wenn es für die angestrebte Versetzung der Klägerin einer Vertragsänderung bedurfte.

cc) [X.]endet sich der Arbeitnehmer in einem solchen Fall gerichtlich sowohl gegen die - einseitige - Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber als auch gegen die auf dasselbe Ziel gerichtete „vorsorgliche“ Änderungskündigung, hat ein zutreffendes Antragsverständnis in den Blick zu nehmen, dass die Änderungskündigung vom Arbeitgeber unter der auflösenden Rechtsbedingung erklärt wurde, dass es für die angestrebte Versetzung des Arbeitnehmers keiner Vertragsänderung bedarf.

(1) Der Arbeitnehmer muss sich zwar einerseits, will er nicht riskieren, dass die Fiktionswirkung des § 7 [X.] eintritt, innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 [X.] gegen die Änderungskündigung gerichtlich zur [X.]ehr setzen. Andererseits bedarf es dieses Antrags nicht, wenn die nur vorsorglich erklärte Änderungskündigung nicht zum Tragen kommt, weil es einer Änderung der vertraglichen Bedingungen nicht bedurfte. Für diesen Fall soll die nur vorsorglich erklärte Änderungskündigung schon nach dem [X.]illen des Arbeitgebers keine Rechtswirkungen entfalten, ein gegen sie gerichteter Klageantrag wäre abzuweisen.

(2) Dem kann der Arbeitnehmer dadurch begegnen, dass er den Änderungsschutzantrag - neben einem Antrag auf Feststellung, dass die einseitige Ausübung des Direktionsrechts unwirksam ist - in der [X.]eise auflösend bedingt stellt, dass seine Rechtshängigkeit entfallen soll, sofern es nach Auffassung des Gerichts keiner Vertragsänderung für die vom Arbeitgeber angestrebte Versetzung bedurfte. [X.]äre danach über den Änderungsschutzantrag nicht mehr zu entscheiden, träte auch nicht die Fiktionswirkung des § 7 [X.] ein. Die Änderungskündigung hätte vielmehr von Anfang an keine Rechtswirkungen entfaltet. Dies stünde mit der Entscheidung des Gerichts - nach Eintritt ihrer formellen Rechtskraft - auch materiell rechtskräftig fest (§ 322 Abs. 1 ZPO). So, wie bei einem klageabweisenden Urteil die darin enthaltene Feststellung in Rechtskraft erwächst, der erhobene Anspruch bestehe nicht (vgl. dazu [X.]Jonas/[X.] ZPO 22. Aufl. § 322 Rn. 103 ff. [X.]), liegt in der Entscheidung, die auflösende Bedingung für den Hilfsantrag sei eingetreten, zugleich die der Rechtskraft fähige Feststellung, es habe für die vom Arbeitgeber mit der Änderungskündigung angestrebte Versetzung keiner Vertragsänderung bedurft. Dieses Verständnis der materiellen Rechtskraft einer entsprechenden Entscheidung ist schon deshalb geboten, weil es zwischen den Parteien anderenfalls mit Blick auf die Klageobliegenheit des Arbeitnehmers gem. §§ 47 [X.] und den Umstand, dass das Gericht keine Feststellung iSv. § 8 [X.] trifft, erneut zu Streit über die [X.]irksamkeit der Änderungskündigung kommen könnte. Für den Fall, dass das Gericht nicht zu der Beurteilung gelangt, es habe für die angestrebte Versetzung keiner Vertragsänderung bedurft, fällt der Änderungsschutzantrag hingegen zur Entscheidung an.

dd) Die Antragstellung unter einer entsprechenden innerprozessualen Bedingung ist zulässig.

(1) Die Klageerhebung selbst kann allerdings nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden. Das Bestehen des [X.] muss vielmehr feststehen ([X.]/[X.] ZPO 31. Aufl. § 253 Rn. 1 sowie vor § 128 Rn. 20). Zulässig ist es aber, einen einzelnen Klageantrag zB hilfsweise zu stellen, also von dem Ergebnis einer Sachentscheidung des Gerichts über einen anderen Anspruch abhängig zu machen ([X.]/[X.] ZPO 31. Aufl. § 253 Rn. 1; Musielak/Voit/[X.] ZPO 12. Aufl. § 253 Rn. 29). Bei einer solchen Antragstellung in Abhängigkeit voneinander handelt es sich um eine nach § 260 ZPO zulässige Eventualklagehäufung ([X.]/[X.] ZPO 31. Aufl. § 260 Rn. 4). Der Hilfsantrag begründet die auflösend bedingte Rechtshängigkeit des Hilfsanspruchs mit der Folge, dass eine Sachentscheidung über ihn nicht zu ergehen hat, wenn die innerprozessuale Bedingung eintritt ([X.]/[X.] ZPO 31. Aufl. § 260 Rn. 4a; [X.]/[X.]/[X.] Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 97 Rn. 20). Seine Rechtshängigkeit endet ggf. ohne besonderen Ausspruch rückwirkend mit Eintritt der auflösenden Bedingung ([X.]/[X.] aaO; [X.][X.] ZPO 22. Aufl. § 260 Rn. 17).

(2) Ein Antrag darf demnach nur unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt werden. Dies muss aber nicht notwendigerweise das Unterliegen oder Obsiegen mit dem Hauptantrag sein, also eine bestimmte Entscheidung des Gerichts über den mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch. Es ist ebenso zulässig, über einen Antrag nur für den Fall eine Sachentscheidung zu begehren, dass das Gericht im Zusammenhang mit dem Hauptantrag eine Rechtsfrage in einer bestimmten [X.]eise beurteilt (vgl. auch [X.] 19. November 2015 - 6 [X.] 559/14 - Rn. 18; 19. November 2015 - 6 [X.] 674/14 - Rn. 17; [X.] 10. November 1983 - [X.] - zu I und I 3 der Gründe; 10. Juli 1961 - [X.] - zu I 1 der Gründe).

(3) Danach kann auch ein Änderungsschutzantrag unter der auflösenden Bedingung gestellt werden, dass das Gericht im Zusammenhang mit dem (Haupt-)Antrag gegen eine auf dasselbe Ziel gerichtete einseitige Versetzung zu der Rechtsauffassung gelangt, die angestrebte Versetzung habe keiner Vertragsänderung bedurft. Es verbleibt ein unbedingter Hauptantrag, und der Änderungsschutzantrag ist nur unter eine innerprozessuale auflösende Bedingung gestellt.

ee) Der von der Klägerin im Streitfall angekündigte Änderungsschutzantrag ist als in dieser [X.]eise auflösend bedingt zu verstehen. Nur dies wird dem Umstand gerecht, dass die Klägerin es einerseits für erforderlich hielt, sich auch gegen die Änderungskündigung zur [X.]ehr zu setzen, es aber andererseits nicht ihrem Interesse entsprach, das Kostenrisiko dafür zu tragen, dass die Änderungskündigung wegen Eintritts der auflösenden Bedingung, unter die sie als „vorsorgliche“ gestellt war, gegenstandslos war. Das Verständnis des Antrags in diesem Sinne ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin den Änderungsschutzantrag und den Antrag auf Feststellung, dass die - einseitige - Versetzung unwirksam war, zunächst in getrennten Verfahren anhängig gemacht hat. Zwar konnte der Änderungsschutzantrag isoliert - also ohne einen anderweitigen (Haupt-)Antrag - nicht in zulässiger [X.]eise auflösend bedingt durch eine - in diesem Fall außerprozessuale - Bedingung gestellt werden. Das Arbeitsgericht hat aber die zunächst getrennten Verfahren zu Recht nach § 147 ZPO verbunden. Dies war schon deshalb geboten, um einander widersprechende Entscheidungen über das Erfordernis einer Vertragsänderung für die von der Beklagten angestrebte Versetzung der Klägerin zu vermeiden. Es hat lediglich verkannt, dass dies auch ein Antragsverständnis erforderte, nach welchem der Änderungsschutzantrag unter der bezeichneten auflösenden Bedingung stand.

c) Die auflösende Bedingung, unter der der Änderungsschutzantrag gestellt war, ist eingetreten. Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass eine Versetzung der Klägerin nach [X.] durch Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten an sich möglich war, es also einer Vertragsänderung nicht bedurfte. Der Änderungsschutzantrag ist ihm daher nicht zur Entscheidung angefallen.

II. Auf die Berufung der Klägerin hätte das [X.] die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den Änderungsschutzantrag, um eine sonst eintretende Rechtskraft zu verhindern, für gegenstandslos erklären müssen (vgl. [X.] 25. August 2015 - 1 [X.] 754/13 - Rn. 23). Dies war im [X.] aus Gründen der Klarstellung festzustellen (vgl. [X.] 25. August 2015 - 1 [X.] 754/13 - aaO; 7. August 2012 - 9 [X.] 189/11 - Rn. 8).

1. Der Verfahrensverstoß des Arbeitsgerichts ist nicht dadurch geheilt worden, dass die Klägerin den Änderungsschutzantrag im Berufungsverfahren - anders als nach der zutreffenden Auslegung ihrer Antragstellung in erster Instanz - unbedingt gestellt hätte. Es gibt keine Anhaltspunkte für die Absicht einer Antragsänderung. Die Frage, wie die Klageanträge richtigerweise zu verstehen waren, ist weder vom Arbeitsgericht noch vom [X.] problematisiert worden. Die Klägerin selbst hat dazu ebenfalls nicht ausdrücklich Stellung genommen. Auch spricht das Ziel ihrer Berufung, sich gegen eine kostenpflichtige Abweisung ihres [X.] zur [X.]ehr zu setzen, gegen eine Antragsänderung.

2. Es ist keine Korrektur des [X.]ortlauts des [X.]s des Arbeitsgerichts veranlasst, soweit dieses die Klage „im Übrigen“ abgewiesen hat. Dieser bleibt bezogen auf die weiteren, rechtskräftig abgewiesenen Klageanträge zutreffend. Zur Klarstellung war lediglich festzustellen, dass die darin enthaltene Entscheidung über den Änderungsschutzantrag gegenstandslos ist.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Sie entspricht für das erstinstanzliche Verfahren dem anteiligen Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien. Insoweit war der Änderungsschutzantrag nicht zu berücksichtigen, da über ihn nicht zu entscheiden war (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Sieg    

        

    B. Schipp    

                 

Meta

2 AZR 304/15

17.12.2015

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Lüneburg, 25. Juni 2014, Az: 1 Ca 86/14, Urteil

§ 2 KSchG, § 4 KSchG, § 7 KSchG, § 8 KSchG, § 133 BGB, § 157 BGB, § 106 GewO, § 308 Abs 1 S 1 ZPO, § 322 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.12.2015, Az. 2 AZR 304/15 (REWIS RS 2015, 446)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2054 REWIS RS 2015, 446

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